So, da bin ich wieder.
Ich weiß, es hat etwas gedauert und diese Story ist auch noch nicht ganz fertig. Aber mittlerweile dürfte man es auch von mir kennen - ich kann es nicht abwarten, zu posten.
Aber ich will euch auch nicht länger warten lassen. Viel Spaß mit dieser "Folge"
Fallen
Author: Shahar
Serie: Stargate Atlantis
Genre: Friendship, Romance, Humor, Drama, Hurt/Comfort
Rating: R-16
Charaktere: Multi-Charakter, OC
Anmerkung: nach 5. Staffel, virtuelle Episode,
Kurzinhalt: Im Wein liegt die Wahrheit …
Woolsey will dem General während eines Schachspiels auf den Zahn fühlen, doch es ist am Ende John, der eine ganz andere Seite einer gewissen Antikerin zu sehen bekommt …
Die Alexa-Reihe: Awakening (1), Traces of Truth (2), Surviving (3), Expectations (4), Family Ties (5), Convergence (6), Healing Memories (7), Negotiations (8), Weihnachtspost oder warum Daniel Jackson in Damen-Unterwäsche wühlte (9), A Star under the Mistletoe or `I give you my star´ (10), Crystal Heart (11), Ghosts of the Past (12) zu finden hier!
Disclaimer: Diese Fanfic wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen. Stargate Atlantis und alle vorkommenden (bekannten) Charaktere sind nicht mein Eigentum. Lediglich der Charakter der Alexa und einige andere (OC) sind Eigentum des Autors.
Feedback: ist sehr gerne gesehen.
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Es war bereits später Nachmittag, als Richard und Tristanius nachdenklich und tief gebeugt über dem Brett saßen. Es hatte Richard nicht viel Zeit und Mühe gekostet, dem General das Schachspiel näher zu bringen und Tristanius stellte sich als ein sehr gelehriger Schüler heraus.
Vielleicht etwas zu gelehrig, wenn man bedachte, dass Tristan auch sonst durch seine Militärerfahrung ein guter Stratege war und so brauchte es nur 2 weitere Züge, um Richard Schacht-Matt zu setzen.
Anerkennend lächelte Richard. „Meinen Glückwunsch! Sie beherrschen das Spiel beinahe meisterhaft.“
„Ich hatte wohl einen guten Lehrer“, erwiderte Tristan lachend. „Das Spiel ist wirklich interessant. Es ist fordernd und ablenkend zugleich.“
„Und es hält die grauen Zellen auf Trab. Vielleicht ist das die Ursache für Doktor McKays ewig anhaltenden Enthusiasmus. Wenn ich bedenke, dass er regelmäßig Schach spielt und jeden Tag mit neuen Ideen ankommt …“
„Sie haben schon gegen ihn gespielt?“, wollte Tristanius wissen.
„Oh ja … und verloren. Doktor McKay ist ein sehr guter Spieler.“
„Und dennoch unterlag er schon das eine oder andere Mal gegenüber dem Colonel?“
„Das stimmt. Colonel Sheppard scheint das Spiel ebenfalls sehr gut zu beherrschen. Ich weiß nicht, ob man es seiner Erfahrung als Stratege des Militärs gut schreiben soll oder ob nicht einige Lehrstunden bei seinem Vater dafür verantwortlich sind, denn auch er spielt sehr gerne und ich muss zugeben, er ist ebenfalls ein würdiger Gegner.“
„Sie spielen auch mit Mister Sheppard dieses Schach?", frage Tristan weiter.
„Ja“, antwortete Richard, als er die Figuren wieder zurechtrückte. „Wir spielen schon eine ganze Weile an einer Partie. Ich bin gerade am Zug, aber wie Sie nun wissen, müssen diese gut durchdacht sein.“
Tristanius nickte verstehend. „Und … Sie spielen auch mit ihm um eine Flasche Wein oder …?“
„Um einen 2007er Lokoya Cabernet Sauvignon Mount Veeder, ja. Ein mehrfach ausgezeichneter Wein aus Kalifornien. Aber die Partie muss auch erst gewonnen werden. Ich mag es zwar nicht gerne sehen, dass in dieser Stadt Glücksspiele betrieben werden, aber wo bliebe sonst der Reiz?“
„Und gegen eine gute Flasche Wein sollte auch nichts einzuwenden sein.“
„Absolut. Und glauben Sie nicht, ich hätte diesen Wink nicht verstanden“, brachte Woolsey grinsend hervor.
„Wie meinen?“, lautete die unschuldig klingende Antwort des Generals, der ebenfalls grinste.
„Ich weiß, ich schulde Ihnen eine Flasche Châteauneuf-du-Pape“, erklärte Richard, doch Tristanius winkte beiläufig ab.
„Das eilt doch nicht.“
„Nein, nein! Wenn ich spiele, dann halte ich mich auch an den Grundsatz: Spielschulden sind Ehrenschulden und diese werden in der Regel sofort beglichen. Ich erwarte unter anderem einige Flaschen Wein mit dem morgigen Gütertransfer von der Erde. Er wird dabei sein. Ich bin sicher, er wird Ihren Geschmack treffen.“
„Ich lasse mich überraschen“, brachte Tristanius hervor und verstrickte sich dann noch in weitere angeregte Gespräche mit dem Expeditionsleiter, bevor der Tag enden sollte.
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Am nächsten Tag
Es war recht früh am Morgen, und auch dieses Mal lief der geplante Gütertransfer von der Erde pünktlich und reibungslos ab. Dennoch schien Patrick Sheppard einer der Ersten zu sein, der seine ersehnte Bestellung freudig entgegen nahm. Carol hatte ihm schon gestern mitgeteilt, was alles geliefert werden sollte und am heutigen Morgen gab sie ihm auch noch eine Liste mit, die er nun pflichtbewusst abgehakt hatte. Der Versorgungsoffizier musste sich ein Grinsen verkneifen, glaubte er doch bisher nicht, dass der gestandene Wirtschaftsmogul derart unter dem Pantoffel stand.
Doch Patrick wusste, wie enttäuscht Carol sein würde, würde auch nur ein Artikel fehlen oder falsch geliefert worden sein und er liebte er es, seine Frau glücklich und zufrieden zu sehen. Da waren ihm auch die Gedanken und Kommentare eines Versorgungsoffiziers herzlich egal.
