MiniBang
Titel: Jagdsaison
Serie: SG-Atlantis
Rating: PG-13 slash, Pairing: Sheppard/McKay
Charaktere: Rodney McKay, John Sheppard, Col. Carter, Teyla, Ronon
Genre: Mystery, Abenteuer, Humor
Anmerkungen: Vorsicht, wiederkehrender Wechsel im Erzählstil u.a. POV Rodney! Fünf Kapitel, die ersten drei sind sehr lang ...
Disclaimer: alles gehört MGM & Co, ich verdiene nichts ...
Inhalt: durch die unbeabsichtigte Aktivierung eines eigentlich als defekt geltenden Antikergerätes erlangt McKay die Grundinstinkte eines Wraith wie Hunger, Jagdinstinkt und die dazugehörige Aggressivität. Da Gefahr für sein Leben besteht, müssen seine Freunde sich etwas einfallen lassen, bevor das in ihn implantierte Programm seine Existenz auslöscht.
Fanart: Sinaida
Jagdsaison
Du und ich: Wir sind eins. Ich kann dir nicht wehtun ohne mich zu verletzen (Mahatma Ghandi)
1. Beute und Probejagd
Kopfschmerzen.
Das ist das erste, was ich spüre.
Ein kleines, hungriges Monster hinter meiner Stirn, das mir seine Klauen in die Schläfen schiebt.
Ja, danke bestens.
Stöhnend öffne ich die Augen, kneife sie jedoch sofort wieder zu, als ein gleißender Strahl mir glatt die Netzhaut versengt. Verdammt, was ist das?
Es ist, als bohre mir jemand ein glühendes Messer von hinten durch die Augäpfel. Ich höre ein leises Wimmern – bin ich das etwa? – balle meine Hände zu Fäusten und presse sie mir vor die schmerzenden Augen. Irgendwann verschwindet das Messer und macht einem Presslufthammer platz. Immer noch nicht gut, aber schon weitaus besser.
Dafür beginnt es in meinen Ohren zu summen und zu pfeifen; und fast zeitgleich entsteht ein Kribbeln direkt unter meiner Haut, ich spüre es überall, besonders wo meine Haut Kontakt mit Kleidung hat wird es schier unerträglich. Ein heißes, stechendes Jucken – die Krätze kann nicht schlimmer sein.
Und Kopfschmerzen habe ich immer noch.
Ich gebe mir einen Ruck und versuche ein zweites Mal die Augen zu öffnen, doch diesmal bin ich vorsichtiger und lasse mir mehr Zeit. Das Licht sticht mir noch immer unangenehm in die Netzhaut, doch es ist nicht mehr so schlimm. Meine Sicht ist zwar etwas verschwommen, doch ich erkenne das Labor – die Schreibtische, den Stuhl, von dem ich eben gefallen bin und neben mir liegt dieses handgroße Antikergerät. Es sieht tot aus, aber ich kann ganz deutlich die Schwingungen spüren, die es ausstrahlt – es pulsiert regelrecht und strahlt dabei eine Hitze ab, bei der mir aus mir unbekannten Gründen übel wird.
Vielleicht liegt es aber auch nur an den Kopfschmerzen.
Ich hebe etwas den Kopf und taste mir über den schmerzenden Hinterkopf. Ich spüre Nässe und eine ziemlich dicke Beule. Als ich meine Hand wieder vor mein Gesicht halte, kann ich das Blut an meinen Fingern schon riechen, bevor ich es sehe. Wieder wird mir übel, doch diesmal vor Hunger.
Aus einem Impuls heraus stecke ich mir die Finger in den Mund und lecke das Blut ab. Es schmeckt salzig, metallisch und nach einer Süße, die ich so noch nie erlebt habe. Das wäre doch mal eine neue Geschmacksrichtung:
Powerriegel mit Blutfüllung. Oder blauer Wackelpudding mit Blutbeilage.
Plötzlich weht mir ein anderer, schwerer Geruch entgegen: auch sehr süß und salzig, doch zugleich auch irgendwie … erdig.
Feucht und schwer, wie Moos im Frühlingsregen und schwach darunter wieder die metallische Blutsüße.
Hmmmm …
Aus meiner Kehle entweicht ein leises Knurren, ein Ton, von dem ich gar nicht wusste, dass ich ihn zustande bringe, doch ich denke nicht weiter darüber nach, denn ich erkenne die Schritte, die mir langsam näher kommen. Es ist dieser federnde, unverwechselbare Gang
- hm, Beute -
meines Colonels.
- ja, genau, MEIN Colonel. -
Plötzlich überfällt mich das Gefühl, dass er mich auf keinem Fall in diesem Zustand hier vorfinden darf. Meinen aufbrüllenden Schädel standhaft ignorierend rappele ich mich auf, erinnere mich an meine Kopfwunde und greife zum nächstbesten, was mir ins Auge springt. Gerade noch rechtzeitig ziehe ich mir Zelenkas Neuerwerbung über die Verletzung, da spüre ich auch schon, wie er das Labor betritt. Ich spüre ihn mit jedem meiner Sinne und wieder will aus meiner Kehle dieses Knurren entweichen, doch es gelingt mir, es auf halbem Wege zu unterdrücken.
„Hallo Rodney. Lust auf einen Mitternachtsimbiß?“
- Beute. –
Ich schließe kurz die Augen, dränge diese seltsamen Gedanken, die sich hauptsächlich um Blut, Jagd und Futter drehen, entschieden zur Seite, und als ich glaube, mich wieder soweit unter Kontrolle zu haben, drehe ich mich zu ihm um.
„Sicher, gerne, John.“
Ich kann seine Überraschung regelrecht riechen, noch bevor sie sich auf seiner Miene abzeichnet.
„Ah“, er deutet auf meine Kopfbedeckung und verbeißt sich nur mühsam ein Grinsen. Er weiß nicht, dass es vergebene Liebesmüh ist, denn ich kann seine Erheiterung tatsächlich riechen - sein Aroma ändert sich, und zwar in Richtung Honig. „Was ist das denn da? Gehört das jetzt zu einer neuen Laborvorschrift, von der ich noch nichts weiß?“
„Nein.“ Ich greife instinktiv zu meiner Standard-Ausrede. „Ich habe eine Wette verloren.“
Nun grinst er doch übers ganze Gesicht.
„Steht dir gut.“ Feixend tritt er dicht an mich heran und zieht mir die Schirmmütze bis über die Nase. „Vor allem das Häschen-Logo.“
Ich habe plötzlich den Duft von Zelenkas Shampoo in der Nase und meine Kopfschmerzen werden bei diesem Kräutergemisch nur noch stärker. Hastig schiebe ich meine Kopfbedeckung zurück in die Stirn und da ist es wieder – dieses süße, metallische Aroma. Mein Blick saugt sich an der Schramme über Johns linker Augenbraue fest und ehe ich mich versehe, berühre ich die Wunde mit meinen Fingern. Der Kontakt mit dem klebrigen Naß lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.
„Hat Ronon dich wieder auf die Matte geschickt?“
Er zuckt bei dieser Berührung leicht zusammen und ich spüre seine Überraschung über diesen ungewohnten Körperkontakt als wäre es meine eigene. Unwillkürlich tritt er zurück, aus meiner Reichweite.
