Titel: Wozu sind Freunde da?
Autor: Chayiana
Serie: SGA
Staffel: 4, Spoiler zu "Outcast"
Genre: H/C, Friendship
Disclaimer: Alle Charaktere und sämtliche Rechte an SGA gehören MGM/UA, World Gekko Corp. Und Double Secret Production. Diese Fanfic wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen.
A/N: Nachdem ich mir "Outcast" angesehen habe, musste ich einfach noch diesen kleinen Nachsatz verfassen. Wahrscheinlich war hier der Wunsch nach dieser "missing scene" der Vater des Gedanken ... *gg* Koennte auch sein, dass es etwas gefuehlsduselig geworden ist, aber das musste einfach sein.
Wozu sind Freunde da?
John brauchte gar nicht aufzusehen, um zu wissen, wer da unangemeldet und vor allem ohne ein "Herein" abzuwarten sein Quartier betrat. Mit einem leisen Seufzer begruesste er den Neuankoemmling:
"Hi, Rodney."
"Ja ... uh ... hi," antwortete dieser zoegerlich, waehrend John weiter seine Tasche auspackte. Er war gerade von der Erde zurueckgekehrt. Zurueckgekehrt aus seiner Vergangenheit in das Hier und Jetzt. So ganz wollte sich sein Verstand noch nicht mit der Tatsache abfinden, dass nun wieder alles seinen gewohnten Gang nehmen sollte.
Er hatte seinem Vater nie besonders nahe gestanden. Hatte dieser doch immer versucht, Johns Leben nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Natuerlich war es fuer Patrick Sheppard immer das Ziel gewesen, dass sein aeltester Sohn seine Firma, sein Imperium, uebernehmen sollte und somit dem Namen Sheppard zur Ehre gereichen wuerde. Dass John ganz andere Dinge mit seinem Leben anfangen wollte, hatte er ihm wohl nie wirklich verziehen, auch wenn David ihm auf der Beerdigung etwas anderes hatte Glauben machen wollen. Sein Bruder hatte John offenbart, dass ihr Vater die Entzweiung bis zu seinem Tode bedauert hatte. Aber hatte er das wirklich? Oder war es nicht nur dessen gekraenkter Stolz gewesen, dass sich sein Sohn gegen seine Plaene gestellt hatte?
Doch trotz alledem, war es sein Vater gewesen, der dort in dem Sarg gelegen hatte. Und trotz allem hatte er ihn geliebt, tief in seinem Inneren aufrichtig geliebt. Aber insgeheim war John froh gewesen, dass diese Geschichte mit den von Menschenhand gemachten Replikatoren ihn davon abgehalten hatte, zu tief in diesem Inneren zu wuehlen. Selbst bei seinem letzten Gespraech mit seinem Bruder hatte er den Schmerz ueber den Verlust nicht an sich herankommen lassen, nicht wirklich. Sie hatten geredet, hatten sich versoehnt, aber wirklich gesagt hatte er nichts. Was haette er auch sagen sollen? Er konnte nicht erklaeren, wo er die letzten Jahre gesteckt hatte. Konnte nicht erzaehlen, was er wirklich tat. Wie wichtig seine Aufgabe fuer das Wohl der gesamten Menschheit und somit auch fuer ihre Familie war. Er konnte seinem Bruder nicht wirklich etwas geben, so dass dieser stolz auf ihn sein konnte.
Er hatte all die unausgesprochenen Fragen auf Davids Gesicht gesehen. Die stumme Bitte sich zu erklaeren, doch er konnte es nicht, durfte es nicht. Und so wuerde immer etwas zwischen ihnen stehen. Genau wie bei seinem Vater. Und genau aus diesem Grund hasste John manchmal seinen Job. Andere Soehne uebernahmen das Geschaeft des Vaters oder brachten Doktortitel nach Hause, aber er hatte nie etwas vorweisen koennen, ausser den wenigen militaerischen Ehren und diversen schwarzen Punkten in seiner Personalakte. Wie konnte er also erwarten, dass sein Vater stolz auf ihn haette sein koennen? Dass er es tatsaechlich bereut hatte, was zwischen ihnen geschehen war?
"John?"
