Titel: The voice within
Autorin: Sumanira
Serie: SG-1
Staffel: Mitte Staffel 7, unmittelbar nach "Grace"
Inhalt: Die Tok' ra bitten Sam um ihre Hilfe, doch das Ganze ist an eine Bedingung geknüpft, die das Team in eine schwere Krise stürzt und nicht nur Sams Leben in Gefahr bringt, sondern auch das ihrer Freunde
Genre: Abenteuer, Angst, Drama, Schmerz /Trost, Romance, Sci-Fi, Mystery
Rating: P18 aufgrund vereinzelter Gewaltszenen
Pairing: Jack/Other, Sam/Other, Sam/Jack
Anmerkung des Autors: Im MIttelpunkt steht eindeutig Sam. Es wird eine längere Geschichte, ein paar Kapitel hab ich schon geschrieben, es ist also Vorlauf da!
Würd mich über ein Feedback freuen! LG und viel Spaß beim Lesen, Susann
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Seit Tagen starrte sie nun Nacht für Nacht dieselben funkelnden Gebilde an, betrachtete das Wunderwerk, das die Kristalle geschaffen hatten, lauschte dabei den immer gleichen Geräuschen und versuchte krampfhaft nicht daran zu denken, dass sich der eigentliche Grund ihres Hierseins auch nach fast zwei Wochen noch nicht hatte blicken lassen. Doch es war weniger die Enttäuschung, die ihr den Schlaf raubte, als vielmehr die Angst, das Glück könnte ihn nach all den vielen überlebten Missionen, nun doch verlassen haben. Sie kannte das Gefühl leider zu gut, Zuhause zu sitzen und zu warten, zu hoffen, zu bangen und jede Nacht zu einem Gott zu beten, an den sie im Grunde genommen nicht glaubte.
Jacob hatte sich stark verändert, seit er seinen Körper mit Selmak teilte. Endlich ließ er die Liebe zu seinen Kindern zu, hatte seinen Frieden geschlossen, sowohl mit ihr, als auch mit Marc. Eines aber würde sich wohl niemals ändern. Sie war noch immer dazu verdammt, nicht zu wissen, wo er war und was er tat. Malek hatte bereits mehrfach angedeutet, dass sich Jacobs Mission als komplizierter erwies, als zunächst angenommen und schon morgen sollte sie mit Teal´c wieder zur Erde zurückkehren, ohne ihn auch nur einmal gesehen zu haben, geschweige denn die erhoffte Zeit mit ihm verbracht zu haben. Der Umzug der Tok´ra war so gut wie abgeschlossen und das Gefühl diese zwei Wochen sinnlos vergeudet zu haben, vermischt mit einer gehörigen Portion Wut und Trauer im Bauch, hinterließ einen äußerst fahlen Geschmack in ihrem Mund.
Die Nächte in den kristallinen Tunneln waren lang, einsam, verleiteten unweigerlich zum Grübeln und hatten ihr während des gesamten Aufenthaltes zu erstaunlichen Erkenntnissen verholfen.
Ja!
Sie war definitiv keinen Deut besser als er, war ihm bereitwillig in die Air Force gefolgt, hatte sie, wie es sich für eine waschechte Carter gehörte, zum Mittelpunkt ihres Lebens erklärt und war seither ständig bemüht, Jacobs hohen Ansprüchen zu genügen. Inzwischen war sie nicht nur so gut wie all die Männer in diesem Job, nein, sie war weitaus besser! Doch nach all den Jahren Kampf um Ansehen und Karriere war ihr so manches Mal der wirkliche Sinn des Lebens abhandengekommen und ihr eigener Willen war dazu verdammt, sich hinter den Regeln anzustellen, die tagtäglich ihr Leben bestimmten. Entsprach das noch ihr selbst und der Vorstellung dessen, wie sie sein wollte … wer sie sein wollte? Sam hatte gelernt, sich die Dinge schön zu reden, sich nicht der Tatsache zu stellen, dass sie entgegen ihrer Natur zu einer Marinonette geworden war, die sie eigentlich nie hatte sein wollen.
Oberflächlich gesehen war sie die perfekte Soldatin, stark, klug, pflichtbewusst und eine brillante Wissenschaftlerin noch dazu, immer bestrebt das Herz ihres stolzen Vaters höher schlagen zu lassen.
Sie war ein Soldatenkind durch und durch, wurde von Beginn an im Sinne von Ehre und Pflicht erzogen und es war immer klar, dass sie eines Tages in seine viel zu großen Fußstapfen treten würde. Sich hinter der perfekten militärischen Maske zu verstecken, um all ihre menschlichen Defizite zu verschleiern, war einer der leichtesten Übungen, die Sam fast bis zur Perfektion beherrschte.
Unter der makellosen Schale jedoch brodelte es gewaltig, denn die Regeln, die ihr Leben lang Sicherheit und Halt geboten hatten, waren inzwischen wie ein viel zu enges Korsett, das ihre Wünsche und Träume in eine Litanei von Vorschriften presste und ihr sowohl die Luft zum Atmen nahm, als auch die Möglichkeit, an sich selbst und ihren eigenen Fehlern zu wachsen.
Sam schloss ihre Augen, versuchte die ungebetenen Gedanken, die sie seit Wochen regelmäßig wie eine nicht zu bändigende Naturgewalt heimsuchten aus ihrem Kopf zu verbannen, doch in der Einsamkeit jener Nächte wurde es immer schwerer und schwerer, sich dagegen zu wehren. Dabei tat sie wirklich alles, um ihr wohl gehütetes Air Force Dasein auch weiter wie ein rohes Ei zu hüten.
Aber tief in ihr versteckte sich Sam Carter, noch immer unsicher wie das zerbrechliche Mädchen, das weinend vor dem Grab ihrer Mutter stand, unfähig sich selbst zu deuten und ihre eigenen persönlichen Träume auszuleben. Vielleicht war das auch der Grund ihrer Besessenheit für die Wissenschaft und das Militär.
Alles war logisch geordnet und unterlag strengen Regeln, anders als all dieser einlullende Gefühlskram, der meist die unweigerliche Tendenz besaß in einer Katastrophe zu enden und sie soweit gebrachte hatte, einen großen Bogen darum zu machen. Jonas Hanson hatte es einmal mehr bewiesen und sie hatte sich geschworen, niemals wieder jemanden so nahe kommen zu lassen, dass es ihm danach die Macht verlieh, sie verletzlich und angreifbar zurückzulassen … wären da nicht diese verbotenen Gefühle für ihren kommandierenden Offizier, die so sicher wie das Amen in der Kirche unter jene Rubrik fielen. Ganz gleich wie sehr sie sich in den vergangenen Jahren auch bemüht hatte, sie zu ignorieren und auf das alte Sprichwort zu vertrauen, dass Zeit alle Wunden heile, in ihrem Fall war leider auch darauf kein Verlass. Sie war gefangen in ihrem selbstgesponnenen Netz aus Regeln, blindem Gehorsam, grenzenlosen Ehrgeiz und dem brennenden Verlangen nach einen Mann, den sie als solchen nicht begehren durfte.
In seiner Gegenwart fühlte sie sich perfekt eingehüllt in ihre allumfassende Heldenverehrung für den großen Jack O`Neill, den Ritter in schimmernder Rüstung, der die Welt Gott weiß wie oft vor dem sicheren Untergang bewahrt hatte. Wie zur Hölle hätte sie ihm also nicht verfallen sollen?
Er war so nah und doch so fern, thronte in seiner Perfektion über ihr wie ein griechischer Gott auf dem Olymp. So selbstbewusst sie war, wenn es um Wissenschaft und Technik ging, umso tiefer war sie unter ihren Selbstzweifeln begraben, wenn er in ihrer Nähe war. Doch anstatt, dass sich ihre Lage entspannte, verwandelte sich auch ihre anfangs noch jugendliche Lässigkeit, die sie während ihrer ersten Missionen ihm gegenüber an den Tag gelegt hatte, in eine grenzenlose Verehrung für ihren direkten Vorgesetzten, den sie zu ihrem persönlichen Helden auserkoren hatte. Sie begehrte ihn, liebte ihn auf eine gefährliche Art und Weise und hasste ihn mit derselben Intensität für seine Stärke und ihre eigene Schwäche. Er war und blieb eine unüberwindbare Grenze.
Bei ihrem ersten Zusammentreffen hatte sie ihn kurzerhand zum Frauenverachtenden Macho degradiert, doch schon bald musste sie feststellen, dass sich hinter der coolen Fassade ein Mensch verbarg, der ihren Respekt und ihre Achtung verdiente. Sie hatte viel zu lange die Augen davor verschlossen, welche gefährlichen Emotionen in ihr heranreiften und es ihr schon bald gänzlich unmöglich machten, sich weiter in ihre heile Scheinwelt zu flüchten. Ihr erbitterter Kampf an dieser Front war längst verloren. Dennoch wehrte sie sich auch weiter mit fast bewundernswerter und gleichermaßen bemitleidenswerter Vehemenz dagegen und ergab sich damit dem Schicksal, nie das haben zu können, was sich ihr Herz wirklich wünschte. Nicht in ihrer Position. Nicht mit ihrem vorgefertigten Plan vom Leben. Nicht mit ihren hochgesteckten Zielen.