„Ja, aber du solltest ihn mal sehen.“
Ich nehme seine Antwort nur mit halbem Ohr wahr, konzentriere mich völlig auf das Gefühl des Blutes an meinen Fingerspitzen.
„Wir haben morgen eine Mission. Es ist nicht sehr klug, sich schon vorher auf die Krankenstation zu prügeln. Wer passt denn sonst auf mich auf?“ Ich höre wie die Worte meinen Mund verlassen, kann mich aber nicht erinnern, sie gebildet zu haben, ein Teil von mir ist eindeutig auf Autopilot geschaltet, während der andere mit sich kämpft, sich dieses fremde Blut auf der Zunge zergehen lassen will.
Mein Magen knurrt. John, meine Beute, hört es auch und grinst noch breiter.
„Auf zum Kasino“, fröhlich wirbelt er herum und geht Richtung Tür.
„Kantine“, verbessere ich rein automatisch und lecke mir jetzt, wo er mich nicht sehen kann, sein Blut von den Fingern.
Es schmeckt noch besser als es riecht.
***
Um diese Uhrzeit war im Kasino nicht viel los. In Atlantis wurden zwar auch Nachtschichten geschoben, aber im Allgemeinen schien die Stadt zwischen Mitternacht und zwei Uhr Morgens immer irgendwie verwaist. Übriggebliebene Mahlzeiten vom Vortag hatte das Küchenpersonal in Alufolie eingewickelt, mit einem Schildchen versehen und für jeden Nachtschwärmer offen auf die Theke gestellt, neben die Mikrowelle.
John schnappte sich einen Salat – er war nicht wirklich hungrig, eigentlich wollte er nur wieder etwas Zeit mit Rodney verbringen. Er tat alles, um seine gewiß folgenden Alpträume noch ein wenig aufzuschieben und Rodneys Gesellschaft hatte etwas Beruhigendes, um nicht zu sagen Einschläferndes – jedenfalls um diese Uhrzeit.
Geduldig wartete er, bis sich Rodney für eine Mahlzeit entschied – er wusste schon aus Erfahrung, dass sich der Astrophysiker bei seiner Auswahl viel Zeit lassen würde. Es war fast wie ein Ritual: zuerst hob er die Alufolie an und lugte darunter (es könnte ja etwas falsch beschriftet sein), dann roch er prüfend, ob sich nicht doch irgendwo ein Hauch von Zitrone verbarg, bevor er sich dann endlich für etwas entschied. Doch heute verblüffte Rodney ihn. Zielsicher und ohne zu zögern griff er sich einen der Teller und setzte sich dann an einen der Tische. John folgte ihm etwas irritiert, doch Rodneys hungriger Gesichtsausdruck verwandelte seine Verwirrung sehr schnell in Heiterkeit. Jedenfalls so lange, bis er sah, was McKay da auf seinem Teller hatte.
„Sagtest du nicht mal, rotes Fleisch wäre etwas für Barbaren?“
„Sagte ich das?“ erwiderte Rodney gleichmütig. Fassungslos sah Sheppard zu, wie sein Freund die Gabel in das blutige Steak rammte, es zu seinem Mund führte und beinahe gierig davon abbiß.
„Ah – Rodney? Wie wäre es mit einem Messer?“
„Wozu? Ronons Tischmanieren stören dich auch nicht.“
„Ja, sicher“, entgeistert beobachtete John, wie Rodney an dem Fleisch zwischen seinen Zähnen zu saugen begann um jedes Tröpfchen Blut herauszubekommen. „Aber Ronon ist nun einmal Ronon. Und du … du bist nun einmal du.“
„Iß dein Karnickelfutter“, kam es nur freundlich zurück.
Das allerdings war leichter gesagt als getan, denn beim Anblick von McKays nicht mehr vorhandenen Essmanieren, drehte es sogar einem gestandenen AirForce-Piloten den Magen um. John bezweifelte, dass selbst Ronon ruhig dabei hätte zusehen können. Oder zuhören! Denn die Geräusche, die Rodney verursachte, als er dieses arme Stück toten Fleisches regelrecht ausschlürfte, hätten jedem Zombiefilm zur Ehre gereicht. Für einen kurzen, kleinen Augenblick glaubte John sogar zu hören, wie McKay ein leises, zufriedenes Knurren von sich gab. Das war zuviel!
Entschlossen nahm John das Messer, das auf dem Tablett des anderen lag und hielt es ihm auffordernd unter die Nase.
„Hör auf dich wie ein Schwein zu benehmen und iß wieder wie ein zivilisierter Mensch! Meine Güte, da sind ja sogar die Wraith kultivierter!“
Von einem Moment zum anderen ließ Rodney die Gabel mit dem Fleisch sinken. John warf nur einen kurzen Blick darauf und spürte Ekel in sich aufsteigen. Es sah tatsächlich total ausgelutscht aus, hing wabbelig und blaß auf den Zinken und zerfaserte allmählich.
Dann hob er den Blick und starrte direkt in McKays dunkelblaue Augen und was ihm daraus ansprang war pure Neugier.
„Du …“ Rodney beugte sich ein wenig näher zu ihm heran und sog prüfend die Luft ein. „Hast Angst vor mir?“ stellte er dann interessiert fest.
John lehnte sich schnell zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Pah, wie kommst du denn darauf? Das ist doch lächerlich.“
„Hm…“ gedankenverloren widmete sich Rodney wieder seinem Fleisch. „Angst riecht nach Bittermandel, wusstest du das?“
John spürte, wie er eine Gänsehaut bekam. Jetzt wurde ihm dieser Kerl wirklich unheimlich.
„Ach ja?“ erwiderte er betont forsch. „Und woher willst du das wissen? Bist du jetzt Synästhetiker geworden?“
„Das wäre ich, wenn ich sagen würde, deine Angst riecht wie blau. Obwohl…“ Rodney zögerte und runzelte die Stirn, schien angestrengt über etwas nachzudenken. „Dann riecht Angst wohl eher wie giftgrün.“
John holte einmal tief Luft. „Du veräppelst mich“, stieß er dann mit erzwungener Ruhe hervor.
„Fiele mir nie ein.“
Dafür glaubte Sheppard langsam zu begreifen.
„Wie lange bist du schon auf den Beinen?“
„Achtunddreißig Stunden, wieso?“
Ah, hatte er es sich doch gedacht. Ein grenzenlos übermüdeter Rodney wurde früher oder später zu Mr. Hyde.
„Dann befehle ich dir jetzt, dich schlafen zu legen. Wir haben in zehn Stunden eine Mission und bis dahin will ich dich nirgendwo anders antreffen als in deinem Bett.“
„Ich habe aber noch Hunger.“
„Dann nimm dir was mit. Aber geh jetzt um Himmels Willen in dein Quartier und schlaf dich aus!“
Sheppard legte soviel militärischen Befehlston in diese Worte wie er konnte und war grenzenlos erleichtert, als McKay sich tatsächlich fügte. Allerdings beherzigte er seinen Rat und schnappte sich noch einen weiteren Teller, bevor er das Kasino endgültig verließ und einen aufatmenden Colonel Sheppard zurückließ.
Rodney war wirklich manchmal mehr als merkwürdig.
