A/N:Zum Glück ist das Serienuniversum so vielfältig, dass ich als FF-Autorin immer Ideen finden werde, auch wenn die manchmal noch so ungewöhnlich sind. Und genau so eine ungewöhnliche Idee hat mich am letzten Sonntag um 20:15 Uhr heimgesucht, als ich eine meiner Lieblingsserien guckte und ich dachte: Hey, warum nicht mal was anderes ausprobieren?
Der Tod lässt grüßen
Titel: Der Tod lässt grüßen
Autor: Ailya
Serie: Stargate Atlantis, NCIS (und ein paar Leihgaben von SG1)
Arbeitstitel: /
Rating: R
Zeitliche Einordnung: ein, zwei Monate nach „THE CORE“ (bezieht sich aber nicht direkt auf die Geschehnisse von "THE CORE")
Spoiler: /
Kategorie: Spannung, Angst, Crime, Humor, ein bisschen Romance und Friendship
Pairings: werdet ihr schon sehen…
Anmerkung/Widmung: Eine verrückte Idee, die hoffentlich nicht nach hinten losgeht und euch stattdessen genauso mitreißen wird wie mich und Moni (meine Freundin, die mir manchmal beim Schreiben hilft).
Disclaimer: „Stargate Atlantis“, „Stargate SG1“ und „Navy CIS“ gehören (leider) nicht mir, sondern den verantwortlichen Produktionsfirmen (u.a. MGM). Diese FF wurde aus Spaß geschrieben und ist auch nicht für andere Zwecke zu verwenden.
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Eine schicksalhafte Begegnung
Though I lost my way,
you’ve been strong enough to stay
Faithful to the end
Long, lost friend
so, good finding you again
I'll be faithful to the end
Long, lost friend
(Restless Heart- “Long, lost friend”)
„ Ich bin auf der Suche nach Special Agent Gibbs“, ließ der wie aus dem Nichts aufgetauchte Mann verlauten und postierte sich inmitten des Büroraumes. Schweigen. Stille. In der Nähe klingelte ein Telefon. Vier Mal. Ein Mitarbeiter nahm ab, meldete sich. Eine Kollegin lochte einen Stapel Akten und heftete ihn weg. Ein kaugummikauender Mitarbeiter aus der Rechtsabteilung stand am Kopierer und wartete gelangweilt dreinblickend darauf, dass das Gerät endlich seine Kopien ausspuckte.
Jethro Gibbs nippte genüsslich an seinem Kaffee und ging zu seinem Schreibtisch. Ganz langsam und ohne Eile- niemand hetzte ihn. Er setzte sich, stellte seinen Kaffee auf die Tischplatte, lehnte sich zurück. Mit gehobenen Augenbrauen betrachtete er den Mann, der vor ihm stand. Er war schlank und recht groß; Gibbs schätzte ihn auf höchstens Mitte Dreißig, selbst wenn erste winzige Falten um seine warmen, haselnussbraunen Augen lagen. Die Haut des Mannes war sonnengebräunt; möglicherweise stammte er aus Kalifornien, vielleicht aber auch aus Florida. Miami- ja, er würde sich gut in Miami machen. In einem schicken Cabrio mit einer adretten Blondine an seiner Seite.
Das dunkle, fast schon schwarze Haar trug der Mann sehr eigenwillig und es kostete Gibbs einige Mühe, um wenigstens ansatzweise eine Frisur zu erkennen; der Pony war aus dem Gesicht gegelt und der Rest stand in alle Himmelsrichtungen vom Kopf ab. Doch scheinbar interessierte das den Mann nicht.