Seit dem unheilvollen Zatarc Test und seinem erzwungenen Geständnis, war sie hin und her gerissen zwischen den flatternden Schmetterlingen in ihrem Bauch und der Angst um ihre Karriere, für die sie so lange gekämpft hatte, also hielt sie ihn weiter auf Armlänge entfernt und hatte jede einzelne Bitte, ihn in seine Hütte nach Minnesota zu begleiten, eiskalt abgelehnt. Es war die Hoffnung, dass ihre eigenen unangemessenen Gefühle für ihn, sich einfach im Gewühl des Alltags in Luft auflösen würden, die ihren Widerstand aufrecht hielt. Doch während sie sich im Laufe der Jahre weiter selbst belog, beharrlich an ihrer Taktik des Vermeidens und Verleugnens festhielt und sich damit ablenkte, ihre Karriere voranzutreiben, schien er irgendwann einfach begonnen zu haben, nach vorn zu schauen und sich instinktiv abzuschotten. Allem Anschein nach war ihm so gelungen, über diese Gefühle hinweggekommen, doch sie blieb zurück … strikt professionell, militärisch korrekt, aber auf emotionaler Ebene tot. Diese Taubheit war nur vorübergehend ein Trost, den die Vernunft spendete und gerade jetzt spürte sie, dass die emotionale Verausgabung dieses jahrelangen Kampfes sie an die Grenzen des Erträglichen gebracht hatte. Sie vermisste die wunderbare Leichtigkeit der ersten Tage, das kollegiale Geplänkel und den lockeren Umgang, an dessen Verschwinden sie einen entscheidenden Anteil trug. Aber am allermeisten vermisste sie das zarte Band der Freundschaft, das sie einst zusammenhielt.
Sam tat immer, was ihr befohlen wurde, nicht selten auch entgegen ihrer eigenen Prinzipien. Ungewollt schossen die Ereignisse mit General Bauer und der unheilvollen Naquadah Bombe zurück in ihr Bewusstsein. Aus Angst um ihre Karriere hatte sie getan, was er verlangte und das daraus resultierende Beinah Desaster einfach in Kauf genommen, anstatt ihm zu sagen, er solle sich seine Befehle gefälligst in den Hintern schieben. Jack dagegen folgte der Stimme seines Gewissens, wenn nötig auch gegen jede Regel und sie beneidete ihn darum, immer für das einzustehen, an das er glaubte. Trotz all ihrer Bemühungen, war sie selbst noch Lichtjahre davon entfernt und die Mission auf Anubis´ Stützpunkt ein paar Wochen zuvor, hatte ihr deutlich gezeigt, wie gerne sie diese Distanz endlich überwinden wollte. Er hatte ihr das alleinige Kommando anvertraut, aber war sie tatsächlich schon soweit wirklich zu führen? War sie bereit ihre eigenen, womöglich unangenehmen und folgenschweren Entscheidungen zu treffen, wenn es notwendig war und auch die Konsequenzen dafür zu tragen, so wie er es tat? Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als die Kraft aufzubringen, von ihrem vorgegebenen Pfad auszubrechen und so ihren eigenen Weg zu finden.
Die Gedanken plätscherten weiter leise vor sich hin, als eine bekannte Stimme sie hochschrecken ließ.
„Schläfst du schon, Major Carter?“, fragte Teal´c flüsternd und trat ein, ohne auf eine Antwort zu warten. Er wirkte getrieben, fast ein wenig hektisch, während er vor ihr stand und sich verneigte. Ein Blick in das Gesicht ihres Freundes genügte und Sam ahnte, dass ihr höchstwahrscheinlich nicht gefallen würde, was er mitzuteilen hatte, versuchte sich aber zunächst nichts anmerken zu lassen.
„Schlaf? … Was ist das?“, gähnte sie angestrengt und rieb ihre brennenden Augen, bevor sie sich aufsetzte und ihn fragend ansah. „Wo drückt der Schuh, Teal´c?“
„Wie kommst du darauf, dass mein Schuh drückt?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue und sein Blick streifte bedächtig über seine Beine nach unten. Seine Antwort zauberte ein sanftes Lächeln auf Sams Lippen, das erste dieses tristen Tages und verscheuchte für einen Moment die düsteren Gedanken. Sie schüttelte amüsiert ihren Kopf.
„Das ist nur ein Sprichwort. Ich vergesse jedes Mal, dass du das nicht wissen kannst. Sag mir einfach, weshalb du gekommen bist.“
„Sicher“, erwiderte er mit einem Lächeln, als er sah, dass ihres bereits verblasste. „Wir haben soeben eine Nachricht von der Erde erhalten. Bra´tac und die freien Jaffa erbitten umgehend meine Anwesenheit. Einer unserer Spione, der unter zwei neuen, aufstrebenden Goa´uld dient, wird in etwa einer Stunde auf Chulak eintreffen. Ich denke seine Informationen könnten auch für die Erde von größter Wichtigkeit sein und ich würde wirklich sehr gern an seiner Befragung teilnehmen.“
Sam seufzte ungewollt laut. Ihr schweres Atmen zeugte von deutlichem Unbehagen, aber es gab keinen vernünftigen Grund, ihm seinen Wunsch zu verwehren und ihn noch länger mit ihr in den stickigen Tunneln gefangen zu halten.
„Du musst dich nicht rechtfertigen … wirklich. Morgen früh geht es für mich ohnehin zurück zur Erde.“
„Hast du denn die Hoffnung bereits aufgegeben, deinen Vater zu sehen?“, fragte der Jaffa seine Kollegin und Freundin mit besorgter Miene, denn die Selbstzweifel, die an ihr nagten und die fast schon exzessiven Gefühlschwankungen der vergangenen Tage und Wochen, waren ihm nicht entgangen.
„Laut Malek stehen die Chancen schlecht, aber du musst dir um mich keine Gedanken machen, geh einfach“, gestikulierte sie wild in Richtung Tunnelausgang. „Ich komme hier schon zurecht, Teal´c und wer weiß, was für interessante Nachrichten dabei für uns rausspringen.“
Ihre rein diplomatische Antwort beruhigte den Jaffa in keiner Weise, denn die Ereignisse der letzten Wochen hatten bei ihr deutliche Spuren hinterlassen. Daniels Rückkehr zu den Lebenden, seine Geiselnahme in Honduras, der Ausflug nach Tatarus, der nach dem Zusammentreffen mit einem von Anubis Supersoldaten für sie in einem gebrochenen Arm endete und allen voran die vier Tage Kampf ums Überleben auf der Prometheus schienen ihr selbst bis zum heutigen Tag noch schwer zuzusetzen. Teal´c war ganz und gar nicht wohl dabei, sie allein zu lassen, nicht einmal für ein paar Stunden, hatte er sich doch genau deshalb bereit erklärt, sie hierher zu begleiten. Sein feines Gespür für menschliche Konflikte warnte ihn schon seit längerem, wenn es um seine Tauri Freundin ging, aber es gab ganz simpel keine Wahl. Dieses Treffen war einfach viel zu wichtig.
„Wärst du so freundlich und würdest Daniel Jackson sagen, dass es mir unendlich leidtut, aber ich kann auch zu seiner Einweihungsfeier nicht kommen. Ich werde noch einen Tag länger bleiben, um Rya´c zu besuchen.“
„Aber sicher“, zwinkerte sie ihm verständnisvoll zu und versuchte die Zweifel in seinen Augen durch ein weiteres Lächeln zu vertreiben. „Du kennst ihn doch. Er versteht das.“
Mit zwiespältigen Gefühlen verabschiedete sich der Jaffa, drehte sich mit einem letzten prüfenden Blick zu ihr um, bevor er in dem schier endlos erscheinenden Tunnelsystem verschwand. Sam schloss stöhnend ihre Augen und ließ sich zurück auf ihr provisorisches Bett fallen. Die Erschöpfung siegte. Das Gedankenkarussell in ihrem Kopf hörte schließlich auf, sich zu drehen und nach einer gefühlten Ewigkeit glitt sie endlich in den Schlaf, den ihre gepeinigte Seele so dringend benötigte.