***
Ich hätte nie gedacht, dass es mir gelingt einzuschlafen, nicht bei diesen Kopfschmerzen, doch ich habe mich kaum auf mein Bett geworfen, als mich schon die Dunkelheit umfängt. Und dann beginnen die Träume. Ausnahmsweise bin diesmal nicht ich das Opfer und es gibt auch keinen Wal, der mich auffrißt. Diesmal bin ich der Jäger. Und ich jage meine Beute, ich hetze sie, weiß nicht, um welche Art von Beute es sich handelt, aber ich ergötze mich an dem Geruch ihrer Angst. Das Aroma von Bittermandel hat sich mir unauslöschlich eingeprägt.
Als ich am nächsten Morgen aufwache, schmecke ich noch das Blut auf meinen Lippen, spüre die elektrisierende Spannung, den Nachhall des Jagdfiebers und höre mich selbst wieder knurren.
Himmel, das Ganze ist so … erquickend. Ich hole einmal tief Luft und werde prompt von meinen Kopfschmerzen begrüßt. Doch selbst sie können das Gefühl der Zufriedenheit nicht aus meinem Inneren vertreiben. Ich fühle mich so wach und ausgeruht wie selten zuvor. Und ich war bei der Jagd erfolgreich, auch wenn es nur ein Traum war, tief in meiner Seele spüre ich, dass heute etwas Ähnliches geschehen wird, diesmal in der Wirklichkeit. Ob ich auch diesmal erfolgreich sein werde? Ich glaube fest daran.
Jetzt endlich öffne ich die Augen und blinzele in das goldene Sonnenlicht, das durch mein Fenster fällt. Ich sehe die Staubflocken darin wirbeln, sie tanzen einen Reigen, der mich an das wirbelnde Laub eines Herbsttages erinnert. Rotes Laub, rot wie Blut. Rot wie das Blut meiner Opfer, wenn ich ihnen meine Hand auf die Brust drücke und meine Hand dann zubeißt um mir das zu holen, was ich zum Überleben benötige.
Verwirrt runzele ich bei diesem Gedanken die Stirn, ich weiß, dass das falsch ist, dass ich definitiv kein Wraith bin, aber das Bild lässt sich jetzt nicht mehr vertreiben.
Aber im Grunde genommen ist es mir egal, ich fühle mich viel zu aufgedreht um genauer darüber nachzudenken. Es wird Zeit, aufzustehen.
Mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung schwinge ich mich über die Seite aus dem Bett und schaue erst einmal ziemlich verdutzt an mir herab. Doch dann schüttele ich nur den Kopf und gehe ins angrenzende Bad. Daß ich normalerweise nicht nackt schlafe, gehört in diesem Moment auch in die Kategorie „uninteressant“. Jetzt lockt mich erst einmal eine heiße Dusche.
Ah, ich könnte ewig hier unter dem warmen Wasser stehen. Als ich mir die Haare wasche, zucke ich kurz zusammen, als ich die Wunde an meinem Hinterkopf berühre. Die hatte ich ganz vergessen! Das Wasser färbt sich rosa, als ich sich das getrocknete Blut aus meinen Haaren löst; und fasziniert sehe ich zu, wie der Schaum im Abfluss verschwindet. Gut, jetzt weiß ich auch, was es mit diesen elendigen Kopfschmerzen auf sich hat – der Boden des Labors ist wohl doch härter als gedacht, vor allem wenn man direkt mit dem Hinterkopf aufprallt. Ich werde es überleben.
Als ich fertig geduscht habe, wickele ich mich in meinen blauen Bademantel. Dort, wo der Stoff die Haut berührt, juckt es sofort wieder, doch nach einer Minute hat sich mein Körper daran gewöhnt und zurück bleibt nur noch ein leichtes Kribbeln. Aber jetzt weiß ich auch, wieso ich nackt geschlafen habe.
Aus dem Augenwinkel nehme ich eine Bewegung wahr. Ich schrecke zusammen und wirbele knurrend herum, doch dann bemerke ich, dass es sich nur um mein Spiegelbild handelt. Obwohl ich weiß, dass das dort ich bin, kommt es mir vor, als würde ich einen Fremden betrachten. Es ist alles wie gehabt, jede Einzelheit ist mir bestens vertraut, doch irgendwie ist mir die innere Verbindung zu diesem Mann dort abhanden gekommen. Vorsichtig stütze ich mich auf dem Waschbecken ab und nähere mein Gesicht dem Spiegel. Mein Ebenbild tut es mir gleich und als ich schmunzele, schmunzelt es ebenso. Ich beginne das Bild im Spiegel genauer zu mustern.
Es … ich sehe blaß aus. Die Schatten unter meinen Augen zeugen von zuviel Streß und zu wenig Entspannung, auch, wenn sie nicht mehr so dunkel sind wie gestern – jetzt wirken sie eher bläulich und der Teufel mag mich holen, aber das verstärkt das Mitternachtsblau meiner Iris nur noch. Für die Dauer einiger Herzschläge starre ich meinem Gegenüber nur fasziniert in die Augen, verliere mich in dieser Farbe, in der Erinnerung eines beginnenden Nachthimmels, wolkenlos und sternenklar und der Spur meiner Beute, die ich ganz deutlich im Gras vor mir erkennen kann.
Ich kann die Angst meiner Beute riechen.
Bittermandel.
Ein leises Knurren schreckt mich aus meinen Tagträumen und es dauert eine Weile, bis ich begreife, dass es aus meiner Kehle kommt.
Daran habe ich mich immer noch nicht gewöhnt.
Ein weiteres Knurren erklingt, doch diesmal stammt es von meinem Magen.
Zeit fürs Frühstück.
***
Die Kantine war keine gute Idee. Zu viele Menschen um diese Zeit. Die Vielzahl der Gerüche und Geräusche überwältigt mich, ich spüre, wie ich zu schwanken beginne und meine Kopfschmerzen flammen wieder auf. Nein, das ist eindeutig zuviel, ich muß einen Weg finden, damit umzugehen. Ich erinnere mich an meinen kleinen Trick, damals, als sich die Gedanken der anderen ungebeten in meinen Verstand geschlichen haben und beschließe, es abermals zu versuchen. Ein mir wohlbekanntes Lachen weht zu mir hinüber und damit habe ich meinen Anker gefunden. Ich konzentriere mich, siebe unter all diesen Gerüchen denjenigen heraus, der zu diesem Lachen gehört und finde ihn beinahe sofort.
Himmel, zu diesem erdigen Moosgeruch hat sich jetzt auch noch der von Harz gesellt – wieso riecht dieser Typ wie ein ganzer Laubwald?
Ich halte diesen Geruch fest, konzentriere mich auf ihn, während ich mir mein Frühstück hole. Ich konzentriere mich so sehr darauf, dass ich kaum erkenne, was ich mir da auf den Teller lade. Aber egal, es wird mich schon sättigen. Ich drehe mich um und schlendere zu meinen Freunden hinüber.
Worüber sich auch immer das Gespräch dreht, sie sind im Moment sehr glücklich. Es ist wie eine goldene Wolke, die sie sanft und warm umhüllt und es entlockt mir ein leises Knurren.
***
„Guten Morgen“, grüßte McKay und ließ sich auf den noch einzigen freien Stuhl direkt neben Teyla sinken. Ronon und die Athosianerin grüßten höflich zurück, nur John warf ihm einen ziemlich ungnädigen Blick zu.
