Ergebnis 1 bis 8 von 8

Thema: Zuviel gewagt

  1. #1
    Staff Sergeant Avatar von MariLuna
    Registriert seit
    03.03.2009
    Ort
    Berlin
    Beiträge
    54

    Standard Zuviel gewagt

    Disclaimer:Atlantis ist Eigentum von MGM & Co
    Serie: SGA
    Rating:PG-16
    Genre:Drama
    Hauptcharaktere:AR-1, Dr.Weir, Dr.Heightmeyer, Dr.Beckett
    Einordnung: 3. Staffel

    Achtung: psychische Folter und ihre Folgen


    Ich habe das schon einmal woanders gepostet, doch im Gegensatz zu dort beschränke ich mich hier noch mehr auf Andeutungen und halte es wie der Großmeister A. Hitchcock: unsere Fantasie ist oft grausamer als jede Filmszene ...



    1. Tauchgang


    Es war sehr still hier unten. Er spürte, wie er langsam tiefer sank, und als er eine kältere Strömung kreuzte, rieselte es ihm eiskalt den Rücken herab. Doch er bewegte sich nicht, ließ sich weiter treiben.
    Weiter abwärts.
    Diesmal hielt er allerdings die Augen geschlossen, denn das Meerwasser begann langsam in seinen Augen zu brennen. Er konnte hier unten sowieso nicht viel sehen. Ein paar kleinere Fische und Krebse stupsten ihn manchmal an – die Kleinen waren ganz verschreckt von der großen, bösen Gestalt, die plötzlich ihr stummes Unterwasserdasein störte. Den Gedanken an ungesundes Plankton, Mikroben, Bakterien, Blutegel und Geißeltierchen schob er absichtlich ganz weit weg. Er hatte nicht die Absicht, diese Stille zu stören.
    Diese Stille, die erst nur um ihn herum geherrscht hatte, die er allmählich aber auch in seinem Inneren spürte, je länger er das hier machte. Und er machte das schon eine ganze Weile. Und je öfter er das hier machte, desto besser wurden seine Lungen – inzwischen konnte er es schon doppelt so lange hier aushalten wie zuvor.
    Seine Gedanken schweiften ab, zurück zu dem dunklen Raum, in den ihn die Ritter gebracht hatten – sie hatten sich tatsächlich „Ritter“ genannt, wenn das nicht lustig war! – und wieder glaubte er, ihre Fragen zu hören.

    „Wozu wärest du bereit, wenn wir dir als Belohnung ein ZPM in Aussicht stellten?“
    Dann, seine Gegenfrage: „Ist es ein volles ZPM?“
    Ihre Antwort, sehr sachlich, keine Spur amüsiert: „Natürlich. Der Einsatz soll ich ja für beide Seiten lohnen.“
    „Was schwebt euch vor?“ hatte er nur misstrauisch zurückgefragt.


    Seine Lippen verzogen sich zu einem bitteren Lächeln. Er hatte wirklich mit vielem gerechnet, immerhin hatte man auch schon viel von ihnen verlangt, wenn er da nur an die Genii dachte … doch ihre Antwort hatte sie überrascht.

    „Ein Spiel. Fangen wir doch mit einem einfachen Frage-und-Antwort-Spiel an. Wir müssen schließlich wissen, ob ihr es wert seid und vor allem – wem von euch vieren wir es geben werden. Denn das wird derjenige mit dem größten Opfer sein.“

    Und dann hatten sie ihre Fragen gestellt. Sie wurden getrennt befragt, jeder von ihnen in einem anderen Raum und niemand erfuhr zunächst, was die anderen geantwortet hatten.
    Niemand außer dem Gewinner.
    Dem wurden die Protokolle der unheimlichen Fragestunden am Ende vorgelesen. Damit er wusste, wo er stand. Damit er wusste, wie seine Freunde wirklich zu dem standen, was er zu tun gedachte. Denn der Gewinner war derjenige mit den wenigsten Skrupeln.

    Rodney McKay spürte, wie seine Lungen allmählich nach Luft lechzten und kämpfte sich mit einigen kräftigen Stoßbewegungen wieder an die Oberfläche. Die Luft war kälter als das Wasser und er bekam jedes Mal einen kleinen Schock. Er holte noch einmal tief Luft und sank dann wieder in die Fluten, während seine Gedanken wieder den Faden aufnahmen.

    „Würdest du jemanden töten?“
    „Nein.“
    „Jemanden verletzen?“
    „Nein.“
    „Deine Leute verraten?“
    „Nein.“


    In der Art ging es eine ganze Weile weiter, bis sich die Fragen schließlich dem Thema näherten, auf das sie es abgesehen hatten. Es waren sehr … persönliche Fragen gewesen, die ganz genau implizierten, was dem Befragten von diesen seltsamen Männern - Rittern! Jaja - drohte. Unwillkürlich schüttelte er den Kopf. Er wollte nicht darüber nachdenken.
    Weder über diese Fragen, noch über den leisen, beinahe sanften Tonfall, mit dem sie an ihn gerichtet wurden. Und schon gar nicht über die Schmerzen, die seine Antwort zur Folge … er zwang sich, diesen Gedanken mittendrin abzubrechen, über etwas anderes nachzudenken. Zum Beispiel über die Antworten, die seine Freunde auf diese Fragen gegeben hatten, jene Antworten, die er aus den Protokollen kannte und die ihm genau verrieten, was ihn … danach erwarten würde.

    Teyla: „Nein.“
    – Das war okay, schließlich war sie eine Athosianerin, die wirkliche Dringlichkeit eines ZPMs sah sie nicht als ihr eigenes Anliegen an – ihr Volk brauchte so etwas nicht. Und für sie als Frau – na ja, sie hatte mehr zu verlieren als nur ihren Stolz.

    Ronon: „Nein.“
    – für ihn galt dasselbe wie für Teyla, nur, dass er keine Frau und kein Athosianer war, sondern von Sateda stammte.

    Sheppard: „Nein. Niemals.“
    – na gut, auch nicht wirklich erstaunlich.

    Obwohl, wenn es anders abgelaufen wäre, wenn es darum gegangen wäre, eine hübsche Dame zu verführen um an ein ZPM zu kommen, dann hätte dieser Kirk-Verschnitt vielleicht gar nicht erst groß darüber nachgedacht. Vielleicht, wenn diese Ritter hübsche Burgfräuleins gewesen wären … ach, es war müßig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.

