Titel: Unverhofft
Serie: SGA
Rating: PG-13, Slash
Pairing: McKay/Sheppard
A/N: Dieser kleine Oneshot ist möglicherweise mein letzter McShep-Schnipsel ever. Nach etwas mehr als sieben Jahren bin ich meinem OTP im letzten Sommer tatsächlich untreu geworden – und habe nicht einmal ein schlechtes Gewissen. Dennoch sollte man sich nach so langer Zeit wenigstens in angemessener Weise verabschieden. Was ich hiermit tue.
Disclaimer: Stargate Atlantis und alle zugehörigen Charaktere sind Eigentum von MGM und Co.
* * * *
Wow. John konnte es nicht fassen. Warum sah er diese Dinge bloß nie kommen? Gerade waren Rodney und er noch vollauf damit beschäftigt gewesen, den bislang eher trostlosen Tag mithilfe gegenseitiger Beleidigungen über die Bierbraukünste ihrer Heimatländer aufzuwerten – und dann DAS! Mitten in ihrem kleinen Wortwechsel hatte Rodney plötzlich einen Schritt auf ihn zu gemacht und ihn einfach … geküsst. Anders konnte man es wohl nicht nennen. Es war zwar kein besonders extravaganter Kuss gewesen – im Grunde nur ein kurzes, vielleicht ein oder zwei Sekunden dauerndes Aufeinanderpressen von Lippen – aber trotzdem. John musste zugeben, dass er reichlich überrascht war.
Und scheinbar ging es Rodney da ganz ähnlich, wenn man die weit aufgerissenen Augen und den schockierten Gesichtsausdruck des Wissenschaftlers zugrunde legte.
„O mein Gott, das … das war ein riesiger Fehler … es tut mir … ganz ehrlich … ich weiß nicht, wie ich … können wir … können wir bitte einfach so tun, als ob das nie passiert wäre?“
Huh. Also das war doch wohl … Okay. Vermutlich eine ziemlich gute Idee. Schließlich war Rodney sein bester Freund und beste Freunde konnte man nicht einfach so küssen. Das wusste doch nun wirklich jeder.
„Sicher.“ John zuckte mit den Schultern. „Kein Problem.“
Dann wurde ihm klar, was für ein unglaublicher Idiot er doch war. Das war sie gewesen, DIE Gelegenheit. Rodney McKay, der Mann, für den er schon immer eine gewisse Art von … nun ja … eine gewisse Schwäche gehabt hatte, hatte ihn tatsächlich gerade geküsst und er – ER! – hatte nicht zurückgeküsst! Was natürlich einzig und allein Rodneys Schuld war, denn mit seiner überfallartigen Kuss-Attacke à la Laura Cadman hatte er John dermaßen überrumpelt, dass ein Reagieren völlig unmöglich gewesen war.
Verdammt! Jetzt würde ihm von diesem denkwürdigen Augenblick nichts weiter bleiben als eine flüchtige Erinnerung.
Es sei denn …
Plötzlich kam John eine Idee. Er überlegte kurz und versuchte es dann so beiläufig wie möglich klingen zu lassen, als er verkündete: „Vorausgesetzt, du nimmst den Kuss zurück.“
Wie auf Knopfdruck wechselte Rodneys Miene von erleichtert zu irritiert. „Ich soll was?“
John bestätigte: „Den Kuss zurücknehmen. Wenn wir die ganze Sache vergessen wollen, kann ich ihn doch unmöglich behalten.“ Leider wirkte Rodney von diesem Argument alles andere als überzeugt – was John nur eine Wahl ließ. Er musste handeln, bevor es zu spät war. „Weißt du was? Am besten, ich gebe ihn dir einfach zurück.“
Noch bevor der Kanadier irgendeinen klugen Einwand vorbringen konnte, hatte John den halben Meter Distanz zwischen ihnen bereits überwunden und setzte seinen Plan in die Tat um. Er schob seine rechte Hand in Rodneys Nacken und vereinigte seine Lippen behutsam mit denen seines Gegenübers. Es war ein sanfter Kuss, der vermutlich mehr preisgab, als John lieb war. Dennoch ließ er es sich nicht nehmen, diesen kurzen Moment voll und ganz auszukosten, ehe er die Lippen seines besten Freundes wieder freigab.
Es dauerte genau fünf Sekunden, bis die aufkeimende Euphorie, die er während des Kusses verspürt hatte, gänzlich verflogen war und sich stattdessen ein flaues Gefühl in seinem Magen breit machte. Rodney stand da wie vom Blitz getroffen und starrte ihn sprachlos an – eine Reaktion, die John unter normalen Umständen vermutlich mit einiger Genugtuung erfüllt hätte. Doch die Tatsache, dass er zum ersten Mal, seit sie sich kannten, nicht die geringste Ahnung hatte, was in Rodney vorging oder wie er sein Verhalten deuten sollte, bereitete ihm ernsthaft Sorge. Was, wenn er zu weit gegangen war?