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Leider war ihr dieser Hauch von Frieden nicht lange vergönnt, denn schon bald kam eine hektische Betriebsamkeit außerhalb ihres kleinen, abgetrennten Privatbereiches auf. Von Weitem war das Geräusch der sich aktivierenden Ringe zu hören, unentwegt hallten laute aufgeregte Rufe in der Dunkelheit, während pausenlos schwarze Schatten an ihrem Domizil vorüberhuschten. Einen Moment lang zögerte sie noch, bevor die permanent anwachsende Neugier ihr auch die letzte verbliebene Ruhe raubte. Kurz entschlossen streckte sie ihre müden Glieder und stand auf, um nachzusehen, was da draußen vor sich ging. Ganz offenbar war das neu angelegte Ratszimmer das Ziel der hektisch an ihr vorbeieilenden Menschen, deren Gewimmel sie fast ein wenig an wild gewordene Ameisen erinnerte. Sam reihte sich unauffällig ein und folgte den tuschelnden Gestalten.
Sachte schob sie sich durch die aufgestaute Menge und der Anblick einer jungen Frau, die in der Mitte des weitläufigen Raumes kauerte und verbissen nach Luft schnappte, ließ das Blut in ihren Adern gefrieren. Die namenlosen Gesichter vor ihr lichteten sich ein wenig und nun konnte sie auch Garshaw erkennen, die vor der Frau am Boden hockte und mit ruhiger Stimme auf sie einredete. Die Situation hatte etwas Groteskes an sich. Einerseits brach sie völlig unerwartet über Sam herein, andererseits war sie wie ein Gewitter, das sich bereits wochenlang zusammengebraut hatte, schwarz und schwärzer werdend, bis sich die ganze Spannung in einem tosenden Donnergrollen löste. Für einen Moment wurde ihr schwindlig, als die wunderschönen, smaragdgrün leuchtenden Augen der jungen Frau sie plötzlich von unten herauf anblickten und sich eine Reihe von Bildern vor ihren Augen wie ein rasender Stummfilm abzuspielen begann. Panik erfüllte ihre Inneres und es war als hörte sie ihre eigene Stimme nur noch durch einen dumpfen Schleier. Sam glitt in eine andere Welt, wurde von den aufkommenden Gefühlen überwältigt, die über sie hinwegrollten.
„Indila?“, formten sich die zuvor verworren in ihren Gedanken umherschwirrenden Buchstaben mit einer unglaublichen Selbstverständlichkeit zu dem ihr eigentlich unbekannten Namen. Das aufgeregte Gemurmel um sie herum verklang und die Blicke aller Anwesenden fielen auf sie. Totenstille legte sich über das Ratszimmer. Jeder betrachtete sie, als habe ein Geist aus ihr gesprochen und auch Garshaw wandte sich einen Moment von der jungen Frau ab, um Sam mit blitzenden Augen anzusehen.
„Du erkennst sie wieder, Major Carter?“, hallte die metallische Symbiontenstimme dröhnend laut in ihren Ohren und erst jetzt bemerkte Sam, dass sie direkt vor den beiden Frauen stand und nicht einmal wusste, wie sie überhaupt dorthin gekommen war. Langsam lichtete sich der Nebel, der Sams Verstand vorübergehend eingehüllt hatte und sie nickte ungläubig und doch wissend, so als traute sie ihrer eigenen Antwort nicht über den Weg. Kannte sie die junge Frau? Zweifel mischten sich mit erstaunenswerter Sicherheit. Etwas in ihr sagte klar und deutlich ja, dabei hatte sie sie doch eigentlich noch nie zuvor gesehen.
Seit Martouf war ihr etwas Derartiges nicht mehr passiert, und das, was sich gerade in ihr abspielte, war mehr als beängstigend. Abgehackte Gedankenfetzen, verschwommene Bilder und tiefe Emotionen wirbelten in ihrem Kopf und ihrem Herzen umher. Sams schwebte zwischen Glück und der Furcht vor dem, was jene Gefühle diesmal alles mit sich bringen würden.
„Ist sie … ?“, presste sich die junge Frau am Boden stammelnd hervor.
„Ja“, erwiderte Garshaw, die zu wissen schien, welche Frage sich hinter dem unvollendeten Satz verbarg.
Getrieben vom Wunsch zu flüchten, begann Sams Puls einen Wettlauf mit ihrem bis zum Anschlag pochenden Herzen, doch die leuchtend grünen Augen hielten sie wie gefesselt an ihrem Platz und ihr blieb nur noch zuzusehen, wie sich die Frau mit dem tiefschwarzen lockigen Haar, das bis zu ihren schmalen Hüften reichte, vom Boden erhob und sich vor ihr aufbaute. Sams Verstand schrie sie förmlich an, sich nicht darauf einzulassen, aber ihr Körper gehorchte in keiner Weise und schon Sekunden später lag sie in den Armen eines ihr völlig fremden Menschen. Die schmale, fast schon hagere Gestalt, die Sam mit einer Kraft festhielt, die man ihr kaum zutraute, wirkte zwar zerbrechlich, vermittelte aber zur gleichen Zeit starke Gefühle wie Geborgenheit und Freundschaft, die sie sonst nur in Janets Armen fand.
„Es tut mir sehr leid, Major Carter. Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen, aber meine Freude über deine Anwesenheit hat mich einfach übermannt …“, suchte die junge Frau, die aussah, als sei sie Rapunzels dunkelhaarige Zwillingsschwester, mühsam nach den passenden Worten. Das Ganze erinnerte Sam stark an ihr erstes Zusammentreffen mit Martouf und an die Emotionen, die sie schon damals vollkommen verwirrt hatten, aber ihr Gegenüber schien nicht weniger überfordert, denn bereits im nächsten Moment blitzten ihre Augen und der Symbiont übernahm die Kontrolle.
„Mein Name ist Dinaté. Du musst wissen, Jolinar war wie eine Schwester für uns und in all den Jahren nach ihrem Tod wurde uns nie die Ehre zuteil, ihre letzte Wirtin kennenzulernen. Wir haben fast neun Monate Gefangenschaft hinter uns, aus der wir uns erst jetzt befreien konnten. Meine Wirtin Indila ist ein sehr emotionaler Mensch, den deine überraschende Anwesenheit hier sehr mitnimmt“, erklärte der Tok´rasymbiont überraschend sachlich, doch noch bevor Sam überhaupt in der Lage war, zu antworten, wurde die junge Frau abrupt von ihr weggezogen und in Begleitung von Garshaw und einigen Ratsmitgliedern in einen der ruhigeren Nebentunnel gezerrt, während Sam wie versteinert zurückblieb. Niemand schien sich für das seelische Durcheinander zu interessieren, das die kurze, aber intensive Begegnung in ihr ausgelöst hatte. Doch der Glaube, es konnte nicht noch schlimmer kommen, wurde nur einen Augenblick später zunichtegemacht, als Malek sie bestimmend am Arm zur Seite schob.
„Major Carter“, klopfte er ihr legere auf die Schulter und lächelte sie an, als seien die letzten zehn Minuten nie passiert. „Ich habe dich schon in deinem Quartier gesucht. Es tut mir sehr leid, aber Jacob wird nicht mehr kommen. Wir haben vor ein paar Minuten Nachrichten von ihm erhalten. Seine Mission wird wie bereits befürchtet noch eine Weile länger dauern, weil ….“
Sam nickte nur kurz, ließ den unbeirrt weiterredenden Mann einfach stehen und spürte dessen Entsetzen über ihr Verhalten in seiner Stimme, als er ihr ein paarmal vergeblich nachrief. Sie nahm von ihrer Umgebung so gut wie nichts wahr, setzte mit leerem Blick einen Fuß vor den anderen und kehrte in die Stille ihres kleinen, beengten Raumes zurück. Die Enttäuschung über Jacobs Ausbleiben hielt sich in überschaubaren Grenzen. Sie hatte ohnehin nicht mehr mit ihm gerechnet, ein Umstand, der sich nun mehr als bezahlt machte. Eingerollt wie ein Baby lag sie auf ihrem Bett, versuchte verbissen ihre Gedanken, die nur noch um die seltsamen Bilder in ihrem Kopf kreisten, in andere Bahnen zu lenken. Manchmal gelang es ihr, meistens jedoch hing sie in der Endlosschleife der sich nahtlos aneinanderreihenden Erinnerungen fest, die trotz intensiven Nachdenkens keinen wirklichen Sinn ergaben. Kurze Schlaf und wesentlich längere Wachphasen wechselten sich bis in die frühen Morgenstunden kontinuierlich ab und gerade als ihr überaktives Gehirn endlich beschlossen hatte, für heute zu schließen und sich ihre Lider langsam der Schwerkraft beugten, stand plötzlich Anise vor ihr.
„Nicht auch noch das“, murmelte Sam leise vor sich hin. Diese Frau war wie ein einziges rotes Tuch, aber sie versuchte verbissen, sich ihre leider allzu offensichtliche Abneigung nicht vom ersten Moment anmerken zu lassen.