„Rodney!“ schimpfte er sofort. „Habe ich dir nicht befohlen, dich auszuschlafen? Wieso bist du schon wach?“
„Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, John“, kam es sarkastisch zurück. Ohne den Blick zu heben, wickelte der Kanadier sein Truthahnsandwich aus, betrachtete es kurz stirnrunzelnd und biß dann davon ab. Irgendwie schien er mit dem Geschmack nicht ganz zufrieden zu sein, denn er verzog das Gesicht und nahm dann einen tiefen Schluck von seinem Kaffee.
„Na, wenigstens isst du heute wieder etwas Vernünftiges“, stichelte John und wandte sich dann an Teyla und Ronon. „Könnt ihr euch vorstellen, dass er gestern ein blutiges Steak verdrückt hat? Ach nein, nicht verdrückt, er hat es regelrecht ausgelutscht.“
Rodney zog es vor, sich in Schweigen zu hüllen. Teyla beließ es bei einem nichtssagenden Lächeln, aber Ronon stürzte sich sofort auf diese Steilvorlage. Für ihn und John gab es einfach nichts Schöneres, als McKay aufzuziehen.
„Verfressen wie eh und je“, grinste der Sateder dann auch. „Dieser Mann braucht schon eine eigene Viehherde.“
„Dafür ist Atlantis aber wirklich nicht groß genug“, gab Sheppard in gespieltem Ernst zu bedenken, doch Ronon winkte gleich ab.
„Bauen wir eben an.“
Rodney schnaubte, doch das war alles, was er sich an Kommentar erlaubte. Er schien mit seinen Gedanken sowieso ganz woanders zu sein. Teyla musterte ihn verstohlen. Irgendetwas irritierte sie heute an ihm. Es dauerte eine Weile, bis sie bemerkte, dass es an seiner Haltung lag – er wirkte heute aufrechter, stolzer und zwar auf eine Art und Weise, die ihr unangenehm vertraut vorkam, doch so sehr sie sich auch bemühte, sie konnte einfach nicht den Finger darauf legen.
***
Dieses Sandwich schmeckt wie Pappe. Aber es interessiert mich nicht wirklich, es füllt meinen Magen und das reicht. Außerdem bin ich mit etwas weitaus Aufregenderem beschäftigt. Ich präge mir ihre Gerüche ein und sondiere. Johns Geruch ist jetzt, wo er mir direkt gegenübersitzt wieder einmal überwältigend und ich ertappe mich dabei, ihn in Gedanken immer häufiger als meine Beute anzusehen. Ich glaube, ihn zu hetzen bis er völlig atemlos vor mir liegt würde mir wirklich Vergnügen bereiten.
Teylas Geruch ist auch sehr einprägsam – trotz der Kräutercreme, die sie immer benutzt, ist ihr ureigenes Aroma deutlich herauszuschmecken. Es ist sehr leicht und lieblich, unaufdringlich, aber verlockend, wie der Duft einer Narzisse. Ich spüre aber auch noch die Anwesenheit einer anderen Präsenz in ihr. Niemand muß mir sagen, was das bedeutet, ich erkenne eine werdende Mutter, wenn sie neben mir sitzt. Ob sie weiß, dass es ein Knabe ist? Egal, ich sage es ihr auf keinen Fall.
Ronon dagegen verströmt den Geruch eines klaren Bergbaches, frisch und rein, mit einem leichten Hauch von Nuß. Ihn in einem Wald nur anhand seines Geruches zu finden dürfte mir bei ihm noch viel schwerer fallen als bei Sheppard. Zu Sheppard besteht wenigstens noch eine andere, geistige Verbindung; aber Ronon dürfte mir aus den Händen gleiten. Ich würde trotzdem mal gerne gegen ihn kämpfen, er ist stark und es wird nicht leicht sein, diesen nussigen Bergbach in Bittermandel zu verwandeln.
Ich behalte es trotzdem im Hinterkopf.
Vielleicht ergibt sich ja noch die Gelegenheit.
***
„Wer so viel Kalorien in sich hineinschaufelt hat daran bestimmt kein Interesse“, meinte Ronon plötzlich verschmitzt und seine rechte Hand schoß vor. Doch bevor er eine von McKays Weintrauben stibitzen konnte, fühlte er sich hart am Handgelenk gepackt. Völlig verdutzt starrte der Sateder auf seine Hand, die von kräftigen Fingern gepackt und auf die Tischplatte gedrückt wurde. Langsam hob er den Kopf und starrte direkt in zwei funkelnde blaue Augen. Für die Dauer einiger Herzschläge hielten sich ihre Blicke gefangen und das eisige Glitzern in McKays Pupillen erinnerte Ronon an jemanden, doch noch bevor er genauer darüber nachdenken konnte, gab der andere seine Hand schon wieder frei.
„Meins“, sagte McKay schlicht, nahm sich eine Weintraube und steckte sie sich mit einem hämischen Grinsen in den Mund.
Gedankenverloren rieb sich Ronon das schmerzende Handgelenk. Er hatte nicht gewusst, dass der Kanadier so hart zupacken konnte. Und wie schnell er reagiert hatte! Erstaunlich.
„Du isst eindeutig zuviel, McKay. Ein bisschen mehr Training würde dir gut tun.“
***
Ich grinse unwillkürlich. Wer hätte das gedacht? Meine Gelegenheit scheint früher zu kommen als erhofft.
Doch ich zeige meine Begeisterung nicht und verziehe stattdessen nur das Gesicht.
„Muß das sein?“
„Ja“, grollt Ronon.
Er hat ein schönes Knurren, das muß ich schon zugeben, aber meines ist besser.
Und spätestens heute Abend werde ich es ihm beweisen.
***
Der Rest des gemeinsamen Frühstückes verlief mit dem üblichen Geplänkel, an dem sich McKay nur mäßig beteiligte. Da seine Freunde dachten, er schmolle noch, ließen sie ihn weitgehend in Ruhe. Schließlich löste sich die Gruppe auf; es dauerte noch eine Stunde bis zu ihrer Mission nach P3N-451 und so wollte jeder noch den nötigsten Kleinkram hinter sich bringen. Teyla ging in ihr Quartier um zu meditieren, Ronon und Sheppard gingen in Sheppards Büro um ihre letzten Missionsberichte zu überarbeiten und McKay zog es in sein Labor. Wirkliches Interesse hatte er nicht, aber er hielt es für klüger, noch einmal Anwesenheit zu demonstrieren, und ein paar kleinere Aufgaben zu delegieren, damit seine lieben Kollegen und Untergebenen nicht auf dumme Gedanken kamen.
Schon im Gang schlug ihm große Unruhe und Nervosität entgegen. Einigermaßen beunruhigt lief er schneller, blieb bei dem Anblick, der sich ihm dann bot, allerdings erst einmal überrascht im Türrahmen stehen.
Miko, zwei andere Kollegen (deren Namen er sich einfach nicht merken konnte) und Zelenka wirbelten alles durcheinander – Papiere, Artefakte, Datenträger und Laptops, nichts war mehr an seinem Platz. Und kroch Miko da gerade unter einem Schreibtisch herum?
Gereizt runzelte McKay die Stirn und hielt Zelenka, der gerade an ihm vorbeiwuselte, am Ärmel zurück.
„Radek, was ist denn hier los?“
„Meine Schirmmütze ist weg, die, die ich von meinem Neffen geschenkt bekommen habe.“
Die Verzweiflung des Tschechen war geradezu mit Händen greifbar. McKay musterte das Chaos um sich herum und wurde sich seines Fehlers peinlich bewusst.