Auf dem Gesicht des Mannes lag ein freundliches, weltoffenes Lächeln. Gibbs musterte die markanten Gesichtszüge des Fremden; die leicht spitz zulaufende Nase, die hohen Wangenknochen, über die sich ein Bartansatz zog, die schmalen Lippen und die haselnussbraunen Augen, die unter dichten Wimpern hervorlugten. Irgendwie war alles an diesem Mann ein einziger Widerspruch- Jethro wusste nur nicht, warum er so dachte. Er betrachtete den Fremden noch ein paar Sekunden lang, ehe er sich räusperte; am gegenüberliegenden Tisch zuckte McGee zusammen und Tony und Ziva rissen sich aus der faszinierten Betrachtung des Fremden.
„ Dürfte ich erfahren wer Sie sind?“, fragte er den Mann, wobei er versuchte möglichst gleichgültig und gelassen zu klingen.
Das Lächeln seines Gegenüber verrutschte kurz und er schüttelte scheinbar über seine eigene Unhöflichkeit mit dem Kopf. „ Wo habe ich nur meine Manieren gelassen?“, lächelte er und streckte Gibbs dann seine kräftige Hand entgegen. Er hatte schmale, lange Finger, von denen Jethro glaubte, dass sie trotzdem gut anpacken konnte. Das gehörte sich schließlich so für einen Soldaten.
Gibbs’ Blick fiel auf die dunkle Paradeuniform, die der Mann trug, und auf die vielen Abzeichen die seine Schultern zierten. War dieser Kerl nicht noch viel zu jung, um so viele Orden erhalten zu haben?
„ Ich bin Lieutenant Colonel John Sheppard“, stellte der Mann sich vor. „ U.S. Air-Force.“
Die Blicke von McGee und Tony trafen sich über die Tisch hinweg und Ziva kniff die Augen zusammen. Jethro wusste genau, was gerade in den Köpfen seines Teams vor sich ging, und er auch er wurde stutzig und musterte diesen Lieutenant Colonel Sheppard noch einmal kritisch von oben bis unten. Was tat ein Offizier der U.S. Air-Force am helllichten Tage im Hauptgebäude des Naval Criminal Investigative Service?
+-+-+-+
... 24 Stunden zuvor ...
Die Luft war kühl und frisch. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber er es war immerhin hell genug, dass sich einige der Straßenlaternen bereits abgeschaltet hatten. Niemand regte sich darüber auf, schließlich wohnte man hier nicht wirklich in einem gefährlichen Viertel; die lagen weiter östlich und zum Glück hatte sich bis zum heutigen Tag noch kein Bewohner in das noblere Wohnviertel hineingetraut.
Leichtfüßig joggte Julie Bryant durch die Straßen, vorbei an gepflegten Vorgärten, weiß gestrichenen Zäunen und an den wunderschönen Häusern, die an der Straße entlang errichtet worden waren. Meistens wohnten Rentnerpaare darin oder auch wohlhabende Familien, so wie ihre eine war. Julie trabte lässig über den trockenen Asphalt und lauschte dem Rhythmus der Musik, die aus ihrem Ipod dudelte; sie liebte es einfach zum Takt der Musik zu laufen. Nein, ohne Musik konnte sie sich ihr allmorgendliches Workout nicht vorstellen. Mike, ihr Freund, meinte immer, dass sie doch verrückt sei, um diese Tageszeit hinauszugehen und zu joggen, doch Julie erfand es um diese Zeit als besonders entspannend. Kaum jemand war auf der Straße und der Zeitungsjunge war heute Morgen die erste Person gewesen, der sie begegnet war.
