Titel: Träumen Computer von elektrischen Schafen? (Teil 1/6)
Autorin: Antares
Fanart: Von Sinaida
Serie: SGA
Genre: Sci-Fi AU, Gen, Abenteuer/Action
Rating: PG
Inhalt: Niemals hätte Major John Sheppard gedacht, dass es solch weitreichende Konsequenzen haben könnte, ein Verkehrsschild zu mißachten.
Beta: Besten Dank an Valdan!
Länge: ca. 16 500 Wörter
Anmerkung: Den abgewandelten Titel habe ich mir Philip.K. Dicks Sci-Fi Roman „Do Androids Dream of Electrical Sheep?“ geborgt.
Anmerkung 2: Die FF ist fertig und liegt bei meiner Beta-Leserin. Heute gibt es das erste Kapitel, den Rest dann etwas später.
(Zum Vergrößern anklicken)
Major John Sheppard von den Königlichen Raumverbänden lenkte den ‚Bussard’, sein kleines, zweisitziges Raumflugzeug, mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch den engen Canyon. Die rot schimmernden Wände jagten nur wenige Meter entfernt an ihm vorbei. Mit höchster Konzentration raste er anschließend unter einer riesigen natürlichen Steinbrücke durch, die nicht ganz so riesig wirkte, wenn man im Cockpit saß. Aber es passte. So eben. Sein Pulsschlag ging für einen Moment hoch, beruhigte sich aber wieder, als er nun über die unendlichen Steppen flog.
Die Nordprovinzen waren langweilig. So langweilig wie die letzten Monate hier. Routineaufklärungsflüge zu den Raumstationen an der Grenze zu den Genii, die im vergangenen Jahr aber nicht ein einziges Mal die Grenze überschritten hatten, mehr gab es nicht zu tun. Natürlich war John dankbar dafür, aber es hatte seine Stationierung nicht gerade spannender gemacht.
John drehte eine langsame Runde über Canyon Creek, der größten Stadt hier oben. Knapp zwanzigtausend Menschen schützten sich mit hohen Stadtmauern gegen die häufigen Staubstürme, die immer wieder über die Steppen rasten. John konnte sich nicht vorstellen, auf Dauer hier zu leben. Aber wenn alles gut ging, konnte er schon bald in die Südprovinzen zurückkehren. Zurück nach Atlantis, der von Wasser umgebenen Stadt, deren sanfte Farben, kühle Brise und Geschäftigkeit er nach fast einem Jahr schmerzlich vermisste.
Glücklicherweise lag ihr Stützpunkt nicht in Canyon Creek sondern zwei Flugstunden entfernt in Central City, mitten in den Nordprovinzen. Dort, wo es noch dichte Wälder und ausgedehnte Seen gab und nicht diese mickrigen Büsche, die mit der anhaltenden Trockenheit kämpften.
Johns Anzeigen meldeten einen weiteren ‚Bussard’ im Anflug und schon hörte er Major Lornes Stimme: „Nun, Shep, irgendetwas Auffälliges gesehen?“
„Nein, gar nichts.“
„Ich auch nicht. Ich wette Colonel Sumner wird uns gleich zum Rückflug auffordern. Was hältst du bis dahin von einem kleinen Wettrennen?“
„Immer doch!“ John war jede Gelegenheit recht, seinen ‚Bussard’ unter etwas extremeren Bedingungen als einem Patrouillenflug zu testen. „Was schlägst du vor? Einmal um den Mond?“
„Nein, etwas Kniffligeres. Du kennst doch den Wentworth-Komplex außerhalb von Canyon Creek? Dort, wo sie versuchen, mitten im Nichts ein Wissenschaftszentrum aufzuziehen?“
„Ja, sicher.“
„Wer als erster seine Maschine direkt vor dem Verwaltungsgebäude landet, hat gewonnen. Maximale Höhe im Anflug ist zwanzig Meter, sonst ist es doch keine Herausforderung. Schließlich ist der Komplex überall von Felswänden umgeben, die nur kleine Durchlässe haben.“
„Okay. Welchen Zugang willst du?“ Sie konnten sich nicht beide durch dieselbe Felsbresche quetschen.
„Südwesten.“
„Okay, dann nehme ich den Nordzugang vom Hopper-Canyon aus.“ Der war es noch etwas enger und man musste noch genauer navigieren.
