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Thema: [Sherlock] Das letzte Problem

  1. #21
    First Lieutenant Avatar von sethos
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    „Ich haben Ihnen also bei Ihrer Arbeit zugesehen, Sherlock“, fuhr Norton ungerührt weiter fort und sein freches Grinsen fraß sich dabei auf seinem Gesicht fest.
    „Und noch so vieles lernen können. Obwohl, wozu muss ich lernen, wenn ich ja sowieso alles haben kann, nicht wahr? Aber es hat so viel Spaß gemacht, zu beobachten wie ihr beide die ganze Zeit umeinander herum geschlichen seid, wie ihr euch gegenseitig bespitzelt und nur darauf gelauert habt, dass der andere sich eine Blöße gibt. Wie Ihr eure Fallen aufbautet und euch versuchtet hinein zu locken, oder dem anderen irgendeine verräterische Reaktion abzugewinnen.“

    Er warf den Kopf in den Nacken und lachte wiehernd. Nervenzerrend hallte es von den kahlen Zimmerwänden zurück. Dann hockte er sich provozierend zu Sherlock hinunter und brachte sich mit ihm direkt auf Augenhöhe.
    „Sie haben all diese Organisationen zerschlagen Sherlock, Sie haben Verbrechersyndikate und Terrornetzwerke ins Wanken gebracht und als das alles nichts nutzte, Irene zu einem Vorgehen gegen Ihr Tun zu bewegen, gleich auch noch mit all diesen verdammten Banken und Regierungsverstrickungen aufgeräumt. Könnte jetzt für eine gewisse Zeit eine schöne neue Welt geben. Das ganze korrupte Zeug ist weg und die anderen müssen aufpassen wo sie hintreten. Denke für eine Weile traut sich keiner mehr so recht, sich erwischen zu lassen. Jeder wird jeden mit Samthandschuhen anfassen und sogar Washington eine ganze Weile versuchen, sich mal nicht einzumischen. Schöne nette Welt könnte das werden, haben Sie gedacht und die ganze Zeit gehofft, Irene würde versuchen, Sie aufzuhalten. Sie waren so sehr fasziniert von Ihrem Tun, lieber Sherlock, dass Ihnen nicht ein einziges Mal die Idee kam, dass Sie womöglich die Falsche verdächtigten. Aber Sie waren ja nicht alleine mit dieser Fehleinschätzung, denn unserer Schönen, ging es genauso.“

    Wider machte Norton mit seinem Revolver eine liebkosende Handbewegung in Irenes Richtung, ohne ihre Wange jedoch direkt zu berühren, während sein herausfordernder Blick weiterhin Sherlocks Augen festhielten.
    „Sie hat Ihnen die ganze Zeit verwundert zugesehen und sich gefragt, wie weit Sie noch gehen wollen, wann Sie sich, oder möglicherweise doch Mycroft, endlich offenbaren. Und dann kam Ihnen beiden die einzige Idee, die noch machbar war. Wer hatte sie zuerst, Sie, Sherlock?“

    Selbstzufriedener Spott lag in Nortons Stimme und er richtete sich wieder zu seiner überlegenen Größe auf.
    „Ja, ich denke Sie. Sie erkannten, dass es bei der ganzen Sache eine winzig kleine Schwachstelle gibt. Die Schwachstelle, dass es am Anfang eines solchen Projektes immer noch jemanden gibt, der Bescheid weiss. Das auch ein Genie darauf angewiesen ist erst in das Rennen eingebracht zu werden. Es musste irgendwo noch einen Mitwisser geben, der um die Identität des Ideengebers wusste.
    Jimmy war tot, er konnte nicht mehr gefährlich werden, also blieb nur noch der Initiator des Projektes, der, der zu dumm war es selber tun zu können und der daher jemanden an entsprechender Stelle platzieren musste. Sie wussten, Sherlock, das Irene eine Geheimagentin war und Sie haben daher geglaubt, dass Moran sie damals bewusst auf Sie ansetzte, um ihr damit die richtige Position zu verschaffen. Und Irene dachte genau das gleiche über Sie. Keiner kam auf die Idee, dass Morans Mann, ihr Puppenspieler, ihr Superhirn oder Professor wie es ihr Codename war, ein simpler doofer Scharfschütze ist, ein Versager, den man aus dem Corp warf und der mitleidheischend bei einem der Spürhunde unterkroch, die doch gegenseitig längst glaubten ihn gefunden zu haben. Die ganze Zeit hatte ich auf diese Weise Sie beide unter Kontrolle und jeder hielt mich für einen harmlosen dummen Welpen.“

    „Aber in dem Moment, als die Jagd auf Moran eröffnet wurde, brach ihr Schutz zusammen.“, warf Sherlock ungerührt von Nortons Provokation ein und seine Augen folgten dem Blick des Kontrahenten.
    „Moran ist ein alter Haudegen und er lässt sich nicht zum Sündenbock machen, wenn er sich irgendwie herauswinden kann. Er hätte irgendwann geredet. Jim Moriarty wusste Bescheid, aber er war tot. Übrig blieb nur noch Moran. Das war der einzige Fehler, der Ihnen bei der ganzen Sache unterlaufen ist, dass Sie ihn nie eliminiert haben. Warum ist mir nicht ganz klar. Wahrscheinlich glaubten Sie, seine Immunität wäre absolut undurchbrechbar und er sei unantastbar oder aber Sie fürchteten, dass ein Tötungsakt doch zu auffällig gewesen wäre. Washington hätte aufgehorcht, erneut Ermittlungen gestartet und das Spiel, welches Sie mit uns trieben, wäre dadurch zunichte gemacht worden. Sie hatten wirklichen Spaß daran und Sie haben beschlossen, es solange wie irgend möglich hinaus zu zögen. Bis heute... und dann patzten Sie erneut.“

    „Ja, ich dachte, ich könnte irgendwie schnell genug sein und Moran vor Ihnen erwischen. Aber Sie haben mir das Motorrad abgeknöpft und Mycroft und unsere Süße hier bestanden darauf, mich direkt zum Flughafen mitzunehmen. Alle Ausreden nutzten nichts, ich musste erst einmal mit, wollte ich nicht zu sehr auffallen. Die Zeit lief mir davon. Tja, auch Genies machen Fehler im Detail, wie wir ja hier gerade sehen.“ Zufrieden fächerte er mit dem Revolver über die drei Köpfe seiner Opfer hinweg. „Ist es nicht erstaunlich, wie große Pläne an so kleinen alltäglichen Patzern zerbrechen? Wenn Moran Ihnen gegenüber auspacken würde, gab es nur noch eine Option für mich.“

    „Ihre eiserne Disziplin aufzugeben, sich im Hintergrund zu halten und direkt einzugreifen.“, nickte Sherlock.

    „Genau. Ich dachte mir, dass das hier Ihre Falle ist, Ihre Falle für Irene.“

    „Aber was, wenn wir früher dahinter gekommen wären? Wenn wir beide diese Falle hier gemeinschaftlich abgekartet hätten? Das Risiko hierbei zu sterben, war doch mehr als gegeben.“

    Norton lachte zynisch. „Sie glauben mir wohl noch immer nicht so richtig, Sherlock. Selbsternannter Meister der Deduktion. Sie wunderbares Genie. Ich mache Fehler, aber glauben Sie wirklich, dass ich solch dumme Fehler mache?“

    „Ahhh, ich verstehe.“, Sherlock schien die Sache wirklich als eine besondere intellektuelle Herausforderung zu betrachten. „Sie haben in Ihren Code einen Sicherheitsmechanismus eingebaut, einen Countdown, eine Schaltuhr oder dergleichen. Und Sie haben sie aktiviert, bevor Sie hierher kamen.“

    „Ganz genau. Wenn ich sterbe, wenn also einer von Ihnen hier versuchen möchte, mich zu überlisten oder gar umzulegen...na, irgendjemand Interesse?“ Er hob die Hand mit dem Revolver, die Bedrohung seiner Opfer kurz unterbrechend und drehte sich herausfordernd wie ein Bühnengeck. „Nur zu...dann gehen meine Schläferzellen innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden von alleine los. Dann nehme ich Sie und alles anderen mit. Sie siegen, aber es wird ein Pyrrhussieg werden, völlig sinnlos.“

    Nortons Augen hielten Sherlocks Gesicht unter angespannter Beobachtung, doch als die gewünschte Reaktion darauf ausblieb, schniefte er enttäuscht. Doch plötzlich, schien sich ein diabolischer Einfall seiner zu bemächtigen und erregt kniete er sich zu seinem Gegner hinunter und streckte Sherlock, mit vor Anspannung weit aufgerissenen Pupillen, den Revolver auf der flachen Hand entgegen.
    „Hier nehmen Sie! Erschiessen Sie mich! Das ist es doch was Sie jetzt fühlen, was Sie jetzt wollen? Erledigen Sie das Problem, Ihr Problem. Das letzte Problem...“

    Nortons Gesicht kroch dicht zu dem Sherlocks heran. „Nehmen Sie!", zischte er verführerisch. „Eine einzige Kugel nur... retten Sie sich, retten Sie ihre Freunde! Was schert Sie alles andere?“

    John und Irene starrten entsetzt zu den beiden Kontrahenten hinüber und John bemerkte das angespannte Zittern, dass durch Sherlocks Gestalt floß. Seine Nasenflügel bebten kurz, doch seine Augen begegneten weiterhin völlig ruhig denen des Teufels.

    Nortons Blick überflog suchend Sherlocks Gesicht.
    „Nein? Kein Interesse? Wie schade.“
    Er richtete sich mit einem resegnierten Schulterzucken wieder auf und brachte die Waffe erneut zum Anschlag.
    „Sie könnten natürlich auch noch versuchen, mich zu überwältigen und dann die Sache aus mir herauspressen...“

    „Aber Sie sind der Meinung, dass niemand, auch nicht die stärkste Folter, Sie zu brechen vermag.“, vollendete Sherlock den Satz.

    „Oh“, Norton grinste zynisch. „Zuviel der Ehre, nein, nein, ich bin schwach. Das könnte ich nicht, das wollte ich gar nicht. Ich bitte Sie, wozu so etwas? Um dann irgendwo, mit gebrochenen Knochen, meinen hasserfüllten Lebensabend zu verbringen? Nein, nein. Es hat keinen Zweck. Wissen Sie, ich kennen den Code selber nicht. Viel zu kompliziert um ihn sich merken zu können. Keine Chance. Keine Folter und keine Hypnosetechnik der Welt kommen da ran. Nicht ihre wundervollen Denkleistungen und Codeknackerfähigkeiten, Mr. Holmes...“, er verneigte sich schwungvoll Richtung Sherlock „Und auch nicht die Kombination...“ er lächelte provokant zu Irene hinüber, „... mit Ihren besonderen Fähigkeiten...“ , Er beugte sich erneut zu ihr hinunter und flüsterte schmeichelnd. „Schade nicht wahr, mein Täubchen? Das mit uns beiden hätte was werden können, wenn Sie nicht die ganze Zeit mit dem falschen Genie beschäftigt gewesen wären. Wissen Sie“, er bückte sich direkt an ihr Ohr. „Hat mir wirklich ein wenig wehgetan, dass ich so gar nicht Ihr Interesse fand. Ich hatte soviel Geduld mit Ihnen. Aber was ja nicht ist, kann ja noch werden....“ Er lachte ihr frech ins Gesicht. „Sie können ja versuchen mich noch zu becircen. Möglicherweise verschone ich dann unseren guten Meisterdetektiv hier...Oooder“ dehnte er genüsslich das Wort und seine Augen fixierten sie lauernd, „Wenn Sie umgekehrt mehr Spaß daran haben....“ Er riss den Revolver hoch und drückte ihn direkt an Sherlocks Kopf.