„Oh. Ich schätze, das war ich.“
„Was?“ stieß Radek empört hervor, stemmte die Hände in die Hüften und starrte ihn hinter seinen Brillengläsern vorwurfsvoll an. Seine Stimme war laut genug, dass die anderen auf sie aufmerksam wurden und in ihren derzeitigen Tätigkeiten innehielten.
„Ja, tut mir leid, mir ist da gestern Abend ein kleines Malheur passiert. Ich wollte sie erst noch einmal durchwaschen, bevor ich sie Ihnen zurückgebe.“
„Was haben Sie damit gemacht?“
Mir meinen blutigen Kopf damit verdeckt, war Rodney versucht zu sagen, doch er entschied sich für etwas Unverfänglicheres.
„Mir ist mein Kaffee umgekippt. Keine Sorge, dem Häschen geht es gut. Ich bringe sie Ihnen heute Abend vorbei.“
Radek bedachte ihn mit einem herzhaften, tschechischen Fluch. Im Laufe der Jahre hatte Rodney genug aufgeschnappt um zu wissen, als was er soeben betitelt worden war, doch er ging nur schweigend darüber hinweg.
Radek war keine Beute, er war noch nicht einmal ein Gegner. Keine Herausforderung.
Er sog tief die Luft ein, griff sich dann mit einem schmerzhaften Murmeln an die Schläfe, schnappte sich seine Tasse und ging dann zielsicher zu der Thermoskanne auf Mikos Schreibtisch hinüber. Er brauchte jetzt dringend einen Kaffee.
***
Radek musterte seinen Chef kritisch. Heute übertraf sich der Kanadier mal wieder selbst.
Nachdem er seinen Kaffee hinuntergewürgt hatte, wies er ihnen noch ein paar Aufgaben zu – eine Energieleitung hier, eine Kalibrierung da, eigentlich nichts, was sie nicht schon wussten, schließlich hatte er sie erst gestern Abend ausführlich auf alles hingewiesen. Manchmal benahm sich der Mann wirklich, als wäre er von Idioten umgeben, aber Radek wusste, dass es nun einmal seine Art war und regte sich nicht mehr darüber auf. Einem Genie wie Rodney musste man seine kleinen Macken schon gönnen, sonst wurde aus dem Genie schnell ein cholerischer Berserker.
Doch nun saß der Kanadier an seinem Laptop und tippte lustlos darauf herum. Radek wagte einen kurzen, verstohlenen Blick und hätte fast gegrinst.
Moorhuhn? Soso.
Aber er hütete sich, etwas zu sagen, nein, er beschloß, es ihm bei anderer Gelegenheit unter die Nase zu reiben, spätestens dann, wenn er wieder über Radeks Schachprogramm lästerte.
Zum Glück waren die anderen schon unterwegs zu den Energieleitungen, so dass sie von dem kindischen Treiben ihres Chefs nichts mitbekamen.
Mit einem leichten Lächeln beschäftigte sich Radek wieder mit den Daten auf seinem Laptop, bis ihn ein seltsames Geräusch innehielten ließ. Er stutzte und runzelte die Stirn – hatte Rodney eben tatsächlich leise vor sich hingeknurrt?
Doch noch bevor er sich diesem Thema genauer widmen konnte, sprang der andere schon auf.
„Ich muß jetzt los. Bis dann, Radek.“
Zelenka nickte nur. Die Begeisterung in der Stimme seines Chefs und Freundes wunderte ihn schon ein wenig, doch er zuckte nur mit den Schultern und vertiefte sich wieder in seine Arbeit.
***
Colonel Samantha Carter hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, jedes Team persönlich zu verabschieden, eine kleine Tradition der Höflichkeit, wie sie auch Dr. Weir gepflegt hatte. Und daher erwartete sie das AR-1 Team am startbereiten Jumper. Zuerst traf natürlich Lt. Colonel John Sheppard ein, dicht gefolgt von Ronon Dex und Teyla Emmagan.
„Colonel“, nickte John.
„Colonel“, grüßte Sam zurück und bemerkte, wie sich Teyla und Ronon ein Schmunzeln verkniffen – ja sicher, sie fand es auch immer wieder lustig, und heute gestattete sie sich ebenfalls ein leises Lächeln.
Dann standen sie alle ein wenig verlegen herum und warteten auf das letzte Mitglied des Teams. Ronon überprüfte bei dieser Gelegenheit gleich noch einmal seine Waffe, während sich Teyla das lange Haar zu einem Zopf band.
„Das wird sicher eine harmlose, kleine Mission“, sagte Sam schließlich, um das Schweigen zu überbrücken. „Die Leute auf P3N-451 erwarten Sie schon mit einem Festessen.“ Sie seufzte tief. „Heute wäre ich wirklich mal gerne dabei. Ich habe gehört, diese Sonnenwendfeste sind immer ein Ereignis.“
„Hm“, brummte Sheppard. „Wir werden Ihnen etwas mitbringen.“
„Ob die Ernte der Tava-Bohnen diesmal besser ausfällt als letztes Mal?“ überlegte Carter laut. Sie hoffte es sehr, denn der Kaffeenachschub der Daedalus traf erst in zwei Monaten wieder hier ein.
Sheppard grinste, doch bevor er etwas entgegnen konnte, betrat McKay den Hangar. Mit energischen Schritten eilte er heran.
„Colonel“, grüßte er Sam, doch plötzlich stockte er, rieb sich die Stirn und stieß den Atem in einem lauten Zischen wieder aus.
„Um Himmels Willen – Samantha!“
„Rodney?“ entgegnete sie, über seinen tadelnden Tonfall irritiert.
Er wedelte mit einer Hand vor seinem Gesicht herum als läge in der Ecke ein verfaulter Fisch.
„Bei allem Respekt, Sie sind weiß Gott nicht der Rosen-Typ“, legte er los. „Schon mal etwas davon gehört, dass man mit einem Parfüm den Eigengeruch verstärken und seinem Gegenüber nicht so einen grausamen Mischmasch aufzwingen sollte? Puh, ehrlich, versuchen Sie es bitte das nächste Mal mit Orchidee oder Lotos. Veilchen geht auch, aber nie wieder Rose, okay?“
Sie schnappte nur fassungslos nach Luft. Seine unverblümte Art hatte sie ja schon öfters überrascht, aber das hier war wirklich die Höhe!
Sie reagierte rein instinktiv. Ihre Hand landete mit einem lauten klatschenden Geräusch mitten in seinem Gesicht.
Sie wusste nicht, wer überraschter war – sie oder er. Im gleichen Augenblick wünschte sie, sie könnte es zurücknehmen, ein solches Benehmen ziemte sich weder für eine Dame noch für einen Colonel und schon gar nicht für die Leiterin von Atlantis.
Für einen winzigen Moment flackerte etwas in Rodneys blauen Augen auf, doch dann wandte er sich nur ab und rieb sich die Wange.
„Ich finde Ihr Parfum wunderbar“, erklang plötzlich Teylas besänftigende Stimme in der peinlichen Stille, die sich nach dieser Ohrfeige zwischen ihnen ausgebreitet hatte.
Rodney stöhnte.
„Teyla, du bist eindeutig eine Narzisse, laß die Hände weg von Rosen.“
„ McKay!“ Sheppards scharfe Stimme ließ den Kanadier tatsächlich zusammenzucken und verhinderte weitere Eskalationen.