    Nur er tanzte natürlich aus der Reihe, nachdem er gründlich darüber nachgedacht hatte. Es ging um ein ZPM, Herrgott noch mal! Energieversorgung, Schild … musste er das wirklich weiter vertiefen? Also hatte er ein zögerndes „vielleicht“ von sich gegeben.
    Aus.
    Zack.
    Peng.
    Falle zugeschnappt.
    Rien ne va plus.
    Für die "Ritter" bedeutete das allerdings nichts anderes als:
    Spiel, Satz und vor allem:Sieg!

    Und in genau jenem Moment hatte dieses unsagbar samtige, triumphierende Lächeln um die Lippen des Anführers gezuckt; ein Lächeln, bei dessen Anblick er sich mehr denn je wie eine Maus in der Falle gefühlt hatte.

    Als er das nächste Mal an die Oberfläche kam, stellte Rodney fest, dass ihm langsam wirklich kalt wurde. Seufzend schwamm er zurück zum Pier und zog sich daran hoch. Das war verdammt anstrengend, denn seine nasse Kleidung zog ihn regelrecht wieder nach unten. Glücklicherweise hatte er sich wenigstens die Schuhe ausgezogen, bevor er mit seiner höchsteigenen Tauchtherapie begonnen hatte.
    Dr. Heightmeyer würde ihn so oder so noch früh genug in die Finger kriegen und erfahrungsgemäß wusste er, dass die Gespräche mit ihr ihm nicht halfen und nur noch mehr verwirrten, daher war es gut, wenn er nebenher seine eigene Therapie am Laufen hatte.

    Plötzlich wurde er sich bewusst, dass sein Headset, das er in seine Schuhe gesteckt hatte, schon einige Zeit vor sich hinknackste.

    „Dr. McKay? Hier Weir. Rodney, wo stecken Sie?“

    Na toll. Er seufzte tief. Jetzt kam das auf ihn zu, wovor er sich schon die ganze Zeit gefürchtet hatte. Sheppard hatte Elizabeth garantiert seinen Bericht über das Geschehen abgegeben und nun folgte das Verhör à la Rodney-was-in-Gottes-Namen-haben-Sie-sich-dabei-nur-gedacht?
    Er zögerte, doch dann gab er sich einen Ruck. Ihm blieb letztendlich ja doch keine Wahl.

    Konsequenzen, Rodney. Steh zu deinen Taten und trage die Konsequenzen.

    „Ich bin am Pier, Elizabeth. Ich komme gleich.“

    „Ich schicke Sheppard. Er wird Sie abholen.“

    „Das ist wirklich nicht nötig, Elizabeth.“

    „Weir Ende.“

    Oh na toll, jetzt war sie wirklich sauer. Aber Verständnis hatte er ja nicht wirklich von ihr erwartet, oder?
    Plötzlich war die Übelkeit wieder da. Er hatte Glück und rollte sich gerade noch rechtzeitig auf die Seite, bevor er seinen Mageninhalt über den Rand des Piers im Ozean versenkte. Jetzt hatten die Fische sogar noch einen Nachtisch bekommen.

    Ich kann nicht. Ich kann jetzt nicht zu Elizabeth. Ich kann ihr einfach nicht mehr in die Augen sehen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn sie mich jetzt auch mit diesem Blick ansieht.

    Dieser seltsam betretene Ausdruck in Sheppards Miene, das klebrige Mitleid in der von Teyla und die Skepsis bei Ronon – er kam sich vor wie ein kleiner, hässlicher Käfer unter dem Mikroskop, bei dem man nicht wusste, ob man ihn weiter untersuchen oder doch lieber tottrampeln sollte … für heute hatte er wirklich genug solcher Blicke gehabt.
    Auf dem Rückweg hatten sie kaum mit ihm geredet und zurück auf Atlantis hatte Sheppard ihn gleich zu Beckett geschleift und ihn mit den Worten:
    „Untersuchen Sie ihn gründlich, vor allem auf eventuelle Geschlechtskrankheiten“ dort abgeliefert.

    Und dann hatte ihn auch noch Carson mit diesem Blick bedacht. Rodney dankte nur allen existierenden oder nicht existierenden Göttern, dass sie über einen Scanner verfügten und ihm die üblichen peinlichen Untersuchungen inklusive näherer Körperkontakt daher erspart blieben.
    Das hätte er garantiert nicht ertragen.
    Nach den obligatorischen, widerlichen Blutabzapfungen von Seiten verschiedener Schwestern und einem einseitigen Gespräch mit Carson – der Arzt hatte geredet, er nur vor sich hingeschnaubt – stibitzte er noch soviel Schmerzmittel, derer er habhaft werden konnte und türmte, sobald ihm Carson und die anderen den Rücken zuwandten.

    Okay Rodney, dieser Tag war echt beschissen, aber sehr viel schlimmer kann es nicht mehr werden, oder? Jetzt bring das noch schnell hinter dich und morgen ist ein neuer Tag.
    Ja, genau. Weglaufen gilt nicht. Konsequenzen, Rodney.


    Stöhnend quälte er sich in eine sitzende Position, angelte nach seinen Schuhen und schlüpfte hinein. Wie gut, dass es die mit den Klettverschlüssen waren – seine Hände zitterten so stark, dass er mit Schnürsenkeln echte Probleme gehabt hätte.
    Langsam stand er auf. Seine Knie waren verdammt wacklig, aber nach den ersten Schritten ging es ein wenig besser. Er sollte lieber zusehen, dass er dem Colonel so viel wie möglich entgegenlief, je mehr Arbeit er Sheppard machte, desto schlechter würde dessen Laune ausfallen.
    Andererseits – ein paar zusätzliche Schmerzmittel würden ihn vielleicht genug aufputschen um den Rest des Tages in einer etwas entspannteren Gemütslage zu verbringen. Am besten, er nahm von allem etwas.
    Vier von den kleinen Dingern sollten genügen.
    Dann lief er weiter. Auf halbem Wege rannte er fast Sheppard in die Arme.

    Sheppard fielen sofort zwei Dinge an dem Kanadier auf – erstens, dass er klatschnaß war und eine deutliche Wasserspur hinter sich herzog und zweitens, dass die wunderschönen Veilchen, die ihm die Ritter zu allem anderen verpasst hatten, auf Grund der Tatsache, dass Rodney eindeutig zu lange Kontakt mit kaltem Wasser gehabt hatte, zu einem beeindruckenden Violett erblüht waren. Diese und …

    „Was ist das da an Ihrem Hals, McKay?“ vielsagend deutete sich Sheppard an die eigene Kehle.

