Titel: Lose Enden
Autor: Garfield
Serie: SG-1 - Zukunft
Pairing: seht selbst
Inhalt: Dies ist mein Ende der Stargate Saga - das Stargate Programm ist öffentlich, alle Schlachten sind geschlagen. Vielleicht ist mein Ansatz und vor allem die Entwicklung für viele etwas schräg, aber als ich "she" von Elvis Costello gehört habe, hatte ich auf einmal dieses Bild im Kopf...
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Lose Enden… Davon gab es immer noch mehr als genug. Fragezeichen wiesen den Weg in die Zukunft mehr denn Ausrufezeichen. Doch es lag nicht mehr in seiner Hand die Antworten zu finden und die Richtung vorzugeben.
Mit dem öffentlich Werden des Stargate-Programms hatte er seine Pensionierung eingereicht – wollte nichts mehr zu tun haben, mit all dem Rummel, der nun darauf folgte, sich nicht zermahlen lassen zwischen dem Gerangel nach Nutzungsrechten und den Diskussionen über Sinn und Unsinn, sich nicht rechtfertigen müssen für Kosten… Geld, auch heute ging es immer nur um Geld. Die Sicherheit des Planeten schien dabei immer unwichtiger zu werden.
Obwohl sie den Krieg gegen die Luzianer-Allianz gewonnen hatten, waren längst noch nicht alle Verluste gezählt, längst nicht alle Vermissten gefunden, alle Gefallenen betrauert. Die Ereignisse hatten sie überholt, ihnen kaum Raum und Zeit gelassen für Trauer. Er selbst war zur funktionierenden Maschine geworden in den Wirren des Krieges und unter dem immer stärker werdenden Druck der Öffentlichkeit. Er hatte den Verlust der Destiny mitsamt ihrer Besatzung ebenso hinnehmen müssen wie die wachsende Zahl der Gefallenen. Persönliche Verluste waren nur durch eiserne Disziplin zu ertragen gewesen und hielten ihn doch bis heute mit eiskalter Faust umklammert.
Lose Enden… Nachdem sich die Lage von „Atlantis“ in der Bucht vor San Francisco als guter taktischer Stützpunkt im Kampf gegen die Luzianer erwiesen hatte, beschlossen sie die Stadt genau dort zu belassen und zum künftigen zentralen Stützpunkt des Stargate-Programms zu berufen. Nicht nur die Überlebenden der alten Stammbesatzung fanden nun dort ihre alte neue Heimat wieder, sondern auch viele Wissenschaftler aller Nationen der Erde sowie Diplomaten und Abgesandte der jeweiligen Militärs. Man wähnte sich in Sicherheit und gaukelte damit der Weltöffentlichkeit eine trügerische Harmonie und Einigkeit vor. Niemand sollte von den Streitigkeiten hinter den Kulissen erfahren. Er war froh, in der Stadt einen fähigen Mann wie Richard Woolsey an der Spitze zu haben und gute Männer wie Rodney McKay und John Sheppard an dessen Seite zu wissen. Die Liste der Namen, denen er bedingungslos vertrauen und getrost das Ruder überlassen konnte war leider nicht mehr sehr lang, die Liste der Namen, die er betrauern sollte dafür umso länger…
Lose Enden… Die Stilllegung des Cheyenne Mountain als SGC führte ihn schließlich heute an den Ort allen Ursprungs zurück. Es war ein letzter Gang, ein letzter öffentlicher Akt, den er sich nicht wollte nehmen lassen. Die Verfrachtung des Gates ins Pentagon nach D.C. und die Schließung des Bergs sollte seine letzte Amtshandlung im Dienste von Homeworld Command sein. Ab morgen gab es nur noch Privatleben und seine Hütte in Minnesota... Bisher ließen sich die Gedanken daran erfolgreich verdrängen, gab es doch noch so viel zu Bedenken, so viel zu erledigen. Die Übergabe der Geschäfte an seinen Nachfolger hatte viel Zeit in Anspruch genommen. Hank Landry war eine gute Wahl, die einzig Logische und Richtige. Und Cameron Mitchell als oberster Stabschef würde ihm an seiner Seite ein guter Ratgeber sein. Der Weg in die Zukunft war geebnet, was er hatte dazu beitragen können war nun erledigt und nichts sollte ihn jetzt daran hindern ruhigen Gewissens seiner Wege zu gehen.
Lose Enden… Selbst an diesem Ort gelang es ihm nicht die losen Enden zusammen zu führen. Dabei hatte er gehofft ein letzter Besuch im SGC würde ihm helfen am Ende kein Fragezeichen mehr stehen zu lassen, sondern nur einen Punkt. Doch so einfach war es nicht. Er vertröstete die Wache und drehte noch einmal einsam seine Runden durch die nun leeren Korridore, stattete dem Büro des SGC Leiters einen letzten Besuch ab, verharrte einen Moment in andächtigem Schweigen vor dem Schreibtisch, hinter dem Jahrelang George Hammond mit viel Diplomatie und Menschlichkeit die Fäden in der Hand gehalten hatte und in dessen Fußstapfen er selbst schließlich getreten war. War er seiner je würdig gewesen? Er verließ das Büro und betrat den Briefing Raum. Gemächlich zog er seine Kreise um den großen Konferenztisch, formte in Gedanken zu jedem Stuhl die Namen seiner Freunde, die über die Jahre hinweg dort ihren angestammten Platz innegehabt hatten. Viele davon waren heute nicht mehr am Leben, doch seine Erinnerung hielt ihren Geist gegenwärtig: Kowalsky, Janet Fraiser, George Hammond, Elisabeth Weir… Jeder von ihnen war nicht nur für das SGC eine Bereicherung gewesen, sondern auch für ihn persönlich symbolisierten sie ein Stück seiner Vergangenheit und jeder Verlust hatte in seinem Leben unterschiedlich tiefe Spuren hinterlassen. Etwas wehmütig ging er schließlich die Wendeltreppe zum Kontrollraum hinunter. Seine Stiefel verursachten nachhallenden metallenen Lärm, der auf einmal seltsam neu für seine Ohren klang. Der Raum lag im Halbdunkeln. Dort wo früher Computeranzeigen blinkten und Maschinen unter sonorem Brummen der Lüfter ihren Dienst taten herrschte gespenstische Stille.
„Es hat keinen Kuchen gegeben.“
Sie stand an dem großen Fenster und blickte in den Gateraum hinunter. Natürlich war sie nicht ohne ihn gegangen. Er wusste, dass ihr der Abschied wesentlich schwerer fiel als ihm. Schließlich war diese Einrichtung über die letzten Jahre hinweg ihr zuhause gewesen.
„Die Zeit der Torten ist lange vorbei“, erwiderte er nüchtern und bereute die Kälte in seiner Stimme sofort. Sie konnte nichts dafür, dass sich die Zeiten geändert hatten, dass die Zeit sie alle verändert hatte.
„Ich werde das alles hier vermissen“, sagte sie leise.
Noch immer wandte sie ihm den Rücken zu, blickte stur in den Gateraum hinunter auf die Stelle, an der einst das Gate gestanden hatte. Seltsam kahl und leer wirkte nun alles, lediglich die Stahlkonstruktion, die als Rampe zum Gate hinauf diente war zurückgeblieben und erinnerte ihn auf einmal an jeden Schritt, den er darauf gesetzt hatte. Er korrigierte sich augenblicklich. Der Gateraum wirkte nicht kahl, sondern eiskalt. Und er spürte wie diese Kälte auf einmal mit eiserner Hand sein Herz umklammerte und ihm die Kehle zuschnürte.
„Yeah“, war alles was er über die Lippen brachte. Es war mehr ein Krächzen, denn ein gesprochenes Wort. Doch sie kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er sich manchmal schwertat mit diesen Dingen. Das Reden über Gefühle war nie seine Stärke gewesen und die vergangenen Jahre, der Krieg, die Verluste hatten seine Schale noch härter werden lassen. Lediglich ihr war es gelungen ihn hinter seinem selbsterrichteten Schutzwall hervorzulocken – zunächst mit ihrer Stärke, dann mit ihrer Trauer und letztlich mit ihrer Wärme.
Sie war das lose Ende, der letzte Teil, der von SG-1 noch übrig geblieben war. Er beobachtete sie, wie sie da stand und still durch die Scheibe blickte. Ihr schwarzes Haar fiel lang und glatt über ihren Rücken, die Arme hatte sie vor der Brust verschränkt. Er brauchte nicht ihr Gesicht zu sehen um zu wissen wie ernst ihre markanten Züge waren, wie fest sich ihre vollen Lippen aufeinander pressten und wie traurig ihre großen Augen glänzten. Sie war das Gesicht, das er unter Tausenden erkennen würde, das Gesicht, das immer eine Spur von Freude und Bedauern zugleich an den Tag legte, das an einem einzigen Tag den passenden Ausdruck zu hundert verschiedenen Emotionen zeigen konnte.
Sie war das lose Ende, der Teil von SG-1, den er scherzhaft immer die Schöne und das Biest in einer Person genannt hatte, die Frau, die größtes Unheil heraufbeschwören konnte als auch die hellste Freude. Daniel meinte einmal zu ihm, sie könnte jeden Tag von jetzt auf gleich in Himmel oder Hölle verwandeln und entsprechend oft hatte sie SG-1 sowohl in Schwierigkeiten gebracht als auch aus dem tiefsten Dreck gezogen. Ihre Loyalität war heute über jeden Zweifel erhaben und er wusste, sie war nicht das, was sie in ihrer Schale zu sein schien. Sie waren sich ähnlich, sie waren einander gleich und deshalb war sie heute der Spiegel seiner selbst.
„Schade, das Teal’c nicht dabei war. Die Party hätte ihm gefallen“, meinte sie scherzhaft.
Er war sich da nicht so sicher, obwohl der Jaffa über die Jahre hinweg viele menschliche Bräuche adaptiert hatte, war er doch durch und durch der Krieger geblieben, der letztlich zu seinem Volk zurückgekehrt war und dort heute ein glückliches erfülltes Leben führte.
„Yeah“, wieder nur dieses heisere Krächzen. Was hätte er auch sagen können? Er war sicher Teal’c war in Gedanken bei ihnen. Und so sehr er seinen Freund auch an diesem Tag vermisste, er war froh, dass der Jaffa seine Bestimmung gefunden hatte und nicht wie er selbst ohne Umlaufbahn bisher durchs Universum getrieben war. Aber damit war nun Schluss.
Er näherte sich ihr, trat dicht hinter sie und legte schließlich die Arme um sie. Schweigend betrachtete er ihrer beider Gestalt im Spiegelbild der Glasscheibe. Er mit silbergrauem Schopf, immer noch ein paar Pfund zu viel auf den Rippen und Zügen, aus denen das Alter inzwischen nicht mehr zu leugnen war. Sie schön und groß wie eine Amazone. Ein seltsames Paar, wenn er sich diesen Gedanken überhaupt erlauben durfte, ein seltsames Bild, welches in seiner Vorstellung nie stattgefunden hätte. Er presste sich noch fester an sie bis er ihre Wärme durch die Kleidung fühlen konnte und vergrub seine Nase in ihrem weichen Haar, atmete tief ihren Duft in seine Lungen und küsste die weiche Haut ihres langen Halses. Mit einem Seufzen der Erleichterung nahm er zur Kenntnis, dass sie ihm entgegenkam, sich dankbar an ihn lehnte und sanft lächelte. Erst dann schob er seine Hände auf ihren gewölbten Leib und fühlte das neue Leben darin. Auch wenn das Kind, welches sie unter ihrem Herzen trug nicht sein eigen Fleisch und Blut war, so garantierte es doch den Weg in eine Zukunft und er würde es lieben und ihm den Vater ersetzen mit jeder Faser seines Daseins. Heute konnte er so denken, so empfinden, ohne schlechtes Gewissen. Die Zeit war vorbei in der er dachte Verrat zu begehen an Daniel, an Sam… Sie hatten beide den Verlust ihrer Freunde betrauert, hatten geklagt, geweint, gezürnt und dem Schicksal getrotzt und als klar war, dass weder Daniel noch Sam zu ihnen zurückkehren würden, teilten sie ihr Leid miteinander, gaben sich gegenseitig Halt und Kraft. Er wusste, sie konnte die Dinge klar voneinander trennen. Und wenn sie mit ihm schlief hatte das nichts mit ihren Gefühlen für Daniel zu tun. Dennoch war es für ihn nicht so einfach gewesen – nicht nur wegen Daniel. Sicher, er war niemandem verpflichtet gewesen. Eine Beziehung zu Sam Carter hatte wenn überhaupt nur in seiner Vorstellung existiert und körperliche Liebe war in seinem Leben kein Thema mehr gewesen, bis sie ihn lehrte, wie sehr ihm genau diese Körperlichkeit, diese Nähe fehlte.
Er hörte wie sie seufzte und in einer stummen Geste ihre Hände auf seine legte und damit drei Leben miteinander verband. Die losen Enden fügten sich zueinander. Vielleicht war sie die Liebe, die nicht ewig dauerte, die vielleicht geboren war aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit oder deswegen auch genauso schnell wieder vergehen würde. Aber sie war definitiv die Liebe, an die er sich bis zu seinem Todestag erinnern würde. Sie war der Grund, warum er überlebt hatte, der Grund, warum er hier und heute am Leben war. Er würde auf sie und ihr Kind aufpassen und diese simple Tat zum Sinn seines Lebens machen - wie kitschig sich das auch immer anhören mochte.
„Bereit zu gehen, Vala“, flüsterte er an ihrem Ohr.
Eine Weile blickten sie noch beide stumm auf den leeren Platz im Torraum, dann drehte sie sich zu ihm herum und sah ihn an.
„Bist du es denn, Jack?“, fragte sie geradeheraus.
Was sollte er darauf antworten? Er hatte dieser Einrichtung vor langer Zeit Lebewohl gesagt. Seither waren viele Jahre vergangen und niemals war er gefragt worden, ob er bereit für irgendetwas gewesen sei. Er sah in ihr Gesicht, hielt sie immer noch so fest in seinen Armen, dass ihr stark gewölbter Bauch gegen seinen Körper drückte und er fühlte plötzlich wie das Baby trat und strampelte. Ja, er war bereit und mehr als das. Sie waren die losen Enden, die zueinander fanden und gemeinsam würden sie SG-1, SGC und alles was damit zusammenhing hinter sich lassen. Andere würden den Weg den sie geebnet hatten weitergehen. Er lächelte, küsste sie und meinte dann voller Zuversicht und Vertrauen:
„Ich bin zu allem bereit, solange ihr bei mir seid.“
ENDE