Aber das wollte John ja. Er wollte mit seinem Schiff und seinem PCBI, seinem Personal Computer-Brain-Interface, bis an die Grenzen des Machbaren gehen. Seit ein paar Jahren wurden alle Schiffe mit mehr oder weniger komplexen CBIs ausgestattet, doch in den kleinen, wendigen Aufklärern steckten die hochentwickelsten, schnellsten Interfaces, die zur Zeit erhältlich waren. Und je mehr man mit ihnen ‚trainierte’, umso besser wurden die Ergebnisse.
Und John brauchte gute, nein hervorragende Ergebnisse. Er wollte in gut zwei Monaten an den jährlichen Ausscheidungswettkämpfen für Piloten teilnehmen, bei denen ermittelt wurde, wer in den SGC, den Space Guard Club aufgenommen wurde. Das war das Ziel jedes Piloten, denn die SGs flogen die spannendsten Einsätze, schützten Königin Elizabeth, wenn sie auf Reisen ging und wurden von General Jack O’Neill, dem coolsten Militär, den John je kennen gelernt hatte, befehligt. John *musste* einfach einen der zehn Plätze bekommen, die dieses Jahr frei wurden!
„Start in genau zehn Sekunden“, verkündete Lorne und ließ eine Computerstimme herunterzählen.
John konzentrierte sich auf sein Schiff. Versuchte, seine Gedanken so eins wie möglich mit ihm werden zu lassen. Je stärker er die elektrischen Aktivitäten seines Gehirns mit denen des ‚Bussard’ verschmelzen konnte, umso kürzer wurden die Reaktionswege, umso schneller wurden Befehle umgesetzt, umso größer waren seine Gewinnchancen.
Bei „Null“ legte John einen perfekten Start hin, überflog die weiten Moore nördlich des Canyons und näherte sich anschließend mit rasender Geschwindigkeit dem Wentworth Komplex. Kurz vor dem Durchlass in den Steinwänden nahm er das Tempo zurück und schwebte sachte, sachte, sachte, durch die Enge. Ja! Millimeterarbeit, aber er und sein Schiff hatten es perfekt gemeistert! Euphorie brandete in John auf. Wenn er so bei den Wettbewerben flöge …
John sah den Wentworth Komplex vor sich liegen – und riss die Augen auf. Seit wann stand denn hier ein Verkehrsschild? Und noch so ein bescheuertes dazu, das vor kreuzenden Raumschiffen warnte? Blau mit Ufo drauf, wie blöd war denn das? War das überhaupt ein offizielles Schild? Und falls ja, warum bitteschön, hatten die anderen hier Vorfahrt?
Für eine Sekunde riss die Verbindung zu seinem PCBI ab, denn das versuchte die Datenfülle und die Fragen, die durch Johns Gehirn rasten, zu analysieren. Genau in diesem Moment hörte John das unangenehme Knirschen von Metall auf Metall. Das untrügliche Zeichen dafür, dass er gerade ein anderes Schiff gerammt hatte.
Sofort setzten seine antrainierten Reflexe ein und er zog seine Maschine nach links, damit er auf gar keinen Fall in die Wentworth Gebäude, die jetzt schon verdammt nahe herangekommen waren, hinein raste. Er trudelte und verlor Geschwindigkeit, seine linke Tragfläche streifte kurz darauf ein kleines gedrungenes Gebäude, dann schaffte er es, die Maschine abzufangen und mit dem Bauch zuerst in dem Steppensand aufzusetzen. Die Steinwand, die seinen Manövrierradius bedenklich einschränkte, kratzte er ganz leicht mit der Spitze seiner Tragfläche an.
Der ‚Bussard’ blieb schließlich stehen – oder besser gesagt, nach rechts geneigt auf dem Bauch liegen.
Scheiße. Scheiße. Scheiße.
John beruhigte mit ein paar tiefen Atemzügen seine flatternden Nerven, vergewisserte sich, dass keines der Systeme Feuer zu fangen drohte und fuhr alles herunter. Schon durch das Fenster der Pilotenkanzel konnte er sehen, dass die linke Tragfläche sehr … flügellahm wirkte.