Fast hatte er Rodneys Anwesenheit durch seine Gruebeleien vergessen, doch nun zwang er sich zu einem Laecheln, das seine wahren Gefuehle zu verbergen versuchte und sah endlich zu seinem Freund auf.
"Ja, Rodney. Was gibt es?"
"Also, ich ... nun, ich weiss, dass ich dir das schon angeboten hatte, aber ... uh, also, falls du vielleicht doch ... du weisst schon ... reden moechtest ..." unsicher brach Rodney seine so sorgfaeltig einstudierte Rede, die mal wieder in nichts als Stotterei ausartete, ab und schaute John halb auffordernd, halb aengstlich an.
Das Laecheln, das John eben nur mehr vorgetaeuscht hatte, verwandelte sich in ein aufrichtiges und dankbares Laecheln. Wie immer konnte man auf McKays Gesicht die gesamte Palette an Gefuehlen ablesen, die ihn in diesem Moment beschaeftigten. Da war ehrliches Mitleid und die Sorge, dass John mal wieder seine Gefuehle vergrub und fest hinter dicken Mauern verschloss, anstatt sich ihm anzuvertrauen, aber auch die Angst, dass er doch reden wollte und Rodney sich somit mit Johns Trauer auseinandersetzen musste. Und Rodney McKay war nun wirklich nicht das Aushaengeschild, wenn es darum ging, sich mit den Gefuehlen anderer Menschen auseinanderzusetzen. Das vermochte er schon nicht bei seinen eigenen. Und trotzdem war John ihm in diesem Moment einfach nur dankbar. Dankbar, allein fuer den Versuch, auch wenn er nun – seinen verkorksten Prinzipien treu bleibend – abwiegelte:
"Mir geht's gut, Rodney. Wirklich."
Doch unvermittelt aenderte sich jetzt etwas an dem Ausdruck auf Rodneys Gesicht. John erkannte einen Anflug von echtem Zorn und noch bevor er sich einen Reim darauf machen konnte, polterte McKay schon los:
"Das ist nicht wahr! Es kann dir nicht gut gehen. Dein Vater ist tot! (So viel zu dem viel geruehmten Taktgefuehl!) Und du stellst dich hier hin, als waere nur die Katze vom Nachbarn ueberfahren worden. Das kaufe ich dir nicht ab, John!"
Ueberrascht, aber auch ein wenig ertappt, blickte John seinen Freund an.
"Rod..."
"Wenn du jetzt noch einmal sagst, dass es dir gut geht, dann sind wir die laengste Zeit Freunde gewesen," schnitt ihm Rodney aufgebracht das Wort ab und verschraenkte trotzig die Arme vor der Brust.
Und auch wenn John wusste, dass Rodney die letzten Worte nicht wirklich ernst gemeint hatte, begann etwas in seinem Inneren zu broeckeln. Die Mauer aus Stein und sorgsam verschlossenen Gefuehlen gab langsam aber sicher nach. Und obwohl sich sein Verstand noch vehement dagegen wehrte, wurde ihm instinktiv bewusst, dass er dem Mann, der ihn nun herausfordernd anblickte, nicht laenger etwas vormachen konnte. Dazu kannten sie sich zu lange, waren schon zu oft zusammen in Lebensgefahr gewesen und hatten sich nicht nur selten aus gerade dieser befreien koennen, weil sie eben fuereinander da gewesen waren. Ihm wurde klar, dass Rodney diese Fassade, mit der er sich und seine wahren Empfindungen zu schuetzen versuchte, nicht laenger verdient hatte. Aber wie sollte er anfangen? Was sollte er erzaehlen? Was nicht?
Um das ploetzliche Schweigen im Raum zu ueberbruecken und sich selbst noch etwas Zeit zu verschaffen, fragte John:
"Moechtest du etwas trinken? Wasser, Orangensaft?"
"Hast du nen Bier?" entgegnete Rodney selbstbewusst, woraufhin John ihn verbluefft anstarrte. Er hatte McKay noch nie Bier trinken sehen. Wein, ja ... aber Bier? Doch als er nun das leicht siegessichere Grinsen auf dem Gesicht seines Freundes entdeckte, wusste John, dass es hier weniger um den Genuss eines Bieres ging, als vielmehr darum, dass Rodney klargeworden war, dass er gewonnen hatte und er es seinem Freund einfach ein wenig behaglicher machen wollte. Er wollte damit zeigen, dass sie alles miteinander teilen wuerden - beim Bier angefangen. Und nun musste auch John schmunzeln.