    Peinlich berührt fuhr sich Rodney an den Hals. Jetzt erinnerte er sich auch wieder an die beiden Hände, die ihn so begeistert gewürgt hatten. Nicht so sehr, dass er das Bewusstsein verloren hatte, aber er war Sheppard direkt dankbar, dass er ihn daran erinnerte – vielleicht bot sich ihm hier eine Chance ohne weitere Erklärungen aus der Sache raus zu kommen.

    „Ich muß noch mal in mein Quartier bevor wir zu Dr. Weir gehen“, erklärte er statt einer Antwort. „Was Trockenes anziehen.“

    Sheppard nickte nur. In seinen Augen lag wieder dieser sezierende Ausdruck.
    Den Rest des Weges gingen sie schweigend.
    Als sie an seinem Quartier angekommen waren, wollte Sheppard sich erst mit hineindrängen, doch McKay schien so etwas erwartet zu haben – mit einem erstaunlich festen Stoß beförderte er den Colonel an die gegenüberliegende Wand des Ganges.

    „Danke, ich schaff das schon alleine.“

    Widerstrebend ließ Sheppard ihn gewähren. Er wollte keinen unnötigen Eklat provozieren. Rodney benahm sich sowieso schon wie ein gereizter Grizzly und gleich auf der Besprechung würde er so oder so ausflippen. Da konnte er ihm zumindest jetzt seinen Willen lassen.
    Müde lehnte sich der Colonel an die Wand. Er hatte das Entsetzen immer noch nicht verdaut, das ihn bei dem Anblick des ZPMs in McKays Händen überkam. Genau wie Teyla und Ronon wusste er, dass dies nur bedeutete, dass sich der Wissenschaftler auf diesen perversen Handel eingelassen hatte. Das war für ihn ein solch unvorstellbarer, schockierender Gedanke, dass er gar nicht mehr wusste, wie er jetzt mit dem Kanadier umgehen sollte.
    Sogar Teyla war sprachlos und wenn selbst die Athosianerin nicht mehr wusste, wie sie einen Menschen behandeln sollte, der so etwas mit sich machen ließ – wie sollte er es dann können?

    Die Tür öffnete sich und Rodney trat heraus auf den Gang. Er trug jetzt einen schwarzen Rolli, der die Male an seinem Hals gnädig verdeckte. Und er schien versucht zu haben, sich die Haare trocken zu rubbeln. Darauf, sie danach in Form zu bringen hatte er allerdings verzichtet, weshalb sie ihm ziemlich wild vom Kopf abstanden.
    Sheppard nickte ihm nur schweigend zu, dann machten sie sich wieder auf den Weg.

    ***


    Fortsetzung folgt, laßt mir ein paar Kommentare da, sonst erfahrt ihr nicht, wie es weitergeht *gg*
    Geändert von MariLuna (16.03.2009 um 10:44 Uhr)

  2. #2
    Staff Sergeant Avatar von MariLuna
    Registriert seit
    03.03.2009
    Ort
    Berlin
    Beiträge
    54

    Standard

    2. In bester Absicht

    Im Besprechungsraum wartete neben Dr. Weir und Dr. Beckett auch Dr. Heightmeyer auf ihn.
    Na klasse. Das konnte ja heiter werden.

    Rodney ließ sich auf einen der Stühle fallen, die am weitesten von den anderen entfernt waren und hätte sich weitaus wohler gefühlt, wenn Sheppard sich nicht ausgerechnet auf den Stuhl zwischen ihm und der Tür gesetzt hätte. Es wirkte, als wolle ihm der Lt. Colonel von vorneherein jede Fluchtmöglichkeit abschneiden.

    Und wie zu erwarten gewesen hatten sie alle diesen Blick drauf – abschätzend, beinahe unterkühlt und zugleich so verdammt traurig.

    Sekundenlang musterten sie sich nur schweigend.

    Elizabeth hatte Mühe, die aufsteigenden Tränen zurückzudrängen und war froh über ihre jahrelange Disziplin, die ihr half, ein möglichst neutrales Gesicht zu wahren.
    Der Kanadier sah schrecklich aus – durch die Veilchen sah er wirklich ein wenig aus wie ein Waschbär, wenn auch wie ein ziemlich derangierter Waschbär.
    Aber in seinen Augen lag eine Leere, die nur erahnen ließ, was er hatte Schreckliches erleiden müssen. Sie kannte seinen Krankenbericht von Dr. Beckett und wusste daher von den Prellungen und den Fesselspuren an den Handgelenken und es war nur riesiges Glück, dass er keine inneren Verletzungen davon getragen hatte. Doch die psychischen …

    „Rodney … wie geht es Ihnen?“

    Seine Augen verengten sich misstrauisch. „Gut.“

    „Was haben Sie auf dem Pier gemacht?“

    „Ich war tauchen, wenn es recht ist.“ Sein Tonfall war genauso abweisend wie seine ganze Haltung.

    „Bei einer Wassertemperatur von 10 Grad?“

    „Genau genommen sind es zwölfeinviertel“, erklärte er belehrend.

    Dr. Weir seufzte still.
    „Rodney, mir fehlt noch Ihr Bericht. Johns, Teylas und Ronons Aussagen habe ich schon. Möchten Sie nicht auch etwas dazu sagen, was auf dem Planeten vor sich gefallen ist?“

    „Nicht nötig, nein, ich denke nicht. Wir haben ein ZPM, das dazu noch voll funktionsfähig ist. Mission erfolgreich abgeschlossen, Ende.“

    Dr. Heightmeyer ergriff das Wort. Vorsichtig, behutsam tastete sie sich vor.

    „Warum waren Sie tauchen? Fühlten Sie sich vielleicht … schmutzig?“

    Rodney verstand sie absichtlich falsch. „Schon mal auf einer Außenmission gewesen? Danach riecht man nie nach Gänseblümchen, Doktor.“

    „Diese Art von Schmutz meinte ich nicht.“

    Rodney verdrehte die Augen.
    „Muß das sein?“ wandte er sich beschwerend an Dr. Weir. „Muß ich auf die Fragen dieser Psycho-Tussi wirklich antworten? Ich habe für heute wirklich genug von solch dämlichen Frage-und-Antwort-Spielchen.“

    „Geben Sie Ihr eine Antwort, McKay.“ Das war Sheppard.

    Rodney warf ihm einen bitteren Blick zu.

    „Nein“, zischte er Dr. Heightmeyer dann an. „Diese Art von Schmutz klebt definitiv nicht an mir.“

    „Warum waren Sie dann über eine Stunde im Ozean schwimmen, Rodney?“ fragte sie sanft zurück.