    „Nein!“ Irene federte auf.
    Geändert von sethos (19.10.2012 um 11:08 Uhr)

  2. #22
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    „Oh, oh!“, Norton nickte zufrieden. „Das ist es was ich sehen wollte. Doch mehr als nur spielerisches Interesse? Oder können Sie einfach nur kein Blut ertragen? Ist es nicht eigentlich Ihre eingeschworene Prämisse über den Dingen zu stehen, nicht die Kontrolle zu verlieren? Hat unser Raubkätzchen etwa doch ein wenig zu viel Spaß in das Spiel mit ihrer Beute investiert? Das gerade eben, meine Liebe, erschien mir eindeutig sehr unprofessionell. Nehmen Sie sich mehr an mir ein Beispiel.“

    Sein Revolver schwenkte wütend von Sherlocks Kopf zu Irene zurück.
    „Runter!“ ,zischte er mit gefährlichem hasserfülltem Funkeln in den Augen. Nortons Finger zitterten kaum merklich und verkrampften sich dann noch fester um die Waffe.
    Irene gehorchte und kniete langsam in den Dreck zurück. Ihre Hände glitten resigniert wieder hinter ihrem Kopf zusammen.

    „Tja, wie gesagt“, schnauzte Norton, trotz seiner ursprünglich gegenteiligen Behauptung, aufgrund ihrer gezeigten Reaktion deutlich gereizt, „auch was unsere hübsche Tigerin betrifft habe ich Vorsichtsmassnahmen getroffen. Schliesslich wollte ich genau das hier als krönenden Abschluss mit Ihnen beiden genießen. Das Ganze war mir ein wenig Gefahr wert. Sie beide zu erleben und zu sehen, wie schwach Sie doch sind, wenn Sie erkennen müssen, dass Ihnen all Ihre grandiosen Fähigkeiten nichts helfen werden, selbst nicht, wenn Sie mich jetzt überwältigen könnten.
    Ich denke, Mr Holmes wird nun der Meinung sein, dass ich die Sache irgendwo deponiert habe, oder irgendwo aufgeschrieben bei mir trage. Guter Gedanke, Sherlock“, stolz drehte er sich wieder zu diesem zurück. „Wie Sie sehen, kann ich auch ein wenig deduzieren – sogar Ihre Gedanken vermag ich zu deduzieren, sagen Sie mir nun, warum Sie mit diesem Gedanken falsch liegen....“

    „Weil Sie sich, wie Sie eben feststellten, nicht nur gegen mich, sondern auch gegen Irene schützen müssen.“

    „Und...“

    „Und Sie würde, wenn es um einem solch hohen Einsatz geht, versuchen an alles in Ihrem Besitz heranzukommen.“

    „Schade nicht wahr? Schade zu wissen, dass unser Täubchen hier so schnell ihre Loyalität zu wechseln vermag. Sie wussten das längst Sherlock, aber es macht mir doch Freude Ihnen jetzt, beim finden dieser Erkenntnis, direkt ins Gesicht zu sehen. Schliesslich verwehrte mir doch Ihre Existenz die ganze Zeit das Amüsement mit unserer Hübschen. Aber nun ist der Weg frei. Sie ist sooo gut. Und ich würde mich bestimmt innerhalb von wenigen Tagen um Kopf und Kragen reden, ihr aus der Hand fressen und ihr nachlaufen wie ein braver Dackel. An jeden Fetzen von mir würde unsere wundervolle Miss Adler kommen, wenn sie nur mit voller Hingabe spielen wollte, ja meine Liebe...“ Er beugte sich wieder begehrlich zu ihr herab. „Sie sind eine ebenso große Meisterin auf Ihrem Gebiet, wie er auf dem seinen. Niemand, wirklich niemand, würde Ihnen widerstehen...“
    Er rutschte immer näher zu ihrem Ohr und seine Lippen streiften auf widerlich feuchte Weise kurz über ihre Wange. Sie hielt mit eiserner Disziplin stand.
    „Kein Mann“, hauchte er zufrieden. „Niemanden, den Sie mit Ihrem Einsatz nicht um seinen Verstand bringen würden...Sie, meine Schöne, gehen unter die Haut, wissen Sie das?“

    Nortons provokativer Blick wanderte abschätzend zu Sherlock hinüber und er genoss seine Macht über seine Opfer zunehmend.
    „Tut mir leid, Sherlock, aber ich muss mir jetzt leider ein neues Püppchen suchen, da sie mir ja meine altes einfach so kaputt gemacht haben. Der arme Jim, er war mein Lebenswerk. Ich war so stolz auf ihn. Und dann kommen Sie daher und zerstören alles einfach so. Sie müssen doch verstehen, dass ich nun Jim etwas schulde. Er wollte Ihnen das Herz aus der Brust brennen, das Herz, von dem Sie sosehr überzeugt waren, das Sie es nicht besitzen. Aber wir wissen ja nun beide, dass es für nichts eine Sicherheitsgarantie gibt.“

    Nortons eben noch frivole Stimme gefror zur Eiseskälte, ansetzend zum qualvollen Todesstoß der seinen Gegner endgültig vernichten würde.

    „Jeder Code kann geknackt werden, selbst der Ihre, Sherlock. Es war dafür nichts weiter nötig, als Ihnen Ihr altes Leben zu nehmen. Ihr Leben, Ihre Arbeit und Ihre Freunde. All das, an dem Ihnen doch so viel lag, an dem Sie so sklavisch hingen. Um Ihnen dann dafür etwas Neues zu bescheren, etwas vor dem Sie sich sosehr fürchteten. Emotionen. Ich brauchte nur die richtige Frau finden, für die es sich lohnt zu lieben, und selbst ein Mann wie Sie würde nur schwerlich widerstehen können. Sehen Sie sich doch nur an? Sie sind nur noch ein gehetzter Schatten ihrer einstigen angeberischen Größe. Sagen Sie mir, was hat Sie mehr vernichtet? Der Verlust Ihres Lebens, oder der, in all diesen Monaten, ständig an Ihnen nagende Zweifel, dass sie Sie hintergeht?“

    Nortons Gestalt strafte sich triumphierend, grinsend kostete er seinen Sieg aus. Hier und jetzt war die Welt endlich für ihn in Ordnung. Sein größter Gegner, dieser arrogante nie um Wiederworte verlegende Angeber, kniete vor ihm im Dreck und ertrug schweigend, wie seine Seele stückchenweise zerbrochen und verbrannt wurde.
    Moriarty war zuerst nichts weiter als ein lohnendes Projekt gewesen, doch mit jeder Aktion mit der er sich Sherlock genähert und ihn immer mehr verstehen gelernt hatte, hatte sich Norton Jim Moriartys Sichtweise zu eigen gemacht und den Hass auf Sherlock auch zu seinem tiefbefriedigenden Lebensinhalt werden lassen. Nur für einen großen Gegner lohnte sich ein solches Spiel, nur ein Gegner von einem solchen Format vermochte die eigene Anerkennung ins Unermessliche zu steigern. Nur so gelangte man zur wahren Größe. Eine Größe, die zwar nur dieser einzigartige Gegner anzuerkennen vermochte. Doch Norton war in solchen existentiellen Dingen nicht kleinlich. Der Beifall der Öffentlichkeit scherte ihn nicht. Doch die Eitelkeit, seinen Triumph auszukosten besass er durchaus. Jahre hatte er still im Verborgenen ausgeharrt, all seine Disziplin bewahrt, doch nun war endlich die Zeit angebrochen, sich selbst zu feiern. Jetzt endlich fühlte er sich lebendiger, vitaler als jemals zuvor. Die letzte Demütigung seines Gegners war vollendet. Übrig blieb nur noch, sich nun auch dessen Eigentum anzueignen. Die Dinge zu okkupieren, deren Verlust Sherlock vollends zerstören würde, um dann triumphierend zu geniessen, wie er daran zerbrach.
    Nortons Blick wanderte kurz zu John, darüber nachdenkend, ob es lohnend sein mochte ihn einfach zu erschiessen, um sich dann an Sherlocks sofortiger Verzweiflung zu weiden. Er rang kurz mit sich, dann ruhten seine Augen wieder auf Irene und ein wildes Kribbeln durchlief seinen Körper. Das mit John konnte warten. Möglicherweise ließ sich die Perfidität seines Triumphs noch ein ganz klein wenig kultivieren, bevor er zum brutalen Akt überging. Das Spiel mit der Frau mochte zunächst um einiges effektiver und wenn nicht, dann doch zumindest reizvoller sein.

    „Also wie war das noch einmal mit dem neuen Püppchen für mich?“ Norton grinste diabolisch, als Irene angewidert den Kopf wegdrehte. Die Finger ihrer erhobenen Hände verkrampften sich zitternd in ihrem Haarknoten. „Keine Angst mein Täubchen, ich habe dabei natürlich nicht vergessen, dass das eben angesprochene Misstrauen auf Gegenseitigkeit beruht. Aber Sie können mit so etwas doch bestimmt ganz wunderbar umgehen. Vielleicht schätzen Sie es ja sogar, irgendwann, als besonders reizvoll? Wir beide wären doch auf dieser Basis ein ganz hervorragendes Paar, oder?“

    Erneut beugte er sich provozierend vor, um dieses Mal ihre Lippen zu erreichen, doch im gleichen Augenblick stieß Irenes Hand von ihrem Hinterkopf herab und Sherlock sprang vor wie ein angreifender Tiger. Er schlug Norton die Waffe aus der Hand, bevor er zu einer abdrückenden Reaktion fähig war, während Irene geistesgegenwärtig auf die Füße und von ihm fortschnellte, Sherlock die Bahn für seinen Angriff freimachend.
    Doch Norton leistete keinen Widerstand. Krampfend und zuckend brach er unter Sherlocks Händen zusammen und krümmte sich spasmisch. Die lange silberziselierte Haarnadel* steckte tief im Muskel seines rechten Oberarmes.
    „Irene“, schrie Sherlock auf, „KO-Tropfen, oder was hast du verwendet?“

    Sie stürzte hinzu, zerrte die Haarnadel heraus und stiess eine zweite Kanüle aus ihrer Manteltasche neben die erste Einstichwunde. „KO-Tropfen? Zu unsicher. Er hätte noch abdrücken können. Batrachotoxin!“

    Sherlocks Augen weiteten sich. „Bist du wahnsinnig? Er verreckt uns. John!“, brüllte er. Doch Johns Erstarrung hatte sich bereit gelöst, noch bevor ihn Sherlocks Hilferuf erreichte. Sein ärztlicher Instinkt reagierte automatisch und schon fand er sich helfend neben Sherlock und Irene auf den Knien wider, die gemeinschaftlich versuchten den krampfenden Norton auf dem Boden festzuhalten.
    „Was war in der zweiten Injektion? Sagen Sie mir was er bekommen hat, sonst kann ich nichts Wirksames für ihn tun!“, forderte John.

    „Ich habe ihm ein Antiserum verabreicht.“ Irene wirkte trotzdem hektisch und deutlich unsicher. „Es muss jede Sekunden zu wirken beginnen.“

    „John!“, befahl Sherlock in Ermangelung anderer Alternativen. „Überwachen Sie seinen Puls, ich halte ihn fest damit er sich nicht zu sehr verletzt.“ Doch die Kräfte, des in schweren Anfällen tobenden, schmalen Mannes schienen die Sherlocks bei Weitem zu übersteigen. In wilden Konvulsionen wälzte sich Norton auf dem Boden, bäumte sich auf und fiel hart wieder zurück. Seine Hände waren zu Klauen verkrampft, die Lider flatterten, sein Mund würgte und an seinem angeschwollenen Hals traten die Adern blaupulsierend hervor.

    „Anaphylaktischer Schock“, stöhnte John hilflos. „Er reagiert auf das Antiserum allergisch.“

    „Er darf auf keinen Fall sterben“, schrie Sherlock und drückte erneut den kämpfenden Körper auf den Boden zurück. „John tun Sie irgendwas! Irene ein anderes Gegenmittel!“

    Irene schien genauso verzweifelt wie er. „Es gibt keins.“

    Nortons Körper verkrampfte sich in Agonie. Blutiger Schaum quoll aus seinen blauen Lippen, er keuchte nach Luft ringend, seine Augäpfel traten bedrohlich aus den Augenhöhlen. Dann fiel er schlagartig regungslos zurück.

