Teil 1
[13:24
P3X-775, Wald,
Eine einsame Pyramide]
Ein kleiner Lichtstrahl glitt in die alte Vorkammer und wurde vom Scharren der Steintür begleitet, die der kräftig gebaute Marine auf schob. Eine zierliche Frau trat in den Raum, ihr rotes Haar war teilweise unter einem Kopftuch verborgen. In ihrer linken Hand hielt sie eine Taschenlampe und mit der Rechten fuhr sie über die Reliefs an der Wand, als wäre es Blindenschrift.
„Hey, Grinder, das hier scheint eine Ringtransporterkammer zu sein.“ sagte sie begeistert.
„Ist ja toll, Mary, aber ich bin es leid, die Drecksarbeit für die Anderen zu machen. Wieso können wir nicht auf solche Missionen geschickt werden wie SG1 oder dieses neue Team, wie hieß es doch gleich?“ Der Marine hatte seine Waffe am Tragegurt baumeln lassen und sein Cap abgenommen, um sich mit seiner freien Hand durchs lichte Haar zu streichen, wie immer, wenn er nachdachte.
Dr. Mary Fountain mochte den alten Marine und seine ruppige Art, er erinnerte sie immer an einen Space-Cowboy, wie in den alten Zeichentrickserien, die sie so mochte.
Sie grinste ihn an und sagte: „Das Roar-Team, Grinder, das war der Name.“
Der alte Captain schnippte mit den Fingern, „Genau, es lag mir auf der Zunge! Ja, hast du von ihrer Nummer in Manhattan gehört?“
„Das ganze SGC tuschelt doch darüber, vor allem die jungen Soldaten betrachten dieses Team schon als eine Art Vorbild.“ Sie betastete weiter die Wände und murmelte seltsame Worte vor sich hin.
„Dass du weißt, was die jungen Soldaten so quatschen, war mir klar.“
„Hey, ich will mich nur ein bisschen integrieren!“ Sie lächelte verschmitzt und stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Seite.
„Was sonst!“ Er zwinkerte und trat dann wieder zur Tür hinaus.
Außerhalb dieses Raumes war ein breiter Säulengang, der durch verborgene Schächte an der Decke beleuchtet wurde. Die Säulen verliefen parallel an den Seiten und waren in regelmäßigen Abständen gesetzt worden. Captain Grinder konnte Zehn an jeder Seite zählen, während er zügig vorbei schritt. Nach allem, was er noch von den Missionsberichten aus den Anfangstagen des Stargate-Programms im Kopf hatte, waren die Pyramide auf Abydos und diese identisch, wie alle Goa`uld-Landeplätze.
Grinder grinste, die jungen Soldaten sahen in ihm einen Veteranen, weil er schon von Anfang an dabei war, genau so wie das legendäre SG-1 Team. Grinder war zuerst SG-4 zugeteilt worden und dann nach einigen Jahren hatte er das Kommando über SG-8 erhalten, seitdem waren seine Aufgaben solch wichtige, wie alte Ruinen kartografieren und Handelsgespräche mit bereits Alliierten Völkern zu führen. Er hatte sich immer nach ereignisreicheren Aufgaben gesehnt, doch jetzt, wo sein Ruhestand kurz bevor stand wurde ihm klar, dass er das wohl nicht mehr erleben würde und das machte ihn ein bisschen traurig.
Er trat durch das Steinerne Portal und sein Blick schweifte über den nach unten fallenden Waldpfad, der vor dem Stargate endete, das ca. 2 Meilen in Luftlinie entfernt lag und von der erhöhten Position gut einsehbar war. Grinder blickte auf seine Uhr und dann zum Himmel, wo die Sonne gerade den Zenit überschritten hatte und den heißen Nachmittag einläutete. Eine Hand griff nach seinem Funkgerät und mit einem Knopfruck machte er es sprachbereit.
„Hier Grinder, was gibt’s neues bei euch da unten, Woody?“ Mit Woody war Sergeant Woodstake gemeint, der aus Texas stammte und eigentlich schon immer nur Woody genannt worden war. Nach kurzem rauschen meldete sich der immer gut gelaunte Texaner.
„Hier Woody, bei uns ist alles klar, doch Bell empfängt komische Daten von den Sensoren des MALP.“
Grinder horchte verwundert auf. „Was für Daten, Woody?“
„Es scheint, als würde sich etwas im Orbit befinden, das ein starke Energiesignatur ausstrahlt.“
Grinders Blick wurde ernster. „Was könnte das bedeuten?“
„Bell ist sich nicht sicher, aber er sagt, das es ein Schiff sein könnte, der Energiemenge nach zu urteilen, die es ausstrahlt.“
„Grinder, was sollen wir jetzt machen?“ fragte Dr. Fountain, die hinter ihm aus der Kammer kam.
“Schickt eine Nachricht an General Landry. Wenn wir Glück haben, ist es das Ha'tak von ROAR und dann dürfen wir vielleicht mal etwas unternehmen.” antwortete Grinder nach kurzem Zögern. Einen Moment hatte er tatsächlich daran gedacht, alleine dem möglichen Feind gegenüber zu treten.