    Rodneys Finger begannen wie von selbst einen nervösen Tanz auf der Tischplatte aufzuführen. Dann wurde er sich dessen bewusst und verschränkte seine Arme schnell vor der Brust. Herausfordernd starrte er sie alle der Reihe nach an.

    „Wir haben jetzt ein neues ZPM und für mich ist das Thema damit erledigt.“

    Kate Heightmeyer starrte ihn nur schweigend an. Ihre Miene sprach Bände. Sie floß geradezu über vor Mitgefühl. Sie hatte der Körpersprache des Kanadiers von vorneherein mehr Beachtung geschenkt als dessen beleidigenden Worten. Sie sah die Anspannung in seinen Schultern, wie sich seine Nackenmuskeln verspannten und die feine Ader an seiner Schläfe zu pulsieren begann. Alles an diesem Mann war auf Abwehr gepolt.
    Ihr fiel aber auch noch anderes auf – allem voran der Rolli und die Tatsache, dass er peinlich darauf bedacht war, seine Handgelenke unter den Ärmeln zu verstecken.

    Sie wusste von den Fesselspuren und vor allem auch, wie tief diese gingen.
    Dann blickte sie ihm in die Augen. Seine Pupillen waren noch immer stark geweitet, so dass seine Augen dunkler wirkten als sie es eigentlich waren, und doch wirkten sie irgendwie … abwesend.

    Trotz seiner offensichtlichen Wut auf sie, war sie sich sicher, dass das alles nur ein Schutzpanzer war. Einer von vielen, aber der bisher undurchdringlichste.

    Ihr Blick wanderte kurz hinüber zu Sheppard. So seltsam es klang, der einzige, der diesen Panzer durchbrechen könnte, war ihrer Ansicht nach der Lt. Colonel. Wenn er den richtigen Ton traf.

    „Für mich ist die Sache nicht erledigt, Rodney“, erwiderte Dr. Weir in jenem Ton, den alle hier auf Atlantis zu fürchten gelernt hatten. „Diesmal sind Sie eindeutig zu weit gegangen. Wie können Sie sich selbst solchen Gefahren aussetzen, nur für die riskante Aussicht auf ein funktionstüchtiges ZPM? Was wäre, wenn man Ihnen das ZPM nicht gegeben hätte? Oder wenn es unbrauchbar gewesen wäre?“

    „Ich habe es aber erhalten. Und es funktioniert. Fragen Sie doch Zelenka, der wird Ihnen das bestätigen!“

    „Wenn man Sie gebeten hätte, Ihre Hand abzuhacken, hätten Sie das dann auch getan?“ schrie Elizabeth zurück. Obwohl sie sich geschworen hatte, ruhig zu bleiben, konnte sie jetzt nicht anders. Dieser Sturkopf brachte sie auf die Palme.

    „Ja, natürlich! Wenn ich sie mitgekriegt hätte. Carson hätte sie mir schon wieder angenäht!“ Er warf dem Chefarzt von Atlantis einen triumphierenden Blick zu, der an dessen müder Miene regelrecht abprallte.

    „Ja, das hätte ich Rodney“, erwiderte der Schotte leise. „Aber das ist verflixt noch eins keine Rechtfertigung für das, was du mit dir hast tun lassen!“

    Für einen Augenblick erschien McKay tatsächlich verwirrt.
    „Was ich mit mir habe tun lassen?“ wiederholte er in einem seltsamen Tonfall. „Entschuldigung, ich begreife die ganze Aufregung hier nicht. Was, bitteschön, habe ich denn so Schlimmes verbrochen?“

    Für einen Augenblick waren die anderen baff. Sheppard durchschaute ihn als erster.

    „Tut mir leid, McKay, aber das zieht nicht. Versuchen Sie sich nicht mit Gedächtnislücken herauszureden, so schlimm sind die Würgemale an Ihrer Kehle nun auch wieder nicht.“ Er hielt kurz inne und starrte den anderen mit einem Blick an, der gemeinhin nur als „durchbohrend“ bezeichnet werden konnte. „Sie haben sich von mindestens sechs Kerlen mißhandeln lassen um an dieses ZPM zu kommen.“ Eigentlich wollte er das andere Wort benutzen, aber davor schreckte er zurück.

    „Und was ist daran so schlimm? Niemand ist dadurch zu Schaden gekommen. Sonst wollen die Leute immer Atomraketen, Sprengstoff oder was weiß ich und einmal - ein einziges Mal! - ist niemand dadurch zu Schaden gekommen und trotzdem sitz ich hier jetzt vor der Inquisition. Das ist doch echt ein Witz.“

    Nach seinen Worten herrschte eine beinahe gespenstische Stille. Vier Augenpaare starrten ihn an, als hätte er den Verstand verloren.

    „Rodney“, begann Carson schließlich vorsichtig als hätte er es mit einem begriffsstutzigen Fünfjährigen zu tun. „Du bist zu Schaden gekommen.“

    „Wir haben ein neues ZPM“, beharrte McKay eigensinnig. „Wir brauchen die Energie für das Schild und die Tarnvor-richtung um uns gegen die Wraith und die Replikatoren zu schützen. Und ich finde, dafür könnte man mir wenigstens danken!“
    Er erhob sich, stützte die Hände auf der Tischplatte ab und lehnte sich etwas vor, während er ihnen allen reihenweise funkelnde Blicke zuwarf.
    „Habe ich ein Dankeschön gehört? Nein. Aber wenn unser Captain Kirk hier-“ vielsagend deutete er auf Sheppard „- eine Außerirdische flachlegt um an etwas von Wert heranzukommen, steigt gleich die Konfettiparade schlechthin. Wenn ich ein ZPM besorge, ernte ich nur Vorwürfe und höre nicht einmal ein leises ‚Dankeschön, gut gemacht, Rodney’!“

    Elizabeth Weir war ebenfalls aufgesprungen und beugte sich nun genauso vor wie er.
    „Ein Dankeschön, Rodney? Dafür, dass mein bester Wissenschaftler unnötigen Heldenmut zeigt und es zulässt, daß sechs Kerle über ihn herfallen? Darauf können Sie lange warten!“

    „Ich tue nur, was nötig ist, um Atlantis zu retten“, gab Rodney plötzlich sehr ruhig zurück und machte einen Schritt rückwärts. „Einer muß ja den Überblick behalten.“
    Er machte einen weiteren Schritt und war plötzlich an Sheppard vorbei.