„Major“, verschränkte Anise ihre Arme vor der Brust, als spürte sie Sams ablehnende Haltung bereits jetzt schon. „Indila, die Frau, die du vorhin kennengelernt hast, würde sehr gern mit dir sprechen und auch der Hohe Rat bittet später um deine Anwesenheit. Garshaw hat dir ein dringendes Anliegen zu unterbreiten.“
„Was … jetzt? Sofort?“, grummelte Sam mürrisch und verdrehte ihre Augen. Nach ihrer Zeitrechnung war es noch immer früher Morgen und sie war müde genug um die nächsten drei Wochen nur mit Schlafen zu verbringen, etwas, das sie unter normalen Bedingungen nie zugeben würde, aber was war an den vergangenen Stunden schon normal? Was war an ihrem ganzen Adrenalin gesteuerten Leben schon normal?
„Ja, jetzt!“, antwortete Anise in einem ähnlich gereizten Ton, der dem von Sam in nichts nachstand. „Indila hat wirklich wichtige Informationen mitgebracht, die auch dich interessieren dürften ….“
„Ach komm schon Anise“, konterte Sam trotz ihres halbschlafenden Zustandes. „Wir wissen doch beide ganz genau, dass ihr nie Informationen ohne einen Hintergedanken teilt …“, fuhr sie fort und nahm der blonden Tok´ra damit kurzweilig den Wind aus den Segeln, doch diese war schließlich für ihre Beharrlichkeit bekannt, die Sam gleich darauf zu spüren bekam.
„Hör es dir doch zuerst einmal an, bevor du urteilst, Major Carter und entscheide danach …! Ich weiß, deine Erfahrungen waren nicht immer gut, aber ….“
Sam stöhnte entnervt auf. Irgendwie kam ihr der Satz bekannt vor. Um was auch immer diese Frau sie bis jetzt gebeten hatte, es endete prinzipiell in einem persönlichen Desaster. Gerade in diesem Moment hätte sie weiß Gott alles dafür getan, Janet herzaubern zu können, um ihr eine der allseits beliebten Gute Laune Pillchen zu entlocken, aber stattdessen ergab sie sich ihrem Schicksal, erhob sich mit knirschenden Zähnen und begleitete die verhasste Frau in den Sitzungsraum. Was hatte sie schon zu verlieren?
Demselben Weg folgend, wie schon ein paar Stunden zuvor, bemerkte Sam die Ruhe, die inzwischen in jeden Winkel der faszinierenden Tunnel gekrochen war und auch im Ratsraum hatte sich noch niemand eingefunden, außer Indila, die am anderen Ende leise mit sich selbst redend auf und ablief. Ihr Brustkorb hob und senkte sich beinah hektisch und ihre schmalen, zarten Hände rieben unablässig aneinander, ein klares Zeichen von Nervosität, ein unerwünschtes Gefühl, das Sam gerade mit der fremden und doch so vertrauten Frau verband.
Anise riss sie jäh aus ihrem einsamen Monolog. „Major Carter wäre jetzt da. Der Hohe Rat wird sicher noch eine Zeit lang brauchen, bis er eintrifft “, fügte sie kurz und schmerzlos an und verschwand noch im gleichen Augenblick wieder, als sei sie gar nicht dagewesen. Die junge Frau erstarrte wie ein Reh im Scheinwerferlicht und zum zweiten Mal in dieser Nacht blickte Sam in das Gesicht des wunderschönen, blutjungen Mädchens mit den faszinierenden Augen. Ein zartes Lächeln, das ihrer Mimik ein lebendiges Strahlen verlieh, huschte über ihre geschmeidig, geschwungenen Lippen und war gleichzeitig so ansteckend, dass Sam sich dessen Wirkung kaum mehr entziehen konnte. Wortlos schloss die Frau mit wenigen Schritten die Distanz zu ihr und Sam fand sich erneut in einer festen Umarmung wieder. Hin und gerissen zwischen Mitleid und ihrer inneren Stimme, die sie erneut vehement warnte, zögerte sie kurz, bevor sie die innige Geste schließlich doch erwiderte.
„Es tut mir leid, dass ich dich so überfallen habe Samantha, aber du hast keine Vorstellung, wie sehr ich mich freue, dass du gekommen bist. Ich weiß, das alles hier muss ziemlich verrückt für dich sein, aber vielleicht verstehst du auch, dass es mich so überwältigt, zu spüren, dass ein Teil von Jolinar noch immer in dir lebt“, flüsterte die junge Frau mit dünner, zittriger Stimme und Sam spürte Indilas Tränen auf ihrer Haut, das leise Schluchzen und den Schlag ihres Herzens, der laut und beharrlich gegen ihre Brust klopfte und sich mit dem ihrem vereinte. Wieder sprudelten diese Bilder hoch, die sich wie eine Diashow vor ihrem inneren Auge abspielten, als befände sich irgendwo in ihrem Kopf eine Quelle, die immer wieder für Nachschub sorgte. Große hohe Bäume, ein wunderschöner, verwachsener Garten und zwei herzhaft miteinander lachende Frauen erschienen, verschwanden aber Sekunden später schon wieder. Die Erkenntnis war zum Greifen nahe, wenn sie ihr Unterbewusstsein zu Wort kommen ließ …. Sam wusste, dass es nur ein Hauch dessen war, was tief in ihr auf seinen Ausbruch lauerte und gleichzeitig spürte sie wie sehr ihr Gegenüber unter dem emotionalen Abstand litt, den sie zu halten versuchte, wie eine Ertrinkende ihren Rettungsring.
„Bitte hab keine Angst“, bat Indila sanft, gab Sam wieder frei und griff stattdessen nach ihren Händen, der Wunsch, sich zu erklären beinah übermächtig. „Wir vermissen Jolinar sosehr und als wir letzte Nacht aus Uruk zurückkehrten, hätten wir niemals vermutet, dich hier anzutreffen. Es ist alles etwas schwierig für mich und meinen Symbionten, weil wir schon nicht mehr an eine Rückkehr geglaubt haben, geschweige denn dich jemals kennen zu lernen. Diese Mission sollte ursprünglich nur zwei Wochen dauern … eine reine Aufklärung! Aber es wurden ganze neun Monate daraus. Aufgrund der neuen Technologien, die Gestianna, eine der drei Goa´uld, entwickelt hatte, konnten wir den Planeten nicht mehr verlassen und mussten deshalb als ihre Bedienstete dort ausharren. Erst als wir sie zu einem Treffen mit Anubis begleiten durften, gelang uns wie ein Wunder die Flucht.“
Die Geschichte, die Sam im Folgenden zu hören bekam, war beängstigend und beeindruckend zugleich. Mindestens genauso, wie die Frau, die sie erzählte und keiner von beiden bemerkte, wie die Zeit verstrich. Fast eine Stunde brachten sie damit zu über die genauen Umstände von Jolinars Tod und über Indilas Zeit auf Uruk zu sprechen, doch Sam spürte instinktiv, dass ihr die emotionsgeladene junge Frau etwas verheimlichte, aber wenn es um die Tok´ra ging, überraschte Sam nichts mehr. Dennoch fühlte es sich so natürlich und selbstverständlich mit ihr zu reden. Die anfängliche Skepsis verflog schnell und im selben Maße wuchs die Sympathie mit jeder Sekunde in Indilas Gegenwart zu einem ausgeprägten Gefühl von Vertrauen an. Ihre grünen Augen sprühten vor Leben, wenn sie sprach und ihr gewinnendes Lächeln verlieh ihrem ganzen Sein eine umwerfende Natürlichkeit. Der Gleichklang, der sich in der Kürze der Zeit zwischen den zwei Frauen eingestellt hatte und die von erfrischender Tiefsinnigkeit gezeichneten Gespräche, waren für Sam unerklärlich, fast schon außergewöhnlich. Irgendetwas verband ihre Seelen, etwas das so schön war, dass keiner von beiden in Worte fassen konnte, was es war. Sam spürte, wie sehr die liebenswerte junge Frau auch nach so langer Zeit noch um ihre Freundin trauerte und der seit vielen Jahren in ihr schwelende Funken Schuld setzte ihr Herz lichterloh in Brand. Natürlich hatte sie sich die Tatsache Wirtin zu sein nicht ausgesucht, aber Jolinar hatte letztendlich ihr Leben für sie gegeben und in gewisser Weise fühlte sie sich verantwortlich für ihren Tod und den Verlust, den Indila erlitten hatte.
„Garshaw sagt, du seist eine große Kriegerin unter den Tauri und verantwortlich für den Tod mehrerer Systemlords?“, lenkte die einfühlsame junge Frau Sams abschweifende Aufmerksamkeit auf ein unverfänglicheres Thema und ahnte nicht, dass sie damit unbewusst ein ganz anderes heikles Thema anschnitt.