    „Herzstillstand!“, brüllte John und begann sofort mit der Herzmassage. Als er sich zum aufgerissenen Mund vorwarf um Norton zu beatmen, rissen ihn Irene und Sherlock gemeinschaftlich fort.

    „Nein“, stiess Sherlock hervor. „Sind Sie wahnsinnig?“

    „Aber er stirbt!“

    „Und Sie mit ihm, wenn Sie an sein Blut kommen.“

    John starrte auf die kleinen roten Bläschen an Nortons Lippen und verstand. „Zu spät.“, stöhnte er. „Wir können nichts mehr machen.“

    Resigniert sanken sie alle drei neben dem Leichnam zusammen. John hob langsam, völlig automatisiert die Hand und drückte Nortons starre Augen zu. Frustriert atmete er schwer aus. Dann blickte er zu seinen beiden Gefährten hinüber. Irene sass da und schüttelte ungläubig den Kopf während ihre Augen verzweifelt umher huschten. All ihre sonstige Stärke und Überlegenheit schien auf einmal zerbröselt. Sherlock hatte sich von dem Geschehen um einige Meter entfernt. Mit zusammengeklapptem Körper hockte er unter dem offenen Fenster, die steil aufgefalteten Hände vor das aschgraue Gesicht geschlagen. Noch niemals zuvor hatte John ihn so verzweifelt, so zutiefst niedergeschmettert gesehen.
    Irenes flackernder Blick wanderte zu ihm hinüber und sie flüsterte hilflos erklärend. „Ich musste es doch tun, wer konnte den wissen dass... er hätte dich getötet, er hätte euch beide getötet.“

    Sherlock hob langsam den Kopf aus den Händen und für einen Augenblick wirkte er gebrochen. Seine grauen Augen waren bar jeden Glanzes. „Alles umsonst...all das umsonst!“

    Aber Irenes Verzweiflung war so ehrlich, das sie John tief ins Herz traf. „Sherlock, sie hat Recht, sie konnte nicht anders.“

    „John, Sie wissen nicht wovon Sie reden. Verstehen Sie nicht? Wir werden untergehen, alle! Mit Nortons Tod kommen wir an den Code nicht mehr heran. In Achtundvierzig Stunden ist alles vorbei.“

    Irene nickte bestätigend. Sie legte nun ihrerseits die zitternden Hände über ihre Augen und drückte Tränen zurück. Bei aller Stärke und Abgebrühtheit ihres Charakters war sie doch nicht immun gegen die Reaktionen einer Frau.

    „Aber“, protestierte John mit der trotzigen Wut eines normal gestrickten Verstandes, dem die Komplexität dieser ganzen Sache langsam an die Nieren ging. „Aber, er hat doch gesagt, dass er den Code irgendwo hat. Das er zu kompliziert ist, um ihn sich einfach zu merken. Vielleicht hat er ihn aufgeschrieben, oder...“

    Sherlocks und Irenes Kopf schnellten gleichzeitig in die Höhe. „John!“, schrie Sherlock auf. „John, Sie sind genial.“

    „Bin ich das?“

    „Ja, Sie haben Recht. Er muss es irgendwo hinterlassen haben. Wo? Verdammt, wo?“ Sherlock sprang auf und lief mit stürmischen Schritten durch das Zimmer.

    „In seinem Computer oder in seiner Wohnung.“, vermutete John.

    „Nein, das hatte er doch bereits ausgeschlossen.“ Sherlock schüttelte angewidert den Kopf, in seinem angestrengten Denkmodus sichtlich gestört. „Viel zu simpel, es muss raffiniert sein. Er sah sich als Künstler, als überlegen, als alles beherrschenden Geist. Irgendetwas absolut sicheres, wo niemand rankommt.“

    „Ein Tresor“, versuchte John es weiter.

    Irene mischte sich ein. „Nein, bei dem was hier auf dem Spiel steht, würden wir jede Sicherheitseinheit und jede Institution mobilisieren können. Nein, unmöglich. Ein Tresor, oder ein anderes geheimes Versteck ist nicht jederzeit erreichbar. Möglicherweise die Deponierung in einer Internetadresse, allerdings besteht auch dabei die Gefahr, dass wir, wenn wir erst einmal darauf aufmerksam geworden sind, danach suchen und bei dem Potential einer weltweit gestarteten Suche auch fündig werden. Er muss es irgendwo haben, wo er es ständig, ohne größeren Aufwand abfragen kann, völlig unauffällig... oder es direkt bei sich tragen.“

    „Bei sich tragen, auch das hatte er eigentlich ausgeschlossen. Aber das wäre die einzige Möglichkeit. Vielleicht wollte er uns nur auf eine falsche Spur locken.“ Sherlock riss die Hände in die Höhe. „Das ist gut, sehr gut.
    Er muss immer und jederzeit einsatzbereit sein. Einspeisen kann er den Code von jedem Terminal, aber, da er ihn, vor der Begegnung mit uns aktivierte, muss er ihm immer zur Verfügung stehen. Er sagte, dass er das hier anders geplant hatte, aber durch ein paar simple Verwicklungen daran gehindert wurde. Mit so etwas musste er stets rechnen. Er kann den Code nicht irgendwo deponieren, wenn er ihn in der geforderten Frist selbst einsetzen muss. Du hast Recht, er muss ihn bei sich haben.“

    „Wo?“, maulte John und begann vorsichtig die Taschen der Leiche zu durchsuchen. „Nichts.“

    „Nein, nein.“ Sherlock verharrte mit fiebrigen Augen genau vor dem Toten. Seine Hände verkrampften sich zu zitternden Klauen vor seiner Brust, als wollte er etwas großes greifen und sein Gesicht verzerrte sich vor Erregung. Er schien der Lösung nahe und doch kratzte er nur an ihrem Rand entlang, während sie sich ihm immer mehr entzog, desto intensiver er danach suchte. Schwer atmend zwang er sich zur Ruhe. Seine Augen schlossen sich, die konzentrierte Anspannung wurde fast greifbar. Während sein bebender Körper äußerlich Stück für Stück zur Ruhe kam, formierte sich innerlich sein Geist.
    Langsam öffneten sich seine Augen wieder. Sie fokussierten das Nichts während seine Lippen automatisch vor sich hin murmelten. „Wie waren seine Worte? Er rechnete fest damit, dass wir mit unseren Methoden und Fähigkeiten an ihn herankommen wollten. Es muss etwas sein, das er vor uns sicher glaubte. Sicher vor Irene, sicher vor mir. Sicher vor all meinen Beobachtungen, vor meinen Gedanken, meinen Entschlüsselungen...“

    John drehte achselzuckend den toten Körper unter seinen Händen. „Naja, vielleicht eine Kette, ein Ring...“

    „Sicher vor mir und auch sicher vor dir...“ fuhr Sherlock wie in Trance fort, ohne John zuzuhören. „Vor dir, Irene.“, Seine Finger fuhr zu ihr herüber, ohne dass er sie dabei ansah oder den Kokon seiner Konzentration durchbrach.

    „Ja“, nickte sie bestätigend und ihre Augen richteten sich genauso konzentriert auf Sherlock.

    „Er meinte, du würdest an alles herankommen“, sprudelte es aus Sherlock hervor. „Ein Ring, eine Kette, egal wie persönlich es wäre, nichts was du nicht bekommen könntest, wenn du dich bemühen würdest. Und er ging davon aus, dass du dich sehr bemühen würdest, wenn soviel auf dem Spiel steht. Alles nicht sicher...
    Er zielte regelrecht darauf, dass du nun ihn zum Objekt deiner Aufmerksamkeit machen würdest. Ja, er bedauerte, dass dies so spät geschah. Das deine Fehleinschätzung mir gegenüber dies bisher verhinderte. Er musste nur geduldig warten, dann würde sich das Blatt wenden. Und währenddessen besass er genügend Zeit, sich gegen jeden deiner Tricks vorzubereiten. Er war ein Meister der Verstellung, ein Meister im Stillhalten, im Beobachten. Trotzdem schien er auf seine besondere Weise von dir besessen, oder zumindest von dem Wunsch erfüllt das Duell mit dir aufzunehmen.“

    „Meinst du?“

    „Doch das war er, er wollte dich. Muss ihm schwer gefallen sein, die ganze Zeit still zuhalten aber er glaubte, dass das keine Rolle spielte. Wenn du irgendwann deinen Fehler erkanntest und an den Code wolltest, würdest du dir mit Sicherheit alle Mühe geben, ihn für seine Geduld zu entschädigen.“

    „Nicht gerade schmeichelhaft für mich. Aber ja. Ich hätte wohl keine andere Wahl gehabt. Also gut. Wie kann er etwas an sich verstecken und es gleichzeitig vor mir verbergen?
    ...Eine verschlüsselte Tätowierung?“

    John verzog angewidert das Gesicht und begann vorsichtig das Hemd des Toten aufzuknöpfen und von ihm abzuschälen.
    „Kann nichts finden, also Brust, Rücken und Arme sind untätowiert, wenn, dann muss das eine nette Stelle...“

    „Halt! Tätowierung?! Nein, nein!“ Sherlock schlug die Hände in die Luft. „Oh, das ist genial! Oh, er ist clever, wirklich clever...
    Irene! Wie waren seine letzten Worte an dich?“

    „Seine letzten Worte? Das er sein neues Spielzeug aus mir machen wollte?“

    „Nein! Nein! Davor. Exakt seine Worte davor.“

    „Ich weiss nicht...“ Irene grübelte deutlich, sie zuckte mit den Schultern und wölbte die Lippen abwertend auf. „Kein Mann, den ich nicht um den Verstand bringen würde.“


    „Ja genau“, flüsterte Sherlock und seine Augen verschwanden erneut weit aufgerissen und konzentriert im Nichts.

    „Ein nettes Kompliment...“

    „Nein, darum ging es gar nicht.“ Sherlocks verhangener Blick streifte erst Irene und dann den Leichnam zu seinen Füßen bevor er Wort für Wort betonend den Satz vollendete: „Sie gehen unter die Haut....“

    Er zerrte das Handy aus der Tasche seines Mantels und wählte die Nummer. „ Nicht auf seinem Körper...“

    Er riss das Telefon hektisch ans Ohr. „Mycroft!“, rief er hinein. „Wir brauchen sofort einen CT-Apparat...und einen Körperchipscanner.“


    ***



    Haarnadel – auch wenn es klingt wie aus einem James Bond Film, war und ist die mit einer, durch Druck auslösenden Giftkanüle gefüllte Haar- oder Hutnadel realistisches Einsatzmittel von Agentinnen. Zuerst von westlichen Spioninnen als Einsatzmittel kultiviert, galt sie als so sicher und gleichzeitig effektiv, dass selbst die Stasi sie nachkonstruieren liess um damit ihre Sexagentinnen auszustatten. Wieviele Morde damit wirklich begannen wurden, entzieht sich allerdings meiner Erkenntnis. Quelle: Phönixbeitrag 'Geliebter Spion'

    Batrachotoxin - eines der wirkungsschnellsten und tödlichsten Gifte überhaupt. Batrachotoxin nimmt keinen Einfluss auf die gesunde Haut, gerät es jedoch, durch auch nur die allerkleinste Verletzung, in den Organismus erzeugt es augenblicklich einen solchen heftigen Schmerz das es zu sofortiger handlungsunfähiger Lähmung führt, der Tod tritt danach innerhalb von Minuten ein http://de.wikipedia.org/wiki/Batrachotoxin
    Geändert von sethos (21.10.2012 um 16:34 Uhr)