    Doch dieser begriff sofort, dass der Kanadier nur versuchte, sich allmählich zur Tür zu dirigieren.

    „Stehenbleiben, McKay.“

    „Nein. Dieses Gespräch oder Tribunal oder Inquisition oder was-auch-immer ist hiermit beendet. Auf mich wartet eine Menge Arbeit.“

    Meredith – Platz!

    Ehe er es sich versah, fühlte sich Rodney von dem Colonel am Arm gepackt und auf den nächstbesten Stuhl gedrückt. Er wehrte sich nicht. Er wurde nur schlagartig noch blasser und sehr, sehr still.

    „Platz“, beschwor ihn John noch einmal eindringlich, während er sich hinter ihm aufbaute und ihm beide Hände auf die Schultern legte um zu verhindern, dass er wieder einen Fluchtversuch startete.

    Die anderen musterten sie interessiert. Um Heightmeyers Lippen zuckte so etwas wie ein schmales Lächeln. Sie erkannte sofort die entstandene Lücke in Rodneys Schutzpanzer.

    „Warum waren Sie so lange tauchen, Rodney?“

    Er starrte sie nur mit leerem Blick an.
    Er gab ihr keine Antwort, aber sie hatte ehrlich gesagt auch gar keine erwartet.

    „Es ist nichts Ungewöhnliches, wenn sich Vergewaltigungsopfer schuldig fühlen, Rodney. Es ist nur wichtig, dass Sie begreifen, dass sie keine Schuld haben und dass wir Ihre Freunde sind.“

    Johns Überraschungsangriff hatte Rodneys Kreislauf erheblich ins Schwanken gebracht, er benötigte alle seine Kraft um nicht das Bewußtsein zu verlieren, doch bei dem Wort mit „V“ wurde er schlagartig wach. Seine Augen weiteten sich unwillkürlich. Doch dann runzelte er die Stirn.

    „Ach, das ist hier los“, meinte er und so etwas wie Erleichterung schwang in seiner Stimme mit. Plötzlich bekamen all die komischen Blicke um ihn herum einen Sinn. „Ich wurde nicht vergewaltigt“, stellte er dann trocken fest.

    „Verdrängung ist auch keine Lösung“, erklärte Dr. Heightmeyer. „Sie müssen sich der Tatsache stellen, Rodney.“

    „Nochmal zum Mitschreiben: ich wurde nicht vergewaltigt.“ Er warf Dr. Beckett einen hilfesuchenden Blick zu. „Carson kann Ihnen das doch bestätigen. Nicht wahr, Carson? Carson?“

    „Tut mir leid, mein Junge“, wie immer, wenn er sehr bedrückt war, wurde Carsons schottischer Akzent mit jedem Wort stärker. „Alle deine Hämatome weisen genau auf diese eine Tatsache hin und das Fehlen von inneren Verletzungen ist nicht ungewöhnlich, wenn die Täter entsprechende Hilfsmittel benutzt haben.“

    „Ich muß doch wohl am Besten wissen - “ fuhr McKay auf, doch wieder unterbrach ihn Dr. Heightmeyer.

    „Verdrängung hilft hier nicht, Rodney.“

    Das war ein Witz. Beinahe hätte er laut aufgelacht, doch ein Blick in die ernsten Gesichter um ihn herum belehrte ihn eines besseren.
    Die Hände auf seinen Schultern fühlten sich an wie Schraubstöcke, aber irgendwie vermittelten sie ihm auch so etwas wie Sicherheit - vielleicht hatte er größere Chancen, dieser Quälerei zu entkommen, wenn er sich einfach fügte. Oder zumindest den Anschein erweckte.

    Wenn ich ihnen sage, was sie hören wollen, lassen sie mich vielleicht endlich gehen.

    Das Problem bestand jetzt nur darin in Erfahrung zu bringen, was sie von ihm hören wollten.
    Hm, eine Entschuldigung vielleicht? So etwas schien immer irgendwie zu klappen.
    Er holte einmal tief Luft.

    „Tut mir leid, was ich da eben alles gesagt habe. War nicht so gemeint.“
    Die drei starrten ihn ziemlich verdutzt an. Okay, mit einer Entschuldigung hatten sie also nicht gerechnet. Schien ein falscher Schachzug gewesen zu sein.
    „Ich habe Hunger“, meinte er dann etwas lahm.

    Das war zwar gelogen – na gut, eigentlich nicht, aber er wusste genau, wenn er jetzt auch nur einen Bissen zu sich nahm, würde alles wieder bei den Fischen landen. Aber er hielt es für einen guten Anfang, implizierte dies doch auch die Bitte, dass sie sich etwas beeilen sollten. War sicher nicht in ihrer aller Interesse, wenn er jetzt vor Hunger zusammenklappte.

    Obwohl – vielleicht sollte er das einfach mal machen, damit wäre diese blöde Fragestunde wenigstens beendet.
    Wieviele von diesen Pillen hatte er eigentlich geschluckt?
    Dieses Wattegefühl im Hirn war doch nicht normal. Nicht, dass er wirklich noch umkippte wegen einer Tablettenvergiftung – das Theater wollte er nicht auch noch am Hals haben.

    „Elizabeth, ich habe kapiert, was Sie mir sagen wollten. Nie wieder auf super blöde Spielchen eingehen, auch nicht für ein ZPM. Mach ich nicht, versprochen. Aber wenn Sie nicht wollen, dass ich Ihnen vor Hunger umkippe, sollten wir diese Belehrungen auf morgen verschieben. Bitte“, fügte er noch eindringlich hinzu. Er meinte keines seiner Worte wirklich ernst und konnte nur hoffen, dass es niemanden in dieser Runde auffiel.

    „Deshalb bin ich ja hier, mein Junge“, grinste Beckett schief.

    Rodney hätte ihm am liebsten einen Fußtritt verpasst, doch so lang war sein Bein leider nicht. Und deshalb beließ er es bei einem ausgesprochen giftigen Blick.

    „Ja, Carson, darauf wette ich.“

    Der Griff um seine Schultern verstärkte sich für einen Moment. Rodney verstand die Warnung, konnte sich jedoch nicht zurückhalten.

    „Oh bitte, Colonel, ich werde unseren lieben Doc ganz bestimmt nicht die Augen auskratzen, keine Sorge.“

    Es fühlte sich weitaus besser an, wenn er wieder auf gewohnte Art und Weise Herumpoltern konnte. Es gab ihm einen Teil seiner Selbstsicherheit zurück.

