Ich habe diese Story für den diesjähren BigBang auf der LJ-Community deutsch_fandom geschrieben. Die anderen Einträge, die bisher dort schon gepostet worden sind, findet man hier: https://deutsch-fandom.livejournal.com/
Das ist eine Multi-Fandom Challenge, deshalb gibt es dort alles mögliche, nicht nur Stargate.
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Titel: Die Magie der Bücher (1/6)
Autorin: Antares
Fandom: SGA und SG-1
Inhalt: Rodney McKay liebt seinen ereignislosen Job in der Stadtbücherei von Cheyenne Springs. Bis John auftaucht und auch sonst einiges drunter und drüber geht.
Rating: PG-13 / R
Pairing: John/Rodney, (Jack/Daniel)
Genre: Bibliotheks-AU, Abenteuer, Romanze
Beta: Mein ganz herzlicher Dank gilt Sinaida! Danke sehr!
Wörter: ca. 26 600
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Auskunftsdienst in einer Bibliothek – Rodney konnte sich kaum etwas Nutzloseres vorstellen. Denn wirklich, wenn jemand nicht die dicken, fetten Schilder über den Regalen lesen konnte, die da sagten „Reisen“, „Kochen“, „Frauen“ oder „Jugendliteratur“, wie wollte diese Person dann den Inhalt der Bücher erfassen? Und war es zu viel verlangt, im Geiste das Alphabet aufzusagen und die Autoren von A-Z abzuschreiten, wenn man jemanden Bestimmtes suchte? Nein, sicher nicht. Grummelnd nahm Rodney an seinem Schreibtisch im Erdgeschoss Platz und hoffte, dass niemand käme, der seine Dienste in Anspruch nähme.
Eigentlich war er gerne Bibliothekar in der Cheyenne Springs Stadtbibliothek, die mitten im Stadtzentrum lag. Sie war in einem alten, dreigeschossigen Backsteinbau untergebracht, der von 1889 stammte und liebevoll restauriert und modernisiert worden war. Die Arbeit war ruhig und ereignislos, genau das was er wollte. Seit vier Jahren war er für den IT Bereich zuständig und durfte fast den ganzen Tag hinter diversen Computern verbringen. Aber O’Neill, der Leiter der Bibliothek, der ja eigentlich ganz nett und in manchen Dingen überraschend kompetent war - schließlich hatte er ihn für die Betreuung der Computer eingestellt - verfolgte leider diesen absolut hirnverbrannten Gedanken, dass jeder seiner Bibliothekare alles können musste. Wenigstens ein bisschen. Und damit Rodney nicht vergaß, wie Kundenkontakt ging – als ob er das würde! – musste er zwei Mal die Woche, Dienstagvormittag und Donnerstagnachmittag, für je vier Stunden am Auskunftsschalter sitzen.
Oh, nein! Steuerte der kleine Hosenscheißer an der Hand seiner Mutter da gerade wirklich auf ihn zu? Rodney versuchte ihm telepathisch mitzuteilen, dass das eine ganz schlechte Idee war und nur in Tränen enden könnte. Allerdings nicht in Rodneys Tränen. Gut, es hatte gewirkt, das Kindergartengemüse zog ab in den hinteren Bereich, der für die kleinen Lärmenden vorgesehen war.
Rodney war sehr froh, dass er zumindest zwischen den von klebrigen Fingerchen verseuchten Regalen keinen Dienst schieben musste. Das hatte glücklicherweise sein Boss selber übernommen. Jack O’Neill liebte es, mit Kindern zu arbeiten und Rodney musste ihm zugestehen, dass er wirklich ein Händchen dafür hatte. Er konnte die Lärmbolzen sogar manchmal zu einer Ruhe bewegen, die unglaublich war. Er veranstaltete Bastelvormittage für Vorschulkinder, Piratennachmittage für Leseanfänger und Geister-Lesenächte für Schulkinder. Und er würde mit Sicherheit immer den ‚Mitarbeiter des Monats’-Bonus gewinnen, wenn es in der Bibliothek so etwas gäbe.
„Haben Sie den neuesten Roman von diesem Schriftsteller? Sie wissen schon, der immer so Romane mit Segelschiffen schreibt?“, fragte ihn in diesem Moment ein älterer Mann, der vor Rodneys Schreibtisch getreten war.
„Wie ist der Name des Autors?“, erkundigte sich Rodney.
„Das weiß ich nicht mehr. Irgendwas mit L oder nein, mit M?“
„Romane stehen da drüben, M kommt gleich nach L, Sie brauchen also nur zwei Buchstaben durchsehen“, erklärte Rodney kurz und bündig und wies mit seinem Finger in die Richtung, in der die Belletristik stand.
„Es könnte auch ein P dabei sein“, versuchte der Mann hartnäckig noch einmal sein Glück.
Rodney seufzte theatralisch, rief auf seinem Computer den Katalog der Bibliothek auf und tippte ‚Segelschiffe’ und ‚Roman’ ein. „Mhmm… ‚Gefangener meiner Begierden’ von Johanna Lindsey“, las er vor. „Ist es das?“
„Nein!“ Der Mann wehrte erschrocken ab.
Nur weil er konnte, las Rodney noch drei weitere Titel dieser Art vor, ehe er endlich fragte. „Patrick O’Brian? Wäre ein P drin“, fügte er noch sarkastisch hinzu. „’Kurs auf Spaniens Küste’, ‚Duell vor Sumatra’, ‚Feindliche Segel’ – ist es das, was Sie suchen?“
„Ja, genau!“ Erfreut schaute ihn der Mann an.
„Neue Romane von ihm gibt es nicht, da der Schriftsteller im Jahr 2000 gestorben ist. Aber wenn Sie hier links gehen, drittes Regal, ziemlich in der Mitte, dort finden Sie alles was wir haben.“
„Vielen Dank.“ Mit einem Kopfnicken und einem Lächeln verabschiedete sich der Mann.
Rodney hoffte, dass er jetzt endlich nachschauen konnte, warum eine der Suchmasken im Online-Katalog so langsam lud, doch er wurde enttäuscht.
„Sehr charmant“, meinte jemand in seinem Rücken.
Als er sich umdrehte, erblickte er Dr. Daniel Jackson. Der Professor für Literaturgeschichte am Cheyenne Springs College, verbrachte mehr Zeit als jeder andere Benutzer in der Bibliothek und es verging eigentlich kein Tag, an dem er nicht wenigstens für ein paar Minuten vorbeikam. Der Umstand, dass das College nur fünfzehn Minuten zu Fuß entfernt lag, mochte dazu beitragen. Dr. Jackson recherchierte nicht nur für seinen Unterricht, sondern arbeitete auch an einem Werk über Sprachgeschichte, dessen Veröffentlichungstermin wohl aber noch in weiter Ferne lag. Daniel war in Rodneys Alter und für gewöhnlich sehr freundlich und aufmerksam. Einer der wenigen Kunden, der Rodney nicht schon auf den Geist ging, wenn er nur den Mund aufmachte.
„Hallo, Daniel, haben Sie heute Vormittag keine Vorlesungen?“
„Ich habe überraschend zwei Stunden frei. Zeit genug, um ein paar Dinge nachzuschlagen.“
„Über Segelschiffe?“, fragte Rodney sarkastisch.
„Haben Sie dafür einen besonderen Tipp?“, lachte Daniel.
Rodney seufzte. „Ich denke, der Mann hat gefunden was er gesucht hat, sonst wäre er wohl noch mal angetrabt gekommen.“
„Oder er hat Ihren Kollegen Mr. Tealc getroffen, und der hat ihm weitergeholfen. Falls er zum Sprechen aufgelegt war“, fügte Daniel noch grinsend hinzu.
„Ja.“ Rodney war es ein Rätsel, warum ausgerechnet Murray Tealc die Belletristik betreute, ein Gebiet, auf dem er eigentlich jemand Redseligeren erwartet hätte, wie z.B. seine Kollegin Janet Fraiser. Die aber war für Hobbys, Reisen und alles andere zuständig, was nicht unter die Kinder- und Jugendliteratur von O’Neill fiel, oder Natur und Technik, die von Sam Carter betreut wurden. Damit war ihr Team auch schon komplett. Fünf Bibliothekare waren für diese mittelgroße Stadtbücherei nicht schlecht. Sie wurden von einigen Aushilfskräften, einem Praktikanten und mehreren Collegestudenten unterstützt, die vor allem für die Verbuchung und das Wiedereinstellen von Titeln zuständig waren.
„Wollten Sie auch noch etwas bestellen?“, fragte Rodney nach.
„Nein. Aber ich wollte wissen, ob Sie wissen, wo Jack ist? Er sollte doch eigentlich gerade das Vorschulleseprogramm haben, oder nicht?“
„Ja, hat er auch. Aber da heute so schönes Wetter ist, hat er es in den Garten verlagert. Ich habe ihn dabei erwischt, wie er ein paar Pflanzenbestimmungsbücher mit nach draußen genommen hat. Auf meinen Hinweis, dass er damit kein gutes Beispiel abgeben würde, wenn er Bücher mit nach draußen nimmt, hat er nur gelacht.“
Rodney hasste es, wenn Regeln nicht eingehalten wurden. Auch so harmlose Regeln wie die, dass die Bücher nicht mit in den Garten geschleppt wurden. Denn Regeln waren gut, Regeln gaben Sicherheit. Improvisation war schlecht. Improvisation führte zu Fehlern, die manchmal tragische Konsequenzen haben konnten. Fehler, die …
„Rodney? Alles in Ordnung?“
Rodney gab sich einen mentalen Schubs, verscheuchte die Erinnerungen und schaute Daniel an. „Ja, alles in Ordnung. Ich … musste nur gerade daran denken, dass er die Bücher besser nicht mit Dreck beschmiert.“ Gut, der Garten hinter der Bücherei war mehr eine Wiese mit Blumen und Sträuchern drumherum als ein Acker, wirklichen Dreck machte dort wahrscheinlich nur der Gärtner, wenn er mal wieder etwas ausgrub und an einen neuen Platz pflanzte. Aber trotzdem, auch Grasflecken machten sich in Büchern nicht gut.
„Sollte das wirklich passieren, wird er sie schon wieder säubern und reparieren, wir wissen doch beide, wie gerne er Zeit unten in seinem ‚Bastelraum’ verbringt.“
„Das stimmt.“ Es war kein Geheimnis, dass Jack und oft auch Sam und Tealc nach Dienstschluss noch stundenlang im Keller des alten Gebäudes verschwanden und alte, verschmutzte oder kaputte Bücher reparierten. Sie sagten, dass das ihnen einen entspannenden Ausgleich zu ihren sonstigen Tätigkeiten bot, dass man Büchern niemals so nahe kam, wie wenn man sie in die Hand nahm, um sie mit großer Geduld zu pflegen und zu reparieren.
Das war nicht Rodneys Ding. Wenn er länger blieb als er bezahlt wurde, und das passierte gar nicht so selten, dann, weil er sich in einem Computerproblem verfangen hatte, das er erst lösen musste, ehe er heimgehen konnte. Aber jeder hatte wohl sein Hobby, seine Art, seine freie Zeit zu verbringen und so wollte Rodney nicht darüber richten.
„Trotzdem, die kleinen Dreckfinger sollen erst gar nicht lernen, dass Bücher etwas sind, was man nach Belieben mit in den Garten schleppen kann.“ Das wäre ja noch schöner, wenn sie diese Erkenntnis aus der Lesestunde im Garten zögen!
„Ach, Rodney“, Daniel schüttelte den Kopf und zog die Augenbrauen hoch. „Haben Sie nie ein Buch mit auf die Terrasse genommen, um im Liegestuhl zu sitzen und sich im schönsten Sonnenschein in andere Welten transportieren zu lassen?“
„Nein. Wenn ich etwas ausleihe, sind es Sachbücher. Ich brauche keine anderen Welten. Und mein Balkon ist ja wohl nicht mit den Blumenbeeten im Garten zu vergleichen.“
Andere Welten. Pfft. Das war typisches Literatengeschwätz. Rodney reichte diese Welt völlig. Die war schon kompliziert genug in den Bereichen, in denen sie nicht durch mathematische Formeln beschrieben wurde oder den grundlegenden Prinzipien der Logik folgte. Seelische Komplikationen anderer Leute zu goutieren, womöglich noch mit rosarotem Happyend nachdem man sich durch hunderte Seiten von Liebesqualen gekämpft hatte – nein, danke. Das überließ er lieber anderen Leuten.
„Na gut, dann werde ich Jack abpassen, wenn er wieder hereinkommt“, meinte Daniel und mit einem angedeuteten Kopfnicken begab er sich zu seinem Lieblingsplatz.
„Ja, gut.“ Rodney vertiefte sich endlich in die Computerprobleme des Online-Katalogs.
Als er erneut auf die Uhr schaute, war es zwei Stunden später, Daniel war nicht mehr da, dafür saß an dem Tisch genau daneben dieser gut aussehende Typ in den engen, schwarzen Jeans und einem weißen Hemd, das er - wie immer - so weit aufgeknöpft hatte, dass man schwarze Brusthaare erahnen konnte. Nicht, dass Rodney gestarrt hätte, jedenfalls nicht viel länger als die anderen Bibliotheksmitarbeiter, die jetzt schon seit fast sechs Wochen diskutierten, was dieser John Sheppard, so hieß der Surflehrerverschnitt nämlich, wohl beruflich machte.
Sam und Janet hatten sich auf einen vielbeschäftigten Finanzmenschen aus der Stadt, der eine Auszeit nahm und sich so langweilte, dass er Abwechslung in der Stadtbücherei suchte, geeinigt. Mr. Tealc war der Ansicht, dass er ein reicher Playboy war, der vielleicht vor einer Affäre davon lief. Rodney hatte ihn gefragt, ob jetzt die vielen Romane, die er ständig um sich hatte, auf ihn abgefärbt hatten, Tealc hatte es verneint. Jack schließlich hatte ihn mal in einer Bar getroffen, aber auch nicht viel mehr in Erfahrung gebracht, als dass er tatsächlich an irgendeiner Art von Buch schrieb. Das hatte Jack gereicht, danach hatten sie sich über Football unterhalten und Jack hatte ihnen mitgeteilt, dass dieser Sheppard „ein netter Bursche“ sei.
Und da es Dienstagvormittag war, war „der nette Bursche“ wieder da. Er war immer am Dienstag und am Donnerstag da, aber Rodney weigerte sich, da etwas hineinzuinterpretieren, auch wenn er zwei Mal die Woche Rodneys Zeit stahl, in dem er sich alle möglichen Bücher zu den verschiedensten Themen heraussuchen ließ. Und dann prompt meist eine Woche später mit ihm darüber diskutieren wollte und Rodney zu diesem Zweck mit frischem Kaffee und manchmal sogar Kuchen bestach. Was erstaunlich gut funktionierte, wenn Rodney ehrlich war. Denn Sheppard hatte eine Art ihn in ein Gespräch zu verwickeln – der war er einfach nicht gewachsen. Ehe er sich versah, diskutierte er schon die abstrusesten Theorien.
Da Rodney von seiner Arbeit und seinem Keyboard aufgeschaut hatte, war das wohl das Signal für Sheppard gewesen, dass er ihn jetzt wieder belästigen konnte. Mit einem kleinen Lächeln, das Rodneys Knie unter anderen Umständen hätte weich werden lassen, aber hier nicht, denn hier war er ja im Dienst und Sheppard ein Kunde, näherte er sich Rodneys Schreibtisch. Die Jeans schmiegte sich an seine Beine, die Finger hatte er in die Schlaufen der Hose gehakt, wohl um sie auf seinen schmalen Hüften zu halten. Der Mann hatte keinen Hintern in der Hose, der konnte wahrscheinlich essen, was er wollte und nichts setzte an. Sheppard kam näher und für eine Sekunde atmete Rodney schneller, bis er feststellte, dass das nur ein Handy war, das sich da unter dem Stoff abzeichnete.
„Hi“, sagte Sheppard und ließ sich mit einer Pobacke auf einer Ecke von Rodneys Schreibtisch nieder.
„Ähm … Hi“, erwiderte Rodney und schaute von den Oberschenkeln über den Reißverschluss, bis zu dem Metallknopf in der Taille, dann an der Knopfleiste des Hemdes nach oben, bis sein Blick auf die schwarzen Brusthaare, dann Sheppards Kinn, seine Lippen und schließlich seine Augen traf.
„Sie haben doch in einer viertel Stunde Mittagspause. Da habe ich mich gefragt, ob wir zusammen etwas gegenüber in dem neuen Bistro essen wollen.“ Sheppards Hände lagen lose auf seinem Oberschenkel verschränkt. Der Stoff im Schritt spannte etwas und konnte man dort nicht eine Wölbung erahnen? Rodney riss sich mit Macht von dem Anblick los.
„Ja, ich … Was? Essen? Sie und ich? Ja, wollen Sie denn kein Buch leihen?“ Warum wollte Sheppard nichts ausleihen? Damit konnte Rodney umgehen. Aber doch nicht mit so einer plötzlichen Aufforderung, ihn zum Mittagessen zu begleiten. Das klang ja fast nach einem … Date! Aber doch nicht mitten am Tag. Nachher hätten seine Kollegen, die manchmal im Scherz sagten, Sheppard käme nur seinetwegen so oft in die Bücherei, noch Recht! Wie dem auch sei, er sollte wohl langsam mal antworten.
Doch bevor er das tun konnte, sprach schon sein Gegenüber. „Das war nur so eine Idee.“ Sheppard erhob sich wieder vom Schreibtisch. „Ich verstehe vollkommen, wenn Sie keine Zeit haben.“ Das Lächeln war einer freundlichen aber ausdruckslosen Miene gewichen.
Rodney konnte beim besten Willen nicht sagen, ob Sheppard jetzt enttäuscht war, oder ob er, Rodney, in die Einladung etwas hineininterpretiert hatte, was wirklich nur ein Vorschlag gewesen war, doch mal das neue Bistro gegenüber auszuprobieren. Aber in beiden Fällen passte ihm das Ergebnis nicht, denn natürlich würde er gerne mit Sheppard die Mittagspause verbringen.
„Nein, nein, ich habe Zeit. Ich … essen kann ich immer“, fügte er noch ehrlich hinzu. „Ich komme gerne mit.“
Sheppards Augen leuchteten. „Okay. Prima. Dann räume ich mal meine Zeitschriften und Bücher weg und bin gleich zurück“, erwiderte er eifrig.
Fünfzehn Minuten später machten sie sich zusammen auf den kurzen Weg die Hauptstraße herunter. An zwei Bekleidungsgeschäften, der Post und einer Bank vorbei. An der Bushaltestelle querten sie die Straße und waren schon da. Früher war dort ein DVD-Verleih gewesen, dann hatte es längere Zeit leer gestanden und jetzt war dort also „Teyla’s Kitchen“ eingezogen. Von außen sah es noch nicht sehr einladend aus, Rodney hoffte, dass Teyla besser kochen konnte als die alte braun-grün gestrichene Fassade suggerierte. Im Bistro angekommen, ging Rodney die Speisekarte durch, zählte alle seine Allergien auf und landete schließlich bei Nudeln mit Käsesauce. Sheppard bestellte das gegrillte Gemüse mit Hühnchen und ein Bier. Rodney blieb bei Kaffee, da er noch arbeiten musste.
Erst als die Bestellung unterwegs war, schaute Rodney sich um. Drinnen sah es deutlich besser aus als von außen. Alles war frisch renoviert und in warmen, sommerlichen Farben und diesem Ethno-Look, den man jetzt immer mehr fand, gehalten. Die Bedienung, die sich als Jennifer vorgestellt hatte, machte einen netten Eindruck. Wenn sie es jetzt noch hinbrachten, sich an seine Allergien zu erinnern und ihn nicht zu vergiften, dann könnte er öfter hierher kommen.
Sheppard erwies sich als charmanter Plauderer, selbst wenn sie nur über allgemeine Dinge wie das Freizeitangebot in Cheyenne Springs und Computerspiele plauderten. Er brachte ihn zum Lachen mit seinen Beobachtungen, die er in den sechs Wochen, die er jetzt hier war, gemacht hatte und die einen amüsanten Blick auf die Stadt aus der Perspektive eines Zugereisten warfen. Sheppard wies in ihn auf Dinge hin, die Rodney schon lange nicht mehr wahrnahm, da sie für ihn alltäglich waren. Sie lästerten auch ein wenig über die Leute, die sie beide kannten und die Zeit verging viel zu schnell. Zum ersten Mal seit vier Jahren kam Rodney aus seiner Mittagspause eine Viertel Stunde zu spät zurück in die Bibliothek! Nur gut, dass sie am Dienstagnachmittag für Publikumsverkehr geschlossen hatten und er sich gleich hinter seinen Rechner verziehen konnte.
Dafür waren Sheppard und er nach diesem Essen jetzt auf Vornamensbasis, er wusste, dass Shep… John tatsächlich in Cheyenne Springs war, um sein erstes Buch zu schreiben, einen Krimi, der in einer Kleinstadt spielte. Da John wenig Ahnung von Kleinstädten hatte, war er zu Recherchezwecken hergekommen. Eine Freundin hatte ihm die Ferienwohnung, in der er lebte, vermittelt. Rodney wusste nicht ganz, ob er ihm das glauben sollte, Johns Antwort hatte seltsam einstudiert geklungen und statt Details über die Freundin oder sein früheres Leben zu verraten, hatte er Rodney über seinen Job ausgefragt. Rodney hatte ihm von seltsamen Kunden und Anfragen erzählt, sich dazwischen die Nudeln reingeschoben, bei John ein paar Stücke Hähnchen geklaut – und dann einen riesigen Schrecken bekommen, als er auf die Uhr geschaut hatte. Dennoch war es die beste Mittagspause seit … immer gewesen.
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TBC....