  3. #23
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    IX




    Es war gerade einmal dreiundzwanzig Uhr als sie gemeinsam in die Baker Street zurückkehrten, doch John erschien es, als wären seit dem heutigen Morgen Monate vergangen. Zu vieles hatte sich in den gerade verstrichenen Stunden verändert.
    Während Sherlock wie selbstverständlich die Treppe zur oberen Wohnung emporstieg, verschwand John vorerst in seinem Apartment um unter die Dusche zu gehen. Jetzt, wo er langsam zur Ruhe kam, quälte ihn der an ihm klebende Schmutz aus der verwahrlosten Wohnung die der Schauplatz ihres letzten Abenteuers gewesen war. Abenteuer, eindeutig die Krönung der Untertreibung. Johns Nerven vibrierten noch immer hysterisch und mit aller Kraft versuchte er die willkürlich aufsteigenden Erinnerungsbilder an das soeben erlebte zurückzudrängen. Er drückte die Handflächen gegen die glatte Oberfläche der Wandfliesen und liess das Wasser minutenlang so heiß, wie es ihm eben noch auszuhalten möglich erschien, auf seinen Körper herabbrausen. Erst als er spürte, wie auch sein Inneres langsam zur Ruhe kam und die Hitze des Wassers in seinem Körper und in seinen Gedanken eine willige Trägheit auslöste, erlaubte er sich, vereinzelte Fragmente des gerade erlebten wieder ins Gedächtnis zurückzurufen.
    Sherlock hatte Recht behalten. Es war ihnen in einer geheimen Abteilung des Regierungskrankenhauses wirklich gelungen, einen eingespritzten Körperchip, kaum größer als ein Reiskorn und versteckt unter Nortons Schlüsselbein, zu finden. Ein geniales wie ebenso simples Versteck. Niemand wäre je auf die Idee gekommen in Nortons Körper zu suchen und doch konnte man jedes handelsübliche Smartphone mit ein paar Softwaretricks so modifizieren, dass es den Chip auszulesen vermochte. Das Internet bildete nicht nur die Basis für die Ausführung von Nortons Erpressung, sondern auch gleichzeitig die Waffe dafür. Überall und immer stand der Code Norton zur Verfügung, perfekt getarnt und scheinbar unknackbar.
    Eine unendliche Fülle von Zahlenreihen und Kombinationen kamen bei Auslesung der Speicherfläche des Chips zum Vorschein. Norton hatte nicht übertrieben, auch für ein geniales Gehirn absolut unmerkbar in ihrer Komplexität.
    Mycroft war mit der Sache eilends in der Nacht verschwunden und Sherlocks und Johns Arbeit schien hiermit beendet. Während Irene es vorzog, Mycroft zu begleiten, rief Sherlock das nächstbeste Taxi heran und orderte die Baker Street als Ziel, so als wäre zuvor überhaupt nichts Veränderndes geschehen. Im Taxi schwieg er und schien äußerlich völlig ruhig, nur die Art, mit der zwei seiner Finger nervös auf dem Display seines Smartphones trommelten, liess John erkennen, dass Sherlock angespannt auf Mycrofts Anruf und auf eine mögliche Erlösung wartete.

    John stellte das Wasser aus, trocknete sich ab und schlüpfte statt in einen Pyjama in bequeme Alltagsklamotten. Er wusste nicht, ob der Tag wirklich hier und jetzt schon beendet war und welche Überraschungen Sherlock noch bereithalten könnte. Seine Annahme wurde bestätigt, als er zur darüber liegenden Wohnung hinaufstieg.
    Sherlock sass mit übergeschlagenen Beinen in seinem Sessel vor dem Kamin. Seine Haare waren noch feucht. Auch er hatte sich gesäubert und umgezogen, doch war er nicht nur völlig bekleidet, sondern auch sein Mantel und Schal lagen über der Lehne des Sessels in greifbarer Bereitschaft. Auf der anderen Lehne ruhte sein Handy und Sherlocks wachsamer Blick liess es nicht aus den Augen, während seine langen Arme seitlich an dem Sessel herabhingen, als wollte er seinen Körper so mit dem Boden verankern und mit dessen Ruhe verbinden. Erst als sich John ihm gegenüber setzte, hob sich Sherlocks Kopf mit einem abwartenden, distanzierten Gesichtsausdruck. John begriff, das Sherlock schon wieder einmal begann, sich gegen Tatsachen und Umwelt abzuschotten um einzig dem derzeitigen Problem Vorrang zu gewähren und John reagierte darauf wie er es bisher zumeist getan hatte. Er grinste provokativ zu seinem Freund hinüber.

    „Waaas?“, zischte Sherlock.

    „Da sind wir also wieder. Scheint sich ja nichts verändert zu haben. Aber ich sage Ihnen gleich, die Wohnung hier unten behalte ich.“

    „Wie?“ Sherlocks Gesicht legte sich in verwirrte Falten. „Wovon reden Sie?“

    „Naja, ich dachte ein wenig Smalltalk würde Sie etwas entspannen. Sherlock, wir müssen einfach nur warten, Mycroft wird sich schon melden.“

    Sherlock nagte an seiner Unterlippe. „Sind Sie sich noch immer nicht darüber im Klaren, wieviel hier auf den Spiel steht?“

    „Doch Sherlock, durchaus.
    Vergessen? Die Sache hat nicht nur Ihr Leben beinahe ruiniert. Aber sagen Sie mir, was wir jetzt noch tun können? Wenn der Code auf dem Chip die Schläferzellen nicht stoppt, was können wir, Ihrer Meinung nach, dann noch tun?“

    „Er muss!“, stiess Sherlock uneinsichtig hervor. Jetzt, da ihm jede persönliche Einflussnahme verwehrt blieb, schienen ihn seine eigene Disziplin und Logik im Stich zu lassen und John fragte sich, wieviel Recht Norton mit seinen widerwärtigen Worten wohl gehabt hatte und welche Kraft Sherlock dieses monatelange verzwickte Doppelspiel und stete Mißtrauen Irene und Mycroft gegenüber gekostet hatte und ob die erzwungene Untätigkeit nach all der Anspannung, seinen Freund nun geradewegs auf einen Zusammenbruch zusteuern liessen.

    „Warum gehen Sie dann nicht zu Mycroft und bieten ihm Ihre Unterstützung bei der Entschlüsselung an?“

    „John“, entrüstete er sich. „Das ist Expertenarbeit.“

    „Sie sind ein Experte.“

    „Blödsinn. Ich habe ein paar laienhafte Kenntnisse was Computerumgang und Programmierung angeht, aber für so etwas sind Genies erforderlich. Meine Fähigkeiten liegen auf anderen Gebieten und diese sind ausgeschöpft. Nein, Mycroft besitzt hervorragende Spezialisten und Washington ebenso. Wenn sie es nicht schaffen, schafft es keiner.“

    „Gut, dann warten wir eben.“ startete John bereitwillig ein erneutes Ablenkungsmanöver. „Dann erzählen Sie mir in der Zeit eben wie Sie das damals angestellt haben mit Ihrem Selbstmord.“

    Sherlocks Gesicht verfinsterte sich. „Ich verstehe nicht.“

    „Oh doch, das tun Sie. Sie wollen nur nicht darüber reden. Aber wissen Sie, Sherlock, auch wenn wir heute Nachmittag klären konnten, das Ihnen keine andere Möglichkeit blieb, als Ihren Selbstmord vorzutäuschen, haben Sie mir noch immer nicht erklärt, wie Sie das angestellt haben. Ich sitze immer noch da und bekomme das Bild nicht aus dem Kopf, wie sie dort unter meinen Händen tot auf dem Pflaster liegen. Und ganz ehrlich, ich frage mich seit heute Mittag, ob ich vielleicht einfach nur in einem dummen Traum feststecke und irgendwann aufwache und ....“

    Sherlock nickte verstehend und allem Anschein nach war er nun bereit seine Konzentration von anderen Dingen einfangen zu lassen.
    „Es war ein Trick, ein simpler Zaubertrick.* Ich sagte Ihnen bereits, dass Irene die Regie übernahm und im Grunde genommen, hat sie nichts anderes getan, als sich zu wiederholen. Sie hatte es Ihnen doch schon einmal vorgeführt, als sie damals so schwungvoll aus dem Obergeschoss ihres Haus entkam. Und der Rest mit einem Ersatzkörper und einer getürkten Obduktion war auch nicht gerade schwierig zu nennen. Irene hatte von mir zuvor mein Blut und meine Kleidung erhalten.“

    „Haben Sie damals schon geglaubt, dass sie möglicherweise das Genie hinter der Marionette Moriarty sein könnte? Das sie der eigentliche Moriarty ist.“

    „Ich habe es ernsthaft in Betracht gezogen. Mir fehlten Fakten und ohne diese gebe ich nicht gerne eine vorschnelle Analyse ab. Um an die Beweise heranzukommen, musste ich mich in ihre Hände begeben. Ich war mir bewusst, welches hohe Risiko ich einging, wenn ich ihr die Regie für meinen Todessprung überliess. Wenn Sie der Professor war, musste ihr einziges Interesse meiner Vernichtung gelten. Andererseits musste sie gleichzeitig befürchten, dass etwas von ihrer Identität durchgesickert war, dass jemand ahnte, dass Jim Moriarty nur ein Vorwand, nur die Puppe war. Der Professor, wie mein Codename für Moriartys leitendes Gehirn lautete, befürchtete, dass man begann sein Spiel zu durchschauen. Aber er wusste nicht wer dieses tat. Mycroft? Oder ich? Oder wir beide? Er benötigte Gewissheit. Wenn ich starb, war sein Problem erledigt. Nicht aber wenn Mycroft der wirkliche Wisser wäre.“

    „Man hätte sie beide töten können.“

    „Ja und riskiert, dass wir über Rückversicherungen verfügten und damit möglicherweise auch noch ein schon mehr als beunruhigtes Washington weiter aufschrecken. Der Professor war sich durchaus bewusst, dass man der Sache an höchster Stelle immer mehr zu misstrauen begann. Nein, mich direkt in seine, oder, wie ich damals glaubte, in ihre Arme zu treiben, erschien um einiges eleganter. Somit stand ich ab nun dauerhaft unter überwachender Kontrolle und musste mich irgendwann verraten. Und da ich ja schon als tot galt, hätte man mich immer noch jederzeit völlig unbeachtet eliminieren können, um sich danach auf Mycroft zu konzentrieren.“

    „Und Sie haben sich geirrt“ , grinste John zufrieden.. „Irene Adler war überhaupt nicht Ihr Professor, Ihre Puppenspielerin. Norton war es.“

    „Ja, ich habe mich geirrt. Kommt nicht oft vor, aber gelegentlich schon.“

    „Bekomme ich das schriftlich und auch, dass Sie mich heute ein Genie nannten?“

    „Damit Sie es in ihren Blog schreiben? Damit muss Schluss sein, John, das Blog werden Sie nicht wiederbeleben. Wenn das alles vorbei ist, bleibt es geschlossen.“

    „Warum?“

    „Weil es erst zu dem allen hier geführt hat. So etwas darf nicht wieder passieren. Keine Öffentlichkeit mehr.“

    „Gut gut, aber was ist Irene dann wirklich...“

    „Ich denke darauf kann uns nur Mycroft die Antwort geben.“ Sherlocks Kopf drehte sich lauschend zur Tür und auch John vernahm die hastigen Schritte, die die Treppe hinaufstürmten. Mycroft enterte den Raum und warf sich in den Lehnstuhl am Schreibtisch.

