Diese Story ist schon etwas älter, (Einige dürften sie auch schon kennen) aber ich hatte sie hier noch nicht gepostet und sie passt gerade so schön zu den heutigen SGA-Folgen. Jetzt gibt’s die erste Hälfte, die zweite dann in ein paar Tagen.
Über Feedback würde ich mich freuen.
Titel: Reset
Serie: SGA
Rating: Ab 12
Warnung: slash (John/Rodney)
Genre: Romantik, Drama, episodenbezogen (Die Belagerung 3, Intruder)
Anmerkung: Vielen Dank an patk für ihr, wie immer, gründliches Beta und an LucyLiu für Johns Schnürsenkel.
WICHTIG: Die Story ist eine direkte Fortsetzung meiner Fic Ein Schritt näher, die man wirklich zuerst lesen sollte, wenn diese hier Sinn ergeben soll.
Disclaimer:
Sämtliche Rechte an Stargate Atlantis und den Charakteren dieser Serie gehören MGM/UA, World Gekko Corp und Double Secret Production. Diese Fanfic wurde nur zum Spaß geschrieben und nicht um Geld damit zu verdienen.
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RESET
John erwachte desorientiert, mit einem dumpfen Pochen im Schädel und dem vagen Eindruck verschlafen zu haben. Es war bereits hell im Zimmer und die ersten Strahlen der rötlichen Morgensonne fielen durch das Fenster. Er blinzelte und tastete schlaftrunken nach seiner Armbanduhr auf dem Nachtschränkchen. Seine Finger stießen gegen etwas Kühles. Kalte Flüssigkeit schwappte auf seinen Handrücken. Erschrocken fuhr er hoch und rieb die Hand unwillkürlich an seinem Oberschenkel trocken. Er fühlte schweren Jeansstoff. Verwirrt runzelte er die Stirn und musterte sein Bein. Jeans, tatsächlich. Sein Blick wanderte weiter, fiel auf den Saum seines T-Shirts und auf die Uhr an seinem Handgelenk. Okay - er lag also völlig bekleidet im Bett, die Decke um die Füße gewickelt. Die Kopfschmerzen, brennende, lichtempfindliche Augen und das wattige Gefühl im Mund vervollständigten das Bild.
Was auch immer er gestern getrunken hatte - es war wohl etwas zu viel gewesen.
Stöhnend rieb er sich die Schläfen und warf einen Blick auf die Uhr. Kurz nach sieben. Später als gewöhnlich, aber hoffentlich nicht zu spät um zu duschen und einen Kaffee zu trinken, bevor ... Er runzelte die Stirn. Was stand heute auf dem Programm? Nun, spätestens nach Kaffee und Dusche würde ihm auch das wieder einfallen.
Unbeholfen befreite er sich von der Decke und schwang die Beine über die Bettkante. Er griff nach dem Glas und roch mißtrauisch an seinem Inhalt. Wasser – hoffentlich. Vorsichtig nahm er einen Schluck. Ja, Wasser. Die Flüssigkeit glitt angenehm kühl seine Kehle hinunter und er leerte das Glas in einem Zug, betrachtete es dann nachdenklich und stellte es wieder zurück. Hatte er es auf das Nachtschränkchen gestellt? Das tat er sonst nie. Zu dicht an seinem Bett, er könnte dagegen stoßen und …
Scharf sog er den Atem ein, als die Erinnerung an Gestern in ungeordneten, unvollständigen Momentaufnahmen durch seinen Sinn schoss. Caldwells abschätziger Blick … das Gefühl, immer noch in diesem verdammten Jumper zu sitzen, sobald er die Augen schloss … Ford … der Wodka … ein atemberaubender Sonnenuntergang … Rodney.
"Hier, trink das."
McKay hatte das Glas dahin gestellt. Nachdem er ihn in sein Quartier begleitet hatte. Und bevor …
John ließ den Kopf in die Hände sinken, als sich immer mehr Details des gestrigen Abends aus dem Nebel seiner Erinnerungen schälten.
Hilflose Wut und Enttäuschung als Ford seinen Befehl missachtete und durchs Stargate auf und davon flog. Elizabeths mitfühlender Blick. Caldwell, dessen Miene deutlicher als Worte sagte, dass Atlantis dem Ranghöheren zustand. Die Stille in der Stadt, das Echo seiner Schritte der einzige Laut in den verlassenen Korridoren. Rotgoldenes Sonnenlicht über dem Ozean. Die Erkenntnis, dass er sich noch nie die Zeit genommen hatte, die Sonne im Meer versinken zu sehen. Der bittere Beigeschmack letzter Chancen, als er auf den Balkon hinaustrat. Der Wodka, scharf, klar und brennend auf seiner Zunge und dann weich, verschwommen und betäubend in seinem Kopf.
Rodney.
Rodney, dem es irgendwie gelang, ihm Dinge zu entlocken, die er nie hatte preisgeben wollen. Das Zwielicht seines Quartiers. Das Gefühl der Einsamkeit, so schwarz und tief, dass er glaubte darin zu versinken, ein unkontrollierbarer, endloser Sturzflug ins Nichts. Rodneys Hand, warm und sicher um seine Finger. Rodneys Puls unter seinen Fingerspitzen, ein stetes, zuverlässiges Pochen. Eine Konstante.
John stöhnte innerlich auf. Was zum Teufel hatte er noch getan, außer Händchenhalten mit McKay? Und was hatte er womöglich gesagt? Etwas, das McKay falsch interpretieren könnte? Er zog eine Grimasse und massierte sich mit den Fingerspitzen die Schläfen. Wem versuchte er hier etwas vorzumachen? Die Frage musste lauten: Hatte er irgendetwas gesagt, dass McKay genau richtig interpretieren könnte? Etwas, das verriet, dass er von Rodney mehr wollte als Freundschaft?
***
John war 15 als er all seinen Mut zusammennahm und seinen besten Freund Kevin Langley hinter der alten Scheune auf dem Grundstück seiner Großeltern küsste. Der Kuss war unbeholfen, zögernd zuerst, schmeckte etwas nach Salz und der herben Süße der Brombeeren, die hier überall wuchsen. Lippen, rau und spröde unter seinen, ohne den Glanz und die Glätte von Sandy Manhams Kirschlipgloss. Doch endlich real und so viel besser als in den wirren Träumen, die ihn diesen Sommer hindurch ständig begleitet hatten. Kevin erwiderte den Kuss nach einem Augenblick des schockierten Zögerns und John, weich in den Knien vor Erleichterung und Erwartung, überließ sich dem elektrisierenden Gefühl von forschenden Lippen, heiß wie die Sonne an diesem Septembertag.
Am nächsten Morgen passte Kevin ihn vor der Schule ab und sagte, ohne John in die Augen zu blicken: "Wegen ... wegen gestern. Es war okay, irgendwie, aber ... Ich bin nicht ... Ich bin nicht wie du."
"Was meinst du?"
"Ich bin nicht schwul, Shep. Und ich will's auch nicht werden."
Das verhängnisvolle Wort lag wie ein kaltes Gewicht in Johns Magen, nahm ihm den Atem. "Ich auch nicht", brachte er schließlich heraus.
"Ach nein?" Kevin klang eher müde als schnippisch.
"Es ist nicht ... Es hat nicht damit zu tun, dass ..." John suchte nach Worten, die nicht wie aus einem der schmalzigen Lieblingsfilme seiner Mutter klangen, um zu erklären, dass es *Kevin* war, den er hatte küssen wollen. Kevin, nicht einfach irgendeinen Jungen, was für John den entscheidenden Unterschied ausmachte zwischen "Schwul sein" und dem, was er war. Was immer das auch war. "Und du ... du hast doch auch ..."
"Ich habe mitgemacht, okay? Mehr nicht. Ich dachte wir wären Freunde und ..."
"Das sind wir. Nur deshalb habe ich ..." John holte tief Atem. "Wenn du das nicht willst, tun wir das einfach nicht mehr, ja?"
"Ja", erwiderte Kevin rasch und sah John das erste Mal an diesem Morgen an. In seinen Augen stand Erleichterung und noch etwas. Fast derselbe Ausdruck, mit dem er letzte Woche den kleinen, sterbenden Vogel am Straßenrand betrachtet hatte, der blutverschmiert, mit weit aufgerissenem Schnabel mühsam nach Atem rang. Eine Mischung aus hilflosem Mitleid und morbider Faszination.
Die Worte klangen fremd in seinen eigenen Ohren, als John mit gepresster Stimme fragte: "Wir ... wir sind doch okay, oder?"
"Klar", sagte Kevin schnell, viel zu schnell und blickte zu Boden. "Ich muß dann los, Mann. Wir seh'n uns."
"Ja." John hatte plötzlich das Gefühl sich übergeben zu müssen als Kevin nach einem Nicken und einem flüchtigen Grinsen an ihm vorbei ins Schulhaus ging, sorgsam darauf bedacht ihn nicht zu berühren.
***
Eine halbe Stunde später – nach der Dusche, zwei Kopfschmerztabletten, aber nach wie vor ohne Kaffee – überlegte John beim Anziehen, wie er weiter vorgehen sollte. Direkt zu McKay oder erst sicherstellen, dass er sich noch in seinem Quartier befand? Rasch zog er sich ein frisches T-Shirt über und schlüpfte in seine Hose. Nein, lieber nicht. Rodney sollte nicht erfahren, dass er ihn suchte. Besser direkt hingehen und das Überraschungsmoment nutzen. Er wollte Rodneys Gesichtsausdruck sehen, wenn sie sich unerwartet gegenüberstanden. Alles, was er wissen musste, würde in McKays Gesicht geschrieben stehen. Von da ab musste er improvisieren. Und darin war er gut.
***
Nach dem Scheitern seiner Ehe mit Nancy - dreieinhalb Jahre, wovon die letzten sechs Monate aus resigniertem Schweigen (John) und bitteren Anklagen und Tränen (Nancy) bestanden - gestand er sich selbst ein, dass er zumindest bisexuell war. Er hatte seine Frau nie betrogen, aber selbst als es zwischen ihnen noch richtig gut lief, begegnete er Männern die seine Knie weich und seinen Mund trocken werden ließen.
Nach Nancy gab er dem Verlangen ab und zu nach. Ein paar verstohlene, hastige, heiße Momente in verlassenen Korridoren und dunklen Lagerräumen, immer begleitet von der Gewissheit, dass es nicht mehr war als das. Er machte es sich zum Prinzip, es nicht noch einmal mehr werden zu lassen. Alles andere war zu gefährlich, es stand zu viel auf dem Spiel. Sein Beruf und damit die Freiheit des klaren blauen Himmels, sein Herz.
***
Gerade als er sich aufs Bett gesetzt hatte, um seine Stiefel anzuziehen, summte es an der Tür. John stand wieder auf und aktivierte den Öffnungsmechanismus.
McKay.
So viel zum Überraschungsmoment.
„Hey" Rodney lächelte ihm einen Sekundenbruchteil lang nervös zu und fixierte dann einen Punkt irgendwo oberhalb Johns linker Schulter. In der Rechten hielt er eine Flasche Wodka – *den* Wodka - die er so fest umklammerte, dass seine Knöchel weiß hervortraten. John befürchtete, das Glas würde jeden Moment zerspringen. Mit den Fingern der Linken trommelte McKay ein unruhiges Stakkato auf den Flaschenboden.
John seufzte innerlich auf. Scheiße. Es war schlimm. Schlimmer, als er befürchtet hatte. Laut sagte er: „Hey, McKay." Er nickte in Richtung der Flasche und bemerkte mit gespielter Nonchalance: „Noch etwas früh für den Stoff, oder?"
„Wie?" Rodneys Blick streifte sekundenlang Johns Gesicht, landete dann auf der Flasche. „Oh, natürlich. Hier …" Mit einer hastigen Bewegung drückte er John den Wodka in die Hand und zog seine Finger so schnell wieder zurück, dass die Flasche nur Dank Johns guten Reflexen nicht am Boden zerschellte. Die Kälte des Glases schien sich augenblicklich von Johns Fingerspitzen in seinem ganzen Körper auszubreiten.
„Das … das gehört dir." Ein weiteres flüchtiges, nervöses Lächeln. „Du hast sie … ich meine, ich habe sie gestern da …" Fahrig gestikulierte Rodney in Richtung des Ozeans. „Wir haben sie stehen lassen und ich dachte …" McKay verstummte und platzte dann heraus. „Du erinnerst dich doch noch an gestern, oder? Gut, gut, du warst nicht stockbesoffen, aber man weiß nie, wie sich zu viel Alkohol auf das Gehirn auswirkt und …"
„McKay." John rieb sich die brennenden Augen. „Wie wär's wenn wir das nicht im Korridor erörtern, okay?" Er trat zur Seite um McKay einzulassen.
„Ähm, ja. Ja, das ist … Okay." Rodney nickte hastig, machte aber keine Anstalten Johns Quartier zu betreten.
John spürte einen kalten Druck in seiner Magengrube, der nichts mit zu viel Alkohol am Vortag oder noch keinem Frühstück heute zu tun hatte. McKay war sicher nicht homophob, aber es war eine Sache in der Theorie nichts gegen das Konzept gleichgeschlechtlicher Liebe zu haben, aber eine ganz andere zu erfahren, dass der beste Freund einem an die Wäsche wollte. Erfahrungsgemäß hielt die Freundschaft dann nicht mehr lange. Er schluckte die aufsteigende Bitterkeit hinunter, hob stattdessen auffordernd die Augenbrauen und bemerkte mit leichter Ironie: „Damit meinte ich: ‚Komm rein', McKay."
„Natürlich. Sicher." Diesmal setzte McKay sich in Bewegung und folgte John in sein Quartier. Die Tür schloss sich mit einem leisen Zischen hinter ihnen. John stellte die Flasche auf das Nachtschränkchen und zuckte zusammen, als sie mit hellem Klirren an das Wasserglas stieß. Er setzte sich auf das Bett und griff wieder nach seinen Stiefeln. Es war gut, dass er etwas hatte, um seine Hände zu beschäftigen.
„Also", begann er, schlüpfte in den Stiefel und sah auf. McKays Augen ruhten gedankenverloren auf dem Wasserglas. Der Ausdruck auf seinem Gesicht ließ John in der Bewegung innehalten. Sein Herz pochte mit einem Mal schnell und hart in seiner Brust, seine Finger an den Schnürsenkeln waren plötzlich ungeschickt. Er kannte diesen Ausdruck, diesen Zug um Rodneys Mund. Er hatte ihn gelegentlich bei anderen Männern gesehen, früher, war ihm immer sorgfältig ausgewichen, denn er bedeutete Emotion und Nähe - ein Risiko.
Aber dieser Ausdruck passte nicht zu McKays Nervosität von eben, zu der Vorsicht, John ja nicht zu nahe zu kommen. Er schien so überhaupt nicht zu McKay zu passen und … John schluckte. Doch. Er passte zu dem Rodney von gestern. Zu dem Rodney, dessen Hand sich so gut in seiner angefühlt hatte.
Er bedeutete eine Chance. Vielleicht.
John biss sich auf die Lippe.
Verdammt, nicht jetzt. Mit Caldwell im Nacken, mit der Art und Weise wie er selbst zu dem Kommando über Atlantis gekommen war und mit dem SGC nur noch einen Schritt durchs Stargate entfernt. Selbst wenn Rodney wirklich ...
McKay wandte ruckartig den Kopf und für einen Moment trafen sich ihre Blicke, gaben John das Gefühl als hätte Rodney seine Gedanken gespürt. John glaubte flüchtig etwas wie Bedauern oder Sehnsucht in Rodneys Augen zu sehen, bevor sie zu einem imaginären Punkt am Boden irrten. Zu schnell vorüber um sich wirklich sicher sein zu können.
Wunschdenken.
Entschlossen griff John nach dem anderen Stiefel.
Nicht jetzt und nicht hier.
Er öffnete den Mund um etwas zu sagen, als McKay sich räusperte und sie beide gleichzeitig zu reden begannen.
„Major, du …"
„Also, wegen gestern …"
Sie hielten inne. McKay warf einen Blick zum Himmel und machte mit der Hand eine ungeduldige, auffordernde 'Du zuerst' - Geste. Etwas, so typisches, vertrautes, dass John sich unwillkürlich etwas entspannte.
"Also", begann er erneut und kontrollierte gründlicher als nötig den Sitz seines Stiefels. "Ich war ziemlich zu gestern. Was bedeutet - Ich erinnere mich nicht genau daran, was ich alles gesagt und getan habe. Also, wenn es irgendetwas … Unangebrachtes war, dann möchte ich mich bei dir entschuldigen."
„Unangebracht?" Rodney sah ihn groß an.
John nickte zustimmend, was keine gute Idee war. Seine Kopfschmerzen meldeten sich sofort mit Vehemenz zurück. „Ja, McKay, unangebracht. Nicht angemessen. Falsch. Dinge, die ich sonst nicht sagen oder tun würde und auch nicht so meine." Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, vielleicht habe ich den Präsidenten der Vereinigten Staaten beleidigt, behauptet, Caldwell sei ein Spion der Wraith, oder gesagt, ich würde in meiner Freizeit heimlich Käfer sammeln und unter dem Bett verstecken. Oder …"
„Du hast meine Hand genommen und … und gestreichelt", platze Rodney heraus und errötete leicht beim letzten Wort. Schnell redete er weiter. „Also, das soll nicht heißen, das ich das generell in die Kategorie 'Unangebracht'...". Mit den Fingern deutete er die Anführungszeichen an, "Einordnen würde. Es … es kommt natürlich immer auf die Umstände an und ... Was ich meine ist, es kommt darauf an, wer … nun ja, es ist für dich und dein übliches Verhalten anderen gegenüber zumindest … ähm … ungewöhnlich und ich frage mich …"
"Ja?" John hob die Augenbrauen, fühlte, wie die Anspannung in ihm nachließ. Er war noch nie dankbarer für McKays Mangel an Diplomatie und seine brutal - ehrliche Art gewesen als in diesem Moment.
„Ich frage mich, was ... was ich davon halten soll. Ich meine, wenn ich eine Frau wäre, was ich ja offensichtlich nicht bin, würde ich denken, dass du ... ". Ein nervöses Lächeln. "Ähm, es sei denn, du stehst nicht *nur* auf Frauen, was völlig in Ordnung ist, wirklich, denn ich ... also ..."
John starrte ihn nur unbewegt an. Er wollte jetzt wirklich keine liberal - kanadische Ansprache über die verschiedenen Aspekte der Liebe und deren Gleichheit hören. Zeit, McKay wieder von der Spur abzulenken, auf der er sich gerade befand. Langsam stand John auf.
Rodney hob begütigend die Hände und trat unwillkürlich einen Schritt zurück. "Okay, okay, am Besten wir vergessen, dass ich *das* gesagt habe, ja? Und ..." Er lächelte nervös. "Ich bin jetzt lieber still."
"Danke." John schenkte ihm ein schiefes, ironisches Grinsen und holte tief Luft. Das war der Moment, auf den es ankam. Der Zeitpunkt an dem Körpersprache und Worte perfekt zusammen passen mussten.
"Okay, McKay, als erstes kann ich dir versichern, dass du nicht mein Typ bist." Er zuckte lässig mit den Schultern, unterdrückte den Impuls, mit dem losen Faden an der Naht seiner Hosentasche zu spielen, ließ die Arme einfach locker hängen, Handflächen offen. "Mein Typ hat mehr Kurven." Er machte mit den Händen eine bezeichnende Geste, die eine Figur des Kalibers Angelina Jolies andeutete "Dafür weniger Körperbehaarung und ... anderes." Ein bedeutungsvolles Augenbrauenheben." Du verstehst was ich meine?"
"Ich bin ein Mann, du stehst auf Frauen, daher bin ich nicht dein Typ." McKay nickte. "Völlig klar."
"Gut." John befeuchtete die plötzlich zu trockenen Lippen mit der Zungenspitze und widerstand dem überwältigendem Verlangen den Blick abzuwenden und überall hinzusehen, nur nicht Rodney ins Gesicht. Er wusste, eine Lüge war nur dann überzeugend, wenn man es schaffte dem anderen in die Augen zu blicken. "Was das ... Händchenhalten angeht, vermutlich habe ich dich mit jemandem verwechselt." Im selben Moment wünschte er, die Worte zurücknehmen zu können. Leugnen, sich hinter Amnesie verschanzen, den Spieß herumdrehen und in die Offensive gehen - das war die Taktik dieses Spiels. Wenn man versuchte zu erklären, hatte man bereits so gut wie verloren.
McKay bemerkte es sofort. "Verwechselt? Mich?" Rodney verschränkte die Arme vor der Brust und reckte das Kinn. Seine Unsicherheit und Nervosität von eben schwand zusehends. "Mit wem? Teyla? Elizabeth? Wie wahrscheinlich ist das, hm?"
"Was? Ich ... ich habe keine Ahnung. Was willst du damit andeuten?" Es kostete John erschreckend wenig Mühe ehrlich entrüstet zu klingen, fast glaubte er selbst, was er da sagte. "Verdammt, McKay, ich erinnere mich nicht an gestern, okay? Es tut mir leid, wenn ich irgendetwas getan habe, das ... das ..." Er suchte nach dem richtigen Wort.
"Unangebracht war", soufflierte Rodney.
"Richtig, unangebracht war. Ich habe mich entschuldigt ..." Anklagend zielte er mit dem Zeigefinger auf McKay. "Und du, hör auf in mein Verhalten etwas hineinzulesen, das nicht da ist." Er senkte seine Stimme, ließ sie kühl und leicht drohend klingen. "Etwas, das mich, nebenbei bemerkt, meine Karriere kosten könnte, sollte es hier die Runde machen. Ich wäre dir also dankbar, wenn du deine wilden Vermutungen nicht in der ganzen Stadt hinausposaunst." Aus schmalen Augen musterte er McKay und obwohl er wusste, dass es verletzend war und unter der Gürtellinie, und wohl das unangebrachteste, was er jemals zu McKay gesagt hatte, holte er zum finalen Schlag aus: "Oder hast du das schon? Spuck's aus. Mit wem hast du über mich geredet? Beckett? Deinem Kumpel Zelenka, vielleicht? Oder hast du's gleich offiziell gemacht und bist zu Caldwell gegangen?"
"Was?" Rodney riss die Augen auf. "Du ... du glaubst ich würde ...?" Diesmal war es John der sich mit einem anklagenden Zeigefinger konfrontiert sah. McKays Stimme überschlug sich. "Hör zu, Major, ich arbeite schon lange genug für das amerikanische Militär mit seinen antiquierten, lächerlichen Ansichten zur Homosexualität um zu wissen, was "Don't ask, don't tell" bedeutet und wie die Konsequenzen aussehen können. Ich weiß sehr wohl was auf dem Spiel steht und was Gerüchte anrichten können. Und ... und - Caldwell? Du glaubst wirklich ich würde zu Caldwell gehen und ...?" Der Kampfgeist in Rodneys Augen machte plötzlich Schmerz und Enttäuschung Platz. Er blinzelte ein paar Mal hastig und sagte dann leise: "Ich frage mich, was in aller Welt dich auf den Gedanken bringt, ich könnte etwas derart ... derart niederträchtiges tun."
"Rodney ...", begann John hilflos, alle Strategie vergessen.
Müde rieb McKay sich mit der Hand über das Gesicht. "Ich bin zu dir gekommen um ... Ich hatte gedacht du ..." Er winkte ab. "Egal. Hör zu, Major, ich würde nie absichtlich etwas sagen oder tun, was deine Karriere gefährden könnte."
"Ich weiß. Wirklich, Rodney." John fühlte sich plötzlich wie ausgelaugt. "Ich hätte das nicht sagen sollen. Entschuldige." Er sah in McKays Augen, in der unglücklichen Linie seines Mundes, den hängenden Schultern, wie sehr er ihn getroffen hatte. Ihm war übel. Verdammt, Rodney hatte das nicht verdient.
"Ja." Es klang resigniert.
Seufzend begann John: "Es tut mir ..."
McKay hob abwehrend die Hand. "Bitte, keine weitere Entschuldigung. Mehr als drei von dir innerhalb einer halben Stunde und ich muß anzunehmen, dass du unter dem Einfluss einer außerirdischen Macht stehst." Er verzog kurz das Gesicht, klang wieder mehr wie er selbst. "Und die Frage, wie ich dich wieder davon befreien kann, bevor du andere - im schlimmsten Fall mich - in einem Amoklauf verletzt oder gar umbringst, ist so ziemlich das letzte Problem mit dem ich mich heute, und noch dazu vor dem Frühstück, befassen möchte, vielen Dank."
"Rührend, deine Sorge um mein Wohlergehen." Etwas in John entspannte sich wieder und er wagte ein schmales Grinsen.
"Bitte, gern geschehen." Rodney verzog rasch die Lippen, nur der Schatten eines Lächelns.
Für einen langen Moment sahen sie sich schweigend an. Etwas in John wollte auf ihn zugehen, ihn berühren, ihm die Wahrheit sagen und zur Hölle mit all den Konsequenzen. Doch er blieb wo er war, nickte nur unbestimmt und presste die Lippen zusammen.
"So." McKay rieb sich kurz die Hände und bemerkte mit aufgesetztem Enthusiasmus: "Wir haben also geklärt, was nicht zu klären war, du hast deinen Wodka wieder und ich hatte heute noch keinen Kaffee. Ich geh dann mal und besorge mir einen, sonst ... ja. Ich geh dann jetzt. Wir sehen uns nachher in der Besprechung, Major."
Erst als Rodney den Raum verlassen hatte, fiel John auf, dass er ihn nicht gefragt hatte, ob er ihn begleiten wollte.
Müde ließ er sich wieder auf das Bett sinken und starrte noch eine lange Zeit blicklos zu Boden.
***