Zweieinhalb Jahre nach dem Ende der ersten Staffel haben Lucasfilm und Disney+ jetzt nachgelegt und mit Star Wars: Andor Season 2 endlich die Lücke zu Rogue One geschlossen.
Der mit Spannung erwartete Übergang zum ersten Spin-off der Saga gelingt der Serie – nach der großartigen Vorleistung vor wie hinter der Kamera wenig überraschend – im Großen und Ganzen auch sehr überzeugend, allerdings fallen Andor die beibehaltene Erzählstruktur und der doch recht umfangreiche Ensemble-Cast aus Season 1 diesmal leider etwas auf die Füße.
Kritik
Die zweite Staffel ist wie ihre Vorgängerin in vier Erzählblöcke á drei Episoden untergliedert, zwischen denen diesmal aber jeweils ein Zeitsprung von einem Jahr stattfindet, um die Restspanne bis zu Rogue One in einer Season überbrücken zu können.
Durch diese enorme zeitliche Raffung entstehen jedoch Lücken, die zum einen nicht immer nachträglich aufgefüllt werden (können) und zum anderen deutlich mit dem nach wie vor eher langsamen Erzähltempo innerhalb der einzelnen Blöcke kontrastieren.
So wirkt Star Wars: Andor Season 2 insgesamt betrachtet nicht nur buchstäblich etwas „sprunghaft“, im Bereich der (etwas zu zahlreichen?) Nebenhandlungen und -figuren bleibt zudem teils so einiges auf der Strecke und wird nicht oder kaum wieder aufgegriffen, etwa mit Blick auf Mon Mothmas Familie. Insbesondere zum Ende hin spüren der Plot und die Charakterentwicklung den Druck, die Serie inhaltlich abschließen und gleichzeitig zu Rogue One überleiten zu müssen, zumal recht deutlich.
Wenn Andor Season 2 mit der zuweilen etwas zu gemächlichen Erzählgeschwindigkeit und der Blockstruktur die kleinen Schwächen der ersten Staffel übernommen hat (auch wenn sie in Staffel 2 mehr hervortreten), so wurden im Gegenzug aber ebenso die großen Stärken der Serie weiter ausgespielt, denn der Produktions- und Skriptqualität der einzelnen Episoden wird dadurch kaum Abbruch getan:
Die Folgen bleiben überwiegend gut geschrieben, charakterbetont und vielschichtig, insbesondere mit Blick auf die Hauptfiguren.
Cassian Andor, zum vorerst letzten Mal abermals großartig und mit viel Herzblut verkörpert von Diego Luna, erhält einen runden, fast perfekten und würdigen Charakterbogen, der noch dazu einige seiner Handlungen in Rogue One erklärt oder sogar in ein ganz neues Licht rückt.
Ähnliches gilt, wenn auch nicht im gleichen Umfang, für die Senatorin und Rebellenanführerin Mon Mothma, ebenfalls brilliant gespielt von Genevieve O'Reilly.
Einige der Nebenfiguren bekommen im Verlauf der Serie jedoch auch die stark begrenzte „Erzählzeit“ einer finalen Staffel zu fühlen, die am Ende direkt in Rogue One mündet.
Eben diese engere Nähe zum Film, die sich in mehr als einer Hinsicht zeigt, erweist sich als weiterer Pluspunkt: Wo die erste Staffel in der Regel noch recht weit von Rogue One distanziert blieb (bis auf wenige Ausnahmen wie Cassians späteren Rebellenmitstreiter Melshi), verdichtet sich hier die Vorgeschichte zunehmend. Dabei werden nicht nur Fanfavoriten wie K-2SO und Orson Krennic geschickt eingebaut, sondern auch die politische Zersplitterung der Rebellenallianz und die internen imperialen Machtspielchen weiter ausgearbeitet. Und durch historische Anleihen bei der französischen Résistance finden Einflüsse aus dem Kriegsdrama-Genre Eingang in die Serie, nachdem Andor schon Motive des Spionage- und Politthrillers integrierte und so das erzählerische Repertoire erweiterte.
Fazit
Star Wars: Andor Season 2 schafft den Anschluss an Rogue One nahezu nahtlos, die notwendigerweise sehr geraffte Erzählstruktur entpuppt sich mitunter jedoch leider als Stolperstein und lässt einige Aspekte letztlich doch etwas zu offen.
Unweigerlich drängt sich der Eindruck auf, dass die Autoren eigentlich eine noch viel größere und breiter angelegte Story abdecken wollten, dafür aber schlicht und ergreifend weder Platz noch Erzählzeit hatten.
Das offenbart sich vor allem zum Serienfinale hin in der Behandlung mancher Nebenfiguren, denn die Tiefe der Charakterzeichnung kollidiert hier teils merklich mit dem „Zeitdruck“ der zweiten Staffel – die immerhin fünf Jahre in gerade einmal zwölf Episoden packen und zusätzlich zum bereits umfangreichen Cast noch weitere Figuren aus Rogue One ins Spiel bringen musste.
Nichtsdestotrotz hält Andor Season 2 in Sachen Skript, Produktionsqualität und schauspielerischer Leistung das ausgezeichnete Niveau der ersten Staffel, erweitert und vertieft das Star Wars-Universum auf genreübergreifende Weise und bietet spannende inhaltliche und visuelle Anknüpfungspunkte an Rogue One.
Reinschauen lohnt sich also nach wie vor; allerdings ist angesichts der überaus langen Pause zwischen den beiden Staffeln ein Auffrischer oder Rewatch empfehlenswert.
Übrigens: Wir warfen schon für Andor Season 1 einen spoilerfreien Blick auf die Star Wars-Serie. Klickt gern in unser damaliges Review rein, wenn ihr euch weiter informieren möchtet!