„Uh.“ Sam sog die Luft zwischen ihren zusammengebissenen Zähnen ein und versuchte sich ein Lächeln abzuringen, obwohl ihr wahrlich nicht danach zumute war. „Das stimmt so nicht ganz“, räusperte sie sich. „Es war viel mehr die Leistung eines ganzen Teams … meines Teams, von dem ich stolz sagen kann, dass es mit Abstand das Beste der Welt ist. Vielleicht lernst du sie ja irgendwann mal kennen. Ich bin sicher, du würdest sie mögen.“
Indila sah das erwachende Funkeln in Sams Augen, während sie voller Leidenschaft von den Mitgliedern ihres Teams schwärmte, wie ein kleines Mädchen vom Weihnachtsmann am Heiligen Abend und sie beneidete die Taurifrau ein wenig um die innige Freundschaft, die sie mit den drei Männern verband.
„Daniel ist unser Sprachgenie mit der diplomatischen Ader. Man kann nichts vor ihm verheimlichen und Teal´c … wirkt im ersten Moment auf jeden angsteinflößend, dabei ist er eigentlich eher wie ein liebenswerter Teddybär, wenn man ihn nur gut genug kennt und Colonel O´Neill ….“
Ganz plötzlich geriet Sams enthusiastische Stimme ins Stocken und ihr gerade noch so aufgeblühtes Lachen verkümmerte hinter einer merkwürdigen Unsicherheit. „Nun ja, er ist eben Colonel O`Neill“, beendete sie ihren Satz hastig und weckte damit sofort Indilas Neugier. Irgendetwas, das diesen Mann betraf, machte ihrer neuen Freundin schwer zu schaffen und gerade, als sie beschlossen hatte, der Sache auf den Grund zu gehen, trafen auch schon die ersten Mitglieder des Hohen Rates ein. Nach und nach betraten drei Personen, die Sam nur vom Sehen kannte den Ratsraum, gefolgt von Garshaw und Anise, doch selbst Sam war auf der Stelle klar, dass das nicht einmal ein Bruchteil des Hohen Rates war und diese Tatsache bereitete ihr augenblicklich schweres Kopfzerbrechen. Was zur Hölle ging hier vor? Sam spürte die flirrende Spannung in der Luft, die immer dann entstand, wenn eine Bombe kurz vor dem Platzen war. Sie entschloss sich um Indilas Willen auszuharren und sich in Ruhe anzuhören, was Garshaw zu sagen hatte, auch wenn das Bedürfnis, auf der Stelle kehrt zu machen und auf direktem Weg nach Hause zu gehen, kaum mehr zu unterdrücken war. Wie ein Schatten hatte sich die liebenswerte junge Frau, die ihr schon jetzt auf unerklärliche Weise ans Herz gewachsen war, hinter ihr aufgebaut, schenkte ihr Halt und gab ihr die Kraft, durchzustehen, was auch immer jetzt sie erwartete.
„Zuerst möchte ich Dinaté wieder zurück im Schoß unserer Tok´ra Familie begrüßen, nach dem wir alle nicht mehr mit ihrer Rückkehr gerechnet hatten“, begann Garshaw, ohne sich lange mit Nichtigkeiten aufzuhalten und nickte der angesprochenen jungen Frau mit einem wohlwollenden Lächeln zu, bevor sie unbeirrt fortfuhr.
„Aber nichts desto trotz haben wir eine Mission zu erfüllen, jetzt mehr denn je. Unsere hoch geschätzte Freundin erreichte uns mit überaus beängstigenden Neuigkeiten vom anderen Ende der Galaxie. Die lange verschollene Gao´uld Königin Ishtar und ihr Gefährte Tammuz sind wieder aufgetaucht, nachdem sie sich viele Jahrhunderte lang erfolgreich vor uns und den System Lords versteckt halten konnten und ich befürchte, wir kommen nicht umhin, uns sofort mit ihnen auseinanderzusetzen. In ihrer völligen Abgeschiedenheit auf Uruk haben sie von uns allen unbemerkt große Macht erlangen können”, lief Garshaw in bester Oberlehrermanier direkt vor Sam auf und ab und fuchtelte dabei unentwegt mit ihrer Hand. So Nervös hatte sie die ansonsten stets abgeklärte Frau, die jetzt beinah ängstlich nach Worten suchte, selten erlebt.
„Gestianna, Isthars Schwägerin und Schwester von Tammuz hat es geschafft, ein paar sehr beeindruckende neue Technologien zu entwickeln, die den Planeten zu einer Art uneinnehmbarer Festung machen, die man ohne ihre Zustimmung weder betreten, noch verlassen kann. Das Sternentor auf Uruk, aber auch der Planet selbst, sind von einem Schild umgeben, den man nicht überwinden kann. Noch dazu wird jedem Kind unmittelbar nach der Geburt ein Chip im Nacken implantiert, dessen Funktionsweise nur Gestianna bekannt ist und der dazu dient, eine Flucht der einheimischen Bevölkerung, sowie der dort lebenden Jaffa und ihren Familien gänzlich zu verhindern.“
Die Stimme der Tok´ra Führerin brach und Sam schluckte schwer, als diese unvermittelt vor ihr stehen blieb und so tief einatmete, als koste sie die Erklärung ihre letzten Kräfte. Sams Herz setzte einen Schlag aus, nur um dann noch heftiger gegen ihre Rippen zu hämmern und sie fühlte Indilas Arm, der sich schützend um ihre Schulter schmiegte. Die Tok´ra teilten nie ihre Geheimnisse und der Fakt, dass sie es dieses Mal in vollem Umfang taten, ließ nichts Gutes erahnen.
„Seit Neuestem treiben sie einen regen Handel mit Anubis und sind einen Bund mit ihm eingegangen, um sowohl die Tauri, als auch die Tok´ra und die rebellischen Jaffa endgültig zu besiegen und so die Vorherrschaft über die gesamte Galaxie zu gewinnen. Ishtar ist als Königin in der Lage Anubis die notwendigen Symbionten ohne genetisches Gedächtnis zu liefern und nachdem ihr …“, hauchte sie Sam ins Gesicht, „… auf Tatarus ganze Arbeit geleistet habt, braucht Anubis dringend Nachschub. Auf dem Heimflug von einem Treffen zwischen Gestianna und dessen ersten Primus, hat es Dinaté geschafft, sie in ihrem Teltak zu überwältigen und zu töten, was uns nun in die grandiose Lage bringt, sie durch jemand anderen zu ersetzen und uns so Zugang zu Uruk und den dortigen Technologien zu verschaffen.“
Für den Bruchteil einer Sekunde blickte Garshaw erwartungsvoll zu Sam auf, die sich noch immer keinen rechten Reim darauf machen konnte, weshalb ausgerechnet sie so eindringlich gemustert wurde, aber vor allem, verstand sie nicht, warum Garshaw ihr all diese wirklich brisanten Informationen so bereitwillig auf einem Silbertablett servierte. Doch die Erklärung ließ nicht lange auf sich warten.
„Dafür bräuchten wir deine Hilfe, Major Carter.“
Sams Augen weiteten sich voller Unglauben und die Sorge, was sie wohl damit meinte, fraß tiefe Linien in ihr sonst so faltenloses Gesicht. Wie sollte ausgerechnet sie helfen, hatte sie doch zuvor noch nicht einmal von den drei besagten Goa´uld gehört?
„Warum könnte ich euch da helfen?”, schüttelte Sam immer wieder ihren Kopf.
„Wir wollen, dass du Gestiannas Stelle einnimmst und statt ihrer mit Indila nach Uruk zurückkehrst! Aber eines sollte ich gleich von vornherein klarstellen. Wir wollen dich, Major und nur dich allein … ohne den Rest von SG 1.“
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„Beeil dich Jack“, rief Daniel durch die heruntergekurbelte Fensterscheibe seines Autos, währenddessen er entnervt Grimassen schnitt und mit wachsender Ungeduld auf seinem Sitz hin und her rutschte.
„Verdammt, nun komm endlich“, grummelte der Archäologe, zutiefst frustriert von der Seelenruhe, die sein Freund gerade an den Tag legte. Jack stand vor der Tür des beeindruckenden, freistehenden Hauses von Dr. Julie Denaux und Daniel konnte noch immer nicht glauben, dass ausgerechnet Jack sich Hals über Kopf in eine Beziehung mit einer Wissenschaftlerin gestürzt hatte und dazu in solch halsbrecherischer Geschwindigkeit, dass ihm bei der Vorstellung jetzt noch ganz schwindlig wurde. Selbst in seine Hütte nach Minnesota hatte er sie bereits mitgenommen. Daniel wusste nicht wirklich viel von der neuen Frau an Jacks Seite, abgesehen davon, dass ihre Familie dem Präsidenten sehr nahestand und ihr Vater seit langer Zeit den Posten des französischen Botschafters in Washington innehielt.