Julie lief jeden Morgen und sie tat es gerne. Es half ihr den Kopf freizubekommen und den ganzen Alltagsstress für einen Augenblick zu vergessen, einfach mal abzuschalten und nur mit sich und der Musik zu sein. Im Moment standen allerlei Klausuren an und manchmal erwischte Julie sich dabei, wie sie sehnsüchtig aus dem Fenster sah, von wo aus sie den Ozean sehen konnte und sich wünschte am Strand entlang joggen zu können, anstatt drinnen für Biologie zu pauken. Ihre Eltern verstanden nicht, wieso ihre Tochter so früh aus dem Haus verschwand, und Julie kam der Verdacht, dass es sie genaugenommen auch nicht sonderlich interessierte. Ihr Vater George war Teilhaber einer erfolgreichen Anwaltskanzlei und ihre Mutter war in einer Bank beschäftigt. Beide kamen immer sehr spät nach Hause, meistens dann, wenn Julie bereits schlief oder gerade dabei war, schlafen zu gehen. Nur selten kamen sie dazu als Familie gemeinsam zu essen oder etwas zu unternehmen. Immer kam etwas dazwischen und es war schon immer so gewesen, dass der Job Priorität hatte.
Deshalb lief Julie. Nicht, weil ihren Eltern ihre Jobs wichtig waren, sondern weil sie sich einsam fühlte. Natürlich hatte sie Mike und ihre beste Freundin Shelly, doch die beiden konnten nicht immer für sie da sein…
… und in einem solchen Falle lief Julie. Und lief und lief und lief. Manchmal legte sie an einem Tag 20 Kilometer oder mehr zurück; es war dann bereits dunkel, wenn sie völlig erschöpft aber erleichtert nach Hause zurückkehrte und feststellte, dass ihre Eltern wieder einmal Überstunden schoben. Es war wirklich zum Verzweifeln!
Julie seufzte und die kalte Luft formte aus ihrem warmen Atem eine Dunstwolke. Sie war jetzt schon eine halbe Stunde unterwegs, hatte ihren Wohnblock umrundet und steuerte nun auf den Strand zu. Danach würde sie bei Ellen vorbeischauen und sich einen Kaffee genehmigen. Ellen Fitzpatrick war die Inhaberin einer kleinen Bäckerei; dort verkaufte sie neben unzähligen Brotsorten auch exzellente Kuchen und Torten und Cupcakes, für die Julie töten würde. Jeden Tag besuchte die 19 Jährige die freundliche Verkäuferin, die ihren Laden an der Ecke Plainsboro Street und Main Street hatte. Ellen war in den Jahren eine gute Freundin geworden und so kam es schon mal vor, dass sie Julie „aus lauter Mitlied“ einen Cupcake mehr einpackte, ohne diesen abzurechnen.
Die Voraussicht, schon bald in Ellens warmer Bäckerei zu sitzen, ließ Julie schneller laufen. Ihre Schritte wurden immer größer und sie zog das Tempo an, obwohl heute Freitag war und dazu noch Semesterferien, was bedeutete, dass sie heute nicht zur Uni musste. Mit Sicherheit lagen alle ihrer Mitstudenten noch im Bett und träumten von schicken Autos… bestimmt auch Mike. Julie rechnete nicht vor halb eins mit ihm. Sie hatte also Zeit.
Gerade als Julie um die Ecke bog und der Strand mit seinem hellen Sand endlich in Sicht kam, entdeckte die junge Frau einen großen schwarzen SUV am Straßenrand parken, aus dem drei Männer ausstiegen. Komisch, wunderte sich Julie. Normalerweise ist so früh doch noch niemand am Strand. Und die drei Männer sahen auch nicht so aus, als wollten sie an den Strand; zwei von ihnen waren groß, kräftig gebaut, Typ Bodyguard oder Türsteher.
Julie blieb stehen. Aus irgendeinem Grund war ihr die Sache nicht geheuer und so versteckte sie sich vorsichtig hinter einer Telefonzelle; so konnten sie die Männer nicht sehen, aber sie konnte sie sehen.