Auf wackeligen Knien stieg er aus dem Cockpit aus und ihm wurde das ganze Ausmaß des Schadens bewusst. Mit einem geschulten Blick stellte er fest, dass es – dem Himmel sei Dank! – kein Totalschaden war. Eingedelltes Metall, eine aufgerissene Unterseite, eine beschädigte Tragfläche waren die offensichtlichen Dinge. Er betete, dass nicht allzu viel hinzukam.
Etwas beruhigt richtete er sich auf und sah einen halben Kilometer entfernt einen altertümlichen Frachter liegen, der ebenfalls nur ganz knapp vor der Felswand zum Stoppen gekommen war. John rannte hin und hoffte nur inständig, dass dem oder den Passagieren nichts passiert war.
Aus den Augenwinkeln heraus sah er, dass auch Evan gelandet war. Sie kamen gemeinsam am Frachter an und Lorne keuchte atemlos: „Alles in Ordnung?“
„Bei mir ja, was das Schiff hat, weiß ich noch nicht genau.“
In dem Moment hörte sie von innen Klopfen auf Metall und John und Evan stemmten mit vereinten Kräften die ziemlich verborgene Metalltür des Frachters auf.
Durch die entstandene Lücke quetschte sich eine junge Frau heraus. Sie trug eine braune Lederhose, ein ärmelloses Oberteil und hatte lange, kastanienrote Haare, die recht wirr an ihrem Kopf abstanden. Ein Kratzer auf ihrem Oberarm, ein Riss in der Hose – aber sonst schien sie in Ordnung zu sein.
Als sie vor den beiden Männern stand, stemmte sie die Hände in die Hüften und fragte mit ziemlicher Wut in der Stimme, aber dennoch um Haltung bemüht: „Wer von euch beiden ist der Idiot, der nicht einmal ein einfaches Verkehrsschild lesen kann?“ Sie schaute von Evan zu John.
John machte einen Schritt nach vorne. „Der Idiot bin ich, Ma’am. Major John Sheppard, Königliche Raumverbände.“ Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Es tut mir wirklich sehr, sehr leid. Sind Sie verletzt?“
Sie schaute auf ihren blutigen Kratzer herunter. „Nein. Was man von meinem Frachter nicht sagen kann.“ Sie ließ ihre Augen mit einem Kopfschütteln über das verbeulte Gefährt gleiten.
„Ich werden Ihnen den Schaden selbstverständlich ersetzen“, meinte John und seufzte innerlich auf. Das wäre dann wohl sein wohlverdienter Surfurlaub, der in die Reparatur des Frachters fließen würde. „Misses …?“
„Emmagan. Teyla Emmagan.“
Eine Windböe, die mit einer Staubwolke einherging, ließ die drei husten und so beschlossen sie, sich zur weiteren Unterhaltung in Mrs Emmagans Frachter zu setzen. Zu dritt drückten sie die Tür so weit auf, dass sie alle hineinklettern konnten.
„Sie können von Glück sagen, dass ich erst auf dem Hinflug war, sonst wäre das alles hier voll von technischen Geräten gewesen, die ich in Central City abholen wollte.“ Sie nahm im Pilotensitz Platz, und wies die Männer an, sich auf die Bänke an den Seiten zu setzen.
„Arbeiten Sie im Wentworth Komplex?“, erkundigte sich Major Lorne.
„Für den Komplex. Ich habe ein Transportunternehmen und befördere was immer gebraucht wird. Personen oder Sachen, was immer ansteht.“
Sie sprachen über den Unfallhergang, John sah ein, dass er Schuld gehabt hatte und es stellte sich heraus, dass Mrs Emmagan jemand war, mit dem man sehr vernünftig reden konnte. Solange John bereit war, ihr den Schaden zu ersetzen, war sie zufrieden.
Was man von Colonel Sumner, dem er zwei Stunden später auf dem Stützpunkt von dem Schaden an seinem ‚Bussard’ berichten musste, nicht unbedingt sagen konnte. Als er erfuhr, dass das Schiff flugunfähig war und noch dazu das PCBI den Absturz nicht intakt überstanden hatte, wie John in der Zwischenzeit herausgefunden hatte, brüllte er lautstark herum. Er machte Lorne und Sheppard zur Schnecke und einen Tag später verkündete er dann sein Strafmaß.