[14:00,
Stargate-Center,
Besprechungsraum]
Lt. Colonel Samantha Carter klopfte an das Büro von General Landry. Bei ihm zu Besuch war ein grauhaariger Mann, der wohl in ein wichtiges Gespräch vertieft war.
“Das ist Colonel Henry, ein Beamter aus Frankreich. Er ist wegen des Vorfalls, in den Dr. de Lancie und Colonel Farston verwickelt waren, hier.” erklärte Landry kurz.
“Sir.” begrüßte Carter ihn. “General, ich würde Sie kurz mal sprechen wollen.”
“Colonel, Sie gestatten.” Landry folgte Samantha vor die Tür.
“Sir, ich habe endlich herausgefunden, wohin das Ha'tak aus Manhattan geflogen ist.” berichtete Carter.
“P3X-775, richtig?” fragte General Landry grinsend.
“Woher...“
“SG8 hat Energiewerte eines Schiffes auf einem ehemaligen Goa'uld-Planeten gefunden. ROAR macht sich gerade auf den Weg, wobei es gerade nur aus Miss Kersey und Major Bryant besteht. Die anderen drei werden nämlich anderweitig gebraucht.” erklärte General Landry.
“Wenn Sie erlauben, gehe ich mit. SG1 wird im Moment nicht gebraucht und ich kann ihnen bestimmt helfen. Immerhin geht es um ein wichtiges Ha'tak!” meinte Colonel Carter.
[14: 12,
P3X – 775,
am Stargate]
Bell und Woody warteten bereits am Stargate, als der berühmte Major Bryant und seine Partnerin Paige Kersey durch das Portal kamen. Ihnen folgte erstaunlichweise Lt. Colonel Dr. Samantha Carter, die genialste Frau auf der ganzen Erde.
“Sir, wie kommen wir zu der Ehre?” fragte Woody.
“Übertreiben Sie mal nicht, Sergeant. Colonel Farston und seine beiden Kollegen sind auf einer ebenso wichtigen Mission, wie wir es jetzt sind. Aufgrund der verdeckten Ermittlungen wäre es unpassend geworden, wenn alle fünf Mitglieder von ROAR aufbrechen.” erklärte Carter ihm lächelnd.
“Und damit wir nicht ganz alleine sind, ist Colonel Carter mit uns gekommen.” sagte Paige aufmunternd.
“Wie Sie wünschen, Sir. Wir haben starke Energiewellen im Orbit des Planeten wahrgenommen, aber bisher hat sich noch nichts getan.” berichtete Bell ihnen.
“Können wir sicher sein, dass es Ba'als Schiff ist?” fragte Bryant.
“Wenn man die Hyperraumroute mit Sprung- und Ankunftspunkt vergleicht, ja.” wiederholte Carter zuversichtlich.
“Sergeant, wo ist der Rest des Teams?” fragte Miss Kersey neugierig, wobei ihr Blick bereits zu dem entfernen Tempel führte.
“Der antike Tempel. Wir glauben, er dient als Landepunkt für das Ha'tak, wenn es denn landet.” antwortete Woody.
Plötzlich durchfuhr ein Donnern den Himmel. Aus den Wolken senkte sich ein großes Goa'uld-Schiff, direkt auf den Tempel zu.
“Captain Grinder, das Ha'tak!” rief Bell sofort in sein Funkgerät.
“Wir sind ja nicht blind.” kam es zurück.
“Sir, Colonel Carter und ROAR sind hier. Wir schließen sofort zu ihnen auf.” meldete Woody.
“Moment, wir dürfen nichts überstürzen. Ba'al ist klug und will uns garantiert in eine Falle locken.” meinte Bryant und stellte sich den beiden in den Weg.
“Captain Grinder und Dr. Fountain werden sicherlich gefangen genommen, um als Köder für den Rest zu dienen. Ba'al wird sie nicht sofort umbringen.” erklärte Paige.
Woody und Bell schauten Colonel Carter an, als ob sie die entscheidende Aussage treffen würde.
“Ich stimme Miss Kersey in allen Punkten zu. SG1 hat schon mehrere Jahre gegen Ba'al gekämpft und wir verstehen, wie er vorgeht.” antwortete sie.
[Zur gleichen Zeit,
P3X – 775,
Vor der Pyramide]
Der Schatten des Schiffes senkte sich langsam und zu Grinders Verwunderung stürmte Dr. Fountain zurück in den Tempel, anstatt ihm zu folgen. “Mary! Was tun sie denn da? Wir müssen von hier verschwinden!”, brüllte er ihr hinterher.
“Ich muss meine Aufzeichnungen aus der Kammer holen!”, kam die Antwort, bevor Dr. Fountain in den dunklen Eingang verschwand.
“Warten sie!” Grinder blickte noch mal über die Schulter und nahm dann die Waffe in Anschlag, um der jungen Archäologin zu folgen.
Dr. Fountain kam in der dunklen Kammer an und sah kurz von einer Seite zur Anderen, auf der Suche nach ihrem Notizbuch und dem Diktiergerät. Sie fand beides auf dem Boden vor dem Relief, dass sie aufgezeichnet hatte. “Da bist du ja!” sagte sie zu sich selbst und lies das Diktiergerät in ihre Westentasche gleiten. Plötzlich wurde der Raum durch ein grelles Licht erhellt und mit einem durchdringenden Summen fuhren metallene Ringe aus dem Boden, die den Blick auf acht Gerüstete freigaben, nachdem sie wieder darin verschwanden.
Sofort richteten die Jaffa ihre Stabwaffen auf die junge Frau, die die Hände in einer beschwichtigenden Geste hob.
“Hi, Leute!”, sagte Fountain nervös blinzelnd.
Einer der außerirdischen Krieger machte einen Schritt auf sie zu, doch wurde er mitten in der Bewegung herumgerissen, als eine Gewehrsalve seine Rüstung auf bauchhöhe Funken schlagend traf. Der Jaffa stürzte einige Sekunden später schwer verwundet zu Boden.
“Laufen sie!” Grinder war an dem Eingang zur Kammer erschienen und lies seinen Gewehrlauf hin und her wandern, was die Jaffa dazu veranlasste, in dem ungeschützten Raum panisch in alle Richtungen auszuweichen. Dr. Fountain erwachte aus ihrer Verwirrung und lief zu dem Marine, der fluchend das Magazin seiner Waffe wechselte. Sie blieb neben ihm stehen und er blickte ihr nur kurz in die Augen. Mehr brauchte sie nicht, um zu verstehen, schon setzte sie sich in Bewegung in Richtung des Ausgangs.
Grinder indessen zog eine Splittergranate aus der Gürteltasche und löste grimmig lachend den Sicherungstift. “Viel Spaß mit dem Bonbon, ihr Bastarde!”, mit diesen Worten lies er den Bügel los und rollte die Granate über den Boden in die Kammer. Er wandte sich siegessicher um und lief los, als etwas seinen Oberschenkel streifte und obwohl er im ersten Moment keinen Schmerz verspürte, gab sein linkes Bein nach und er stürzte der Länge nach hin, was ihn davor bewahrte, von der Explosion der Granate und den von ihr verschossenen Splittern getötet zu werden.
“Verdammt Grinder, du alter Idiot!”, presste er zwischen den Zähnen hervor, als der Schmerz mit gnadenloser Gewalt seinen Oberschenkel durchzog. Die Stabwaffensalve hatte im den Grossteil des Muskels weggesprengt, aber die Hitze der Waffe hatte die Wunde sofort kauterisiert, was ihn wenigstens davor bewahrte, zu verbluten, stellte der Marine fest, als er sich sein Bein besah. Eine Hand packte ihn an der Schulter und versuchte ihn vergebens hochzuziehen.
“Kommen sie, ich schaff es nicht alleine. Sie müssen mir schon helfen.”, keuchte Fountain vor Anstrengung den viel schwereren Soldaten auf die Beine zu ziehen.
Grinder lächelte sie an. “Sie sollten doch von hier verschwinden.”
“Dachte mir, sie könnten ein wenig Hilfe ganz gut gebrauchen.”
“Da haben sie wohl recht! Lassen sie uns von hier abhauen.” Grinder hatte es mit Hilfe der Archäologin geschafft, aufzustehen und verlagerte schnaubend sein Gewicht auf das gesunde rechte Bein.
Er nickte dem Doktor zu und sie legte seinen Arm um ihre zierliche Schulter. Sie hatten gerade die Mitte des Säulengangs erreicht, als der Ringtransporter ein weiteres Mal aktiviert wurde. Die Beiden beschleunigten ihre Schritte, um den Jaffa zu entkommen, als Fountain von blauen Elmsfeuern eingehüllt wurde.
“Scheiße!” hauchte sie und brach zusammen.
Grinder kippte zur Seite, als sein Gewicht nicht mehr gestützt wurde und prallte hart auf den Steinboden. Nach Luft ringend rollte er sich auf den Rücken und nahm den ersten Jaffa aufs Korn, der ihm in Sicht kam. Seine MP5 spie ihren tödlichen Inhalt, bis der Schlagbolzen ins Leere fuhr und nur noch hohles Klicken die Waffe verlies. Zwei Jaffa waren durch das Sperrfeuer der Maschinenpistole zu Fall gebracht worden.
Grinders Hand fuhr an das Holster seiner Beretta, als ein dritter Jaffa ihm eine Zatladung verpasste. Er hob gegen die lähmende Wirkung der Alienwaffe ankämpfend den Arm, sein Zeigefinger schloss sich um den Abzug, doch dieser schien unmöglich zu Bewegen zu sein. Langsam begann sein Arm wieder zu sinken, dann wurde sein Geist in Dunkelheit gehüllt....