Aufbruch oder Anfang vom Ende?
Persus | Allgemein | vom 25.10.2009
"In Zeiten der Krise profitieren vor allem die Unterhaltungskonzerne." -
So oder ähnlich fielen in den vergangenen Monaten oft die Aussagen von
Analysten auf Fragen bezüglich der aktuell sehr hohen Einnahmen an den
US-amerikanischen Kinokassen aus. Und es ist wohl wirklich so: Gerade
wenn es der Wirtschaft und damit auch der Bevölkerung schlechter geht
profitiert kein Wirtschaftszweig so stark wie der Unterhaltungssektor.
Den Menschen scheint es gerade in diesen Phasen wichtig zu sein, sich
ablenken zu können.
Umso überraschender ist es eigentlich, dass
gerade jetzt zwei Größen des Showbusiness, die Traditionsunternehmen
Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) und NBC Universal, in Schwierigkeiten geraten.
Während MGM mit Liquiditätssorgen konfrontiert wird steht NBC Universal
als Gesamtes offen zum Verkauf, nachdem der Eigentümer, General
Electric, von der anhaltenden Erfolgsflaute offensichtlich die Nase voll
hat. Interessenten gibt es genug für den Verbund aus dem
Hollywood-Studio Universal und dem ehemals wichtigsten amerikanischen
Network NBC, doch wer immer den Zuschlag bekommt steht vor einem
Scherbenhaufen.
Universal
ist nur noch ein Schatten seiner selbst und rangiert zur Zeit
abgeschlagen auf dem letzten Platz der großen 6 Filmstudios. Im Jahr
2009 hagelte es einen Flop nach dem anderen, was inzwischen dazu geführt
hat, dass die Konzernführung komplett ausgewechselt wurde und man die
Gelder für Entwicklung bis zum Jahresende eingefroren hat. Der letzte
Universal-Film, der in den USA mehr als 200 Millionen US Dollar
einspielen konnte liegt schon mehr als 2 Jahre zurück, und wenn man sich
auch weiterhin von Altstars wie Vince Vaughn so über den Tisch ziehen
lässt, wie bei der Produktion der Blödelkomödie "Couples Retreat",
dessen Dreh im Inselparadies Maui-Maui mehr als 70 Millionen US-Dollar
verschlungen hat, dann könnte man den ganzen Laden auch gleich zu
machen.
Woran es Universal mangelt ist klar: Initiative. Alle
anderen Majors haben es in den letzten Jahren verstanden für ihre
Großprojekte starke Lizenzen (wie die "Marvel"-Filme bei Paramount oder
"Harry Potter" bei Warner Bros.) zu erlangen. Auf diese Filme konnte man
sich stützen und selbstbewusst zusätzliche Projekte darum sammeln.
Universal hat diese Phase verschlafen und muss nun mit den daraus
entstandenen Problemen zurechtkommen. Bei der neuen Führung hat man
indes ein angebliches Heilmittel gefunden: Die jährliche Filmproduktion
soll verkleinert werden um Kosten zu sparen. In welchem Rahmen dies
geschehen soll ist bislang nicht sicher, es sollte den verantwortlichen
jedoch klar sein, mit welchen Risiken eine Verkleinerung verbunden
ist... fragen Sie mal bei MGM nach, die werden es Ihnen sagen.
Hoffnungsschimmer
gibt es derweil aber auch noch und zwar gleich zwei: Zum einen dürfte
der wahrscheinlichste Käufer des Konzerns, der unanständig profitable
KabelTV-Versorger "Comcast" an einem starken "Universal" interessiert
sein, und der wichtigste Produktionspartner von Universal, "Relativity
Media" hat gerade erst bekannt gegeben, 300 Millionen Dollar
zusätzlichen Kapitals bereit stellen zu können.
Für NBC sieht es
kaum besser, eher sogar noch schlechter, aus. Auch hier gehörte man
einst zur absoluten Spitze, ist inzwischen aber so weit davon entfernt,
dass man schon damit froh wäre nicht immer wieder letzter zu werden. Die
Zuschauer laufen dem Sender mit dem Pfau als Maskottchen, seit Jahren
davon und auch hier konnte man im Laufe des Jahres nicht anders, als die
Leitung (in Person von Ben Silverman) zu feuern.Die Nachfolger sehen
sich dabei scheinbar einem der maßenen Desaster gegenüber, dass sie
selbst zugeben mussten, dass NBC in dieser Season nichts mehr anbieten
könne, was wirklich sehenswert wäre.
Nicht
besser erging es in den vergangenen Jahren dem 1924 gegründeten
Filmstudio MGM. Der Niedergang, der bereits in den 60er-Jahren seinen
Anfang nahm, verstärkte sich in den letzten Jahren, getrieben durch die
enorme Schuldenlast, die man vor sich herschiebt und die dieses Jahr
angeblich fast zur Insolvenz des Unternehmens geführt hätte. Sollte es
dem Konzern nicht im kommenden Jahr gelingen Erfolge an den Kinokassen
zu erzielen, dann dürfte es finanziell sehr eng werden und man sähe sich
wohl den Optionen gegenüber, entweder Teile der enormen Filmsammlung zu
veräußern oder aber sich einen neuen investierwilligen Eigentümer zu
suchen.
Beide Möglichkeiten könnten direkte Auswirkungen auf die
Produktion weiterer Stargatefolgen haben, wobei das Stargate-Franchise
wegen seiner großen Popularität gute Chancen haben dürfte selbst eine
Insolvenz von MGM zu überstehen. Diese würde im Grunde bedeuten, dass
man zusehen müsste aus der Konkursmasse möglichst viel raus zuholen. Ein
Käufer für Stargate sollte sich dabei finden lassen.
Die
Situationen beider Konzerne passen sich dem allgemeinen Bild an, welches
die US-amerikanische Medienlandschaft derzeit von sich selbst liefert.
Viel ist im Umbruch, nicht wenige Firmen stehen am Scheideweg.
Dreamworks hat sich mithilfe von indischem Investorengeld wieder frei
gekauft und tritt nun wieder als eigenständiges Produktionsstudio auf.
Zu einem Big Player will derweil auch Summit Entertainment werden. Dem
jungen Konzern ist es mit der Akquisition der "Twilight"-Reihe gelungen
ein enormes Startmomentum und viel Geld zum investieren zu generieren.
Zudem hat sich mit Apparition ein ambitionierter Verleiher aufgetan, der
sich jedoch vor allem auf anspruchsvollere und/oder ausgefallene
Projekte spezialisieren dürfte.
Nicht sehr gut geht es derweil
neben dem Network "The CW", dass bei gegenwärtigem Verlauf nicht mehr
lange durchhalten dürfte, auch einigen weiteren Hollywood-Firmen. "The
Weinstein Company" muss wie Universal seine Filmanzahl zurückschrauben
und hat dieses Jahr schon viele Leute entlassen. Disney hat sein
Independent-Label "Miramax", in der Vergangenheit ein Garant für Oscars,
zusammen gekürzt und auch "Lionsgate" ist laut aktuellen Berichten in
finanziellen Problemen.
Im Bereich so großer Firmen bewegt sich
vieles etwas langsamer als in anderen Bereichen, von daher ist in
nächster Zeit nicht mit dramatischen Verbesserungen oder
Verschlechterungen der Lagen von MGM und NBC Universal zu rechnen. Beide
Konzerne müssen aber dringend an ihren Marktstrategien arbeiten um
nicht eher früher als später auf der Strecke zu bleiben.
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