    „Solche Tage häufen sich hoffentlich in nächster Zeit nicht allzu oft. Du hast Recht Sherlock, für dieses, dein Leben, bin ich nicht geschaffen.“

    „Unsere Zusammenarbeit war doch immer dein sehnlichster Wunsch. Wäre schön, wenn sich das dann hiermit, endlich erledigt hat. Mehrere Treffen pro Tag zwischen uns könnten auf die Dauer die Familienverhältnisse belasten.“

    „Ja allerdings.“ stimmte Mycroft unverhohlen zu. „Ansonsten habe ich jedoch frohe Kunde.“ Mycroft registrierte zufrieden wie Sherlocks Kopf nach oben schnellte und seine Augen sich weiteten, während sein Kiefer angespannt zitterte.
    „Es funktioniert?“

    „Nun erst einmal funktioniert die Codezurücksetzung. Wir können damit alle achtundvierzig Stunden den Countdown aufhalten.“

    „Nein, nein!“ In Sherlocks Stimme liess sich der unterschwellige Frust nicht mehr länger bemänteln. Heftig enttäuscht schüttelte er den Kopf. „Das reicht nicht. Mycroft, wir haben es hier nicht mit einem gewöhnlichen Verbrecher zu tun. Er war genial, absolut raffiniert.“

    „Nun, für raffiniert hat er erstaunlich viele Hinweise gegeben.“

    „Ja, aber das war sein Stil, seine Art zu spielen. Das gehörte für ihn zum Nervenkitzel, seine Art sich lebendig zu fühlen. Erinnere dich Mycroft, bei jedem der Fälle die er über Jim Moriarty inszenierte, hatte er kleine subtile Hinweise versteckt. Das war seine Form, seine Überlegenheit auszukosten. Er musste im Verborgenen bleiben, wollte er über den Dingen stehen. Er musste den kleinen dummen Handlanger spielen, aber so konnte er uns zeigen, wie groß er wirklich war. Indem er uns seine Hinweise regelrecht auf die Nase band und uns winzige Chancen anbot. Uns begreiflich machte, wie klein wir doch sind. Nur so bekam das Spiel einen Reiz für ihn.“

    „Du scheinst dich ja mit seiner Art wirklich gut auszukennen. Und deswegen sagte er euch verschlüsselt wo er den Code aufbewahrte?“

    „Ja“, konterte Sherlock ungeduldig. Wütend schlug er die Hände auf die Sessellehnen. „Und genau deswegen reicht eine bloße Zurücksetzung alle achtundvierzig Stunden nicht. Er hat ihn heute zum ersten Mal aktiviert und wenn sein Coup gelungen wäre, hätte er ihn wieder gestoppt. Oder, wenn er weitere Zeit benötigt hätte, den Code zurückgesetzt. Aber mit Sicherheit gibt es auch dabei einen eingebauten Countdown und wenn eine genügende Menge an Zurücksetzungen erfolgt ist, erkennen die Schläferzellen ihre Fremdmanipulation und aktiviert sich trotzdem.“

    Mycrofts Kinn hob sich hochmütig und seine Stirn legte sich in ungeduldige Falten als er die, aus seiner Sicht unnötige, Belehrung seines Bruders ertragen musste.
    „Ja, und genau deswegen arbeiten wir gerade daran, an den Zurücksetzungscode einen Abschaltbefehl anzukoppeln. Wir erproben soeben ein paar Möglichkeiten. Etwas Zeit ist uns gegeben. Mit Sicherheit mehr als achtundvierzig Stunden. Aber ich denke, wir machen rasend Fortschritte. Bei aller Raffiniertheit und Genialität - weiss man erst einmal, wo man den Hebel ansetzen muss und vor allem wie, ist alles andere nur noch ein Kinderspiel. Ich denke das Projekt 'Moriarty' gehört bald endgültig der Vergangenheit an.“




    Zaubertrick – es tut mir sehr leid, wenn ihr jetzt von mir die Auflösung für das Wie erwartet. Ähnlich, wie auch schon im Falle Molly, werde ich keine Schritte auf eine Eisfläche wagen, die so sehr knirscht. Wie gesagt, Irene Adler führt es in Belgravia vor, als sie sich, so mir nix - dir nix, aus dem Fenster des Obergeschosses schwingt und der nachsehende John scheinbar keinerlei Fangvorrichtungen ausmachen kann. Gleiches, nur größer wird auch im Reichenbachfalll zum Einsatz gekommen sein. Sherlock schickt John ja ganz bewusst wieder hinter das Gebäude zurück, um ihm somit den Blick auf die letzten vier Meter seines Sturzes zu verwehren und auch um zuvor zu verhindern, dass John den Aufbau einer Fangvorrichtung sehen könnte und darauf reagieren könnte. Außerdem haben die Macher Belgravia und Reichenbach mit optischen Hinweisen auf rote Busse und Spiegel vollgepfropft, so das anzunehmen ist, das neben einer Fangvorrichtung Spiegelungen oder perspektivische Tricks verwendet werden. Außerdem machen sie auf Bauarbeiten am Barts aufmerksam. Möglicherweise ist die gesamte Straßenzeile eigentlich gesperrt. Mit allergrößter Sicherheit liegt dort nicht Sherlock auf dem Pflaster (auch im Canon liegt er ja einfach über der Szenerie) sonst hätte er nicht zuvor sein Handy, über das er ortbar ist, auf dem Dach zurückgelassen und auch die gerne vertretene Theorie vom Pulsabdrücken unter Zuhilfenahme des Gummiballs dürfte Humbug sein. Wahrscheinlich dient der Ball nur als Signalgeber für Sherlocks Helfer. Ein Abwurf durch Sherlock könnte, von Moriarty unbemerkt, jederzeit bewerkstelligt werden und sein Aufprall kann von unten gesehen werden, aber nicht von oben. Er soll wahrscheinlich zu nichts anderem dienen, als zu sagen: ich springe gleich - bringt die Sache in Position. Nach seinem Sprung wirft man unten eine Ersatzkörper oder eine präparierte Puppe auf die Strasse (und schüttelt jetzt nicht mit dem Kopf - ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie gut solche Nachahmungen heutzutage sind - selbst bei Berührung merkt man keinen Unterschied) Auf jeden Fall, wie auch immer es war, Irene und ihre Helfer haben gute Arbeit geleistet. Zumindest zwei dieser Helfer kann man sogar zuordnen, lernen wir doch im Blinden Bänker (1/2) Sherlocks Bekannten Raz - den Schnellsprayer kennen, der scheinbar das Graffiti in der Baker Street gesprüht hat und auch der Radfahrer wird uns dort bereits gezeigt
    Ansonsten spekuliert! Bringt neue Ideen, erweitert sie. Spielt Mephisto, hinterfragt meine Theorie! Nur so kommt man weiter. Ein paar kleine Anhaltspunkte noch: Warum stehen da zwei Busse, die nachher verschwunden sind? Warum sind die Dächer der Busse weiss überzogen? Müssten sie nicht eigentlich rot sein?

  4. #24
    SGP-Schlafmütze Avatar von feles
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    Wahnsinn, wie gut ist das denn? Eigentlich bin ich nur durch Zufall hier reingestolpert, Atlantis war mein Ziel. Aber ich hatte das Glück die ganze Geschichte in einem Rutsch durchlesen zu können. Ich bin begeistert! Von der neuen Sherlock Serie habe ich nur zwei Folgen gesehen, aber ich habe die Personen so gut erkennen können, als wäre ich größter Anhänger der Serie. Vielen Dank, dass Du diese Geschichte mit Deinen Lesern teilst!
    Ronon: Your planet's weird.
    Sheppard: You can say that again.

  5. #25
    First Lieutenant Avatar von sethos
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    Es freut mich sehr, dass Du auf Deinem Weg nach Atlantis einen kleinen Zwischenstopp in der Baker Street eingelegt hast. Alles auf einen Rutsch gelesen - Kompliment. Ganz fertig bin ich noch nicht, aber wir haben es bald geschafft.
    Vielen lieben Dank für Dein tolles FB. Ein größeres Kompliment als zu schreiben, dass Du in der Lage bist, die Figuren wiederzuerkennen konntest du mir nicht machen. Dankeschön dafür. Es hilft mir über sehr viele Zweifel hinweg, denn es ist schwerer für Sherlock zu schreiben als es damals für Stargate war.
    Danke nocheinmal und ich hoffe, dass Du, bevor Du nach Atlantis weiterreist, auch noch ein wenig hier verweilst und Sherlock und John die Chance gibst ihr Abenteuer zu Ende zu bringen.











    Sherlocks Erregung schien gestoppt. Sein Blick wanderte zu den flackernden Flammen des Kamins. Seine Hände verschränkten sich flach vor seinem Mund und er legte stützend das Gesicht an sie, während sich seine Augen kurz schlossen. Sowohl John, als erstaunlicherweise auch Mycroft besassen die Pietät sich abzuwenden und Sherlock die privaten Minuten zuzugestehen um zu verkraften das nun wirklich alles vorbei war.

    „Nun, John“, versuchte Mycroft auf ein möglichst unverfängliches Thema abzulenken, „damit dürfte wohl bald alles wieder beim Alten sein. Sie können ihre Sachen wieder nach oben räumen, oder bleiben Sie lieber im Keller?“

    „Mal sehen.“, schnaufte John beleidigt. „Was ist mit Irene Adler?“

    „Oh“, nickte Mycroft und grinste süffisant zu John hinüber. „ Lieb Ihre Fürsorge. Aber keine Angst, für Miss Adler wird hervorragend gesorgt werden. Der Jet, den ich ihr zur Verfügung gestellt habe, steht noch immer bereit. Ich denke in ein paar Stunden wird sie auf dem Weg nach Washington sein.“

    „Nach Washington? Sie ist also wirklich eine amerikanische Agentin?“

    „Nicht irgendeine, John. Sie ist das Beste was sie dort drüben haben.“ Mycrofts Augenbrauen hoben sich respektvoll. „Und wenn ich sage das Beste, dann meine ich das mit wirklicher Anerkennung. Das, was sie tat... Dazu, gehört schon eine ganze Menge Courage und bemerkenswerte Disziplin. Ihre Mission war nicht einfach nur ein normales Geheimdienstprojekt. Sie arbeitete schon seit Jahren daran. Mir war das ganze Ausmaß dieser Sache auch nicht wirklich bewusst, aber ich hatte eben ein langes Telefongespräch mit Washington. Genaugenommen, mit dem Präsidenten persönlich.“

    „Wow!“ John wirkte beeindruckt und auch Sherlocks Kopf wandte sich nun wieder dem Geschehen zu.
    „Sie haben dort drüben Angst vor ihren eigenen Aktivitäten bekommen?“, fragte er mit belegter Stimme.

    „Ja, so ungefähr“, seufzte Mycroft. „Das Moriarty-Projekt war noch die Idee der Bush Administration. Als sich die politische Lage änderte, dachte man darüber nach, es zu stoppen. Erst recht aber, als einige Leute darauf aufmerksam wurden, dass sich hinter der Sache etwas Unaufhaltsames zu entwickeln begann. Die Einspeisung des Codes ins Internet konnte natürlich auf die Dauer nicht völlig unbemerkt bleiben. Einige Experten bekamen Wind davon, aber leider auch, dass es zu diesem Zeitpunkt schon zu spät war, etwas dagegen zu unternehmen. Hätte man Moran gestoppt oder womöglich Moriarty eliminiert, wäre da immer noch der Drahtzieher gewesen. Und selbst wenn Moran ihn unter Zwang verraten hätte, die Sache war einfach nicht mehr aufzuhalten. Der Professor hatte mit dem Schläfercode schon sehr früh alles in der Hand. Als einzige Lösung blieb nur noch, jemanden einzuschleusen und vielleicht auf diese Art direkt an den Professor heranzukommen und möglicherweise so auch an seine Geheimnisse oder eine Schwachstelle.“

    „Und dieser Jemand war Irene.“ John lächelte anerkennend. „Wirklich keine schlechte Idee.“

    „Seit vier Jahren ist sie in London. Seit vier Jahren baute sie ihre Tarnung auf, sehr geduldig und sehr präzise und als sie glaubte fast am Ziel zu sein...“

    „Haben wir ihr alles kaputt gemacht.“ nickte Sherlock in Erinnerung daran.