    Er war sich sehr wohl der prüfenden Blicke bewusst, die auf ihm ruhten – vor allem Dr. Heightmeyer starrte ziemlich penetrant, aber das war ja auch nicht anders zu erwarten gewesen.

    Herrgott noch mal – war das denn zu fassen? Wieso glaubten sie ihm denn nicht? Ganz ehrlich, das war doch lächerlich.

    Aber hey – zurück auf Start. Wenn sie wirklich das glauben, was sie zu glauben scheinen, habe ich vielleicht mehr Chancen, wenn ich einfach mitspiele. Denn wenn ich weiterhin darauf bestehe, dass alles in Ordnung ist, nimmt das hier nie ein Ende und zu allem Überfluß wird die Heightmeyer mich nie wieder auf Missionen lassen.

    Gab es eigentlich eine Gummizelle auf Atlantis?

    „Rodney …“ begann Dr. Heightmeyer wieder, doch dieser schnitt ihr mit einer barschen Geste das Wort ab.

    „Sparen Sie sich Ihr Fachgesülze, Kate. Sie wollen wissen, was ich gefühlt habe? Nichts. Gar nichts. Währendessen nicht und jetzt genauso. Ich spüre nichts. Gar nichts. Nada. Niente.“

    Zum Glück hatte er genug Krimiserien gesehen um zu wissen, wie die Opfer in einem solchen Fall reagierten. Aggressiv. Ablehnend. Und tatsächlich – verdrängend.

    „Diese Gefühle werden kommen“, erklärte Kate mit ihrer penetrant sanften Stimme.

    „Nein, das werden sie nicht“, brummte Rodney abweisend. Die Frau hatte doch keine Ahnung – ständig wollte sie ihn zu irgendwelchen Gefühlsduseleien überreden. Normalerweise kein Problem, wenn er so etwas wie Empfindungen hätte. Er fühlte sich aber nur leer und taub.

    Inzwischen fragte er sich allerdings, warum man ihn hier so anging – seines Erachtens nach sollte man doch wesentlich netter und einfühlsamer gegenüber solchen Opfern sein, oder?

    Wo bleiben die tröstenden Worte – oder gelten diese Regeln für männliche Opfer nicht?

    Nun, anscheinend nicht. Oder jedenfalls nur für ihn nicht.

    Vielleicht kriege ich ja einen Trostkeks, wenn ich brav bin und heulend zusammenbreche.

    Bei diesem Gedanken hätte er fast gegrinst.

    „Darf ich endlich gehen?“ fragte er dann betont matt.

    Dr. Weir tauschte einen fragenden Blick mit Dr. Heightmeyer. Als die Psychiaterin nickte, wandte sich Elizabeth mit einem Lächeln an ihn, das schiefer war als der besagte Turm in Pisa.

    „Morgen beginnen Sie eine entsprechende Therapie bei Dr. Heightmeyer.“

    Er nickte nur ergeben. Als er spürte, wie der Colonel den Griff um seine Schultern etwas lockerte, nutzte er die Gelegenheit nach vorne zu sinken und den Kopf in den Armbeugen auf dem Tisch zu vergraben.

    Er hatte sich geirrt. Mit diesem beschissenen Tag war es nicht zuende – so, wie es momentan aussah, würden diesem einen, extrem beschissenen Tag noch viele andere folgen.

    Es dauerte einige Minuten, bis ihm bewusst wurde, dass er inzwischen alleine in dem Raum saß.
    Ja, war das denn zu fassen?

    Seufzend kramte er die Tabletten heraus und begann, damit kleine Türmchen zu bauen. Gehen wollte er noch nicht, ganz egal, wie müde er auch war. Erst musste das Zittern aus seinen Händen verschwinden.

    ***

    Fortsetzung folgt ... demnächst ...
    ah - Kommis?

  3. #3
    Ägypten-Fan Avatar von Valdan
    Registriert seit
    19.08.2008
    Ort
    Essen
    Beiträge
    1.711
    Blog-Einträge
    9

    Standard

    Du willst Kommis? Hier ist eines!

    Hi MariLuna!

    Irgendwie ist mir deine Geschichte entgangen, und nachdem ich die beiden Kapitel gelesen habe, ärgere ich mich darüber.

    Ich finde es sehr gut, das du es mit dem Altmeister des Suspense hälst. Das lässt mich jetzt echt neugierig werden, was wirklich geschehen ist.

    Ich kann Rodneys Einstellung noch nicht ganz nachvollziehen, außer das der mit Dr. Kate nichts zu tun haben will, aber das ist ja auch nichts neues. Ich denke aber, mir fehlt einfach noch ein bisschen mehr Geschichte, um genau zu wissen, was Sache ist.

    Also warte ich mal geduldig auf die Fortsetzung.

    LG Val
    "Der Mensch fürchtet die Zeit, doch die Zeit fürchtet die Pyramiden."
    arabisches Sprichwort

    ***


  4. #4
    ASPI Avatar von Mara Ann
    Registriert seit
    08.02.2009
    Ort
    Wherever my mind is
    Beiträge
    145

    Standard

    Die Geschichte ist einfach gut.
    Wie konnte ich sie eigentlich übersehen, schon der Titel macht neugierig.

    Der arme Rodney was tun die mit ihm, aber seine Reaktion war super, ich hätte glaube ich die anderen so lange ignoriert bis sie eingeschlafen wären.
    Und jetzt auch noch Stunden bei der "Psycho Tante" ob er das überstehen wird? Ich hoffe das sie ihn nicht so hart ran nimmt, ihn beschützen will.
    Diese Leute können so aufdringlich sein.

    Will die Fortsetzung jetzt und sofort.
    Bin ganz ungeduldig.

  5. #5
    Staff Sergeant Avatar von MariLuna
    Registriert seit
    03.03.2009
    Ort
    Berlin
    Beiträge
    54

    Standard

    @Valdan:
    Danke für das Kommi. Es folgen nur noch zwei Kapitel, da die aber kurz sind, poste ich die hier zusammen - es ist nur eine kleine Geschichte und nachdem die alle schon so nett waren und das Wort mit dem "V" ausgesprochen haben, gibt es von meiner Seite eigentlich auch keine größeren Erklärungen mehr, was, wann und wie (huh, DAS wollen wir doch eigentlich gar nicht wissen, oder?) *g* da passiert ist. Ich hoffe, du bleibst trotzdem noch dran und liest weiter...