Patrick war gerade dabei, den nicht gerade kleinen Haufen zu ordnen, um ihn dann möglichst ohne irgendetwas zu verlieren oder kaputt zu machen, ins Quartier zu bringen, als Richard gut gelaunt in das mittelgroße Lager trat und irritiert zu dem vollbepackten ältesten Sheppard Mann sah.
„Guten Morgen“, grüßte Richard die anwesenden, die seinen Gruß erwiderten. „Oh, ist das mein … Châteauneuf-du-Pape oder haben Sie auch …“, fragte Richard weiter, als er einen genaueren Blick auf Sheppards Waren erhaschen konnte.
„Nein Sir. Ihre Waren habe ich hier und auch Ihr Wein. Mister Sheppard hat offenbar zufällig den gleichen Wein bestellt“, erklärte der Versorgungsoffizier, der kurz darauf in einer größeren Containerbox nach einer Flasche wühlte.
Sekunden später hielt Woolsey sie in seinen Händen und ließ seinen schon fast traurigem Blick über sie gleiten.
„Ist es eine falsche Lieferung, Sir, oder …?“, fragte der junge Offizier.
„Hm? Oh nein, nein. Alles bestens. Nur … werde ich sie leider nicht genießen können. Ich schulde sie dem General. Der Mann lernt schneller als es einem lieb sein kann und ich hätte mich vielleicht nicht so schnell auf ein Spiel um einen so delikaten Tropfen einlassen sollen.“
„Und bald sind Sie wahrscheinlich auch noch einen Mount Veeder los“, meinte Patrick amüsiert. „Sie sind am Zug, Richard. Wissen Sie noch?“
„Oh, ich habe es nicht vergessen und diesmal beabsichtige ich zu gewinnen. Einen Mount Veeder hatte ich schon lange nicht mehr genossen.“
„So geht es mir mit dem Châteauneuf-du-Pape“, erwiderte Patrick. „Carol liebt diesen Wein. Wir hatten ihn zu unserem ersten Rendezvous getrunken und seitdem kamen wir nicht von ihm los. Ob Jahrestag, Verlobung, Hochzeit … die Geburt unserer Söhne ... er ist immer dabei.“
„Es ist wirklich ein guter Tropfen.“
„Absolut“, stimmte Patrick zu. „Genau wie der Mount Veeder. Ich werde auch diesen Wein genießen und dabei an Sie denken.“
„Abwarten Patrick. Noch ist nichts entschieden“, gab Richard tapfer lächelnd zurück. Er wusste mittlerweile, wie er die herausfordernden Spitzen des ältesten Sheppard Mannes zu verstehen hatte. Und er freute sich schon sehr darauf, ihm die Retourkutsche mit einem geschickten Zug zu verpassen.
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Ein wenig wehmütig hatte Richard den Weg vom Lager zu seinem Büro hinter sich gebracht und glaubte schon, sich allzu früh von seinem geliebten Wein trennen zu müssen, als er mit Freuden den Commander entdeckte.
Stutzend beobachtete er sie dabei, wie sie angestrengt einen Stapel von Berichten der einzelnen Abteilungen und Missionen durchwühlte. Nicht, dass sie gegen Sicherheitsprotokolle verstieß und ihre Nase in Dinge steckte, die sie nichts angingen, immerhin besaßen sie und ihr Vater mittlerweile eine vom Stargatecenter und des Pentagons erteilte Autorisierung und hatten somit Zugriff auf die geheimsten Berichte der Stargate-Missionen. Aber irgendetwas schien nicht in Ordnung zu sein.
„Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“, fragte Richard, als er in sein Büro trat.
Alexa schrak auf. „Hm? Oh, ich suche nur nach einem Bericht. Meinem Bericht. Ich fürchte … er entspricht nicht ganz … ich habe ihn irrtümlich zu früh abgegeben“, erklärte Alexa und widmete sich den Schreibtischschubladen.
„Verstehe. Aber ich bezweifle, dass er dort drin zu finden ist.“
Alexa hielt kurz inne und dachte nach. Natürlich hatte Woolsey recht. Was hatte ein Bericht auch in einer Schublade zu suchen? Aber in letzter Zeit war sie selbst kaum zu etwas Vernünftigem zu gebrauchen und überraschte sich selbst mehr als einmal mit einer auffälligen Zerstreuung. Auch wenn sie es niemals zugeben würde, aber irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit ihr.
„Oh, man kann nie wissen. Sie wissen doch selbst, dass im Eifer des Gefechts die unmöglichsten Dinge geschehen.“
Richard erkannte ihre plötzliche Nervosität und er erinnerte sich auch, dass sie seit einiger Zeit unter anderem mit Verwirrung und Konzentrationsschwierigkeiten aufwartete. Ganz zu schweigen von ihrem Temperament, das immer wieder aufwallte. Vor allem dann, wenn Colonel Sheppard auf irgendeine Weise involviert war. Ob es irgendein Problem zwischen den beiden gab?
„Ist es vielleicht möglich, dass Sie diesen Bericht Colonel Sheppard gegeben haben?“, fragte Richard vorsichtig und beobachtete, wie Alexa erneut innehielt und sich versteifte.
Glaubte Richard zunächst noch ihrem Erinnerungsvermögen auf die Sprünge helfen zu können, so beobachtete er nun, wie ihr geradezu die Farbe aus dem Gesicht wich. Ihr Augen wurden zuerst groß, als sich blankes Entsetzen und dann Verzweiflung und Groll in ihren Augen widerspiegelten.
„Nein. Ich meine …“, gab sie zögerlich zurück und schloss die Schublade geräuschvoller als sie es beabsichtigt hatte. „… ich weiß es nicht. Dieser verdammte …“, murmelte Alexa und schloss die Augen und atmete gegen den Drang, knurren und brüllen zu müssen, kaum dass Scheppards Antlitz vor ihrem geistigen Augen auftauchte. „Tut mir leid. Ich glaube, ich habe noch größeres Chaos angerichtet, als es ohnehin schon gab.“
Alexa umrundete den Schreibtisch und begann, die Berichte wieder zu ordnen und zu einem akkuraten Turm zu stapeln, als Richard sich daran machte, seinen Platz dahinter einzunehmen.
„Das macht nichts. Ich muss sie ohnehin durchgehen. Wenn sich die verschiedenen Bereiche dieses Mal ein wenig abwechseln, wird es für mich nicht ganz so schwer sein und wer weiß, vielleicht macht es mir sogar Spaß“, erwiderte Richard lächelnd.
Alexa spürte eindeutig, dass Richard ein wenig mehr Reserviertheit zeigte, als sie es von ihm kannte und sie konnte sich auch sofort denken, was der Grund war.
Verdammt, dieser Sheppard machte sie noch fertig. Der Mann verhielt sich nicht nur immer mehr wie ihr Schatten, nein, er schaffte es sogar, sie vollkommen aus der Balance zu bringen und das vor aller Augen. Die ganze Stadt musste sich schon über sie amüsieren. Oh dieser … Wenn sie nur schon diesen Namen hörte, könnte sie aus ihrer Haut fahren und nun musste sie auch noch zusehen, wie sie an ihren misslungenen Bericht käme, den er wahrscheinlich gerade in diesem Moment mit seinem typisch jungenhaften Grinsen studierte. Oh, na warte …
„Ich hatte angenommen, Ihren Vater hier anzutreffen“, meinte Richard und riss sie somit aus ihren Gedanken.
„Ich wollte ihm seinen Gewinn überreichen.“
„Gewinn?“
„Oh ja. Er fragte mich vor einiger Zeit, was es mit dem Schachspiel auf sich hätte. Ich glaube, zu jener Zeit bezeichnete er es noch als `das karierte Brett mit den kleinen Figuren´.“
Alexa musste nun doch tatsächlich lächeln. Sie kannte die Neugier ihres Vaters nur zu gut und erinnerte sich selbst an einige amüsante Momente, in denen eben jene Neugier, gemischt mit Verständnislosigkeit, Unglaube und Überraschung über die menschlichen und gesellschaftlichen Konventionen der Erde hervortrat. Angefangen von deren teils skurrilen Arbeitsweisen in den Labors und Büros, ungewöhnlichen Essgewohnheiten, bis hin zu den verschiedensten Konzepten von Beziehungen.
Dorian kringelte sich die meiste Zeit vor Lachen, Alexa musste sich mehr als einmal auf die Zunge beißen und auch Elisha musste ein ums andere Mal schmunzeln, während sie ihren Vater und Gatten dabei beobachteten, wie er mit unterschiedlichen Minenspielen zu verstehen und seine Toleranz neu zu schulen versuchte.
„Er wusste zwar, dass es ein Spiel war, das strategisches Können erfordert, aber sonst schien er doch recht … ahnungslos.“
„Bis Sie ihm das Spiel erklärten und sich auf eine Partie eingelassen haben“, gab Alexa schmunzelnd zurück.
„Ja.“
„Ich erinnere mich vage, Ihnen einmal gesagt zu haben, dass der General nicht nur sehr neugierig ist, sondern auch sehr schnell lernt.“
„Besonders wenn er sich einen Vorteil erhofft, hm? Nein, ich wusste, auf was ich mich einließ und ich bin ein Mensch, der durchaus verlieren kann. Außerdem gönne ich ihm die Gelegenheit, diesen edlen Tropfen zu genießen. Er kommt heute also nicht ins Büro?
„Nein, der General ist mit einigen Berichten und anderen Unterlagen beschäftigt, die aus der Akademie geborgen wurden. Er möchte sie in aller Ruhe durchgehen, bevor das eine oder andere endgültige Freigabe von ihm bekommt.“
„Verstehe“, gab Richard zurück und versuchte, sich seine Verwunderung über die emotionslose und formelle Betitelung ihres eigenen Vaters nicht anmerken zu lassen. „Würden Sie mir dann bitte den Gefallen tun und ihm diese Flasche Wein mit meinen besten Grüßen und meinem Glückwunsch überreichen?“
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Schlendernd betrat Alexa das Labor ihres Bruders und fand diesen eifrig tippend an seinem Computer vor.
„Hey Krümel. Was gibt´s?“
„Wie oft habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass du mich nicht Krümel nennen sollst, Momo?“, antwortete Alexa gereizt.
„Wahrscheinlich genauso oft, wie ich dich bat, mich nicht mehr Momo zu nennen. Also … quitt?“
„Nein“, gab Alexa kopfschüttelnd zurück. „Nie im Leben.“
„Tja dann ... Ich kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dich nicht mehr Krümel zu nennen, also … finden wir uns damit ab.“
Alexa antwortete nicht weiter darauf und ließ ihren Blick durch das Chaos im Labor ihres Bruders schweifen, während sie die Weinflasche gedankenverloren von einer Hand in die nächste rollen ließ.
„Was ist das?“, wollte Dorian wissen.
„Pa´s Gewinn. Woolsey hat mich gebeten, ihm die Flasche zu überreichen. Offenbar hat Pa während eines Schachspiels vergessen zu erwähnen, dass sein taktisches Geschick wirklich nicht von dieser Welt kommt.“
„Er hat ihn also abgezockt?“
„Offensichtlich“, gab Alexa gedankenverloren zurück und Dorian nickte zunächst. Doch dann sah er, dass sie irgendetwas bedrücken musste.
„Hey … alles Okay mit dir?“, fragte Dorian besorgt.
„Ja. Nein … ja“, gab Alexa leise stöhnend von sich.
„Also unentschlossen. Wenn du noch Zeit brauchst …“
„Ich habe einen Bericht verlegt. Nein, ich habe nicht verlegt, ich habe ihn … ich habe … Sheppard hat ihn. Wahrscheinlich.“
Dorian runzelte die Stirn und zog die Augenbrauen kraus, als er versuchte aus dem Gestammel seiner Schwester schlau zu werden. „Und ich dachte, ich bin schwer zu verstehen.“
„Ich habe einen miserablen Bericht über Sheppards Leute geschrieben und ich will ihn korrigieren und überarbeiten, aber das kann ich nicht, weil Sheppard ihn schon hat und jetzt macht er sich wohl noch lustig drüber.“
„Aha … Also erstens: Was für ein Bericht genau soll das sein? Und zweitens: Wieso gibst du ihm den Bericht, wenn er noch nicht überarbeitet ist?“
„Ach, du verstehst aber auch gar nichts, was?“, keifte Alexa ihren Bruder an. „Es geht um die Leute unter Sheppards Kommando. Die Leute, die mit uns auf M4S-879 waren und uns bei den Bergungen halfen und immer noch helfen. Sheppard wollte von mir einen Zwischenbericht über ihre Arbeit. Eigentlich wollte Woolsey es. Ich sollte ihn nur Sheppard aushändigen.“
„Ahhh“, meinte Dorian und zog die eine oder andere Grimasse, in der Hoffnung, seine Schwester irgendwie zu einem Lächeln bewegen zu können. Doch es schien eher nach hinten loszugehen, als sie genervt mit den Augen rollte.
„Wie viel Kaffee hast du heute schon getrunken?“
„Nicht genug, schätze ich“, gab Dorian zurück und wandte sich gänzlich zu seiner Schwester und nahm ihre Hände in die seinen. „Alexa, wieso hast du ihm den Bericht gegeben, wenn er noch nicht fertig war? Hast du dein Hirn vielleicht in der Kapsel gelassen?“
„Scheint so“, murmelte Alexa. „Ich habe ihm den Bericht nicht gegeben. Nicht wirklich. Ich habe nur ... ich habe mich nicht … ich kann mich in letzter Zeit einfach nicht richtig konzentrieren, okay? Ich fürchte, das wird man dem Bericht auch ansehen.“
„Dazu braucht man keinen Bericht, glaube mir“, gab Dorian zustimmend zurück. „Al, jeder kann sehen, dass dich in letzter Zeit irgendetwas derart beschäftigt, dass es dich aus der Bahn wirft. Und ich kann mir auch vorstellen, was es ist.“
„Kannst du nicht.“
„Oh, ich denke schon. Ich glaube, wir sind jetzt alle an einem Punkt, in dem wir zwangsläufig begreifen, dass sich unser Leben grundlegend ändert. Unsere Freunde und Familie, die wir damals kannten und hatten, sind schon lange nicht mehr. Wir haben Onkel Marsilius verloren, Darius ist auch nicht mehr hier ...“
Dorian sah, wie Alexa bei seinem Namen zusammenzuckte. Sie sah weg, entzog sich seinen Händen und kehrte ihm den Rücken, damit er ihr nicht in die Augen sehen und womöglich ihre Gedanken erraten konnte. Doch Alexa wusste, dass ihr Bruder sie nur zu gut kannte.
„… aber manche Dinge ändern sich wohl nie. Du kannst dich mit manchen Dingen einfach nicht abfinden und entwickelst den Drang, in bestimmten Situationen gegen einige deiner Mitmenschen zu kämpfen, hm?“
„Nein ... Nein, das tue ich nicht.“
„Wieso sagst du dann, dass Sheppard sich über deinen Bericht lustig macht?“
„Ich kenne ihn doch. Er … er tut es eben.“
„Al, niemand hat auch nur im geringsten Grund sich über dich lustig zu machen und Sheppard am allerwenigsten. Ich glaube, er kann sich sogar am besten vorstellen, wie unser Leben im Moment sein muss … vor allem deines. Der Mann macht sich eher Sorgen um dich, als das er Witze reißt.“
„Oh ja und wie er das tut! Er ist ja so ein guter Kerl … von wegen. Seine Sorgen sind … das waren keine Sorgen. Er hat sich eingemischt. Einfach so! Was glaubt er eigentlich, sich erlauben zu können?“
„Alexa, wovon sprichst du eigentlich?“, wollte Darius wissen, als er beobachtete, wie Alexa offenbar langsam aber sicher in Rage geriet. „Komm schon, rede mit mir.“
„Er hat gesagt, wir würden nur eine Show abziehen! Darius und ich … er meinte, Darius würde ohnehin nicht bei mir bleiben, er würde auf seine Ebene zurückkehren … er würde nur mit mir spielen.“
„Und nun denkst du, dass er, jetzt, wo Darius tatsächlich zurückging, darauf herumreitet und es dir unter die Nase reibt, recht gehabt zu haben?“
Wenn Dorian nicht ganz genau wüsste, wie sehr es seiner Schwester zu schaffen machte, würde er über diese Absurdität vielleicht schmunzeln, aber sie hatte offenbar schon genug um die Ohren und musste nicht noch gegen ihren eigenen Bruder kämpfen und so verkniff sich Dorian krampfhaft, die Miene zu einem Lächeln zu verziehen.
„Du denkst das auch … du denkst auch, dass … dass Darius nur mit mir spielen wollte … hast du gewusst, dass er zurückgehen würde? Was passieren würde? Sag mir die Wahrheit, Dorian.“
„Nein, Alexa. Ich wusste es nicht und ich glaube, er hat auch nicht mit dir gespielt. Ich weiß, dass er dich geliebt hat, glaube mir. Aber er hat aus irgendeinem Grund diese Entscheidung getroffen und wir müssen sie akzeptieren. Ich weiß, dass es für dich besonders schwer sein muss, aber … du darfst deine Wut und deine Enttäuschung über ihn nicht an anderen auslassen. Vor allem nicht an denjenigen, die dir helfen wollen.“
„Ich brauche keine Hilfe ... von niemandem. Ich will niemandes Hilfe.“
„Das wäre vielleicht ein Fehler. Al … auch wenn es nicht gerade richtig von Sheppard war, so etwas zu sagen, aber ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass er einen solch miesen Charakter hat und dich weiter damit quält. Tatsächlich glaube ich, dass er vielleicht ganz froh wäre, wenn du ihm diesen Fehltritt verzeihst und ihm ein bisschen freundlicher gegenübertrittst. Ich habe sogar den Eindruck, dass er ganz angetan von dir ist.“
„Oh bitte!“, entfuhr es Alexa mürrisch, doch Dorian musste diesmal wirklich schmunzeln.
„Merkst du das denn nicht selbst? Kannst du das denn nicht erspüren? Du hast doch emphatische Fähigkeiten und du musst doch fühlen, dass er dich offenbar sehr mag … Vielleicht sogar noch mehr als das. Ich glaube, der Mann trägt seine Gefühle gewöhnlich nicht so offen vor sich her … milde ausgedrückt. Aber wenn es um dich geht … kann er sich wahrscheinlich selbst nicht helfen. Jeder Mensch mit Augen im Kopf kann sehen, wie sehr du ihm den Kopf verdreht hast.“
„Ich richte ihn ihm gerne wieder gerade.“
„Al, der Mann hat definitiv Gefühle für dich.“
„Und die kann er gerne für sich behalten“, gab Alexa brummend zurück und Dorian musste abermals lächeln.
„Weißt du, ich kann´s verstehen. Und er ist bestimmt nicht der Einzige“, meinte Dorian, doch Alexa verdrehte wieder die Augen. „Alexa, ein Mann müsste schon vollkommen … tot sein, um nicht zumindest ein kleines bisschen fasziniert von dir zu sein. Du bist unglaublich schön und intelligent und du hast eine Menge drauf. Das wirkt definitiv anziehend auf Männer. Hast du nie mitbekommen, das Pa nach deiner Ausbildung an der Akademie und deiner Versetzung nach Atlantis alle Hände voll zu tun hatte, die Männer unter deinem eigenen Kommando der Reihe nach abzufertigen oder zurecht zu weisen, wenn sie glaubten, eine Chance bei dir zu haben? Verdammt, selbst ich kam manchmal in Bedrängnis, wenn einer meiner Kollegen glaubte, dich mit seinen Blicken schon ausziehen zu können. Mehr als einmal habe ich mir gewünscht, nicht ganz so sehr Pazifist zu sein. Viele wollten dich. Manchen war es durchaus ernst und die anderen wurden Zeuge von Vaters Magie, die Wände beben zu lassen.“
„Vielleicht sollte ich dann Pa bitten, seine Magie wieder einzusetzen ... Darius ist der Einzige, der … er war der Einzige, der mich hätte haben können.“
„Al, es sind vielleicht Jahrtausende vergangen, aber es gibt immer noch Männer da draußen und ich bin sicher, heute oder morgen findest du den einen, der zu dir passt und dich nicht einfach so verlässt.“
„Nein … den gibt es nicht … und ich werde auch nicht nach ihm suchen, Dorian“, meinte Alexa bestimmt, und bevor Dorian etwas darauf erwidern konnte, war sie davon gestapft.
„Brauchst du auch nicht, Schwesterchen“, sprach Dorian seufzend. „Er hat dich schon gefunden. Aber alles, was du noch brauchst, ist ein bisschen Vernunft.“
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-Bitte nicht … bitte nicht … bitte nicht-
Wie ein Mantra wiederholte Alexa diese Worte im Geiste, hoffte und betete, weder Sheppard in dessen Büro anzutreffen, noch erfahren zu müssen, dass er ihren haarsträubenden Bericht bereits gelesen hatte, als sie schleichend um die Ecke bog und innehielt.
Aus dem Raum drangen zwar keine Geräusche nach außen, aber das bedeutete nicht, dass er sich nicht darin aufhielt und ihn einfach zu erspüren, wäre auch keine Option. Er würde sofort wissen, dass sie in der Nähe sei und schon müsste sie sich wieder mit ihm auseinandersetzen, was sie eigentlich tunlichst vermeiden wollte. Andererseits ... hätte er bereits den Bericht zu Gesicht bekommen, hätte sie schon längst seinen Spott ertragen müssen. Also blieb ihr wohl nur eines übrig.
Alexa schloss kurz die Augen, atmete einmal mehr tief durch und trat erhobenen Hauptes in das Büro, nur um Augenblicke später zu erkennen, dass von Sheppard weit und breit jede Spur fehlte. Ihr fiel ein Stein vom Herzen, doch sie dachte nicht länger darüber nach und steuerte zielstrebig seinen Schreibtisch an, auf dem ein größeres Chaos herrschte, als es für einen Mann mit dem Rang eines Colonels wohl gut war. Wie der Mann es bei diesem Ordnungssinn überhaupt so weit hatte bringen können, war ihr schlichtweg ein Rätsel.
Alexa schüttelte mit dem Kopf und begann den unordentlichen Stapel von Papierkram zu durchforsten. Glücklicherweise brauchte sie nicht lange, bis sie ihren Bericht unter den ersten fünfzehn Missionsberichten, Urlaubsanträgen, Dienstplänen und Personalakten fand.
Sie drehte sich um und blickte sogleich auf eine in ein schwarzes Uniformhemd gehüllte Statur, die mit verschränkten Armen dicht hinter ihr gestanden haben musste.
„Alles gefunden, wonach Sie gesucht haben, Commander?“, fragte John.
Alexa antwortete nicht sofort. Zu tief saß der Schreck über seine plötzliche Anwesenheit. Dann schoss ihr dieser geradezu betörende Duft seines Aftershave in die Nase und vernebelte ihre Sinne und diese haselnussfarbenen Augen, die sie aufmerksam musterten … dass sie ihn aber auch weder gehört noch erspürt hatte, verwirrte sie noch zusätzlich. Und entkommen konnte sie ihm auch nicht. John stand so dicht vor ihr und der Schreibtisch drückte sich auch schon gegen ihr Hinterteil – nicht einmal ein weiteres Umdrehen war möglich. Verdammt! „Ja … auch wenn es dieses Chaos wohl nicht vermuten lässt“, platzte es endlich aus ihr.
„Entsteht aus dem Chaos denn nicht immer etwas Neues?“, fragte John ein wenig herausfordernd und schnappte nach dem Bericht, den Alexa noch immer an ihre Brust drückte. Ehe sie sich versah, hatte Sheppard die Mappe auch schon aufgeschlagen und überflogen und ließ seinen Augenbrauen überrascht nach oben schnellen.
„Geben Sie mir …“, platzte es aus Alexa und so wollte sie ihrerseits nach dem Bericht greifen, als John sich wegdrehte. „Geben Sie mir den Bericht zurück! Das ist … mein Bericht!“
Immer wieder versuchte sie an die Mappe in Sheppards Händen zu gelangen, doch immer wieder konnte er ihr geschickt ausweichen und ließ sie vergebens an ihm herumspringen und zappeln, bis John plötzlich hinter seinem Schreibtisch saß, während Alexa geradezu verloren vor diesem stand.
Alexas Kiefer mahlten und ihre Hände waren zu Fäusten geballt, sodass die Knöchel schon weiß hervortraten. John brauchte nicht aufzusehen, um zu wissen, dass er gerade mit vor Wut funkelten Blicken bedacht wurde. Wenn ihre Augen Blitze abschießen könnten – John wäre schon längst ein Häufchen Asche.
„Warum suchen Sie ihn dann in meinem Büro? In meinem Chaos?“, fragte John, ohne den Blick zu heben.
„Er war noch nicht fertig!“
„Ja, jetzt wo Sie es sagen, fällt es mir auch auf“, erwiderte John schmunzelnd. „Aber das beantwortet nicht meine Frage. Wenn er nicht fertig ist, warum haben Sie ihn dann abgegeben?“
John glaubte schon, die elektrisch geladene Luft um ihn herum förmlich spüren zu können, als Alexa nicht antwortete und stattdessen lieber weiter mit imaginären Blitzen auf ihn schoss.
-Ach, dieses wunderbare lantianische Temperament-, dachte John und wunderte sich einmal mehr über sich selbst. Zu gerne würde er dieses Temperament noch ein wenig mehr hervor kitzeln, aber das wäre wohl keine gute Idee, also entschied er, ihr lieber ein wenig entgegen zukommen, bevor diese Blitze sich realisierten und ihm entgegen kämen. „Ich nehme an, Sie wollen noch einmal drüber gehen und ihn Korrekturlesen“, fügte John hinzu, als er seinen Blick wieder über den Bericht gleiten ließ und sich mit den Ellenbogen auf seinen Schreibtisch stützte.
Für Alexa schien der einzig günstige Moment gekommen zu sein, als sie plötzlich hervor preschte und ihm die Mappe aus den Händen riss.
„Andererseits … finden sich im Chaos die schönsten Kompositionen“, meinte John, als er eine letzte Spitze von sich geben musste.
„Wenn die Früchte Ihrer Arbeit das Chaos ist, dann sollten Sie anfangen, das Chaos zu reformieren, oder lassen Sie sich pensionieren!“, platze es aus ihr.
-Super Alexa! Jetzt hast du es ihm aber gegeben! Das war vielleicht ´ne Antwort!- schallte sie sich selbst und biss sich sogleich auf die Zunge, als sie Johns Grinsen sah.
„Ein chaotisches System ist die höchste Form informeller Ordnung“, erwiderte John, was Alexa nur mit einem verachtenden Prusten quittierte.
Dann machte sie auf dem Absatz kehrt. Sie machte so schwungvoll kehrt, dass sich ihre Haarklammer plötzlich löste und im hohen Bogen zur nächsten Wand flog.
John musste sich schon stark beherrschen, nicht lauthals loszulachen, als sie ihm einen erneuten wütenden Blick zuwarf. Eilig setzte sie sich wieder in Bewegung, versuchte, sich ihre Verlegenheit nicht anmerken zu lassen und bückte sich nach ihrer Haarklammer, nur um dann wieder mit einem verächtlichen Schnauben davon zu stapfen.
John blieb kopfschüttelnd aber lächelnd zurück.
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Spät in der Nacht
John war nach der stundenlangen Arbeit mit dem Papierkram an seinem Schreibtisch endlich fertig und befand sich auf dem Weg zur Kantine um sich einen kleinen Mitternachtssnack zu gönnen. Ein Blick auf seine Uhr verriet ihm, dass Mitternacht allerdings schon lange vorüber war.
Er erwartete nicht, um diese späte Stunde noch irgendjemanden in der Kantine anzufinden, daher sah er sich auch nicht großartig um und steuerte stattdessen lieber gleich den nächsten Kühlschrank an.
John erinnerte sich an seinen letzten mitternächtlichen Besuch in der Kantine und lächelte in sich hinein. Sein Vater hatte ihn doch tatsächlich im Rollstuhl quer durch die Stadt chauffiert und sich mit ihm verschworen, den Kühlschrank zu plündern. Und am folgenden Tag hatte er arg auf die Zunge beißen müssen, als Lorne ihm berichtete, dass das Küchenpersonal tatsächlich darauf bestünde, eine Art Anzeige zu erstatten - wegen Einbruchs, Vandalismus und Diebstahls.
Auf Lornes Frage hin, ob er denn irgendetwas darüber wüsste, verneinte John, konnte aber sehen, wie Lorne sich jedes weitere Kommentar schmunzelnd verkniff und versprach, sich darum zu kümmern.
Nun, da das Küchenpersonal seine Politik im Bezug auf `späte Kantinenbesucher´ etwas gelockert hatte, wurde es John dieses Mal sogar recht einfach gemacht. Ein paar Fleischbuletten, die vom Mittagsmenü übrig geblieben waren, Gürkchen, ein Schuss Ketchup und ein paar Scheiben Sandwichbrot schienen geradezu auf ihn gewartet zu haben und waren im Nu verputzt. Eine kleine Flasche Wasser sollte alles runterspülen.
John hatte aufgeräumt und verräterische Spuren beseitigt und war bereits auf dem Weg, die Kantine wieder zu verlassen, als er ein kleines Aufstöhnen vernahm. John horchte in die Dunkelheit hinein in der Hoffnung, noch einmal etwas zu hören, aber es blieb still. Erst als er sich darauf konzentrierte, das Licht in der Kantine anzuschalten, konnte er in der hintersten Ecke der Kantine eine Person an einem Tisch sitzend ausmachen, die erneut gequält aufstöhnte.
Im Glauben, dass diese Person vielleicht verletzt wäre oder anderweitig Hilfe bräuchte, durchquerte John die Kantine und ließ seinen Blick dabei flüchtig durch den Raum gleiten. Außer ihnen beiden schien weit und breit niemand zu sein und nichts deutete darauf hin, dass es einen Unfall oder Angriff gegeben haben musste.
„Hey, ist alles in Ordnung mit Ihnen?“, fragte John, erhielt dann aber nur ein lang gezogenes „Mhm“ als Antwort.
-Okay, wohl kein Unfall, kein Verletzter, kein Notfall-, dachte sich John, doch seine Neugier war geweckt und so staunte er nicht schlecht, als er endlich den Tisch erreichte.
Der Person schien es tatsächlich gut zu gehen. Vielleicht etwas zu gut, wenn man bedachte, dass eine halb leere Weinflasche neben ihrem Kopf stand, den sie, zugedeckt mit einer Jacke, auf der Tischplatte zum Ausruhen gebettet hatte.
„Was zum …“, murmelte John, ließ seinen Blick erneut durch die sonst verlassene Kantine schweifen, bevor er wieder auf das Häufchen Elend traf. War da etwa jemand betrunken? Von nur einer halben Flasche Wein? „Hey!“
„Hm?“, lautete die zarte weibliche Stimme und John traute seinen Ohren nicht.
War das etwa Alexas Stimme? Das konnte doch wohl nicht wahr sein! John fluchte leise vor sich her, hoffte und betete, dass er sich irren möge, doch kaum, dass er die Jacke etwas anhob, erkannte er die braunen Strähnen, die der zu schlafen scheinenden Antikerin im Gesicht hingen.
„Das glaube ich jetzt nicht“, fluchte John und ließ den Jackenzipfel wieder fallen. Johns Gedankengänge setzten aus, als er verzweifelt durch seine Haare fuhr und dann sein Gesicht in den Händen verbarg. „Das darf doch wohl nicht wahr sein!“
„Alexa“, sprach John, als er die Hände in die Hüften stemmte und auf die junge Frau hinab blickte. Doch er bekam keine Antwort. „Alexa!“
„Hm?“
„Was um alles in der Welt tun Sie hier?“, fragte John, obwohl er die Antwort schon längst kannte. Nur glauben konnte er es nicht so recht. Geschweige denn akzeptieren. Was hatte sich die Frau nur dabei gedacht, sich mit Wein zu betrinken?
„Hier? … Wo is hier?“
„In der Kantine!“, antwortete John gereizt.
„Ischbin in der Kantine?“
Während John es bisher noch durchaus genossen hatte, sich mit harmloser und verspielter Fopperei der Antikerin zu nähern und dabei auch gerne ihre gelegentlichen bis regelmäßigen Temperamentsausbrüche in Kauf nahm, ja, sie manchmal sogar geradezu heraus zu kitzeln versuchte, so schien nun eine Grenze überschritten worden zu sein.
John spürte nun auf einmal nicht nur die Erschöpfung des vergangenen Tages an sich zehren, nein, es war auch dieses mehr als unreife Verhalten einer gewissen Antikerin, das ihm plötzlich den letzten kleinen Rest von Geduld und Verständnis abhandenkommen ließ.
John massierte sich den Nasenrücken, atmete tief durch und versuchte Ruhe zu bewahren.
„Wieso binisch in der Kantine?“, fragte Alexa lallend weiter. „Und wieso kannisch die Kantine nisch sehen? Bin isch blind? Oh nein! … isch bin blind!“
John platzte fast der Kragen, als er nach ihrer Jacke griff und sie mit einem Ruck von ihrem Kopf herunterzog.
Regungslos ließ sie ihren Kopf noch immer auf der Tischplatte ruhen, während sie mit weit aufgerissen Augen ins Leere starrte. Ihre Haare waren zerwühlt und fielen teils in ihr Gesicht und ihre Wangen waren gerötet. „Ahhh“, stöhnte sie, als sie glaubte, wieder sehen zu können. „Isch bin geheilt!“
„Sie sind betrunken“, meinte John knurrend und legte sich die Jacke über seinen Arm.
„Bin isch nischt!“
„Oh, und wie Sie das sind. Sie sollten in Ihr Quartier gehen, bevor noch jemand herausfindet, was Sie sich hier geleistet haben.“
„Geleistet? Wasabe ich geleistet? Warich gutt? … Habich bestandn?“
John atmete einmal mehr tief durch und rieb sich über das Gesicht. „Alexa … Alexa, sehen Sie mich an.“
Träge hob Alexa ihren Kopf und John konnte sehen, dass sie bereits Schwierigkeiten hatte, überhaupt geradeaus zu sehen, doch dann traf sie seinen Blick und schenkte ihm ein faszinierendes Lächeln, das er schon seit Wochen nicht mehr bei ihr sah und so sehr vermisste. „Oh, Hallo Colonel.“
Nicht nur, dass es John fast die Sprache verschlug, nein, auf einen Schlag schienen auch noch Wut und Verärgerung verschwunden zu sein und er fragte sich, ob sie sich ihrer Macht überhaupt bewusst sei, mit diesem verführerischen Lächeln alles und jeden um den Finger wickeln zu können. John schluckte schwer, seufzte und musste dann selbst ein wenig lächeln. „Hi … kommen Sie, ich bringe Sie in Ihr Quartier.“
„In mein Quartier?“
„Ja, in Ihr Quartier“, bestätigte John und sah, wie Alexa geradezu in die Höhe schoss und ihn mit großen Augen anblickte.
„Aber Sir! Ich mussch doch wohl … sehr bittn! Was würde Tante Agatha von mir denken!“
„Was? Tante Agatha? Wer ist Tante Agatha?“
„Was? “
„Wer ist Tante Agatha?“, wiederholte John, ahnte aber bereits die Antwort.
„Woher soll ichndas wissen? Aber sie wäre beschtimmt nischt erfreut drüber, dass … dass Sie mein Quartier betreten wollen“, lallte Alexa und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust, überlegte es sich dann aber anders und tippte John auf die Brust. „Ischbin ne anständige Frau und Sie Sir … Sie sind …“ Aus dem Tippen wurde ein Tasten. „Wow, sind Sie aber hart.“
John rollte mit den Augen, bevor er diese für einen Moment schloss und abermals tief durchatmete. „Kommen Sie. Wird Zeit, das Sie ins Bett kommen.“
„Aber hallo! Tante Agatha, halt dir die Augen zu!“, entfuhr es Alexa, just bevor sie ganz langsam zur Seite zu kippen begann. John konnte sie gerade noch am Arm packen.
„Hey! Hier geblieben! Schön stehen bleiben.“
„Hoppla“, entfuhr es Alexa und kicherte, als John seinen Arm um ihre Taille schwang und sich mit ihr in Bewegung setzte.
„Los jetzt. Bringen wir Sie nach Hause, bevor Sie noch jemand so zu Gesicht bekommt.“
„Hey, hey, hey! Was solln das heißen? Bin isch nisch hübsch genug?“
„Sehr hübsch … aber auch betrunken und Sie wollen doch nicht, dass Ihr Vater Sie so sieht, oder?“
„Neeiiinnn“, antwortete Alexa und stolperte mehr neben John, als das sie ging. „Das wäre ... das wäre nischt gut. Das wäre … ein großes upps. Ein Hoppla ... ein mächtiges, böses Hoppla. *Hick*“
John hielt inne und sah zu Alexa, die noch immer unschuldig lächelnd zu ihm aufsah und mehr in seinem Arm hing, als dass sie noch selbst stehen konnte. Hatte sie etwa gerade einen Schluckauf? Der klang ja richtig süß.
„Ja, das wäre es“, stimmte John seufzend zu und steuerte den Ausgang der Kantine an. Kaum dass die Türen sich öffneten, blickten beide in das Antlitz von Dorian.
Toll! Das hatte gerade noch gefehlt, seufzte John innerlich. Eigentlich wollte er sich nur mit einer betrunkenen Antikerin mit einem zuckersüßen Schluckauf so schnell wie möglich und vor allem ungesehen durch die Stadt schleichen, und sie ins Bett schaffen, damit sie ihren Rausch ausschlafen konnte. Doch jetzt musste er wohl oder übel Rede und Antwort stehen, denn Alexa wäre dazu kaum noch in der Lage und wenn doch, käme bestimmt nichts Vernünftiges aus ihr heraus.
„Ist das jetzt ein mittleres Hoppla oder doch schon ein großes?“, fragte Alexa, als sie unstet zu John sah. „*Hick*“
Dorian hatte nicht lange gebraucht, um die Situation zu verstehen, zumal auch die Weinflache, die John noch in seiner freien Hand hielt, mehr als genug verriet.
„Al, bist du betrunken?“
„Na das hoffe isch doch. Wozu wäre sonst Vaters guter Wein gut gewesen? *Hick*“
„Ich glaube, Ihre Schwester verträgt nicht viel“, meinte John.
„Ich glaube, das wurde auch schon mal erwähnt“, erwiderte Dorian beiläufig und musterte weiterhin seine Schwester, die völlig losgelöst in Johns Arm hing und grinste. „Und Sie lassen auch noch einfach so zu-“
„Hey, hey. Ich habe sie so in der Kantine gefunden, okay? Sie hing da über einem Tisch und war dabei, einzuschlafen. Ich dachte, es ist besser, wenn ich sie in ihr Quartier bringe.“
„Oh … okay. Wie viel hat sie überhaupt getrunken?“
„Nischt genug, schätze isch“, antwortete Alexa, peilte dann mit verengten Augen die Flasche an und entriss sie John um sie wieder an ihre Lippen zu führen.
„Oh, doch. Mehr als genug“, meinte John, als er ihr die Flasche schnell wieder abnahm und noch mal nachguckte. „Nicht ganz die Hälfte.“
„Tss. Das ist schon zu viel. Alexa bekommt schon einen Schwips, wenn sie nur schon Alkohol riecht.“
„*Hick*“
„Oh ihr Mächtigen“, stöhnte Dorian und rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht. „Al … was hast du dir nur dabei gedacht?“
„Isch dachte mir … eigentlich weißisch nicht, wasich mir dachte, weil isch gerade nicht richtig daran denken kann, was ich mir vorhin dachte“, antwortete Alexa noch immer lallend und sah wieder zu John. „Vielleicht dachte ich auch, dassisch mir nicht denken muss, dass ich mir jetzt doch etwas denken solle …Oder?“
„Ganz bestimmt“, stimmte John Augen rollend zu.
„Al, ist dir eigentlich klar, was passiert, wenn Pa dich so sieht?“, platze es abermals aus Dorian.
„Ohhh ja. *Hick* Nein … oder vielleischt doch. Oh ich weiß es! Ich weiß es! Dann passchiert ein mächtig böses Hoppla. *Hick*“, brachte Alexa grinsend hervor.
„Ein Hoppla? Ein Hoppla?! Soll das ein Witz sein? Pa wird ausrasten! Zuerst werden Wände beben, dann werden Köpfe werden rollen –zuerst meiner, denn ich bin dein großer Bruder“, erklärte Dorian verärgert und sah dann zu John. „Dann seiner, weil er dich auch noch deckt … wir sind tote Männer und du … tja, Pa wird dich in die Brig befördern. Da kannst du dann deinen Rausch ausschlafen, bevor wieder die Wände beben werden und was danach geschieht … tss, ich schätze, ich sollte mich wohl glücklich schätzen, dass ich das dann nicht mehr mitkriegen werde.“
„In der Brig? Aber isch will nischt in die Brig. Da gibts keine Kissen und keine Decken und alles ist hart. Da is alles genauso hart wie Sheppard hier“, gab Alexa in einem weinerlichen Ton zurück und tippte und tätschelte wieder an Johns Brust. „*Hick*. Fühl mal, wie hart der ist!“
Verdattert sah Dorian wieder zu John, doch der konnte nur mit den Augen rollen und den Kopf schütteln.
„Mann, Mann, Mann … was mache ich nur mit dir?“, stöhnte Dorian verzweifelt.
„Lieb haben, Momo. Du bist der Bruder von deiner kleinen Schwester und isch … isch bin die Schwester von dem großen Bruder mit der kleinen Schwester und du musst … du musst … wo war ich? Was habe isch gesagt?“
„Also, wenn Sie wollen, dass niemand Ihre Schwester so sieht und dass das niemals ans Licht kommt, sollten Sie mir helfen, sie endlich in ihr Quartier zu bringen“, schlug John vor, der allmählich eine leichte Anstrengung verspürte, Alexa die ganze Zeit zu stützen.
„Oh Tante Agatha! … Jetzt guckst aber, was? Gleich zwei Männer in meinem Quartier! Huiii! *Hick*“
„Tante Agatha?“, fragte Dorian perplex an John gerichtet, während er sich daran machte, seine Schwester von der anderen Seite zu stützen.
„Fragen Sie nicht.“
tbc ...