    „Wir beide, lieber Bruder.“, seufzte Mycroft. „Wir wussten es nicht besser, aber es hätte uns allen sehr, sehr viel ersparen können.“

    Sherlock schniefte verstehend. „Ich hätte damals nur weiterhin still dasitzen und ihre Demütigung ertragen müssen. Mit einer erfolgreich gelungen Erpressung, der britischen Regierung von diesem Ausmaß und meiner Vorführung wäre sie danach mit Sicherheit von Moriarty in sein inneres Führungskomplott aufgenommen worden und somit irgendwann an den Professor, oder wie sie es nannte an ihren Puppenspieler herangekommen. Wir haben diesen Plan zerstört und danach blieb ihr nur noch das direkte Spiel mit mir.“

    „Ja, zumal sie ja glauben musste, du rettest sie, weil du oder ich der Professor wären. Das du sie rettest, weil du misstrauisch wurdest, dass man dir auf der Spur sei und nun über sie wissen wolltest, wie sehr. Oder noch besser diese Verfolgung, auf diese Art kontrollieren wolltest.“

    „Ja, aber..“, wandte John ein. Wenn Irene eine CIA-Agentin ist, warum hat sie dann niemand anderer gerettet. Sie hätten sie hingerichtet wenn...“ Johns Blick wanderte stumm zu seinem Freund hinüber.

    „John“, schüttelte Mycroft den Kopf und sichtlich zufrieden kehrte sein Wesen zu der altgewohnten, glattpolierten Überlegenheit zurück, die seinen Gesprächspartnern jede Angriffsfläche nahm und zu hilfloser Belehrung degradierte. „Dinge wie diese, werden nicht über zig Abteilungen geplant und betreut. Irenes Auftrag* war so geheim, das wohl kaum jemand mehr als der Präsident selbst und möglicherweise noch ein zwei nicht kompromittierbereite Leute bei der CIA Bescheid wussten. Sonst wäre auch London eingeweiht worden und damit hätte wieder die Gefahr einer undichten Stelle bestanden. Zuviele Wisser bergen zuviele Risiken. Irene Adler war sich von Anfang an darüber im Klaren, dass sie ohne jegliche Rückendeckung arbeitete. Für ihren normalen Schutz sorgte sie auf ihre besondere Weise selber, aber wenn im Großen etwas schief ging, war niemand da um ihr zu helfen. Von daher kam ja Irenes Glaube, dass nur der Professor selbst eingreifen würde, wenn überhaupt.“

    „Was für eine bemerkenswerte Frau.“, befand John voller Anerkennung und obwohl seine Wort Mycroft galten, huschte sein Gesicht zu Sherlock hinüber, dessen Augen sich wieder völlig abwesend in den Flammen des Kamins verloren. Sein Körper schien sich nun vollends entspannt zu haben, doch für einen Augenblick wirkte sein Gesicht im zuckenden Lichtspiel des Feuers wieder abgezehrt und hohlwangig.
    Sorgenvoll streifte Johns Blick Sherlock und er fragte sich, wieviel in der Seele seines Freundes zerbrochen wäre, wenn sich wirklich herausgestellt hätte, dass Irene das Monstrum gewesen wäre, das zu besiegen er sich zur Obsession gemacht hatte. Es gab wohl kaum einen Zweifel daran, dass sie beide, den jeweilig anderen gnadenlos vernichtet hätten. Doch blieb die Frage offen, wieviel ihres eigenen Lebens, sie beide als Preis dafür hätten mitopfern müssen. Und John begriff, dass es immer noch Dinge in Sherlocks Wesen gab, die er trotz aller Nähe und Freundschaft bisher noch nicht wirklich kannte oder nicht richtig verstand. Das wahrscheinlich, die von Sherlock so oft gezeigte, grenzenlose Arroganz und Hochmütigkeit ein von ihm sorgsam aufrechterhaltenes Image darstellten, welches in seinem Inneren gehütete Wärme und Menschlichkeit, ja möglicherweise sogar Liebe verbarg.

    „Ja“, setzte Mycroft, dem die kurze Offenbarung über das Seelenleben seines Bruders scheinbar entgangen war, das Gespräch fort. „Macht, Politik, Geheimdiensttätigkeiten, das, lieber John, ist auch heute noch fast ausschliesslich ein Spiel der Männer, bei dem eine Frau nicht allzuviel verloren hat. Wer sich als Frau in diesen Dschungel wagt, muss höllisch gut sein. Besser als alle anderen. Und ich denke, genau das trifft auf Miss Adler zu.“

    Tatkräftig schwang er sich aus seinem Stuhl. „ Ein Umstand, den wir und auch andere europäische Staaten, die involviert waren, großzügig honorieren werden. Miss Adlers Arbeit war mit Sicherheit von unschätzbarem Wert und daher sind wir auch bereit uns nicht knausrig zu zeigen. Sie wird von nun an wohl nie wieder irgendwelche finanziellen Probleme haben. Das gleiche gilt übrigens für dich, Sherlock“, wandte er sich noch einmal an seinen Bruder. „Du hast uns vor der Apokalypse bewahrt, die Regierung ihrer Majestät, wird gerne ihren Dank mit einer entsprechenden Summe zum Ausdruck bringen...“

    „ Du willst mich bezahlen, Mycroft?“ Sherlock lächelte zynisch.

    „Nein, natürlich nicht, ich will dir meine Anerkennung zukommen lassen.“ Mycrofts warf einen vorsichtigen Blick zu seinem Bruder, wie weit dieser wohl bereit sein mochte dieses Eingeständnis ohne einen sofortigen Gegenangriff zu akzeptieren. Für einen Augenblick schien Sherlock wirklich darüber nachzudenken, Mycrofts Schwäche sofort zu nutzen, doch dann lächelte er milde.
    „Schon gut, Mycroft. Ich denke, ihr werdet für das Geld auch andere Verwendungsmöglichkeiten finden.“

    John schnappte protestierend nach Luft. „Na, ich weiss nicht. Wenn wir ab jetzt, ohne meine Öffentlichkeitsarbeit, nicht mehr genügend Fälle bekommen. Also ab und zu den Kühlschrank füllen können Sie uns doch Mycroft.“

    „Da hörst du's, Bruder, John will, dass du seine Miete übernimmst.*“, lachte Sherlock.

    Mycroft seufzte theatralisch und wandte sich zum Gehen um. In der Tür drehte er sich jedoch noch einmal zu seinem Bruder zurück.
    „Willkommen in deinem alten Leben, Sherlock.“ Nickte er mit fast so etwas wie Wärme in der Stimme. Dann klackte die Tür ins Schloss.

    Sherlocks Augen wanderten erneut zum Feuer zurück.

    „Altes Leben“, schniefte John. „Keine schlechte Idee. Meinen Sie, dass geht so einfach?

    „Sagen Sie es mir, John.“ Sherlocks Blick verharrte von John abgewandt.

    „Naja, ich hätte nichts dagegen wieder ab und zu mit Ihnen auf die Jagd zu gehen.“

    „Ab und zu?“

    „Ich habe ja schon gesagt, dass ich den Souterrain behalte, kein Keller...ein Souterrain und er gefällt mir. Und verdammt, Sherlock, die Sache hat vielen Leute eine Menge Leid eingebracht. Ihnen, mir, Mrs Hudson, Lestrade, Molly... mit Sicherheit auch Irene und möglicherweise sogar Mycroft.“

    „Ja, ich weiss. Ich habe sehr bitter gelernt, dass es nicht gut ist, sich Freunde zu leisten. Es macht mich erpressbar. Trotzdem habe ich in den letzte Monaten erkennen müssen, dass ich scheinbar doch nicht völlig isoliert leben kann. Einsamkeit ist durchaus sehr praktisch, aber selbst ich komme nicht ohne den Wunsch nach einem gewissen sozialen Kontakt aus und wenn es nur das Verlangen nach Anerkennung ist.“

    „Oh, dafür brauchen Sie mich also wieder. Sie brauchen Ihren Fan.“

    „Ja natürlich, aber wie ist das mit....“ Sherlock tat sich deutlich schwer.

    „Mit unserer Freundschaft, sprechen Sie es ruhig aus, Sherlock. Es beisst nicht, wissen Sie. Sie wollen wissen, ob sich etwas in unserer Freundschaft geändert hat?“

    Sherlocks Blick streifte John angespannt, dann nickte er.

    „Nein“, antworte John und es freute ihn zutiefst, als er begriff, wie wenig Mühe ihm dieses Nein bereitete, wie sehr er es aussprechen wollte. „Nein, es hat sich nichts geändert. Es wird Zeit brauchen, natürlich, es wird bestimmt noch so manches Mal geben, bei dem ich Ihnen das Vergangene auf die Nase binden werde. Aber nein, von meiner Seite hat sich nichts geändert.“

    „Danke, John“, Sherlocks Stimme klang tief ehrlich und irgendwo befreit. „Von meiner Seite ebenso nicht.“

    John seufzte zufrieden. „Allerdings haben wir noch ein kleines Problem.“

    „Mrs Hudson.“

    „Ja, und noch ein paar andere.“

    „Klar. Es wäre mir persönlich lieber, John, wenn Sie es wären, der sowohl was Mrs Hudson betrifft, als auch bei Molly, die Überbringung der frohen Botschaft übernehmen könnten. Ich bin mir etwas unsicher, ob ich in der Lage sein könnte, mit den anstehenden Reaktion wirklich gut zurecht zu kommen.“

    John grinste anzüglich als vor seinem inneren Auge das ketzerische Bild einer vor Wonne schluchzenden Molly erschien, die einem verzweifelt orientierungslosen Sherlock am Hals hing und ihm den Mantel vollsabberte. Auch in Sherlocks Kopf schien diese Szene in der einen oder anderen Variante gerade herumzuspuken, denn sein Gesicht nahm kurz einen entsetzten Ausdruck an. Doch dann lächelte er plötzlich zynisch und seine Augen bekamen einen verträumten Blick.
    „Stg. Donovan und Anderson übernehme ich dann gern wieder selbst. Komisch, nicht wahr, aber ich glaube, die beiden sind die einzigen unter meinen Freuden denen ich zutraue, dass sie ihren Emotionen den angemessenen Ausdruck verleihen können.“
    Und in seinen Pupillen glühte für Sekunden die Andeutung früherer spitzbübischer Unbeschwertheit auf, die in John die stille Hoffnung weckte, sie beide würden in der Zukunft irgendwann einmal, zu der offenen Freude zurückfinden können, die sie vor Sherlocks Tod, trotz aller Gegensätzlichkeit, miteinander geteilten hatten.

    Sherlock sprang tatkräftig auf und griff nach seinem Mantel.

    „Sie wollen noch einmal los?“

    „Ich muss noch etwas erledigen, John.“

    „Und? Soll ich mitkommen?“ grinste John provokant.

    „Nein“, Sherlock schüttelte den Kopf und zog die Augenbrauen hoch. „Nein. Das mache ich allein.“


    ***




    Irenes Auftrag – Solche Aufträge werden an die sogenannten Klempner herangetragen. Diese, einzig der Autorität des amerikanischen Präsidenten unterstellten, Agenten sind keineswegs einer Phantasie Hollywood entsprungen, sondern gab und gibt es wirklich. Sie werden Klempner (Plumpers) genannt und werden vor allem, wie der Name schon andeutet, zu Vertuschung oder Korrektur fehlgeschlagener CIA- oder Regierungs-Projekte benutzt. Sie agieren ohne Rückendeckung und können bei Ergreifung auf keinerlei Hilfestellung von amerikanischen Behörden oder Geheimdiensten hoffen, da ihre Identität und der Grund ihres Einsatzes auch dort unbekannt bleibt. Die Existenz der Klempner geriet erstmalig im Zusammenhang der Ermittlungen zum Watergateskandal in den Fokus der Öffentlichkeit. Da Nixon sie, zu seinem eigenen Machterhalt, rechtswidrig missbrauchte um seine Gegner zu bespitzeln. Angeblich wurden sie von ihm gegründet und nach seiner Amtsenthebung aufgelöst. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass ihre Existenz auch weiterhin real ist.