Gerade als John das immer unangenehmer werdende Schweigen mit einem ''Damit sind wir dann wohl quitt'' beenden wollte, fand Rodney plötzlich seine Sprache wieder und kam ihm zuvor.
„Das …“, er räusperte sich, „das war er nicht. Ich meine, der Kuss. Das war nicht der Kuss, den du von mir hattest. Das war … definitiv ein anderer.“ Er streckte sein Kinn ein Stück nach vorn und richtete seinen Blick auf einen Punkt irgendwo über Johns linker Schulter. „Und ich bestehe darauf, dass ich meinen Kuss zurückbekomme.“
Wie bitte? Rodney bestand darauf, dass er … Oh.
OH!!!
„Na ja, das …“, John hielt kurz inne und fing dann langsam an zu nicken, „das ist dein gutes Recht.“
Er war sich zwar nicht ganz sicher, was Rodney dazu bewogen hatte, den Spieß umzudrehen und einen weiteren Kuss einzufordern, aber John war gerne bereit, das Spiel mitzuspielen. Also ließ er sich nicht lange bitten.
Als er den Kanadier dieses Mal küsste, empfingen ihn weiche, leicht geöffnete Lippen, die keinen Zweifel daran ließen, dass der Kuss willkommen war, und von einem anfangs noch sanften Aufeinandertreffen schnell zu etwas sehr viel Intensiverem führten. John musste gestehen, dass – so sehr er Wortgefechte mit Rodney auch liebte – ihm die nonverbale Kommunikation, die gerade zwischen ihnen stattfand, noch weitaus besser gefiel. Und je länger der intime Kontakt dauerte, desto überzeugter war er davon, dass Rodney und er sich in diesem Punkt durchaus einig waren.
Irgendwann wurde es Zeit, den Kuss zu beenden, und nachdem er genau das getan hatte, trat John einen kleinen Schritt zurück und blickte sein Gegenüber gespannt an. Rodney sah ein wenig erhitzt aus und – Himmel, diese leicht geröteten Wangen und der etwas orientierungslose Blick standen ihm wirklich verdammt gut.
Es dauerte ein paar Sekunden, bevor Rodney schließlich den Kopf schüttelte und etwas atemlos erklärte: „Nein, das war er auch nicht. Tut mir Leid.“
Noch während er diese Worte aussprach, konnte John spüren, wie sich ein Lächeln auf seine Lippen stahl. Bingo! So nonchalant wie eben möglich fragte er: „Und der hier?“, ehe er den Wissenschaftler ohne große Umschweife ein weiteres Mal küsste.
Um diesen insgesamt bereits vierten Kuss ein wenig interessanter zu gestalten, ließ er seine Zungenspitze langsam über Rodneys Unterlippe wandern und zog dann spielerisch mit seinen Zähnen daran, bis sie ihm entglitt. Rodneys Atmung geriet während dieses kleinen Manövers etwas ins Stocken, doch letztlich fing er sich wieder und schüttelte erneut den Kopf.
„Nein, der auch nicht. Definitiv.“
John rang mit einem ausgewachsenen Grinsen, das an seinen Mundwinkeln zerrte, und nickte. „Dann sollten wir wohl weitersuchen.“
Genau in diesem Moment vollführte sein Gehirn einen Gedankensprung hin zu warmer, entblößter Haut und langsam darübergleitenden Händen. Ein, wie er zugeben musste, äußerst reizvoller Gedanke. John rieb sich mit der rechten Hand den Nacken und traf eine Entscheidung.
„Könnte eine Weile dauern. Vielleicht sollten wir…“, er sah zu der kleinen Ledercouch, die seit kurzem in seinem Quartier stand, „es uns ein bisschen bequemer machen.“
Rodney folgte seinem Blick und antwortete mit einem enthusiastischen Nicken. „O ja, das … das ist eine hervorragende Idee!“
John konnte nur hoffen, dass er damit Recht behielt. Denn obwohl bis zum heutigen Tage kein einziger seiner Pläne den Punkt „Mit Rodney McKay rummachen“ beinhaltet hatte, wurde genau diese Vorstellung plötzlich von Minute zu Minute verlockender.
Soweit es John betraf, konnte die Suche nach Rodneys verlorenem Kuss also gerne noch die ganze Nacht lang dauern.
Oder auch sehr viel länger.
- Ende -