„Ich kenne meinen Namen und schrei nicht so, ich bin nicht taub.“
„Entschuldige dich bei Colonel Carter.“
Erstaunlicherweise gehorchte Rodney. Zumindest auf seine Weise.
„Ich wollte Sie nicht beleidigen, Samantha, aber dieser Rosenduft passt nicht zu Ihnen. Sie sollten es wirklich mit etwas anderem versuchen.“
„McKay!“
„Oh, verdammt noch mal, es stimmt doch!“
„Komm jetzt mit.“ Alles andere als sanft packte Sheppard ihn am Arm und zog ihn mit sich ins Innere des Puddle Jumpers. Doch ihre Stimmen waren laut genug, jeder hier konnte die folgende hitzige Diskussion mitverfolgen.
„So kannst du doch nicht mit einem Full Bride Colonel reden!“
„Du kennst mich doch, ich sag’s wie ich mein und ich mein’s wie ich’s sag.“
„Nochmal so ein Ding und ich pfeffer dir auch eine!“
„Das kannst du gerne mal versuchen!“
„Was hat dich heute nur gebissen? Tickst du noch ganz sauber?“
„Sie hat mir eine geklatscht!“
„Das hast du auch verdient.“
Ronon zuckte nur mit den Schultern und trottete in den Jumper, wo er sich auf seinen bevorzugten Stammplatz hinter dem Copiloten fallen ließ. Teyla lächelte Colonel Carter noch einmal zu. Ihr war nicht entgangen, wie diese unauffällig an ihren Handgelenken roch.
„Sie riechen gut“, beruhigte sie die blonde Frau. „Rodney scheint nur etwas gegen Rosen zu haben.“
„Ja“, murmelte Samantha und zuckte dann betont gleichmütig mit den Schultern. Sie überlegte, ob sie McKay dafür noch zur Verantwortung ziehen könnte, doch eigentlich konnte sie froh sein, wenn er ihr die Ohrfeige nicht ankreidete. Verdammt, wozu hatte sie sich da nur hinreißen lassen? Sie wusste doch, daß er sehr direkt war und es eigentlich nie böse meinte. Wieso regte sie das dann nur so auf?
„Kein Parfum“, stieß sie plötzlich hervor, als sie begriff. „Ich habe heute gar nichts aufgelegt. Das ist mein Wellnessbad von gestern. Aber wie-“ sie sah Teyla zu, wie diese sich ins Innere des Jumpers begab und zögerte, ob sie sie zurückhalten, diese ganze Mission abbrechen sollte, entschied sich dann aber doch dagegen.
Trotzdem …
„- wie kann er das jetzt noch an mir riechen?“ beendete sie ihren Satz leise.
***
In einer eleganten Linkskurve passierte der Puddle Jumper ein Bergmassiv und flog nun über dichte, grüne Wälder. Die Doppelsonne neigte sich schon langsam dem Horizont zu, doch noch herrschte Tageslicht. In zwei Stunden allerdings war es hier zappenduster – dieser Planet kannte so gut wie keine Dämmerung.
Sie überflogen eine langgestreckte Prärie, über die zottige, gehörnte Tierherden zogen. Sie zogen eine regelrechte Schneise in das Grün.
„Hm, Weidegründe“, murmelte McKay plötzlich, der seit sie Atlantis verlassen hatten, erstaunlich ruhig geblieben war.
John schreckte regelrecht auf und starrte ihn entsetzt an. „Wie bitte, was? Weidegründe?“
„Ja. Wieso?“ kam die ahnungslose Antwort, begleitet von einer vielsagenden Geste aus dem Frontfenster. „Grüne Felder, viel Vieh – Weidegründe.“
„Weidegründe“, wiederholte John kopfschüttelnd, „bist du ein Wraith?“
„Wieso?“ meinte McKay nur, doch dann fiel der Groschen und er grinste schmal. „Ach so, verstehe. Tut mir leid, hab nicht darüber nachgedacht. Ehrlich gesagt, gefällt mir der Begriff Jagdgründe auch viel besser.“
Der Unterton, mit dem er die erste Silbe dieses Wortes hervorhob war schon mehr als seltsam. Es klang irgendwie … erwartungsvoll.
John schüttelte nur den Kopf und setzte zur Landung an. Er hatte es heute aufgegeben, McKay zu verstehen. Mr. Hyde war wieder da, ihm fehlte wohl immer noch Schlaf. Nun, Sheppard beschloß bei sich, daß McKay heute nach dem Sonnenwendfest mehr als genug Schlaf finden würde, und wenn er ihn mit Ronons Waffe betäuben müsste.
Interessiert hob McKay den Kopf, verglich schnell die Positionsangaben der Siedlung mit ihrem derzeitigen Flugziel.
„Wir parken wieder einen Kilometer von der Siedlung entfernt?“
„Ein Fußmarsch wird dich schon nicht umbringen.“
McKay schwieg, doch als Sheppard ihm einen schnellen Blick zuwarf, registrierte er verblüfft das leise Lächeln, das um die Mundwinkel des anderen zuckte. Normalerweise meckerte er immer, wenn sie mehr als hundert Meter laufen mussten.
Sie landeten auf einer Wiese in der unmittelbaren Nähe eines Waldes, tarnten den Jumper und stiegen aus. Sheppard lief voran, ihm folgten Teyla, Ronon und Rodney, der sich unbemerkt etwas zurückfallen ließ.
Rodneys Blick wanderte immer wieder zum Waldrand hinüber und dabei schlich sich ein zunehmend sehnsüchtiger Ausdruck in sein Gesicht.
Mit jedem Schritt driftete er immer weiter Richtung Gehölz.
***
Ich kann nicht länger warten, ich kann nicht. Der Drang ist stärker als mein Wille – aber eigentlich will ich mich gar nicht mehr beherrschen. Die Geräusche des Waldes und der Geruch meiner potenziellen Opfer ist zuviel für meine Selbstherrschung.
Diese Welt lockt mich, ruft mich, überflutet alle meine Sinne.
Beute. Hol sie dir.
Ich befreie mich von meiner P-90 und der 9mm, diesem unnötigen Ballast, werfe mein Headset hinterher und stürme davon. Ich höre die Schreie meiner Freunde, aber ich achte nicht auf sie. Sie gehören schon längst nicht mehr zu meiner Welt.
Ich stürze mich in das dämmrige Zwielicht des Waldes – hier bricht die Nacht schon herein, während sich draußen die Sonne – Verzeihung, die Sonnen, es sind zwei - gerade erst dem Horizont entgegen neigen.
Ich spüre, wie das Moos unter meinen schweren Stiefeln federnd nachgibt und renne weiter, alle Sinne gespannt. Ich höre und spüre kleine Warmblüter, die sich vor meinem Ansturm in Sicherheit bringen – zu klein. Sie stillen meinen Hunger nicht im Mindesten. Sie haben Glück, ich will heute nichts von ihnen.
Ich renne weiter, auf der Suche nach etwas, was mir ebenbürtig ist, nach etwas, was genug Blut und Lebenskraft besitzt um meinen Bedarf zu stillen. Es gibt hier einiges, das flüstert mir die kleine Stimme in meinem Inneren zu.
Mein Hunger steigert sich zu einem lodernden Feuer und stachelt meinen Jagdtrieb nur noch weiter an.
