Review: Snowpiercer
Woodstock | Ferne Welten | vom 02.04.2014
Snowpiercer (2014)
Regisseur: Joon-ho Bong
Cast: Chris Evans, Tilda Swinton, Jamie Bell, Ed Harris, John Hurt
Story:
Nach
einem fehlgeschlagenem Versuch, die globale Erwärmung zu stoppen,
versinkt die Welt in einer Eiszeit. In dieser winterlichen Einöde, in
welcher Stillstand den Erfrierungstod bedeutet, rast der Snowpiercer
durch die Welt. Ein gewaltiger Zug, dessen Perpetuum-mobile-Motor, die
letzten Menschen über ein globales Schienennetz in Bewegung hält. Die
Überlebenden, bilden eine Klassengesellschaft, in der es zu brodeln
beginnt. Die Revolution steht kurz bevor.
Kritik:
Öffentliche
Verkehrsmittel sind ein Graus! Dreckig, warm, zu voll und ständig nervt
der Schaffner. Zumindest die Regionalbahn, können mit der Zeit viele
nicht mehr sehen. Beim Gedanken allein, stundenlang so zu reisen,
vergeht vielen schon die Lust. Da sitzt man doch lieber gemütlich in der
ersten Klasse, blickt seelenruhig aus dem Fenster, isst was gutes oder
vertreibt sich irgendwie anders die Zeit. Nun stelle man sich vor, man
würde siebzehn Jahre im Zug verbringen. Siebzehn Jahre Regionalbahn.
Über ein Jahrzehnt Enge, Wärme, nicht enden wollender Dreck und
faschistische Schaffner. Man fährt ohne Ziel und ohne Chance jemals die
erste Klasse zu sehen. Eine Horrorvorstellung! Ein apokalyptisches
Szenario, bei welchem selbst überzeugte Bahnpendler die Notbremse ziehen
wollen, erwartet die Menschheit in „Snowpiercer“.
Das asiatische
Kino ist auf dem Vormarsch. Nicht nur China oder Japan, sondern auch
Südkorea liefert durchaus kreative und visionäre Kinofilme. Darunter
auch Monsterfilme wie „The Host“, der wohl bekannteste Film des
„Snowpiercer“ Regisseurs Joon-ho Bong und auch „Oldboy“. Das Rachedrama
des „Snowpiercer“ Produzenten Park Chan-wook. Die passende Mischung
macht's und diese ist hier gegeben. Mit langen Kamerafahrten wie in „The
Host“ und einzigartigen Kampfszenen, welche stark an die legendären
Kämpfe aus „Oldboy“ erinnern, setzt sich die Verfilmung, des
französischen Graphic Novel, „Le Transperceneige“ („Snowpiercer“) an die
qualitative Spitze der asiatischen Filmexporte.
Aber nicht nur
aufgrund der Technik ist „Snowpiercer“ einen Blick wert. Die Geschichte
der postapokalyptischen Bimmelbahn ist klar strukturiert und baut
hervorragend aufeinander auf. Die Gesellschaft in „Snowpiercer“ ist eine
utilitaristische Klassengesellschaft. Jeder erfüllt einen Zweck. Jeder
hat seinen Platz. Das bedeutet jedoch auch, dass die meisten am unteren
Ende leben und nur wenige die Vorzüge der Reise erleben. Ein Aufstand
scheint unvermeidlich und so klären sich die Fronten. Beginnend in der
Unterklasse des Zuges, werden uns die Rädelsführer des drohenden
Aufstandes näher gebracht. Curtis (Chris Evans) als der Anführer der
niederen Klassen, Edgar (Jamie Bell), als sein Stellvertreter und
Gilliam (John Hurt) als Curtis Mentor, führen den Aufstand an. Dieser
führt sie früh zu Namgoong Minsu (Kang-ho Song), dem ehemaligen
Sicherheitschef des Zuges. Gemeinsam erforschen sie Wagon für Wagon und
Abteil für Abteil, auf ihrem Weg zur Lokomotive. Dabei werden langsam
und nachvollziehbar die Hintergründe und die Geschichte hinter dieser
verdrehten Gesellschaft erklärt, welcher ihr Gesicht zunächst durch
Mason (Tilda Swinton) bekommt. Swintons Rolle könnte man als groteske
und fanatische Personalchefin beschreiben, welche die Regeln der
Menschlichkeit ignoriert, solange sie nur ihren Job machen kann. Auf ih,
Evans und Song, der schon bei „The Host“ mitgespielt hat, ruht der
Film. Ihre Hintergründe und Einsichten werden von den Schauspielern sehr
gut rüber gebracht, auch wenn Evans manchmal zur Übertreibung neigt.
Eindrucksvoll
bei „Snowpiercer“ ist die erschaffene Welt und weniger, wie es dazu
kam. Der Zug ist autonom, basiert aber auf einem unmenschlichen System,
welches die Revolution zur Folge hat. Diejenigen, die diese durchführen,
sind aber keine Soldaten und keine Generäle. Es sind Menschen, welche
mit allem kämpfen das sie haben und nicht wissen was hinter der nächsten
Tür oder im nächsten Abteil erwartet. Gerade das macht die Geschichte,
welche vom wissenschaftlichen Hintergrund unglaubwürdig scheint, auf
einer menschlichen Eben glaubwürdig und lässt alle kleinen, unlogischen
Details, im Großen und Ganzen verblassen. „Snowpiercer“, obwohl man es
meinen könnte, ist keineswegs Hirn-aus-und-Film-an-Kino. Ganz im
Gegenteil! Er akzeptiert den Zuschauer als denkendes Wesen und
präsentiert eine intelligente Geschichte, die, trotz ihrer
Science-Fiction Thematik, sehr real ist. Vor allem was die Frage angeht,
was einer Revolution folgen soll. Zuerst geht es in die Lokomotive,
dann fragen wir uns, was wir da eigentlich wollen. Zuerst stürzen wir
die Regierung, dann überlegen wir uns, was wir eigentlich wollen.
Fazit:
Packend,
intelligent und sehr gut gespielt, präsentiert uns dieser
südkoreanische Science-Fiction-Film eine detailreiche,
postapokalyptische Dystopie auf Schienen, die in „Ich glaub, ich
kann“-Manier spannend und mit packenden Kämpfen mutig gen Ende rollt.
Pflichtprogramm!
9/10
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