Zwischen den beiden Männern lief ein dritter, kleinerer Mann. Er wirkte im Vergleich zu den beiden fast schon mickrig und unscheinbar. Julie war zu weit entfernt, als dass sie hätte Einzelheiten erkennen können; sie schätzte ihn auf Ende Zwanzig, farbig, dunkle Haare, schlank, trainiert, vielleicht Student an irgendeiner Uni. Er folgte den beiden anderen Männern nur widerwillig, als sie ihn aus dem Auto zerrten und die Treppe, die zum Steg führte, hinunterschleiften. Das Auto wartete derweilen mit angelassenem Motor am Straßenrand; wahrscheinlich wartete noch ein vierter Mann im Auto…
… und dieser vierte, unsichtbare Mann veranlasste Julie, sich noch weiter hinter der Telefonzelle zu verstecken. Irgendetwas stimmte hier nicht- da war sie sich sicher. Aber was sollte sie tun? Die Polizei rufen und dabei womöglich von den Männern entdeckt werden? Nein, das kam nicht in Frage. Nicht hier. Nicht jetzt. Vielleicht könnte sie zu der Telefonzelle zwei Straßen weiter rennen. Dazu müsste sie aber an dem Auto vorbei und das bedeutete…
Julie wurde je in ihrem Gedanken unterbrochen als ein dumpfer Knall die morgendliche Stille zerriss. Ein Schwarm Möwen schreckte auf und erhob sich mit lautem Gekreische in die Luft über der Landungsbrücke, die den Steg mit einem netten Restaurant verband. Julie zuckte zusammen und hielt die Luft an. Was war das?
Mit weiten Augen beobachtete sie von ihrem Versteck aus, wie die beiden Türsteher die Treppe hinauf gehastet kamen und in den Wagen stürzten. Kaum dass sie die Türe hinter sich geschlossen hatten, trat der Fahrer aufs Gas, dass der Motor aufjaulte und die Reifen zu qualmen begannen.
Julie presste sich an die Telefonzelle, als der Wagen an ihr vorbeirauschte und um die Ecke driftete. Sie lauschte dem Geräusch des Motors noch so lange, bis es nicht mehr zu hören war und als sie sicher war, dass er weit genug war, hechtete sie in die Telefonzelle und holte mit zitternden Fingern ein bisschen Kleingeld aus ihrer Hosentasche, wählte und sah sich dabei ängstlich um.
„ Ja, hallo?“, wisperte sie in den Hörer, als sich am anderen Ende eine rauchige Frauenstimme meldete. „ Mein Name ist Julie Bryant und ich bin in der Marksfieldstreet am Pier 26. Ich… ich glaube, hier ist gerade jemand ermordet worden.“
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„ Ich… ich habe es nicht gesehen“, stammelte die junge Frau, die laut ihrem Ausweis Julie Bryant hieß, und fuhr sich nervös durch die blonden Haare. „ Ich habe es nur gehört. Ich… ich wusste nicht, was ich machen sollte, also habe… ich habe…“
„ Sie haben das richtige getan“, beruhigte Timothy McGee die junge Frau, die ihn mit ihren großen blauen Augen ansah und dabei den Eindruck machte, als hätte sie ein Gespenst gesehen. Er gab ihr ihren Ausweis zurück. „ Sie können dann jetzt gehen. Melden Sie sich einfach bei uns, wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt, okay?“
Julie Bryant nickte scheu. „ Werde ich machen“, sagte sie leise und stand dann auf, ging mit wackligen Knien von dannen, drehte sich dann aber noch einmal um und schickte ein kleines Lächeln in McGees Richtung, woraufhin dieser ihr zuwinkte. Dann verschwand sie um die Ecke und Timothy fragte sich, ob es nicht besser gewesen wäre, sie nach Hause zu fahren; die Arme war vollkommen am Ende.
„ Hey, Bambino!“, schallte eine Stimme zu ihm herüber und als er sich umwandte blendete ihn ein heller Blitz. „ Sehe ich da etwa ein Leuchten in deinen Augen?“ Tony DiNozzo lugte hinter der Kamera hervor und griente ihn schief an.
„ Sehr witzig, Tony“, brummelte McGee und rieb sich die geblendeten Augen.
„ In der Tat, das ist es“, lachte sein Kollege, ehe er ein weiteres Foto von der am Boden liegenden Leiche macht. „ Es ist nur so komisch, wie offensichtlich du den Frauen hinterher gaffst.“
„ Ich wollte nur freundlich sein“, rechtfertige McGee sich. „ Die Frau ist Zeugin eines Mordes, Tony.“
„ Und sie ist verdammt heiß“, grinste Tony, so breit, dass ihm fast die Ohren abfielen. Wusch! Wie aus dem Nichts bekam er einen heftigen Schlag auf den Hinterkopf. Tony zuckte zusammen und zog den Kopf ein. „ Tschuldigung, Boss!“, rief er hastig und drehte sich weg, als sein Vorgesetzter, Jethro Gibbs, mit strengen Blick an ihm vorbeiging, der so in etwa besagte: Hör auf dämliche Sprüche zu reißen und arbeite!
Ziva David, die neben Tony stand und die Personalien des Opfers aufnahm und eintrug, sah einen Moment von ihrer Arbeit auf und schüttelte über die kindische Art ihres Kollegen mit dem Kopf. Sie hielt den Ausweis des Opfers in den Händen und musterte ihn aufmerksam.
„ Aiden Ford“, las sie laut vor. „ Geboren am 5. Januar 1979 in Richmond, Virginia. Zurzeit wohnhaft in…” Sie stutzte und hielt sich den Ausweis näher vors Gesicht, fast so, als könnte sie ihn nicht lesen. Nach eingehender Betrachtung reichte sie ihn Gibbs. „ Jemand hat sich am dem Ausweis zu schaffen gemacht“, meinte sie.
Gibbs nahm den Ausweis entgegen und schon auf den ersten Blick fiel ihm auf, was Ziva gemeint hatte; mehrere Zeilen waren manipuliert worden. Die Adresszeile war vollkommen zerkratzt und auch die Sozialversicherungsnummer war nur noch schwer zu entziffern.
Ein Job für Abby, dachte der Teamleiter und gab Ziva den Ausweis zurück. „ Wer auch immer ihn umgebracht hat, wollte nicht, dass wir mehr über ihn erfahren.“
„ Aber wieso lässt man ihn dann hier liegen?“, fragte Ziva. „ Ich meine, in ein paar Stunden wird es hier nur so vor Leuten wimmeln.“
„ Nicht gerade der beste Ort, um eine Leiche zu verstecken“, murmelte Tony im Hintergrund leise vor sich hin. „ Vielleicht wollten die ja, dass man ihn findet.“
„ Und zu welchem Zweck?“, wollte McGee wissen. „ Niemand will, dass man eine Leiche findet. Das ist Irrsinn, Tony.“
„ Nenn mir eine bessere Alternative, McSchlaukopf“, giftete Tony.
Jethro löste sich von seinem Team, um den Toten genauer betrachten zu können. Mit vor Panik aufgerissenen Augen lag er im Sand, was darauf hindeutete, dass er seinem Mörder direkt ins Gesicht geblickt und gewusst hatte, was mit ihm passieren würde. Ansonsten war seine Körperhaltung ruhig; einzig und allein sein Gesicht verriet große Angst.
Jethro schätzte den Mann auf Mitte bis Ende Zwanzig- kein schönes Alter, um zu sterben. Vielleicht hatte er irgendwo eine Familie- eine Familie, die sie nicht informieren konnten. Was auch immer die Mörder des Mannes dazu bewegt hatte, den Ausweis zu manipulieren… sie waren verdammt gründlich gewesen und es würde eine Weile dauern, bis sie alles über diesen Aiden Ford herausgefunden hatten.
„ Gibbs!“ Es war Tonys Stimme, die ihn aus den Gedanken rief. Er kniete neben dem Opfer im Sand und zog etwas unter dem Hemd des Opfers hervor- etwas Langes und in der Sonne Glänzendes: Eine Hundemarke. „ Ich glaube, wir haben ein Problem“, meinte Tony mit ernster Miene.