"Alles klar. Ein Bier. Kommt sofort," erwiderte er und holte zwei eiskalte Flaschen aus dem kleinen Kuehlschrank. Er oeffnete die Verschluesse und bot Rodney eine der Flaschen an. Dieser griff beherzt zu und nahm tapfer den ersten Schluck, doch das leicht angewiderte Kraeuseln seiner Nase, offenbarte John, dass Bier nicht besonders weit oben auf Rodneys Hitliste der annehmbaren Getraenke stand.
'Nun, mein Freund, das hast du dir selbst eingebrockt,' dachte er laechelnd. Doch schon McKays naechster Satz brachte ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurueck und fuehrte ihm den Grund ihres unvorhergesehenen Beisammenseins erneut vor Augen.
"Okay, dann fang mal an. Erzaehl mir etwas von dem John Sheppard, den du bis jetzt so streng geheim gehalten hast," forderte dieser ihn auf und John konnte sich ein ergebenes Seufzen nicht verkneifen.
"Ich ... ich weiss nicht, wo ich anfangen soll. Das ist nicht so einfach zu ..." irritiert brach John mitten im Satz ab. Jetzt, als es soweit war, wusste er schlicht nicht, wie er beginnen sollte, was er wirklich erzaehlen konnte oder wollte. Unsicher biss er sich auf die Unterlippe und blickte McKay fast Hilfe suchend an.
~~~
Rodney sah seinen Freund verwundert an. Wo war der selbstbewusste, laessige Air Force Pilot geblieben, der zu jeder Gelegenheit einen flotten Spruch auf den Lippen hatte? So unsicher hatte er John noch nie erlebt.
'Von wegen "Mir geht's gut",' dachte Rodney, innerlich den Kopf schuettelnd. Nichts war gut. Und er hatte mit seinem kleinen Ausbruch sprichwoertlich ins Schwarze getroffen. Doch nun hatte er John in diese Situation manoevriert und es waere wohl mehr als unfair, wenn er ihm nicht entgegenkommen, ihm da nicht wieder heraushelfen wuerde. Und obgleich ihm selbst ein wenig unwohl bei dem Gedanken war, hier jetzt den Troester spielen zu sollen (nicht wirklich eine seiner Staerken, wie er sich selbst eingestand), setzte er sich auf Johns Bett und bedeutete diesem mit einer Geste, es ihm gleich zu tun.
"Setz dich," fuegte er nach einigen Sekunden, in denen John weiterhin unschluessig im Raum gestanden hatte, freundlich, aber bestimmt hinzu. Dann endlich folgte dieser mit einem leisen Seufzen seiner Aufforderung. Johns Schultern sackten nach unten und Rodney konnte praktisch sehen, wie die letzten Verteidigungslinien in sich zusammenbrachen. Vorsichtig, fast misstrauissch liess sich Sheppard neben ihm auf dem Bett nieder. Ganz so, als ob er wuesste, dass, sobald er einmal sass, es keine Fluchtmoeglichkeit mehr fuer ihn geben wuerde. Rodney fragte sich, ob vielleicht die Erziehung seines Vaters Grund fuer diese grenzenlose Verschlossenheit seines Freundes war. Aber um das herauszufinden, war er jetzt hier. Und er beschloss fuer sich, auch nicht eher wieder zu gehen, bis er dieses Geheimnis um John Sheppard gelueftet hatte ... auch wenn er dafuer ueber seinen eigenen egozentrischen Schatten springen muesste.
Fuer ein paar weitere Augenblicke beobachtete er seinen Freund, wie dieser schwiegend in den Hals seiner Bierflasche starrte, von der er bisher keinen einzigen Schluck genommen hatte.
"Erzaehl mir von deinem Vater, von deinem Zuhause," begann Rodney nochmals, nachdem ihm klargeworden war, dass John wohl niemals von alleine anfangen wuerde zu reden. "Wie war es so bei euch? Was ist mit deinem Bruder?"