    Johns Miete
    – im Canon verkauft Watson nach der Rückkehr seine Praxis um wieder zu Sherlock Holmes zu ziehen und mit ihm zusammenzuarbeiten. Er verkauft weit über Preis und erfährt erst später, dass ein Verwandter Holmes den Strohmann dafür gab und das Geld direkt von seinem Freund stammte. Hier gibt es nichts zu verkaufen, also darf der „Verwandte“ auf andere Weise finanziell hilfreich tätig werden.
    Geändert von sethos (23.10.2012 um 10:58 Uhr)

  6. #26
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    Die Triebwerke des kleinen Privatjets jaulten auf als der Pilot mit den Starvorbereitungen begann. Nur durch den Lärm der Turbinen vermochte die Frau die Maschine auf dem unbeleuchteten Rollfeld auszumachen. Wolkenfetzen jagten stürmisch über den nachtdunklen Himmel. Der Wind heulte und pfiff. England verabschiedete sich auf angemessen dramatische Weise von ihr. Ein letztes Mal durchmaßen ihre Blicke suchend die Tiefe der kleinen Abfertigungshalle. Doch alles blieb ruhig und einsam. Alles weitere Warten schien töricht. Es war nur eine winzige, unbewusste Hoffnung gewesen, doch als sie nun ausblieb schalt sie sich innerlich sentimental.
    Die breite Flügeltür zum Rollfeld wurde aufgerissen und der junge Steward schob seinen Kopf hinein.
    „Ma'am wir wären soweit.“

    „Ich komme.“ Sie zog den Gürtel ihres Trenchcoats fester zusammen und verschluckte das enttäuschte Seufzen das in ihrer Kehle schlummerte.

    Draußen war es genau so ungemütlich wie es durch die Glasscheiben ausgesehen hatte. Der Wind zerrte an ihrem Mantel und fing sich in der, ihren Haarknoten bedeckenden, Kappe. Zwei einsame Laternen spiegelten fahles blaustichiges Licht im aufgewühltem Wasser der Pfützen. Die schwarzgrauen Wolkenberge türmten sich himmelwärts zu monströsen Bollwerken. Schattenwesen jagten am Firmament. Jeden Moment würde es wieder heftig zu regnen beginnen. Es wurde dringend Zeit diesen etwas ungastlichen Ort zu verlassen. Der Steward war ihr weit voraus und wartete bereits unruhig an der Einstiegstreppe des Jets. Die ausgestoßene Hitze der Turbinen verwandelte sich in der kalten, feuchtigkeitsschwangeren Luft zu feinen Nebelwolken und umhüllte die unmittelbare Umgebung wie der Atem eines riesigen Ungeheuers, bevor der Wind ihn hinweg riss. Das Motorendröhnen übertönte jegliche Betriebsamkeit von anderen, entfernteren Terminals.

    Entschlossen hob sie den Kopf und stemmte sich dem Sturm entgegen.

    „Irene“, raunte die dunkle Stimme direkt hinter ihr.

    Sie fuhr herum und vermochte das freudige Lächeln, dass sich ihr auf die Lippen stahl nicht zu verhindern.
    „Ich hatte gehofft, dass du kommen würdest um dich noch von mir zu verabschieden.“

    Sherlocks große Gestalt blieb in der Dunkelheit verborgen, selbst sein Gesicht war nur ein schemenhafter Schatten, im aufgeschlagenen Kragen des Mantels versteckt.
    „Eigentlich wollte ich dir nur mitteilen das Mycroft die Daten des Chips eingespeist hat. Es funktioniert. Die Antivirenprogramme arbeiten bereits weltweit. Wenn alles weiterhin so gut anläuft, sollten die wichtigsten Systeme in ein paar Tagen wieder sauber sein. Den Rest erledigt die Zeit.“

    „Gut. Dann ist unsere Arbeit hier wohl endgültig beendet. Freut mich für dich.“, Irene lächelte melancholisch. „Nun kannst du in dein altes Leben zurückkehren. Neue Fälle, neue Verwicklungen, neue Jagden. Und alles ohne Angst, dass hinter jedem neuen Schritt ein neuer Abgrund oder eine neue Teufelei wartet.“

    „Ebenso wie du.“

    Irene lachte freudlos auf. „Nein, ich denke für mich ist der Spaß vorbei. Besser als das hier, kann es nicht mehr werden, Sherlock. Hat mich Jahre meines Lebens gekostet, aber ich habe mich mit den beiden größten Spielern gemessen und ich denke, ich habe eine ganz gute Figur dabei abgegeben. Das Ganze macht mich aber nun leider, in gewissen Kreisen, genauso wie dich, zur Berühmtheit. Ist letztendlich nicht sehr zuträglich für die Berufswahl. Ich denke, für mich wird es Zeit, ein wenig ruhiger zu treten. Ich werde es mit einem ähnlichen Rezept versuchen wie du und werde Privatperson werden. Im Gegensatz zu dir, war ich der mir zustehenden Abfindung nicht abgeneigt und sie fiel mehr als großzügig aus für das was mir so vorschwebt. Südfrankreich soll schön sein, oder Nizza...Monte Carlo...“

    „Schade.“ Er neigte sich zu ihr vor und Irene vermochte nun das dunkle Glitzern seiner Augen zu erfassen. „Die Welt verliert eine großartige Spielerin.“

    „Du meinst, ich habe mich gut geschlagen.“

    Er lächelte sie offen an. „Besser als so mancher etwas überbewertete Detektiv. Ohne dich wären wir gescheitert.“

    „Danke“, flüsterte sie mit einem kurzen Anflug von Stolz und trat dabei so dicht vor ihn, dass sie beide, trotzt der sie umgebenden Schatten in der Lage waren, einander direkt ins Gesicht zu schauen und er die Wehmut in ihren Augen bemerken musste. Doch dann zuckte plötzlich ein unartiger, verspielter Zug um ihre schönen Lippen und sie wisperte leise: „Vielleicht hast du Recht. Möglicherweise sollte ich doch nicht so vorschnell über den Ruhestand nachdenken. Vielleicht gibt es ja doch noch ein paar Geheimnisse, die nicht aufgeklärt wurden.“

    „Zum Beispiel?“

    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen um ihn besser erreichen zu können und er neigte neugierig den Kopf zu ihrem Mund, um keines der Worte zu verpassen die sie ihm ins Ohr hauchte. Dann schniefte er jedoch ironisch, hob den Kopf wieder und blickte sie herausfordernd an.
    „Irene, aber das ist doch kein Geheimnis. Das war doch längst bekannt.“

    „So“, nickte sie gespielt skeptisch. Von seiner Überlegenheit offensichtlich angespornt. „Wenn das so ist.... Aber wusstest du auch....“, und erneut zog sie sich an ihm empor und als ihr Raunen ihn erreichte, fuhren seine Augenbrauen erstaunt hoch und seinem Blick haftete Unglaube an. Mit einem überlegenen Lächeln liess sie sich wieder auf ihre Füße herab und studierte zufrieden den kurzen verwirrten Ausdruck auf seinen eben noch so beherrschten Gesicht.
    Seine Stirn legte sich in skeptische Falten und seine Augenbrauen formten einen missbilligenden Strich, während sein Körper in deutlichem Argwohn verharrte.
    „Bist du dir da völlig sicher?“

    Sie maß seine Entrüstung mit Genugtuung, hob triumphierend den Kopf zu ihm empor und lächelte mit spitzen Lippen siegesgewiss.
    Heftig jaulte der Wind auf und riss Irene die Kappe vom Haar. Sie wirbelte durch die Luft und taumelte in die Nacht hinaus. Keiner von ihnen schenkte dem Vorgang Beachtung. Ihre Augen verhakten sich duellierend ineinander. Irenes Lippen zuckten schelmisch und ein verlockender Zug lag um ihren blutroten Mund als sie flüsternd antwortete:
    „Zu hundert Prozent.“

    Erneut schnellten seine Brauen hinauf. Seine Wangenknochen mahlten kurz.

    „Ma'am!“ wehte der ungeduldige Ruf des Stewards herüber und zerbrach den Augenblick.

    Irene seufzte. „Das war's dann wohl. Pass auf dich auf Sherlock.“ Ihre Hand legte sich kurz auf seinen Arm.

    Er nickte ruhig. „Du ebenso Irene.“

    „Grüße John von mir.“ Sie drehte sich um und ihre spitzen Absätze klackerten hastig auf dem nassen Asphalt, während ihre schlanke Gestalt mit einmal erstaunlich zart und verletzlich wirkend dem Flugzeug entgegeneilte. Seine Augen hielten ihr durch den Nebel davon eilendes Bild fest, als sie plötzlich stoppte und sich noch einmal zu ihm umblickte.

    „Ma'am!“, quengelte der Steward hinter ihr.

    „Eine Moment noch, ich habe etwas vergessen.“
    Sie eilte zurück und noch bevor Sherlock vollends begriff, hatte sie ihn wieder erreicht, schnellte auf die Zehenspitzen zurück und hauchte ihm einen zarten Kuss auf die Wange. Ihre Hand glitt kurz an seiner linken Mantelseite vorbei und trotz seiner Verwirrung, ob ihrer Überrumpelung, vermochte er deutlich die federleichte Gewichtsveränderung in seiner Manteltasche auszumachen.

    „Auf Wiedersehen, Mr. Holmes.“
    Und schon hastete sie wieder dem Flugzeug und seinem erleichtert aufatmendem Steward entgegen.

    Sherlock schüttelte in ironischem Respekt den Kopf. Doch das Lächeln dass er ihr nachsandte war offen und ehrlich. Er sog die kühle Regenluft ein und für Sekunden vermochte er darin noch den hauchigen Blütenduft ihres Parfüms wahrzunehmen, dann trat er den Rückzug in die Dunkelheit an und schlenderte langsam zum Ausgang.
    Weit hinter ihm raste ein Kleinjet dröhnend himmelwärts.
    Noch bevor er die Straße erreichte explodierte die aufgestaute Wolkenkraft und prasselte in heftigen Regenschauern hernieder. Eiskalte Tropfen schlugen ihm hart ins Gesicht und er zog den Kopf noch tiefer in den Mantelkragen und Schal zurück und vergrub seine Hände in den Taschen. Und so erkannte auch keiner der wenigen Passanten, die noch zu solch später Stunde im beleuchteten offiziellen Teil des Flughafens unterwegs waren, den tiefzufriedenen Gesichtsausdruck des Mannes, der sich dort gerade entspannt auf die Suche nach einem geeigneten Taxi Richtung Baker Street machte.







    Epilog






    „Sherlock!“, schnauzte John und durchwühlte wütend die Fächer der Schrankvitrine. „Wo ist mein Notizbuch?“

    Sherlock warf einen missbilligen Blick über den Frühstückstisch und zog die Morgenzeitung heran. „Wir sollten Mrs Hudson irgendwann einmal sagen, dass ihr Porridge klumpig ist und die Eier zu hart.“

    „Sherlock!“

    „Wozu brauchen Sie es?“

    „Wofür wohl? Um darin zu schreiben.“

    „Über wen?“

    „Verdammt, Sherlock. Bestimmt nicht über Sie.“

    „Natürlich über mich. Ich habe Ihnen verboten weiter über mich zu schreiben.“

    „Sie haben mir das Blog verboten.“ Johns wüste Jagd dehnte sich auf die daneben stehende Kommode aus.

    „Und weil ich Ihnen das Blog verboten habe, schreiben Sie jetzt auf die herkömmliche Weise.“

    „Es sind nur Notizen. Sie werden niemals veröffentlicht.“

    „Natürlich werden sie das, irgendwann.“

    „Ja wenn Sie tot sind“ , Johns Suche erreichte den Schreibtisch. Wütend riss er die Laden auf der Seite heraus, die zum Revier seines Freundes gehörten.
    „Wenn Sie mir nicht sofort sagen wo es ist, wird genau dieser Zustand noch heute eintreten. Um nicht zu sagen, sofort.

    „Sie wollen für ein Notizbuch lebenslänglich für einen Mord riskieren?“, brummte Sherlock nicht sonderlich von Johns Drohung beindruckt.