    @Mara Ann:
    jepp, aber da ich noch nie bei einer solchen "Psycho-Dame" war, hab ich auch keine Ahnung, worüber da genau geredet wird und daher verzichte ich auch hier auf eine "Sitzung" ... obwohl garantiert noch eine folgen würde, die mich als "Erzähler" aber nicht interessiert - es werden nur noch die folgenden zehn Minuten beschrieben, ich glaube, die sagen auch genug aus ...
    den "Rest" überlasse ich ganz der Fantasie des werten Lesers

    So, nun geht es aber weiter:
    __________________________________________________ __

    3. Sheppards Vermutung

    Sie hatten sich in den Nebenraum zurückgezogen und beobachteten nun über den hier stehenden Laptop das Bild, das die Überwachungskamera aus dem Besprechungsraum lieferte. Es war nur eine eilig zusammengewürfelte Improvisation eines Überwachungssystems, aber etwas Besseres hatten sie auf die Schnelle nicht hinbekommen. Eine Weile sahen sie McKay schweigend beim Pillen-Türmchen-Bauen zu.

    „Elizabeth, ich glaube nicht, dass Rodney lügt“, meinte Sheppard plötzlich.

    „Colonel, das hatten wir doch schon“, Dr. Heightmeyer seufzte tief. „Er zeigt alle klassischen Symptome, bis hin zur Verdrängung.“

    „Ja, Rodney ist nicht der Typ, der freiwillig im Meer tauchen geht“, warf Beckett ein.

    Sheppard wusste es besser, doch das wollte er ihnen nicht auf die Nase binden. Er hatte McKay versprechen müssen, niemanden zu erzählen, dass diese Tauchgänge als Selbsttherapie gegen seine Klaustrophobie und sonstige Ängste fungierten.

    „Und wenn er doch die Wahrheit sagt?“ kleidete er seine berechtigten Zweifel in Worte. „Ich meine, diese Typen hatten echt fiese Psycho-Spielchen drauf. Was ist, wenn das hier – unsere Reaktionen auf Rodney und das, was er getan hat oder was wir denken sollen, was er getan hat - zu diesem Spiel gehörte? Wenn sie uns so weit manipuliert haben? Was ist“, eindringlich blickte er die Psychiaterin an, „wenn Sie falsch liegen, ich meine, was richtet ein falscher Verdacht in einem solchen Fall alles an?“

    Er ließ seine Worte einige Zeit auf sie wirken, dann wandte er sich an den Arzt.
    „Carson – Sie haben doch nichts gefunden, oder?“

    Der Schotte runzelte die Stirn. „Nein. Stimmt. Meine These stützt sich nur auf Ihre Aussagen und die Ihres Teams.“

    „Eben, manchmal sucht man etwas, was nicht da ist, nur, weil man überzeugt davon ist, dass es existiert.“

    „Haben Sie eine Idee, Colonel?“ fragte Dr. Weir, die seinen Gesichtsausdruck nur zu gut kannte.

    „Ja, habe ich. Habe ich tatsächlich. Ich glaube, wenn Rodney wirklich nichts in dieser Hinsicht passiert ist", nein, er sprach es immer noch nicht aus, wunderte sich aber im Stillen, wie gut er darin war, sich um dieses Riff immer wieder herumzulavieren, "kann man das auch beweisen. – Kate, wie sind die üblichen Reaktionen eines Opfers in diesem Fall? Abgesehen von dem, was wir schon wissen? Und ich beziehe mich hier auf das Zwischenmenschliche.“

    „Das ist unterschiedlich“, wiegelte sie ab. Sie war nicht wirklich darüber begeistert, dass Sheppard sie hier so offensichtlich anzweifelte. Aber andererseits schien der Lt. Colonel einen ganz bestimmten Verdacht zu haben und wenn es der Sache diente …

    „Das ist von Fall zu Fall verschieden“, gab sie zu bedenken. „Das kann man nicht pauschalisieren.“

    „Ich denke doch, es gibt zumindest eine Sache, die dürfte innerhalb der ersten 24 Stunden absolut typisch sein – ich meine die nicht-anfassen-Phobie.“

    Sechs Augenbrauen schossen beinahe synchron in die Höhe.

    „Ah … ja“, meinte Dr. Heightmeyer als sie verstand, worauf er hinauswollte.

    Dr. Beckett sagte nichts, er nickte nur stumm.

    „Okay, John“, meinte Dr. Weir, „aber übertreiben Sie es nicht, ja?“



    4. Schande

    Das Türmchenbauen wurde schnell langweilig und McKay ließ wieder die Stirn auf die verschränkten Unterarme sinken. Dann hockte er einfach nur so da – in einer Haltung, die seinen Bandscheiben garantiert nicht gut tat, die ihm in diesem Moment aber höchst angenehm erschien - und verfluchte diesen Tag.
    Das einzige, was ihn etwas tröstete war der Gedanke an das zusätzliche ZPM.

    Im Großen und Ganzen betrachtet war das allein doch schon den ganzen Ärger wert.

    Ein bisschen zumindest.

    Na ja, irgendwie.

    Wer konnte denn auch ahnen, dass die hier alle gleich durchdrehen würden?

    Ich brauch einen Kaffee. Und was zu Essen. Oder nein, doch lieber nicht, mir ist immer noch übel. Und es kann einem ja auch nicht besser gehen, wenn man so behandelt wird.

    Er hörte, wie sich die Tür öffnete und jemand den Raum betrat, blickte jedoch nicht auf.
    Anhand seiner Schritte wusste er genau, um wen es sich handelte.

    Ergeben schloß er die Augen und sammelte sich für das jetzt garantiert folgende Wortgefecht, doch zu seiner großen Überraschung spürte er plötzlich nur wieder zwei warme Hände auf seinen Schultern.

    Sehnige Finger glitten sacht über seine Schulterblätter, bis sie im Nacken – genau am Haaransatz, dieser kleinen empfindlichen Stelle, deren Berührung so wunderbare Gefühle in ihm auslöste – innehielten.

    Niemand anderem hätte er erlaubt, ihn so zu berühren, schon gar nicht heute, doch bei John war es etwas anderes.

    Sheppard dagegen fühlte sich bestätigt.
    Schon als er McKay während der Befragung festgehalten hatte, war ihm nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Er zuckte nicht zurück, verkrampfte sich nicht einmal, und wenn überhaupt, schien sich der Kanadier unter seinen Händen nur noch mehr zu entspannen.

    Rodney holte einmal tief Luft und lehnte sich zurück, während er sich müde mit der Hand durchs Gesicht fuhr und gab ein leises Brummen von sich, als er dabei dummerweise die verfärbte Haut um seine Augen herum berührte.