Nicht in einer Millionen Jahren hatte er sich vorstellen können, dass sein Freund etwas mit einem Mitglied des wissenschaftlichen Personals anfangen würde, war er doch in den letzten Jahren nie müde geworden, seine deutliche Abneigung gegenüber den sogenannten Freaks zu betonen. Erst vor knapp zwei Wochen war sie als freie Mitarbeiterin und Verantwortliche für die anstehenden geologischen Missionen auf der Suche nach neuen, bisher unentdeckten Naquadahvorkommen ins SGC gekommen. Sams und Teal´cs Aufenthalt bei den Tok´ra hatte ihm und Jack die verhasste Aufgabe beschert, gemeinsam mit SG 7 für den Schutz der vierköpfigen Gruppe Wissenschaftler zu sorgen. Die mehr als deutlichen und überaus auffälligen Annäherungsversuche der jungen Dame während der fünf Tage auf P3X-403 waren für niemanden zu übersehen. Sie war bildschön, klug, glänzte mit mehr Sexappeal, als ihr zuträglich war und sie hatte vom ersten Augenblick an keinerlei Hehl daraus gemacht, wen und was ihr verwöhntes Herz begehrte … den legendären Jack O`Neill!
Ihr ermutigendes Lächeln, die einladende Körpersprache und ihr andauerndes Herumschleichen um Jack offenbarten auf einen Schlag all ihre Absichten. Stets bemüht ihren äußerst erotischen, weiblichen Charme spielen zu lassen, wann immer es ging, umwarb sie ihn mit allen ihr zu Verfügung stehenden Mitteln. Daniel hatte sie schnell durchschaut. Diese Frau war Jemand, der gewohnt war, immer zu bekommen, was sie wollte, auch im Fall seines besten Freundes. Sie kam, sah und siegte.
Argwöhnisch beobachtete Daniel, wie Jack der nur mit einem leichten Morgenmantel bekleideten Frau einen leidenschaftlichen Kuss verpasste, während sie so heftig mit ihm flirtete, als wolle sie ihn jeden Moment zurück ins Bett schleifen, um genau das fortzuführen, was beide fraglos bereits die ganze Nacht lang getan hatten. Das schulterlange, kastanienbraune Haar der jungen Geologin umschmeichelte in leichten Wellen ihre schmalen Wangen und ihr hübsches, makelloses Gesicht unterstrich die unbestritten auf den Punkt durchtrainierte Figur. Sie war ohne Zweifel das, was man geläufig als fleischgewordenen Männertraum bezeichnete. Wie konnte man es Jack also verdenken, dass er nicht lange fähig war, ihren permanenten Avancen Stand zu halten, was wiederum eine Reihe wilder Gerüchte innerhalb des SGC nach sich gezogen hatte.
„Jack … ich fahre gleich ohne dich“, brüllte Daniel nun schon zum gefühlt hundertsten Mal über die Straße und trat aufs Gaspedal, um den Motor provokant aufheulen zu lassen.
Seltsamerweise drehten sich Daniels Gedanken in allererster Linie um Sam und deren Gefühle, wenn sie das erste Mal mit Jacks neuer Flamme konfrontiert werden würde. Der Archäologe machte sich nichts vor, wenn es um seine beiden besten Freunde ging und um die jahrelang ignorierte und ebenso verbotene Zuneigung zwischen den zwei Offizieren. Bis jetzt hatte er immer gehofft, Sam und Jack würden es irgendwann schaffen, sich einander zu öffnen, sich auszusprechen und gemeinsam ihre Optionen abzuwägen, aber beide waren jahrelang stur geblieben, verharrten in den engen Fesseln der für ihn unmenschlich erscheinenden Airforce Regeln und drückten sich so mit vollendeter Ignoranz um das letzten Endes Unvermeidbare. Für Daniel war auch Dr. Julie Denaux nur ein weiterer von Jacks aussichtslosen Versuchen, sich Sam aus dem Herzen zu schneiden. Sein Blick fiel automatisch zurück auf das ungezügelt miteinander turtelnde Paar. Es gefiel ihm einfach nicht, was er nun schon seit Tagen mit ansehen musste. Mit einem unmissverständlichen Lächeln auf ihren vollen Lippen, ließ die offenherzige Wissenschaftlerin ihre Finger über Jacks Arme bis in seine Hände gleiten, um sie noch einmal fest in den ihren zu halten und ihm einen weiteren, diesmal wesentlich dezenteren Kuss auf seine Lippen zu hauchen, bevor seine Finger aus ihren Händen schlüpften. Erleichtert beobachtete Daniel, wie sein Freund mit schnellen Schritten die Straße überquerte.
„Ich dachte schon, sie will dich vor der Haustür zum Frühstück vernaschen“, witzelte Daniel gespielt lässig, um auf diese Weise den wachsenden Unmut bezüglich Jacks neuer Beziehung gekonnt zu überspielen. „Hammond hat von zehn Uhr morgens geredet und nicht von zehn Uhr abends, das ist dir schon klar, oder?“
„Spricht da etwa der Neid aus dir, Danny?“, setzte sich Jack mit einem breiten Grinsen neben ihn auf den Beifahrersitz und warf die Tür hinter sich zu. Jacks Lebensgeister waren förmlich wiedererwacht an der Seite der quirligen, lebenslustigen, jungen Frau, die ohne Weiteres seine Tochter hätte sein können und ihm das Gefühl zu geben schien, der interessanteste und begehrteste Mann auf Erden zu sein.
„Weshalb“, stöhnte Daniel und trat so heftig aufs Gas, dass die Reifen beim Anfahren quietschten. „Sollte ich denn?“
„Ach komm schon Daniel, gönnst du einem alten Mann keinen Spaß mehr?“ Jack wandte sich zu ihm und der junge Archäologe sah, wie sich nachdenkliche Falten in Jack Stirn gruben, als sich Daniels zuvor noch ausdruckslose Mimik auf der Stelle verfinsterte.
„Ist das wirklich was Ernstes Jack? … Oder nur zur vorrübergehenden Unterhaltung?“
„Wie soll ich das jetzt nach ein paar Tagen schon wissen?“, erwiderte der und gestikulierte dabei wild mit seinen Händen, ein unmissverständliches Zeichen dafür, dass ihm die Frage sichtlich unangenehm war und Daniel hatte das darauffolgende geschickte Ablenkmanöver schon von vornherein durchschaut.
„Fakt ist, sie tut mir gut. Sie ist einfach … herrlich unkompliziert, erfrischend, geradeheraus, hingebungsvoll, hat Temperament …. Ich kann ich selbst sein, verstehst du? Und nicht zu vergessen … sie ist verdammt heiß.“
„Ja … sicher Jack! Versteh mich bitte nicht falsch … du verdienst das, mehr als jeder andere, den ich kenne, es ist nur …“, stammelte Daniel mit einem Hauch schlechten Gewissens.
„Was?“, wollte der ältere Mann nun wissen und sah den Krieg im Inneren seines jungen Freundes ganz offen auf dessen Gesichtszügen toben.
„Ich finde nur, du solltest es Sam sagen, bevor es die SGC Gerüchteküche tut.“ Jacks Augenbrauen schossen beim Klang ihres Namens unwillkürlich in die Höhe.
„Warum?“, erwiderte er trocken, fast schon auffallend teilnahmslos und Daniel wusste, dass ihm der Gedanke an Sams bevorstehende Reaktion wesentlich näher ging, als er bereit war zuzugeben.
„Ah, du weißt genau warum ….“
„Nein tue ich nicht“, zischte Jack zurück. „Hör zu Daniel, auch wenn ich nicht sehe, was dich das angeht, sage ich es jetzt noch ein letztes Mal: Ich bin ihr keine Rechenschaft schuldig. Carter ist meine untergebene Offizierin und ich ihr Vorgesetzter … nicht mehr … und nicht weniger. Daran hat sie niemals irgendwelche Zweifel aufkommen lassen oder irre ich mich da? Davon mal ganz abgesehen wird sie es heute Abend ohnehin erfahren, es sei denn, es ist ein Problem für dich, wenn ich gemeinsam mit Julie zu deiner Einweihungsparty komme?“
„Nein, nein, natürlich nicht, Jack. Tue, was du für richtig hältst …“, grummelte der jüngere Mann sichtlich verärgert, dass keiner seiner beiden Freunde müde wurde, die Gefühle füreinander, die weit über die Grenzen normaler Kameradschaft hinausgingen, so konsequent zu ignorieren, nur weil sie nicht in deren durchstrukturiertes, regelkonformes Leben passten. Liebe war nun mal keines von den Dingen, die man einfach kontrollieren konnte. Angestrengt versuchte sich Daniel wieder auf die Straße zu konzentrieren, anstatt auf die in ihm aufschäumende Wut und das tiefe Mitleid, das er für seine beste Freundin empfand. All die Jahre über war Sam wie die Schwester, die er niemals hatte. Er liebte sie von ganzem Herzen und auch wenn er jetzt schon wusste, dass sie es niemals zugeben würde, war ihm dennoch klar, dass Jacks kleine Affäre sie bis ins Mark verletzten würde. Es war einfach nicht fair! Nach allem, was beide für diesen Planeten getan hatten, erzürnte ihn dieser ganze Militärregelblödsinn, in den sich die zwei verstrickt hatten und der sie voneinander fernhielt. Was gäbe er nicht alles, Sha´re in seinen Armen zu halten und ihr zu sagen, wie sehr er sie liebte, während seine zwei Freunde diese große Chance in den Wind schlugen, für die er Himmel und Hölle in Bewegung setzen würde, um sie nur noch ein einziges Mal zu bekommen. Auch jetzt hatte er wieder das dringende Bedürfnis jeden einzeln zu schütteln, anzuschreien und ihre zwei sturen Köpfe einmal beherzt aneinander knallen zu lassen, damit sie endlich zu Vernunft kamen. Im Grunde genommen war es bemitleidenswert, denn es stand außer Frage, dass beide eines Tages, wenn ihre Zeit erst einmal abgelaufen war, jede einzelne Sekunde bereuen würden, die sie mit diesem sinnlosen Tanz umeinander vergeudet hatten. Daniel beschlich die bittere Vorahnung, dass das bevorstehende Zusammentreffen der zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein konnten, zweifellos in einer Katastrophe enden musste ….
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„Ich soll bitte was tun?“, schaute Sam in die Runde der wenigen Versammelten, schnappte nach Luft und brach spontan in ein hysterisches Lachen aus, in dem beinah auch ihre Frage unterging. „Das soll sicher … ein Scherz sein … oder?“
Der Raum fiel in eine gespenstische Stille, die einzig und allein von ihrem Kichern durchbrochen wurde, doch selbst jetzt verdrängte ihr Verstand das längst Offensichtliche. Sam lachte einfach weiter und hielt hartnäckig an der Idee fest, dass man sie auf den Arm nehmen wollte. “Der war wirklich … wirklich gut. Ich hätte euch das beinah abgenommen, aber ihr könnt jetzt wieder damit aufhören.”
Niemand schien ihr Amüsement zu teilen, stattdessen starrten sie alle unvermindert ernst an. Erst jetzt bohrte sich die Wahrheit auf bizzarem Weg direkt in ihre vernebelten Gedanken und ihr schallendes Gelächter ertrank in dem dumpfen Grollen, das aus ihrer Kehle emporkroch.
„Kein Scherz … oder?”, fragte sie plötzlich so leise, dass sie sich fast selbst nicht mehr hörte, doch mit jedem weiteren Wort gewann ihre Stimme wieder an Stärke. “Das kann nicht euer Ernst sein? Ich bin kein Goa´uld und auch mit den Naquadahresten in meinem Blut wird mich niemand für einen halten! Wisst ihr, auch eine Schwalbe macht noch längst keinen Sommer!”
Natürlich verstand niemand den Sinn dieser Redewendung und alle anwesenden Augenpaare musterten sie fragend. Nun war es Anise, die vortrat und Sam auf diese Art anlächelte, die immer bewirkte, dass sie das Gefühl hatte, sich ganz unnötigerweise aufzuregen.
„Dieses Problem kannst du getrost mir überlassen, Major. Ein paar kleine Modifikationen an deinem Körper und deiner physischen Beschaffenheit und du wirst die perfekte Gao´uld Göttin sein. Während der fünf Tage Flug, die wir bis Uruk benötigen, haben wir genug Zeit diese erforderlichen Veränderungen vorzunehmen. Jolinar hatte für ein paar Wochen denselben Wirt, den Gestianna zuvor verlassen hatte, weil sie die schwerverletzte Frau nicht mehr heilen wollte. Sie hat dir sowohl ihre Erinnerungen hinterlassen, als auch die des Smybionten. Alles, was du brauchst, ist irgendwo dadrin in deinem Kopf, wir müssen es nur mit Hilfe eines Erinnerungsgerätes aus den Tiefen deines Unterbewusstseins hervorholen. Du vereinst Kampferfahrung und das dafür notwenige Wissen. Niemand wäre geeigneter, diese Technologien zu entschlüsseln, als du ….”
Sam hatte es die Sprache verschlagen. Sie konnte es kaum glauben. Alles war bereits bis ins kleinste Detail geplant. Der Gedanke daran förderte ein weiteres, diesmal bitteres Lachen zutage und die Antwort sprudelte nur so aus ihr heraus.
„Normalerweise bin ich für jeden Spaß zu haben, vor allem, wenn es darum geht, einem Goa´uld in den Hintern zu treten”, antwortete sie inspiriert von den geläufigen Worten ihres kommandierenden Offiziers.
„Aber wie stellt ihr euch das vor? Weder General Hammond, noch die Air Force werden mich einfach so gehen lassen und erst recht nicht ohne das Team.”
„Wir gedenken nicht, ihnen die Wahrheit zu sagen, Major, denn das würde dich und die gesamte Mission nur unnötig in Gefahr bringen“, erklärte Garshaw mit einer berechnenden Kälte in ihrer Stimme, dass Sam ein eisiger Schauer über den Rücken lief. Seltsam gefasst rieb sie sich die Stirn und rang um ihre rasant dahinschwindende Fassung.
„Nur um das einmal klarzustellen. Hier geht es nicht nur darum, ob ich es tun will oder nicht! Das, was ihr da von mir verlangt, könnte das Ende meiner Air Force Karriere bedeuten, sollte es jemals rauskommen. Das kann mich in Teufels Küche bringen und ein paar sehr ernste Konsequenzen haben. Ich bin keiner von euch Tok´ra, dass ich einfach losziehen kann, um zu tun, wonach mir gerade ist! Ich unterliege Regeln und Vorschriften ….“
Sams Empörung stieg sekündlich und mit ihrem Kopf zwischen den Händen vergraben versuchte sie ihre stark beschleunigte Atmung wieder in den Griff zu bekommen. Was ihr aber viel mehr zu schaffen machte, war das Kribbeln, das sich über ihren ganzen Körper ausbreitete und sich anfühlte, als beherbergten ihre Adern Milliarden kleiner krabbelnder Käfer. Ihr Verstand schrie sich förmlich die Seele aus dem Leib, jetzt endgültig zu gehen, solange sie noch konnte und diesen Unfug keine Sekunde länger anzuhören, doch die schon wochenlang beharrlich in ihrem Inneren flüsternde Stimme wurde immer lauter, schärfer, stachelte sie an und ließ jegliche Vernunft leise verklingen. Warum nur dachte sie überhaupt darüber nach? Das Ganze war gegen alles, für das sie ihr Leben lang so bedingungslos eingestanden war.
„Okay“, platzte es dennoch aus ihr heraus, als beherrschte sie eine fremde Macht. „Sagen wir, ich würde es tun, rein hypothetisch gesprochen natürlich … wie genau soll das funktionieren? … Und ich will jedes noch so kleine Detail, denn sollte ich tatsächlich mitspielen … was ich damit jetzt nicht sagen will … dann erwarte ich bedingungslose Offenheit, zumindest mit gegenüber. Also was ist der genaue Plan und wie in aller Welt wollt ich mich zum Goa´uld machen?“
„Sam bitte, lass mich diejenige sein, die dir das erklärt“, ergriff Indila, die bisher beharrlich geschwiegen hatte, das Wort und holte tief Luft, bevor sie begann.
„Zuerst solltest du wissen, dass wir nicht viel Zeit haben nachzudenken. Ishtar erwartet Gestianna in spätestens sechs Tagen zurück. Wenn wir nicht pünktlich dort eintreffen, wird sie wegen der neuen Wirtin misstrauisch sein. Du musst dich also bis morgen entscheiden! Während unserer fünftägigen Reise wird Anise die notwendigen Veränderungen vornehmen, das heißt, den Naquadahgehalt in deinem Blut ausreichend angleichen, deine Stimme modifizieren und für das passende Blitzen deiner Augen sorgen. Ich verspreche, das ist alles ausreichend erforscht und sicher. Das Teltak, von dem im Übrigen bis jetzt niemand außer uns weiß, wird ohne weiteres die Schutzschilde passieren dürfen und wir erklären Ishtar, dass die Tauri auf der Rückreise versucht haben, unser Schiff zu erobern, wobei Gestiannas Wirtin tödlich verletzt wurde und sie dich stattdessen nahm. Ishtar wird hocherfreut sein, denn sie muss glauben, es bedeutet den freien Zugang zu dem Wissen in deinem Kopf, während wir sie stattdessen mit falschen Informationen versorgen und uns in Ruhe damit befassen können hinter die Funktionsweise von Gestiannas Technologien zu kommen, um sie außer Kraft zu setzen. Du musst nur für ein paar Wochen glaubhaft den Goa´uld spielen. Gestiannas erster Primus Ferim und seine Schwester Crytal, eine hohe Priesterin im Tempel, stehen bereits auf unserer Seite, das dürfte unser Vorhaben wesentlich erleichtern.“
Indila verstummte und es wurde still. Sam sah, wie schwer es der jungen Frau fiel auszusprechen, was sie zu sagen hatte. Es bedurfte keiner hellseherischen Fähigkeiten, um zu wissen, dass es dabei um ihr beider Schicksal ging, als ihre leuchtend grünen Augen sie in die ihren bohrten.
„Ich will dir nichts vormachen. Niemand kann garantieren, dass wir zwei diesen Planeten lebend verlassen. Womöglich sterben wir dabei, diesen Irrsinn zu beenden, aber das hier ist eine einmalige Chance, die so nie wiederkommen wird. Wenn wir jetzt nicht zuschlagen, werden Ishtar und Anubis schon bald mit einer gemeinsamen Armee Supersoldaten aufbrechen, um die Erde zu erobern und mit denselben Technologien zu versklaven, die sie und Gestianna auch schon bei der Bevölkerung auf Uruk anwenden. Nichts kann sie dann noch aufhalten, die Macht über die ganze Galaxie an sich zu reißen.“
Die Verzweiflung, die Sam auch in ihrem Gespräch zuvor gespürt hatte, spiegelte sich deutlich in Indilas Stimme wider, doch noch immer schwankte sie zwischen dem Verrat, den sie dafür begehen musste und der bisher stets unumstößlichen Loyalität ihrem Team gegenüber. Die Frage, weshalb die Tok´ra diese offensichtliche Lüge für nötig hielten, spukte weiter in ihrem Kopf herum und verlangte nun umso dringlicher gestellt zu werden.
„Warum ich allein? Warum diese Lüge? Was wollt ihr General Hammond und Colonel O`Neill erzählen? Dass ich einen kleinen, mehrwöchigen Tok´ra Betriebsausflug mitmachen möchte oder wie habt ihr euch das vorgestellt?“, fragte sie mit einer guten Portion Sarkasmus und wandte sich dabei direkt an Garshaw, die ihrerseits kein Blatt vor den Mund nahm.
„Versteh mich nicht falsch, Major. Ich bewundere euren Zusammenhalt … wirklich. Aber je mehr Personen eingeweiht sind, desto größer ist die Gefahr, dass ihr beide verraten oder gar enttarnt werdet. Leider gibt es unter den Menschen der Erde zu viele verschiedene Interessen und die letzten Jahre haben oft genug bewiesen, dass ihr die gefährlichen Strömungen in euren eigenen Reihen nicht unter Kontrolle habt. Ich weiß …“, hob Garshaw beinah warnend die Hand, als sie sah, dass die junge Frau vor ihr zu einem lautstarken Argument ausholen wollte, legte verständnisvoll ihre Hände ums Sams Schultern und sah sie dabei fast wie eine überbesorgte Mutter an.
„… dass alle Mitglieder deines Teams absolut zuverlässig sind und ich würde sowohl Colonel O`Neill, als auch Dr. Jackson und Teal´c ohne weiteres mein Leben anvertrauen, aber erstens ließen sie dich niemals allein gehen, wenn sie wüssten, was wir wirklich vorhaben und wie hoch das Risiko für dich ist, und zweitens, was noch viel gravierender ist, wir wissen von Indila, dass es bereits Kontakte zwischen Ishtar, Anubis und den abtrünnigen Mächten der Erde gibt. Da wir nicht wissen, wer diese Leute sind und wo genau sie sitzen, ist es besser, dass das gesamte Stargatecenter an unsere Geschichte glaubt. Nur so können wir sicher sein, dass ihr beide nicht verraten werdet. Alle sollen denken, Gestianna lebt und wir schleusen dich für ein paar Tage zusammen mit Indila als menschliche Sklavin auf ihr Teltak ein. Wenn du danach als neue Wirtin auf Uruk eintriffst und diese Information bis zur Erde vordringen sollte, werden alle im Stargatecenter, aber eben auch die Verräter unter euch glauben, dass unser Plan gescheitert ist. Nur auf diese Weise können wir alle täuschen und ihr zwei weiter unbehelligt agieren. Bitte versteh das, Major Carter. Es ist besser, wenn sie die Wahrheit nicht erfahren. Nur wir Anwesenden hier wissen davon und so muss es auch bleiben.“
Das Ganze klang wirklich einleuchtend und Sam verstand durchaus den Konflikt, in dem Garshaw steckte, auch wenn ihr Kopf gerade nicht müde wurde nachzudenken, von welchen verräterischen Mächten sie da gesprochen hatte. Der NID? Kinsey oder Simmons? Oder Jemand von dem sie bis jetzt noch nichts wussten?
Noch immer konnte sie sich nicht vorstellen, wie sie ihren Freunden und ihrer Familie diesen furchtbaren Verrat antun sollte, denn nichts Anderes wurde von ihr verlangt. Sie würde ihnen ins Gesicht lügen müssen, würde riskieren müssen, deren Vertrauen für immer zu verlieren und mit ihm alles, wofür das sie so hart gearbeitet hatte, doch die Vorstellung, einmal nur das zu tun, was ihr Gewissen und ihre tiefe ureigene Stimme von in ihr verlangte, weckte ein Gefühl von Euphorie, das sie noch nie zuvor gespürt hatte. Im Prinzip war die Entscheidung längst getroffen, ganz gleich welche Konsequenzen deshalb am Ende auf sie warteten, ganz gleich, ob sie überleben oder sterben würde. Das erste Mal in ihrem Leben waren es keine Regeln, die ihren Weg bestimmten, sondern nur sie selbst … und das Schicksal.
„Das ist so verrückt, dass es schon fast wieder genial ist“, warf sie seufzend ihre Hände in die Luft. „Nur damit ich das richtig verstehe. Hammond soll einer angeblich harmlosen Undercover Mission zustimmen, die dann nach außen hin aus dem Ruder läuft und ich zur Wirtin gemacht werde, während nur wir wissen, dass es eigentlich ganz anders ist?“
Garshaw nickte nur und wartete auf eine Reaktion. Sam schwankte zwischen Lachen und Weinen, zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Diese Herausforderung erweckte ihre verkümmerte Seele wieder zum Leben, entflammte eine ungeahnte Leidenschaft und mit ihr die Hoffnung, ihrem tristen Dasein einen neuen Sinn zu geben. Die Tonnenschwere Last, die seit Wochen auf ihrem Herzen lag, verflog wie eine Feder im Wind. Sie fühlte sich lebendig wie nie zuvor, fühlte sich, als rauschte die Euphorie wie eine Droge durch ihre verschlafenen Adern. Ein überschäumendes Gefühl von Freiheit nahm ihren ganzen Körper in Besitz, löste die Fesseln, die ihren Willen solange gefangen gehalten hatten und trug sie mit weiten Schwingen hinweg über ihre selbsterschaffenen Mauern aus Ehre und Pflicht. Irgendwie war es doch Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet Major Samantha Carter, das Musterbeispiel an Regelkonformität und Loyalität sich entschieden hatte, alles, was ihr bis dato heilig war, mit Füßen zu treten, denn zugegeben, dies war weiß Gott keine ihrer sorgfältig durchdachten, bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Entscheidungen. Hier ging es nicht mehr um ihren Dad oder Jack oder ihre Freunde und noch viel weniger ging es um ihre Karriere oder die Air Force. Diesmal ging es einzig und allein um Sam Carter. Niemand würde sie jetzt noch abhalten können und ihre Stimme strotzte nur so vor wilder Entschlossenheit.
„Ich werde es tun“, trat sie mit neugewonnenem Mut aus dem langen Schatten ihrer ehrgeizigen Ziele, hinter denen sie sich schon viel zu lang versteckt hatte.
„Und was ist, wenn General Hammond oder Colonel O`Neill es dir verbieten? “, entgegnete Garshaw mit verschränkten Armen und einem Blick, der verriet, dass sie noch nicht vollends davon überzeugt war, dass die junge Frau ihr Vorhaben wirklich durchziehen wollte. Sam ließ die Frage und auch die daraus resultierenden Folgen einen Augenblick auf sich wirken, bevor sie hörbar einatmete und die Worte, von denen sie stets geglaubt hatte, eher daran zu ersticken, als sie jemals laut auszusprechen, mit ungeahnter Selbstverständlichkeit von ihren Lippen rutschten. Diese einsam getroffene Entscheidung war ganz und gar die Ihre, in keiner Weise getragen von Pflichtgefühl oder Ehrgeiz, Befehlen oder Gehorsam, sondern einzig und allein von ihrem Gewissen und der Stimme ihres Herzens.
„Dann werde ich es ohne die Zustimmung meiner Vorgesetzten tun! Mein Entschluss steht fest ….“