    John warf ihm einen wütenden Blick zu. „Wer soll mich noch überführen, wenn Sie tot sind?“, konterte er schlagfertig und wühlte zwischen Sherlocks Papieren.
    „Sherlock, zum letzten Mal. Wo ist mein...
    ...Oh!“

    Sherlock zog kurz den Kopf aus der Zeitung.
    „Was ist?“

    John starrte auf den Inhalt der oberen Schreibtischschublade. „Da liegt ein Handy.“

    „Ja, na und.“

    „Es ist nicht das Handy, das früher darin lag.“

    „Wie sollte es das auch?“ Sherlocks Kopf war längst wieder in seiner Lektüre verschwunden. „Das hat Mycroft höchstpersönlich auf einem Sprengplatz in die Luft gejagt.“

    „Und was ist das hier?“ John zog das kleine, unscheinbare, schwarze Etwas ans Tageslicht.

    „Legen Sie es wieder zurück, John. Ihr Notizbuch finden Sie unter dem Sofakissen ihres Sessels.“

    John schob das Handy gehorsam an seinen Platz und eilte mit einem frechen Grinsen zum Sessel. „Und was soll ich, Ihrer Meinung nach, zu diesem Thema in mein Notizbuch schreiben?“

    „Zu welchem Thema?“

    „Sherlock, Sie wissen ganz genau, dummstellen funktioniert bei Ihnen nicht. Dafür fehlt Ihnen die nötige Erfahrung. Kommen Sie, ich bin Ihr Freund.“

    „Ja und mein Chronist.“

    „Sherlock, Sie und ihr verdammter Hang zur Übertreibung. Sie wissen ganz genau, dass ich nie auch nur irgendjemandem ein Sterbenswörtchen verraten würde, wenn es um solche Dinge geht.“

    „Was meinen Sie mit solche Dinge?“

    „Nun, Sherlock...Was soll ich also bitteschön über Sie und Irene Adler schreiben?“

    „Über Irene Adler? Schreiben Sie....das Sie die Frau ist, die mich geschlagen hat!“

    „Das ist alles?“, maulte John deutlich enttäuscht.

    „Nein, warten Sie. Sie haben Recht, da ist noch etwas was ich vergaß zu erwähnen.“

    Johns Augen blitzten verheißungsvoll auf. Begierig lehnte er sich vor, den Kugelschreiber im Anschlag.
    „Was haben Sie vergessen zu erwähnen?“

    „Das Sie es mit der entsprechenden Hochachtung formulieren sollten!“




    Ende
    Geändert von sethos (26.10.2012 um 10:02 Uhr)

  7. Danke sagten:


  8. #27
    First Lieutenant Avatar von sethos
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    noch ein paar persönliche Anmerkungen



    Wer glaubt, ich habe, was Sherlock Holmes und seine Tätigkeiten oder Verwicklungen in Geheimdienstangelegenheiten oder Spionageaffären, übertrieben, dem sei das Lesen der Werke Sir Arthur Conan Doyle über seinen Helden empfohlen. Doyle konfrontiert Holmes mit allem was man sich damals und heute an Gefährdung nur vorstellen kann. Er ermittelt gegen Mafia, Cosa Nostra, Klu-Klux-Klan oder verbrecherische Geheimbünde. Terror, Bandenkriege, politischer Missbrauch und Erpressungen werden ebenso thematisiert wie Rassendiskriminierung, Drogenmissbrauch, genetische Experimente und häusliche und sexuelle Gewalt. Er wird in zahlreiche politische Affären verwickelt und ermittelt im staatlichen Auftrag verschiedenster europäischer Regierungen und Königshäuser. Watson beschreibt, dass Sherlock Holmes in zahlreichen dieser Fälle alleine unterwegs war und Holmes ihn nicht eingeweiht habe und er deutet ebenso an, dass es zahlreiche, Watson bekannte, Ermittlungen seines Freude gegeben habe, über die Watson niemals schreiben durfte oder die einfach zu geheim oder gefährdend für die Öffentlichkeit waren. Nach Holmes Rückkehr von den Toten scheint er alle Publikationen Watsons streng überwacht zu haben und nur bei harmlosen Fällen, bedingt, eine Freigabe erlaubt zu haben. Von einigen, seiner geheimen Fälle, kommt Holmes danach so erschöpft zurück, dass Watson als sein Arzt ernsthafte Bedenken anmeldet oder ihn in einem Fall sogar in den Erholungsurlaub verfrachtet. Holmes erklärt zudem, dass ihm eben diese Fälle ein solch reiches finanzielles Auskommen ermöglichten, dass er sich um Geld bis an sein Lebensende nie wieder sorgen müsse und er somit auch schlecht oder gar nicht bezahlte Fälle, nur seines spielerischen Interesses halber, annehmen konnte. Das Vorzeigen seiner Visitenkarte öffnet Türen und Tore und Polizei und Regierungsangestellte zeigen ihm gegenüber einen regelrecht unterwürfigen Respekt, während angesehene Klienten, einschließlich des britischen Premierministers bittstellend seinen Klientenstuhl bevölkern. Logischerweise stellt sich bei aller Beschaulichkeit seiner sonstigen Fälle damit die Frage: Was macht der Kerl eigentlich wirklich? - und in seinem letzten Fall (His last Bow) liefert uns Holmes prompt die Antwort. Es ist ein Fall, in den er zwei Jahre seines Lebens investierte und in dem er als Geheimagent tätig war. In diesen Fall scheint Watson eingeweiht, nimmt er doch zumindest an dessen Endauflösung teil. Im abschliessenden Dialog outet sich Holmes nicht nur als Agent, er erklärt auch, dass er seine Tätigkeit als Privatdetektiv und später seinen Ruhestand als Tarnung für sein anderes Tun benutzt habe und er macht Andeutungen das die Irene Adler Affäre den Ausgangspunkt für seine geheime Tätigkeit darstellte.
    Sherlock Holmes war mit Sicherheit nicht der James Bond der viktorianischen Zeit oder der Actionheld der Hollywoodverfilmungen, aber auch nicht nur der gemütliche, tweedtragende, pfeifenrauchende Aristokrat, der, damit sein genialer Geist nicht an Langeweile stirbt, ein paar rätselhafte Kriminalfälle im nebligen London bearbeitet.
    Die Wahrheit sollte irgendwo dazwischen liegen.

    Zwei Figuren habe ich in meiner FF bitter Unrecht getan.
    Zum ersten Mycroft, der im Canon eigentlich Sherlocks Verbündeter nach seinem gefakten Tod ist. - Wahrscheinlich ist er dieses auch in der Serie, doch erschien mir nicht logisch, warum dann diese grausame Täuschung von John durchgeführt wurde. Mein Gedanke hierbei war, dass man John täuscht, damit dieser wiederum überzeugend jemand anderen täuscht – und dafür kam nur Mycroft in Frage. Auch Mycrofts stundenlange Verzweiflung nach dem Scheitern des Coventryprojektes gab mir zu denken – anscheint wird dem sonst doch so kalten und logischen Mycroft klar, dass er nun sein Bruder opfern muss. Allerdings schließt das noch lange nicht aus, dass er in der Serie nicht doch mit ihm zusammenarbeitet oder sogar das Vorgehen gegen Moriarty mit ihm abkartet. Viel Raum für viele neue FFs.
    Die zweite Figur ist Irene Adler. Das sie ihm ihre Hilfe anbietet, steht wohl ausser Frage. Aber mit der einfachen Lösung, dass sie einfach nur dankbar ist (auch wenn dies die wahrscheinlichste Lösung wäre, wird doch gerade am Anfang der Serie falschgezeigte Dankbarkeit thematisiert) oder ihn liebt, wollte ich mich nicht abfinden. Diese Frau, hat eine um einiges raffinierte und mehr zu hinterfragende Rolle verdient. Mit Sicherheit wird sie in der Serie nicht mehr groß auftreten, also habe ich ihr hier ein wenig Spielraum gewehrt.
    Seit ihrem Erscheinen in Doyles Geschichten und Watsons Aussage, das sie für Holmes immer „die Frau“ war, gibt es viele Interpretationen zu ihrem Charakter - von der deutschen Spionin, bis hin zur Agentin Moriartys, oder einfach nur eine abenteuerliche Erpresserin. Es gab also zwei Möglichkeiten - sie schlecht zu machen oder sie nur raffiniert das Spiel mitspielend, aber nicht bösartig zu gestalten. In diesem Zweifelsfall gewann wiederum Doyle. Er schildert sie als „die Frau, die Holmes geschlagen hat“ und zwar nicht mit der Reitgerte, sondern intellektuell - auf seinem eigenen Gebiet. Etwas was sie in der Serie nicht (oder noch nicht) tut. Deswegen musste diese Richtigstellung hier erfolgen. Und er schildert sie, neben dem Umstand, dass sie scheinbar wirklich der einzige Mensch war, der Holmes emotional je tief berührte (möglicherweise hat sie ihn in der Serie auch darin geschlagen weil sie ihm lehrte, Emotionen nicht als chemischen Defekt der Verliererseite zu sehen. Schliesslich muss er auf Emotionen setzen, will er ihr bei seinem Sprung vertrauen) als für ihn so wichtig, dass er sie sein ganzes Leben lang sporadisch erwähnt. Er spricht stets in Hochachtung von ihr, was er bei der Erwähnung seiner Feinde, wie Moriarty oder Moran, nicht in diesem Maße tut. Von daher ging ich davon aus, dass sie nie zu seinem Feind wurde...im Gegenteil. Seine letzte Erwähnung in seinem letzten Fall legt sogar die Möglichkeit nahe, dass sie eine gegnerische Agentin war, die er auf seine Seite ziehen konnte.

    Natürlich sind dies alles Spekulationen und persönliche Lesarten Holmes. Ich würde mich über jede logische Widerlegung oder andere Varianten zu dem Thema riesig freuen. Es gibt immer Möglichkeiten....
    Oder um mit Sherlock Holmes zu sprechen:
    When you have excluded the impossible, whatever remains, however improbable, must be the truth.“
    Geändert von sethos (25.10.2012 um 12:13 Uhr)

  9. #28
    SGP-Schlafmütze Avatar von feles
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    Sethos, das Ende der Geschichte und Deine Anmerkungen habe ich mit viel Freude und großem Interesse gelesen. Die Geschichte selbst ist schlüssig und ohne Fragezeichen, aber etwas anderes sind Deine Leser ja auch nicht gewöhnt. Deine Anmerkungen finde ich besonders interessant. Vor vielen Jahren habe ich mir mal Doyles Gesamtausgabe seines Holmes zugelegt. Auch wenn diese deutsche Übersetzung bestimmt nicht die Beste ist, so lese ich doch alle paar Jahre gerne darin. Zum einen habe ich festgestellt, dass ich zu genau der Sorte Mensch gehöre die Sherlock so ungeduldig werden lässt, nämlich die, die sehen aber nicht wahrnehmen. Und tatsächlich könnte ich selbst unter Androhung von Strafe nicht sagen in welcher Bekleidung meine Familie morgens das Haus verlassen hat. Es reicht, dass sie etwas anhaben. (Das bezieht sich natürlich vor allem auf meine Kinder in einem jüngeren Alter, als Socken schon mal als überflüssig abgetan wurden.) Zum anderen gefällt mir die Zeit sehr gut in der die original Geschichten spielen. Es muss sehr spannend gewesen sein, als sich das Frauenbild anfing zu wandeln. Und ich glaube, auch diese Tatsache spielt bei Holmes mit hinein wenn er versucht Irene Adler zu verstehen. Für damalige Verhältnisse entsprach sie absolut nicht dem gängigen Frauenbild und ich denke auch ein Sherlock Holmes kann sich nicht ganz frei machen von Konventionen seiner Zeit. Dass sie dazu noch mit seiner Art der Intelligenz mithalten kann, hat ihn mit Sicherheit beeindruckt. Wobei ich Doyle immer so interpretiert habe, dass Holmes der gemeinen Frauenschaft durchaus eine eigene Art der Intelligenz zuschrieb. Eher noch als der durchschnittliche Mann dieser Zeit.
    Deine Version in die heutige Zeit umgesetzt zu lesen (Fernsehserie hin oder her) hat mir viel Spaß gemacht, hoffentlich kommt da noch mehr! Vielen Dank für`s teilen!
    Ronon: Your planet's weird.
    Sheppard: You can say that again.

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