Ich erreiche einen kleinen Bach und durchquere ihn achtlos. Ich weiß, ich sollte nicht soviel Lärm machen, das verscheucht die Beute, doch im Moment ist mein Bewegungsdrang übermächtig.
Ich will rennen. Das Feuer in meinen Magen muß sich in meinem restlichen Körper verteilen und das geht nur, wenn ich in Bewegung bleibe.
Aus dem Dickicht neben mir hoppelt etwas Hasenartiges davon. Ich würde ihm gerne hinterher, aber ich lasse es, denn es ist viel zu klein.
Nein, das hier soll sich lohnen, jetzt, wo ich endlich das tun kann, wovon ich letzte Nacht geträumt habe. Vielleicht habe ich nur diese eine Gelegenheit und es soll verdammt noch mal etwas Besonderes werden.
Die Schatten werden immer länger und ich dringe immer tiefer in den Wald ein. Doch ich finde meinen Weg, folge den Pfaden, die das Wild hier ausgetreten hat.
Wer braucht schon Ronon, wenn man so einen Instinkt besitzt?
Und plötzlich spüre ich es. Keine zehn Meter vor mir.
Ich bleibe stehen und nehme Witterung auf. Es ist groß, sehr groß – genau richtig. Es riecht süß und saftig und irgendwie nach Vanille. Und es ist nicht allein. Sie sind zu dritt.
Knurrend schleiche ich näher.
Große Ohren zucken, schmale Köpfe fahren entsetzt herum und dunkle Augen starren mich an. Ich entscheide mich, die Kuh und das Kalb zu verschonen und stürze mich auf den großen Hirschen.
Meine Beute springt davon und ich komme nicht umhin, ihre eleganten Bewegungen zu bewundern.
Die Hetzjagd beginnt.
***
„McKay! Verdammt! McKay! Rodney!“
Nichts. Natürlich nicht. Wütend kickte John einen Stein beiseite. Es war eindeutig – McKay wollte nicht gefunden werden. Schließlich hatte er sein Headset absichtlich weggeworfen. Mit einem zornigen Aufschnauben warf er den Kopf in den Nacken und legte all seine Wut und Besorgnis in ein einziges Wort.
„Rodney!!“
Die einzige Antwort bestand aus einem aufgeregten Vogelschwarm, den er aus der Krone des Baumes verscheuchte, unter dem er gerade herumstrich. Er spürte eine leichte Berührung am Arm und starrte hinab auf Teyla, die ihm eine Hand auf den Ellbogen gelegt hatte und ihm nun zuversichtlich zulächelte.
„Wir finden ihn, John.“ Aber er konnte ihr ansehen, daß sie sich nicht halb so sicher fühlte wie sie klang.
„Hier entlang“, meinte Ronon plötzlich und lief ihnen voraus.
Er hatte die Spur inzwischen wiedergefunden. Es war schon das dritte Mal, daß sie Rodneys Fährte verloren hatten und jedes Mal wurden die Abstände kürzer. John hoffte, daß sie ihn fanden, bevor es hier so finster wurde, daß selbst Ronons scharfe Augen kapitulieren mußten.
Eine halbe Stunde später war es soweit. Ihnen blieb nichts anderes übrig als die Suche vorerst abzubrechen und zu hoffen, daß ihnen die Siedler – die sich hier immerhin besser auskannten – weiterhalfen.
Niedergeschlagen machten sie sich auf den Rückweg.
***
Ausgelassenes Lachen wehte zu ihnen hinüber und unwillkürlich sah Sheppard in die entsprechende Richtung. Es war dunkel, doch die unzähligen Feuer erleuchteten den Dorfplatz genug, um Einzelheiten auszumachen. An den mit Köstlichkeiten gedeckten Tischen drängelten sich Männer, Frauen und Kinder in ihrer Festtagskleidung und über einem Feuer drehte sich ein halber Ochse am Spieß, zischend tropfte das Fett ins Feuer und der Geruch von gewürztem Fleisch und Wein hing in der Luft.
Normalerweise wären er und sein Team jetzt mittendrin und würden genauso fröhlich feiern wie alle anderen hier, doch die Sorge um McKay hatte sie jeden Hunger vergessen lassen. Sie standen an einem der etwas abseits gelegenen Feuer, zusammen mit Taray, dem hiesigen Oberrat und warteten. Man hatte ihnen Stockbrot angeboten, doch keiner von ihnen hatte Lust, jetzt einen Stock mit einem Fladen in die Flammen zu halten und Taray verstand sie.
Er konnte ihnen nicht wirklich weiterhelfen und das bedrückte ihn sehr.
„Colonel, es tut mir wirklich leid, aber Nachts sind die Wälder zu gefährlich“, entschuldigte er sich nun zum x-ten Male. „Wir müssen wirklich auf Jossora warten, sie kennt sich hier am besten aus. Es dauert nicht mehr lang, sie müsste in einer halben Stunde hier sein.“
Sheppard nickte nur. Er musste den Leuten hier ja schon dankbar sein, daß sie nach dieser Jägerin geschickt hatten. Bitter starrte er auf die Feiernden ohne sie wirklich zu sehen. Besorgnis und Wut über seinen durchgedrehten Freund hielten sich momentan die Waage.
Sie konnten nichts tun, aber gar nichts.
Der Lebenszeichendetektor half ihnen nicht weiter, weil hier viele Tiere lebten, die groß genug waren, daß das Gerät sie ebenfalls anzeigte. Den subkutanen Sender konnten sie nur mit Hilfe des Jumpers orten, aber selbst dann hätten sie in dieser Wildnis keine ungefährliche Landemöglichkeit. Es blieb also nur die Jägerin, jemand von ihnen würde sie vom Jumper aus anleiten müssen. Es war zum Haareausraufen.
McKay war inzwischen seit fünf Stunden fort. Er mochte sich gar nicht ausmalen, was in dieser Zeit alles passieren konnte.
Durch die Reihen der Feiernden drängte sich plötzlich eine schmale, kleine Gestalt, bei deren Anblick Taray zu strahlen begann, und Sheppard begriff, daß es sich bei dieser Frau nur um besagte Jossora handeln konnte.
Er wusste nicht genau, wie er sich die Jägerin vorgestellt hatte, die sich hier angeblich am besten auskannte, aber ihre Zierlichkeit überraschte ihn wirklich. Sie war einen guten Kopf kleiner als Teyla und hätte fast als Kind durchgehen können, doch ein Blick in ihre Augen und man wusste, daß diese Frau sehr viel älter war als sie aussah.
Sie hielt sich nicht mit langen Vorreden auf.
„Gehen wir Ihren Freund suchen.“
***
Es ist vorbei. Du liegst vor mir, dem Tode nahe. Dein Herz rast, dein Atem geht schwer und keuchend. Du hast nicht mal mehr die Kraft den Kopf zu heben. Ich sehe dir tief in deine großen, braunen Augen und sehe die Todesangst in ihnen. Der Angstgeruch, der von dir ausgeht ist inzwischen so stark, daß ich wieder Kopfschmerzen bekomme. Aber es ist nicht derselbe Bittermandelgeruch wie bei den Menschen und das finde ich interessant. Das hier ist beißender, regelrecht ätzend und vielleicht ist es gerade das, was mich daran hindert, dir den Rest zu geben.
Ich will dein Blut nicht. Aber du hast mir eine schöne Jagd geboten, also bin ich dir Respekt schuldig. Und so hocke ich neben dir im nebelfeuchten Gras und streichele dein Fell. Es ist naßgeschwitzt, an einigen Stellen schon schaumig, ich entdecke eine Distel und löse sie aus einem verklebten Haarbüschel. Ich spüre das Zucken der Muskeln unter meinen Händen und weiß, wenn du genug Kraft hättest, würdest du jetzt aufspringen und davon rennen, aber das bisschen, was dir noch geblieben ist, reicht gerade mal zum Atmen.
Es ist nicht mehr viel und ich kann regelrecht sehen, wie deine Lebenskraft erlischt.
Ich danke dir für diese Jagd.
***
Die Jägerin redete nicht viel und hörte aufmerksam zu, als John ihr erzählte, was geschehen war. Sie stellte auch keine Fragen, was er eigentlich schon ziemlich merkwürdig fand, doch dann bemerkte er ihren Gesichtsausdruck. Sie zog eine ziemlich finstere Miene und es war eindeutig, daß sie viel lieber mit den anderen die Festlichkeiten genießen würde.
Als John dies begriff, hörte er auf seinen Charme an sie zu verschwenden und schwieg. Das Wichtigste wusste sie ja schon.
Er warf einen kurzen Blick über die Schulter zurück zu Teyla und Ronon, die ihnen dichtauf folgten, und als die Athosianerin ihm wieder ihr aufmunterndes Lächeln schenkte, fühlte er sich gleich etwas besser. Nicht viel, aber ein wenig.
Immerhin waren sie jetzt nicht mehr zur Untätigkeit verdammt. Und wenn Jossora so gut war wie behauptet, würden sie ihren verrückten Wissenschaftler schon wiederfinden. Lebend, wie er hoffte.
Sie erreichten die Wiese, auf der der Jumper stand und John fröstelte unwillkürlich. Hier draußen unter freiem Himmel, wo sie durch die Bäume nicht mehr geschützt waren, war die Kälte der Nacht deutlich zu spüren und der Anblick der weißen Nebelschwaden, die wie lange, bleiche Gespenster in Kniehöhe umherwaberten, trug auch nicht gerade dazu bei seinen Optimismus zu wecken.
Die Jägerin vor ihm blieb so plötzlich stehen, daß er beinahe in sie hineingelaufen wäre. Verdutzt hob er an etwas zu sagen, doch sie bedeutete ihm mit einer Handbewegung still zu sein und deutete dann wortlos auf eine Stelle nicht unweit des Jumpers.
Zuerst konnte er nichts erkennen außer Nebelschwaden, doch als ein leichter Windstoß den weißen Dunst für einen Augenblick zerfaserte, konnte er ein überraschtes Aufkeuchen nicht mehr zurückhalten.
„Rodney?“ Und dann lauter: „Rodney!“
Grenzenlos erleichtert rannte er auf den Vermissten zu.
***
Ich höre dich. Und ich rieche dich.
Meine Beute.
Ich spüre deine Erleichterung, sie umweht mich wie Samt, sanft und einschmeichelnd, aber obwohl ich mich erheben will, dir entgegenlaufen, kann ich keinen Muskel rühren. Himmel, meine eigene Erschöpfung hat mich eingeholt und genau in diesem Moment fühle ich, wie das Leben mit einem letzten, gequälten Atemzug den Körper vor mir im Gras verlässt.
Und plötzlich überkommt mich eine nie gekannte Mattigkeit.
***
Rodney hockte mit dem Rücken zu ihnen und reagierte nicht auf seinen Ruf, doch John war viel zu froh ihn wiederzusehen, um wirklich darauf zu achten.
„Rodney.“ Er legte ihm eine Hand auf die Schulter und stutzte, als ihm die klamme Nässe dessen T-Shirts auffiel. Auch seine Haare waren feucht, als käme er frisch aus der Dusche. Doch dann drang ihm der unverkennbare Geruch von Schweiß in die Nase. Nein, das war kein Wasser.
Einen Augenblick später fiel sein Blick auf das, was vor seinem Freund im Gras lag, und seine Augen weiteten sich überrascht.
„Rodney?“ flüsterte er leise.
Inzwischen waren auch die anderen herangekommen. Ronon kommentierte das tote Wild mit einem anerkennenden Knurren, und Teyla fuhr sich überrascht mit der Hand an den Mund. Ihr verwirrter Blick huschte zwischen Rodney und dem Hirschen hin und her, stumm, fassungslos.
Jossora, die Jägerin, ging einmal um das Wild herum und hockte sich dann auf der anderen Seite nieder, während ihre Hand prüfend über das nasse Fell glitt. Dann, ganz langsam, hob sie den Kopf und musterte ihn mit einem Blick, in dem sich Bewunderung und Überraschung widerspiegelten.
„Sie haben einen Hirschen zu Tode gehetzt?“ fragte sie scharf.
„Sieht so aus“, murmelte er nur.
Ihren Augen wanderten abschätzend über den Mann vor sich. Sie registrierte sehr wohl, daß er genauso schweißnaß war wie der tote Hirsch vor ihnen im Gras, und sie hatte keinen Grund an seinen Worten zu zweifeln, doch seine körperliche Erscheinung stand dazu in einem krassen Widerspruch.
Dem anderen, den mit den Dreadlocks hätte sie eine solche Jagd durchaus zugetraut, aber diesem hier?
Doch dann begegnete sie seinem Blick, und unwillkürlich schlich sich ein Lächeln auf ihre Züge. Vielleicht hatte er nicht die Gestalt eines Jägers, aber ganz bestimmt den Willen dazu.
„Wollen Sie ihn als Trophäe behalten oder kann ich ihn mit zum Fest nehmen?“
Seine Antwort überraschte alle.
„Er gehört John. Es ist seine Entscheidung.“
Mir?
John schluckte schwer und glaubte im ersten Moment, sich verhört zu haben, doch dann richtete sich Jossoras abwartender Blick auf ihn, und er verstand, daß es doch kein Irrtum gewesen war. Plötzlich spürte er etwas Feuchtes, Warmes an seiner Hand, die noch immer auf Rodneys Schulter ruhte, und als er den Blick senkte, erkannte er Rodneys blutverschmierte Finger. Doch noch bevor er darauf reagieren konnte, zog Rodney sie schon wieder fort und zurück blieb nur ein leicht prickelndes Gefühl auf seiner Haut.
John überlegte kurz, dann wusste er, was er zu tun hatte ohne irgend jemanden zu beleidigen.
„Nehmen Sie den Hirschen als ein Geschenk von uns für Ihr Sonnenwendfest“, erklärte er der Jägerin. „Als Dankeschön für Ihre Hilfe und Entschädigung für Ihren Zeitverlust.“ Er warf einen schnellen Blick zu Ronon hinüber, der sofort verstand und das tote Tier an den Läufen packte, um es sich dann mit einer schnellen Bewegung auf die Schulter zu werfen.
„Ronon wird es Ihnen zur Siedlung tragen.“
„Sie fliegen wieder nach Hause?“ erkundigte sich Jossora, die mit dieser Entscheidung mehr als zufrieden wirkte.
John wechselte einen schnellen Blick mit seinen Teamkameraden und nickte dann wortlos. Mit Rodney stimmte eindeutig etwas nicht, und was das war, konnten sie nur in Atlantis herausfinden.
***