Aus Sheppards Kehle entrang sich ein Laut, den man ohne Weiteres zwischen einem freudlosen Lachen und einem abfaelligen Schnauben einordnen konnte.
"Sind das nicht ein wenig zu viele Fragen auf einmal?"
"Lenk nicht ab. Du verstehst mich schon. Fang einfach irgendwo an."
Und tatsaechlich begann John zu reden. Erst stockend und um Worte ringend, aber mit der Zeit sprudelte all das, was ihn bezueglich seines Vaters, seiner Kindheit und seinem Leben vor der U.S. Air Force beschaeftigte, aus ihm heraus. Er erzaehlte Rodney von seinem Vater, einem einflussreichen Geschaeftsmann, der praktisch sein Leben vom Zeitpunkt seiner Geburt an fuer ihn durchgeplant hatte. Fast diktatorisch hatte er versucht, Johns Leben in die Bahnen zu lenken, die er fuer ihn vorgesehen hatte. Doch Johns wirkliche Interessen, Neigungen und Wuensche hatte er nie respektiert. Seine Traeume vom Fliegen hatte sein Vater als Hirngespinste abgeschmettert. Etwas, mit dem man sich nicht den Respekt der Gesellschaft erringen konnte. Als John dagegen rebelliert hatte und seinen eigenen Vorstellungen vom Leben nachgegangen war, hatte ihn sein Vater mit Nichtachtung und Ablehnung bestraft. Es war fuer John schier unmoeglich gewesen, es seinem Vater recht zu machen, ihn stolz auf sich sein zu lassen. Nein, es war sein Bruder gewesen, auf den Sheppard senior stolz gewesen war. Dieser hatte sich dem Leben, das fuer ihn vorgesehen war, gefuegt. John war nur das schwarze Schaf, der Rebell, in der Familie gewesen.
Ploetzlich verstand Rodney, warum sein Freund dermassen verschlossen war. Sein Vater hatte ihn mit seinem Verhalten tief verletzt. Er hatte sich ungeliebt gefuehlt. Und was wahrscheinlich noch viel schlimmer war, er hatte gelernt, dass sich niemand fuer den wahren John Sheppard interessierte. Also warum sollte er den wahren Menschen herauskehren wollen, wenn er befuerchten musste, nur wieder auf Desinteresse zu stossen?
Unvermittelt ueberkam Rodney eine unbaendige Wut auf Johns Vater. Das war einfach nicht fair. Sein Vater haette stolz auf seinen Sohn sein sollen. Einem Mann, der schon unzaehlige Menschenleben gerettet hatte. Einem Mann, der - ohne darueber nachzudenken - sein Leben fuer andere geben wuerde. War das vielleicht der Grund, warum John sich staendig in diese selbstmoerderischen Aktionen warf? Wollte er somit der Welt zeigen, dass er etwas wert war? Dass man stolz auf ihn sein konnte?
Und auf einmal sah Rodney seinen Freund in einem ganz neuen Licht. Das Gefuehl der Verbundenheit, das sich durch dessen Preisgabe seiner Vergangenheit noch verstaerkt hatte, beruehrte ihn tief in seinem Inneren, aber gleichermassen schnuerte ihm das Mitleid fuer John die Kehle zu. Denn er hatte auch zwischen den Zeilen gelesen. John hatte seinen Vater trotz allem geliebt und Rodeny fuehlte, dass es ihn praktisch innerlich zerriss, dass er ihm das durch die Mauer, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, nie hatte sagen koennen.
Unfaehig, die richtigen Worte zu finden, taetschelte Rodney etwas unbeholfen Sheppards Arm. John, der die ganze Zeit ueber mehr zu seiner Bierflasche geredet hatte, als ihn anzusehen, hob leicht verwundert den Kopf, seine Augen dunkel vor Trauer und leiser Verzweiflung. Und doch schien ihm diese Beruehrung gut zu tun, ihn zu staerken. Ein warmes, dankbares Laecheln umspielte seine Lippen, als er Rodneys Blick erwiderte. Schweigend sahen sich die beiden Maenner einige Momente lang an. Doch Schweigen gehoerte ebenfalls nicht zu Rodneys Staerken, wohl ebenso wenig, wie die Faehigkeit, seine Neugierde zu zuegeln.