Jethro schlenderte zu Tony herüber, ging in die Knie und begutachtete die Hundemarke von allen Seiten. Unübersehbar gehörte sie zum Opfer. Lt. Aiden Ford war am oberen Rand eingeprägt, dazu Geburtsdatum, Geschlecht, Konfession. Nur die Sozialversicherungsnummer war wie auf dem Ausweis mit einem scharfen Gegenstand beschädigt worden. Ganz unten am Rand entdeckte Jethro allerdings etwas, was ihn stutzig machte- ein langsam verblassendes Symbol. Er drehte die Hundemarke um und fand seinen Verdacht augenblicklich bestätigt- wahrscheinlich war es derselbe Verdacht gewesen, den Tony auch gehabt hatte.
„ Was ist denn los?“ McGee sah neugierig zu seinen Kollegen rüber und kam dann langsam näher. „ Was hat das zu bedeuten?“, fragte er mit einem angedeuteten Nicken in Richtung Hundemarke des Toten.
„ Das wir mit diesem Fall ab sofort nichts mehr zu tun haben“, antwortete Gibbs und offenbarte ihm die Rückseite der Hundemarke und das darin Geprägte.+-+-+-+
... 24 Stunden später ...
Es war Samstagnachmittag und das Team saß in seinem Büroraum; jeder hinter seinem Schreibtisch und jeder mit etwas anderem beschäftigt. McGee tippte eifrig auf seiner Tastatur herum. Ziva studierte den Bildschirm ihres Computers. Gibbs brütete über einem Haufen von Akten, die ihm Director Vance aufgebürdet hatte. Einzig und allein Tony saß einfach nur da und tat nichts. Er starrte an die Decke und vielleicht lag es an der Tatsache, dass er heute Abend seit einer gefühlten Ewigkeit wieder ein Date hatte und sich deshalb nicht konzentrieren konnte. Andererseits wollte ihm der Fall des Toten am Strand- Lieutenant Aiden Ford- nicht aus dem Kopf gehen. Irgendwie ärgerte es ihn, dass sie nichts tun konnten. Irgendetwas reizte ihn an diesem Fall.
Klatsch. Etwas flog gegen seine Stirn und als er zusammenzuckte, sah er erst Ziva, die ihn ansah und dann den Papierball vor sich liegen, den sie nach ihm geworfen hatte. „ Wie wär’s, wenn du auch mal arbeiten würdest?“, empörte seine hübsche Kollegin sich. „ Das tun wir hier schließlich alle!“
Tony reagierte nicht auf sie, sondern hob stattdessen den Papierball mit spitzen Fingern hoch und hielt ihn so, dass Ziva ihn auch sehen konnte. „ Hast du mich gerade abgeworfen?“
„ Sag mal, hörst du mir nicht zu?“
„ Sie hat mich tatsächlich abgeworfen“, meinte Tony zu McGee und beförderte den Papierball in den Mülleimer.
McGees Tippen verstummte kurz. Er sah seinen Kollegen an und murmelte etwas, von wegen „Sieht ganz danach aus“… und tippte dann einfach weiter.
„ Hast du eigentlich gehört, was ich gerade sagte?“, versuchte es Ziva ein zweites Mal.
„ Ja, das habe ich“, entgegnete Tony. „ Und nur zu deiner Information, während du was-weiß-ich gemacht hast, bin ich die letzten drei Fallakten noch einmal durchgegangen und habe sie überarbeitet, unterzeichnet und zu Melanie ins Archiv gebracht.“
Das Tippen am Nebentisch verstummte wieder. „ Hast du sie denn jetzt endlich rumgekriegt?“, wollte McGee wissen.
„ Wen?“, fragte Ziva.
„ Melanie Heineken“, antwortete McGee.
„ Wie das Bier?“ Wieder Ziva.
McGee nickte. „ Yep. Sie arbeitet unten im Archiv und unser lieber Tony hat noch nie so gerne und so viele Akten in den Keller getragen, wie seit dem Tag, als sie hier angefangen hat.“
Ziva lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und tippte mit ihrem Kugelschreiber auf die Tischplatte. „ Ich habe sie noch nie hier gesehen.“
„ Sie kommt nur selten vor Feierabend aus dem Archiv“, wusste McGee zu berichten. „ Tony hat es aber geschafft, sie für heute Abend zum Essen einzuladen. Ins Carpe Diem.“
„ Hhm, teuer Laden.“ Ziva pfiff anerkennend. „ Kann er sich das überhaupt leisten?“
Tony seufzte. „ Er sitzt direkt neben euch und kann alles mithören. Und natürlich kann ich mir das leisten. Für eine Frau sollte einem Mann nichts zu teuer sein.“
„ Ach wirklich?“ Ziva hob die Augenbrauen. „ Und was mit deinem Geschenk für mich letztes Weihnachten?“
„ Hey, du weißt nicht, wie lange ich danach gesucht habe“, verteidigte sich Tony augenblicklich.
„ Ich muss sagen, Tony, eine Tasse mit ‚ I wish you a hot X-Mas’ ist nicht besonders originell“, mischte McGee sich wieder ein.
„ Und vor allem nichts für eine Frau“, pflichtete Ziva ihrem Kollegen bei. „ Ich glaube, dass ich noch nie ein grässlicheres Geschenk bekommen habe.“
„ Trotzdem steht sie noch immer bei dir im Schrank“, sagte Tony.
„ Woher weißt du das?“
„ Ich habe so meine Kontakte“, kam die Antwort.
Ziva kniff die Augen zusammen, sagte aber nichts, richtete stattdessen wieder ihren Blick auf ihren Bildschirm. Trotzdem wusste Tony nur zu gut, dass sie jetzt wie wild darüber nachgrübelte und deswegen heute Abend wahrscheinlich nicht einschlafen würde. Tony griente. Endlich hatte er es geschafft eine Frau ihres Schlafes zu berauben.
Ein plötzliches Räuspern brach in die angespannte Stimmung und die Köpfe des Teams flogen auf und die Blicke fixierten einen Mann, der urplötzlich aufgetaucht worden war. Gibbs, der gerade aufgestanden war, als eine freundliche Mitarbeiterin seinen geliebten Starbuckscoffee vorbei gebracht hatte, drehte sich verwundert zu dem Fremden um. McGees Tippen verstummte erneut und Ziva blickte über den Rand ihres Bildschirms hinweg.
„ Kann ich Ihnen helfen?“, fragte Gibbs den Mann, der daraufhin die Mütze seiner dunklen Uniform abnahm und sich unter den Arm klemmte.
„ Ich bin auf der Suche nach Special Agent Gibbs“, ließ der Mann verlauten und postierte sich inmitten des Büroraums. Schweigen. Stille. In der Nähe klingelte ein Telefon. Vier Mal. Ein Mitarbeiter nahm ab, meldete sich. Eine Kollegin lochte einen Stapel Akten und heftete ihn weg. Ein kaugummikauender Mitarbeiter aus der Rechtsabteilung stand am Kopierer und wartete gelangweilt dreinblickend darauf, dass das Gerät endlich seine Kopien ausspuckte.
Jethro Gibbs nippte genüsslich an seinem Kaffee und ging zu seinem Schreibtisch. Ganz langsam und ohne Eile- niemand hetzte ihn. Er setzte sich, stellte seinen Kaffee auf die Tischplatte, lehnte sich zurück. Mit gehobenen Augenbrauen betrachtete er den Mann, der vor ihm stand. Er war schlank und recht groß; Gibbs schätzte ihn auf höchstens Mitte Dreißig, selbst wenn erste winzige Falten um seine warmen, haselnussbraunen Augen lagen. Die Haut des Mannes war sonnengebräunt; möglicherweise stammte er aus Kalifornien, vielleicht aber auch aus Florida. Miami- ja, er würde sich gut in Miami machen. In einem schicken Cabrio mit einer adretten Blondine an seiner Seite.
Das dunkle, fast schon schwarze Haar trug der Mann sehr eigenwillig und es kostete Gibbs einige Mühe, um wenigstens ansatzweise eine Frisur zu erkennen; der Pony war aus dem Gesicht gegelt und der Rest stand in alle Himmelsrichtungen vom Kopf ab. Doch scheinbar interessierte das den Mann nicht.
Auf dem Gesicht des Mannes lag ein freundliches, weltoffenes Lächeln. Gibbs musterte die markanten Gesichtszüge des Fremden; die leicht spitz zulaufende Nase, die hohen Wangenknochen, über die sich ein Bartansatz zog, die schmalen Lippen und die haselnussbraunen Augen, die unter dichten Wimpern hervorlugten. Irgendwie war alles an diesem Mann ein einziger Widerspruch- Jethro wusste nur nicht, warum er so dachte. Er betrachtete den Fremden noch ein paar Sekunden lang, ehe er sich räusperte; am gegenüberliegenden Tisch zuckte McGee zusammen und Tony und Ziva rissen sich aus der faszinierten Betrachtung des Fremden.
„ Dürfte ich erfahren wer Sie sind?“, fragte er den Mann, wobei er versuchte möglichst gleichgültig und gelassen zu klingen.
Das Lächeln seines Gegenübers verrutschte kurz und er schüttelte scheinbar über seine eigene Unhöflichkeit mit dem Kopf. „ Wo habe ich nur meine Manieren gelassen?“, lächelte er und streckte Gibbs dann seine kräftige Hand entgegen. Er hatte schmale, lange Finger, von denen Jethro glaubte, dass sie trotzdem gut anpacken konnte. Das gehörte sich schließlich so für einen Soldaten.
Gibbs’ Blick fiel auf die dunkle Paradeuniform, die der Mann trug, und auf die vielen Abzeichen die seine Schultern zierten. War dieser Kerl nicht noch viel zu jung, um so viele Orden erhalten zu haben?
„ Ich bin Lieutenant Colonel John Sheppard“, stellte der Mann sich vor. „ U.S. Air-Force.“
Die Blicke von McGee und Tony trafen sich über die Tisch hinweg und Ziva kniff die Augen zusammen. Jethro wusste genau, was gerade in den Köpfen seines Teams vor sich ging, und er auch er wurde stutzig und musterte diesen Lieutenant Colonel Sheppard noch einmal kritisch von oben bis unten. Was tat ein Offizier der U.S. Air-Force am helllichten Tage im Hauptgebäude des Naval Criminal Investigative Service?
„ Ich bin hier wegen des Lieutenants, der gestern in einem Ihrer Bezirke ermordet aufgefunden wurde“, erklärte der Mann sein plötzliches und unerwartetes Auftauchen. Jethro nickte daraufhin verständig. Der junge Mann, der am vorherigen Tag in der Marksfieldstreet gefunden worden war.„ In welcher Beziehung stehen Sie zu dem Ermordeten? Sind Sie mit ihm verwandt?“
Col. Sheppard neigte seinen Kopf leicht zur Seite. „ Ich war sein Vorgesetzter und bin nun hier, um den Fall zu übernehmen.“
Jethro misstrauisch hob die Augenbrauen. „ Gibt es für diesen Fall nicht eine spezielle Behörde? Ich wusste gar nicht, dass sich die Air-Force selbstständig um so etwas kümmert.“
„ Seien Sie sicher, dass bereits alles geregelt ist, Mr. Gibbs.“ Sheppard trat von einem Fuß auf den anderen. „ Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich den Lieutenant jetzt gerne sehen.“
TBC