Major Lorne kam mit einer Verwarnung davon und ihm wurden vier freie Wochenenden gestrichen. John hoffte, dass er ähnlich glimpflich davon käme, schließlich übernahm seine Versicherung sämtliche materielle Schäden die entstanden waren – auch die an seinem Raumschiff – da Sumner immerhin zugestimmt hatte, das ganze als Trainingsunfall durchgehen zu lassen. Lorne und er hatten natürlich mit keinem Wort ihre kleine Wette erwähnt. Und so war es ein Pilotenfehler – peinlich genug – aber mehr nicht.
„Major Sheppard. Da ich vermute, dass mehr als nur ein Pilotenfehler vorliegt – was ich aber nicht beweisen kann – und Sie wahrscheinlich wieder an der Grenze der Rücksichtslosigkeit geflogen sind, werde ich jetzt ein Exempel statuieren. Sie werden die nächsten beiden Monate in Canyon Creek Mrs Emmagan beim Wiederaufbau ihrer Scheune, die ein Opfer ihres Flugmanövers geworden ist, helfen. Daneben werden Sie in Ihrer freien Zeit Ihr Raumflugzeug reparieren, so dass Sie zwei Monate lang nicht auf dumme Gedanken kommen werden. Verstanden?“
„Sir, Erlaubnis offen zu sprechen?“
„Falls es um das Strafmaß geht – nein. Ich habe es mir von oben absegnen lassen. Nach den diversen kleinen Stunts, die Sie sich im vergangen Jahr geleistet haben, waren alle meiner Ansicht, dass es angemessen ist.“
„Ja, Sir.“ John starrte geradeaus. Sumner würde den Fall wohl entsprechend präsentiert haben, denn er konnte ihn nicht leiden und hatte ihn schon im vergangenen Jahr immer wieder auflaufen lassen. Kein Wunder, dass es in seiner Akte so aussah, als könne er Befehlen nur schlecht folgen. Wenn er ihn jetzt für zwei Monate aus dem Dienstplan herausnahm, so war das durch den militärischen Codex gedeckt. John konnte sich das Gespött seiner Kollegen schon gut vorstellen, wenn er ihn in die hinterletzte Ecke der Nordprovinzen verfrachtete und ihn ‚Entwicklungshilfe’ oder wie er immer er es deklarieren wollte, leisten ließ. Colonel Sumner war berüchtigt für derart kreative Strafen, wenn er jemanden auf dem Kieker hatte. Das hatten schon andere vor ihm zu spüren bekommen.
Und deshalb setzte John ja auch alle seine Hoffnungen auf einen der zehn Plätze in der Space Guard, denn er wusste nicht, wann seine Karriere endgültig im Eimer war, wenn er noch länger unter Sumner Kommando stand. Ob er jetzt noch an dem Wettbewerb starten konnte, stand jedoch in den Sternen. Das hing davon ab, wie schnell er sein Schiff repariert bekam und wann man ihm ein neues PCBI zugestand. Das Interface musste dann noch eingebaut werden und wenn das erst am Ende seiner Strafzeit geschah, dann hatte er keine Zeit mehr fürs Training … verflucht, aber das hatte Sumner wahrscheinlich auch alles genau mit einkalkuliert!
„Sie beginnen Ihre Arbeit bei Mrs. Emmagan morgen.“
„Ja, Sir.“
„Wegtreten.“
Sheppard und Lorne salutierten und verließen den Raum. Lorne lud Sheppard noch auf ein Bier ein, und erst dann machte John seinem Frust Luft.
Nachdem er geendet hatte schlug Lorne vor: „Du kannst doch versuchen, das Strafmaß zu drücken, wenn du deinen Vater …“
John setzte mit mehr Schwung als nötig sein Glas zurück auf den Tisch. „Ich werde den Minister ganz sicher nicht um einen Gefallen bitten! Ich habe es mir selbst eingebrockt, ich werde es auch alleine auslöffeln.“
„Wenn ich irgendetwas für dich tun kann, lass es mich wissen“, sagte Lorne zum Abschied.
„Sollte dir ein funktionstüchtiges PCBI über den Weg laufen, steck’s in einen Umschlag und schicke es mir zu“, meinte John.
„Ich werde sehen, was ich tun kann“, versprach Lorne.
TBC ...