"Was ist mit deiner Frau? Uh, ich meine natuerlich ... mit deiner Ex-Frau?"
McKay bemerkte, dass John ihn zunaechst etwas abschaetzend musterte. Wahrscheinlich ahnte dieser langsam, dass er sich in der Zwischenzeit ein paar Informationen besorgt hatte. Doch anstatt ihn zu fragen, woher er von seiner Ex-Frau wusste, beantwortete John seine Frage, wobei seine Stimme allerdings einen leicht spoettischen Unterton annahm.
"Nancy ... oh ja, sie zu heiraten, war wohl in den Augen meines Vaters das einzig Richtige, das ich je in meinem Leben getan habe."
"Hast du sie geliebt?" hakte Rodney leise nach.
"Geliebt? Ich ..." ruckartig erhob sich John von dem Bett und ging ein paar Schritte in den Raum hinein, bevor er sich wieder zu Rodney umwandte. "Ehrlich gesagt, ich weiss es nicht genau. Mein Vater hat sie geliebt. Eine aufstrebende Karrierefrau bei der Homeland Security, wunderschoen und intelligent ... wie konnte er nicht? Die perfekte Frau. Doch ich habe meine Arbeit geliebt, das Fliegen ... du weisst schon. Ich denke, ich habe sie nie so geliebt, wie sie es verdient hatte. Versteh mich nicht falsch, sie ist ein toller Mensch, warm und hilfsbereit, aber sie hat mich ebenso wie mein Vater nie wirklich verstanden. Wie sollte sie auch? Ich durfte nie etwas ueber das, was ich tat, erzaehlen. Und so haben wir uns recht schnell wieder voneinander entfernt. So weit, bis es schliesslich nicht mehr ging. Sie hat jetzt einen anderen ... Graham ... Greg ... Grant ... wie auch immer. Und sie scheint gluecklich mit ihm zu sein. Ende der Geschichte."
Nach diesen Worten kehrte John zurueck und liess sich wieder neben Rodney auf das Bett sinken. Und erneut erfuellte ein Schweigen den Raum. Doch dieses Mal brach Rodney es nicht. Ihm war klar, dass er wahrscheinlich schon mehr erfahren hatte, als er vermutlich sollte. Ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein, hatte John ihm wohl mehr von seinem Leben, von seinem Inneren preisgegeben, als er je vorgehabt hatte. Dieser Umstand liess Rodney mit einem leichten Schuldgefuehl, aber auch mit einer tiefen Zufriedenheit zurueck. Sie hatten etwas geteilt, was nur wahre Freunde miteinander teilten. Und er wollte sich schon erheben und John eine 'Gute Nacht' wuenschen, als er bemerkte, wie dieser ploetzlich in sich zusammensackte.
"Was ...?" stammelte Rodney und starrte hilflos auf den Ruecken seines Freundes dessen Schultern nun verdaechtig bebten. "John?"
"Mein Vater ... er ist tot."
Obwohl kaum mehr als ein heiseres Fluestern zerschnitt dieser kleine Satz die Stille wie ein Fanfarenzug. Erst jetzt schien John das ganze Ausmass tatsaechlich zu realisieren. Erst jetzt fielen auch die letzten Reste der schuetzenden Mauer, die er um sich aufgebaut hatte. Und Rodney wusste instinktiv, dass nichts, was er in diesem Moment sagen konnte, seinem Freund wirklich helfen wuerde, den Schmerz zu ueberwinden. Das wuerde alleine die Zeit mit sich bringen. In diesem Augenblick konnte er nur fuer ihn da sein. Ihn spueren lassen, dass er mit seiner Trauer nicht alleine war. Wortlos legte er ihm den Arm um die Schultern und zog ihn an sich heran.
Rodney wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als das Beben, das Johns Koerper erfasst hatte, endlich nachliess und die nicht geweinten Traenen versiegten. Doch irgendwann richtete sich John wieder auf, sah ihm fest in die Augen und sagte nur:
"Danke, Rodney."
Und mit einem leisen Laecheln antwortete Rodney:
"Du brauchst dich nicht bei mir bedanken. Dafuer sind Freunde doch da."
Ende