    „Ich geh gleich.“

    „Nur keine Eile“, meinte Sheppard, angelte sich einen Stuhl und setzte sich zu ihm.
    „Rodney, Sie würden mich in dieser Sache nicht belügen, oder?“

    Der Wissenschaftler hob den Blick und starrte ihn verwirrt an. Seine Pupillen waren noch immer extrem geweitet, doch Sheppard glaubte jetzt zu wissen, woran das wirklich lag. Sein Blick glitt kurz zu den Tabletten auf dem Tisch.

    „Rodney?“ hakte er leise nach, als er nach einer halben Minute immer noch keine Antwort erhalten hatte.

    „Was? Oh. Nein. Ganz sicher nicht, Colonel. Sie wären der letzte, den ich je belügen würde. Nicht nach der Sache mit Duranda.“

    „Können Sie aufstehen?“

    Rodney hatte eindeutig erste Koordinationsschwierigkeiten – vor allem das Geradeaussehen machte ihm erhebliche Mühe.

    „Hmmm…“

    „Kommen Sie“, einigermaßen belustigt half ihm Sheppard hoch. Er wartete, bis der andere einigermaßen sicher stand, erst dann nahm er seine stützenden Hände von dessen Oberarmen.
    Er war sich seiner Sache ziemlich sicher, doch ein Test stand noch aus.

    „Rodney, ich glaube Ihnen.“

    „Oh“, Rodney blinzelte ihn an wie eine kurzsichtige Eule. „Danke.“

    Sheppard seufzte und umarmte ihn. Währendessen achtete er auf jede noch so kleine Reaktion des anderen, doch wieder zuckte McKay nicht im Geringsten zurück. Im Gegenteil – nach einem kurzen Moment des Zögerns erwiderte er die Umarmung.

    „Daran könnte ich mich gewöhnen“, murmelte er in Sheppards Schulter.

    Der Colonel, der merkte, wie der andere bei ihm Halt suchte, seufzte nur.

    „Wieviele von den Tabletten hast du eigentlich geschluckt?“

    „Keine Ahnung“, nuschelte McKay, schon halb weggetreten. „Du glaubst mir wirklich?“ schreckte er dann noch einmal auf.

    „Ja, ich glaube dir.“

    Rodney murmelte irgend etwas vor sich hin, aber dann gab er doch zwei verständliche Worte von sich:
    „Will schlafen.“

    Und genau das tat er dann auch und zwar an Ort und Stelle. Und er wirkte ziemlich zufrieden.

    Der Colonel stand nur da und hielt ihn fest. Er war einigermaßen verwirrt, ohne im ersten Moment genau sagen zu können weshalb, doch dann entschlüsselte sein Gehirn doch noch McKays letzte Worte.

    „Verzeih mir.“

    Scharf sog er die Luft ein und ihm blieb fast das Herz stehen.
    Für diese Bitte gab es nur einen einzigen Grund – Sheppard wünschte, er hätte es nicht gehört.

    Hast du auch nicht, beruhigte er sich sofort. Erstens hast du es gar nicht richtig verstanden und zweitens kann es auch ganz anders gemeint sein. Ja, genau, wahrscheinlich meint er den ganzen Ärger, den er hier verursacht hat. Nur das.

    Doch tief in seinem Herzen wusste er, dass mit Rodney an diesem Tag tatsächlich etwas Schreckliches geschehen war, etwas, das sie nur wieder richten konnten, wenn sie ihm gestatteten, alles zu vergessen.

    Denn manchmal lebte es sich mit der Schande in den Augen der anderen weitaus schlechter als mit dem Verbrechen an sich.


    Ende

  6. Danke sagten:


  7. #6
    Ägypten-Fan Avatar von Valdan
    Registriert seit
    19.08.2008
    Ort
    Essen
    Beiträge
    1.711
    Blog-Einträge
    9

    Standard

    Hi MariLuna,

    du lässt mich eindeutig nachdenklich zurück.

    Auf jeden Fall hat mir auch das Ende der Geschichte gefallen. Unter anderem, als die beiden auf das vertraute Du umschwenken, was so absolut gut zu dieser Situation passt.

    Ich freue mich auf weitere Geschichten von dir!

    LG Val
    "Der Mensch fürchtet die Zeit, doch die Zeit fürchtet die Pyramiden."
    arabisches Sprichwort

    ***


  8. Danke sagten:


  9. #7
    Herrin des Lichts Avatar von Borealis
    Registriert seit
    06.02.2008
    Ort
    Österreich
    Beiträge
    589
    Blog-Einträge
    7

    Standard

    Sry, dass ich bis jetzt nichts geantwortet habe, aber du hast mich so sehr zum nachdenken gemacht, dass ich nicht wusste, was.

    Armer Rodney. Aber ich glaube auch, dass es besser ist, wenn er es verdrängt.

    Ich würde zwar gerne schreiben, dass du mehr liefern sollst, aber dqas kann man den Charas doch nicht antun.


    Die Menschen fragen sich, ob es intelligentes Leben auf anderen Planeten gibt, doch ist meiner Meinung nach die Frage eher, ob es intelligentes Leben auf diesem Planeten gibt.

    PAINTBALL-TREFF (ab 18) 2012/13!
    Like the weighted companion cube, adding a <3 makes instant likable.

  10. Danke sagten:


  11. #8
    Shepaholic Avatar von Shiri
    Registriert seit
    21.11.2008
    Beiträge
    155

    Standard

    Ich habe deine Fic heute durch Zufall entdeckt. Eigentlich lasse ich bei der Auflistung der "neuen Beiträge" die Stories generell aus, aber irgendwie habe ich dann doch mal auf eine geklickt. Es war deine

    Ich fand den Schreibstil wirklich interessant. Schön, dass man die Handlung aus Rodneys nicht ganz logischer und strukturierter Sichtweise erfahren hat. Gegen Ende dachte ich wirklich, dass alles nur Psychospielchen waren und Rodney wirklich nichts passiert ist. Aber das Ende war dann wirklich der Hammer! Armer Rodney.
    Schön fand ich auch die Beziehung zwischen Rodney und John und das Wefallen des nervigen "Sie". Egal, ob man es nun als slash oder Freundschaft deutet. Das war einfach wieder wunderbar, über die beiden zu lesen.
    Wird es eine Fortsetzung geben oder willst du die Geschichte lieber hier enden lassen und alles weitere unserer Fantasie überlassen?

  12. Danke sagten:


Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •