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Thema: [SGA] Be All Their Sins Remember'd [NC-17]

  1. #21
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Kapitel Sechs

    A/N: Früher als gedacht gibt es heute die Fortsetzung. Nichts ahnend habe ich mich gestern Abend an den PC gesetzt und wollte eigentlich nur ein paar Zeilen schreiben, aber dann überkam es mich und innerhalb kürzester Zeit war das Kapitel fertig. Merkwürdig, da hat man mehrere Wochen keine einzige Idee und dann läuft es auf einmal wieder so gut, dass man gar nicht mehr aufhören kann.

    Ich wünsche euch ganz viel Spaß beim Lesen und freue mich jetzt schon auf eure Kommentare.
    Liebe Grüße, eure Moni

    PS: Ihr bekommt heute ein extralanges Kapitel- als Entschädigung dafür, dass das letzte so kurz geraten ist.


    Kapitel Sechs


    „Ihnen macht es doch nicht aus, wenn ich dieses Gespräch für eine spätere Bearbeitung aufzeichne, oder?“

    „Habe ich denn eine andere Wahl, Mister…?“, fragte John und musterte seinen Gegenüber eingehend. Kurzes, braunes Haar und graublaue Augen. Er schätzte ihn auf Ende Zwanzig, Anfang dreißig.
    Ein Frischling, schoss es ihm verachtend durch den Kopf. Verwunderlich, dass der Untersuchungsausschuss des IOA ausgerechnet diesen Mann auf ihn ansetzte. Zugegeben, der Bursche wirkte routiniert und nicht gerade unerfahren. In aller Ruhe packte er das kleine Aufnahmegerät, einen Block Papier und einen Stift aus, strich sich anthrazitfarbenes Anzugjackett glatt und setzte sich an das gegenüberliegende Ende des Metalltisches.

    „Agent Donahue“, entgegnete er ruhig. „Sie müssen entschuldigen, Colonel. Manchmal, in der Eile, vergesse ich meine guten Manieren.“ Er sprach mit einem leicht näselnden Akzent. Britisch, entschied John.

    „Mein Name ist Matthew Donahue“, stellte sich sein Gegenüber nun vor.

    „Sie sehen ziemlich jung für einen Agent aus“, bemerkte John, in der Hoffnung, Donahue so von Anfang an aus dem Konzept zu bringen- überraschenderweise jedoch ohne Erfolg. Donahue’s blaugraue Augen verfinsterten sich, wenngleich sich seine Lippen zu einem süffisanten Lächeln verzogen.

    „Merkwürdig“, sagte er. „Das höre ich in letzter Zeit oft. Aber lassen Sie mich Ihnen versichern, dass ich mein Handwerk durchaus verstehe, Colonel. Andernfalls säße ich heute nicht vor Ihnen. Sie können unbesorgt sein.“

    „Oh, ich bezweifle nicht, dass Sie Ihren Job gut machen, Agent Donahue“, meinte John und verschränkte die Arme vor der Brust. „Lassen Sie uns anfangen. Schießen Sie los.“

    „Gern“, lautete Donahue’s Antwort. Er griff nach seinem Kugelschreiber. „Das Regelement sieht vor, dass ich zuerst Ihre persönlichen Daten zu überprüfen habe. Antworten Sie bitte mit ‚ja’ oder ‚nein’, je nachdem, ob die Angaben stimmen oder nicht. Haben Sie das verstanden?“

    John nickte. „Klar und deutlich.“

    „Sehr schön.“ Donahue beförderte eine dünne, schwarze Arbeitsmappe aus seiner Aktentasche hervor, klappte sie auf und setzte den Kugelschreiber an.

    „Okay, dann fangen wir mal an“, begann er. „Name: Sheppard. Vorname: Jonathan Alexander Martin. Geboren am 14. Juni 1970 in Seattle, Washington. Korrekt?“

    „Bis jetzt alles richtig“, meinte John. „Ich muss schon sagen, Sie machen das wirklich gut.“ Ungerührt von der kleinen Stichelei gegen sich richtete Agent Donahue seine Augen wieder auf die Akte in seinen Händen und fuhr fort.

    „Sie waren am MIT?“

    „Ein paar Monate, ja“, antwortete John. „Wieso, verwundert Sie das?“

    Sein Gegenüber verneinte. „Welcher Studiengang?“

    „Ingenieurwissenschaft.“

    Donahue hob die Augenbrauen. „Ingenieurwissenschaft?“, wiederholte er. „Eine… interessante Wahl. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie das interessiert.“

    „Tat es auch nicht. Nicht... wirklich“, erwiderte John kühl. „Wie gesagt, ich war nur einige Monate dort…“

    „… bevor Sie Ihr Studium abbrachen und dem Militär beitraten“, beendete Donahue seinen Satz. „In den Jahren danach waren Sie jeweils für ein Jahr im Irak, im Kosovo, aber auch für mehrere Monate in Afghanistan stationiert gewesen.“

    John seufzte. „Ja, das ist richtig.“

    „Bis zu Ihrer Degradierung und Strafversetzung im Jahr 2004.“ Ein hämisches Grinsen schlich über Donahue’s Lippen, als er seinen Blick die Zeilen entlangschweifen ließ. „Wegen der Missachtung eines stehenden Befehls. Ich glaube mir erinnern zu können, den Bericht darüber gelesen zu haben.“

    „Ich hoffe, Sie fanden ihn spannend“, brummte John missmutig. Er hätte sich denken müssen, dass dieses Thema ein gefundenes Fressen für Donahue war. Kerle wie er, die noch nicht ganz oben auf der Karriereleiter angekommen waren, leckten sich immer die Finger nach Fällen wie diesem. John seufzte und blickte auf. Donahue’s Augen blitzten, und es bestand kein Zweifel daran, dass er Blut geleckt hatte.

    „Wollen Sie mir nicht mehr davon erzählen?“ Widerlicher Mistkerl.

    „Wieso?“, wunderte sich John. „Sie haben den Bericht direkt vor sich. Wenn Sie nähere Informationen wollen, schauen Sie doch einfach nach.“

    „Ich würde es aber sehr gern aus Ihrem Mund hören“, entgegnete Donahue, worauf John die Augen zusammenkniff und den jüngeren Mann finster anfunkelte.

    „Und was, wenn ich Ihnen sage, dass ich darauf keine Lust habe?“, wollte er wissen. „Soweit ich weiß, geht es heute nämlich nicht um das, was in der Vergangenheit vorgefallen ist.“ Einen Momentlang schwieg Donahue, dann klappte er die Mappe zu.

    „Sie haben recht“, sagte er und verstaute die Aufzeichnungen wieder in seiner Aktentasche. „Gut, da scheinbar alle Angaben stimmen, können wir ja jetzt fortfahren.“

    „Ich bitte darum“, raunte John, verschränkte wieder die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück.

    „Wieso so ungeduldig?“, fragte Donahue und legte seinen verchromten Kugelschreiber auf die Tischplatte. „Haben Sie heute noch etwas anderes vor?“

    „Das dürfte Sie gar nichts angehen“, zischte John. „Sagen wir einfach, ich bin nicht gerade scharf darauf, diese ganze Sache hier in die Länge zu ziehen.“

    „Da scheinen wir endlich mal einer Meinung zu sein“, bemerkte Donahue mit einem süffisanten Grinsen. „Nun denn- lassen Sie uns beginnen, John…“



    „John?! John!“

    „Oh, mein Gott, John!“

    Erst, als er die aufgebrachte Stimme seiner Schwägerin vernahm, ihre schnellen Schritte auf sich zueilen hörte und spürte, wie sie ihre Arme um ihn schlang, gelang es John von der Vergangenheit in die Gegenwart zurückzukehren. Er schüttelte mit dem Kopf, scheuchte die Erinnerungen an sein allererstes Treffen mit Matthew Donahue fort und versuchte sich zu konzentrieren.

    „Es wird alles gut“, flüsterte Addison an seinem Ohr, und er spürte ihre warmen Hände, die ihm liebevoll über den Rücken strichen. „Es wird alles gut werden.“ Noch immer umarmte sie ihn, und John wusste, dass sie ihn erst wieder loslassen würde, wenn er ihr Anlass dazu gab, aber im Moment fühlte er sich nicht dazu in der Lage, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.

    „Addie“, krächzte er stattdessen und erschrak, als er hörte, wie heiser und schwach seine eigene Stimme klang. Bis jetzt hatte er nicht wahrhaben wollen, wie sehr ihn diese ganze Situation mitnahm. Er hatte stark bleiben wollen, für Teyla und für das Baby. Es musste immer einen geben, auf den sich alle verlassen konnten, und John war sich sicher gewesen, dass er dieser jemand war, musste jetzt aber einsehen, dass er es nicht schaffen würde.

    Es war fast eine Stunde vergangen, seit sie im Krankenhaus eingetroffen waren und man Teyla zur Untersuchung fortgeschafft hatte. Er hatte protestiert und darauf bestanden, sie zu begleiten, doch man hatte ihn angewiesen zu warten und ihm versprochen, ihm sofort Bescheid zu geben, sobald sich etwas herausstellte. Hilflos hatte er mit ansehen müssen, wie Teyla von der Liege in ein bereitstehendes Krankenbett verfrachtet und in einen Untersuchungsraum geschoben wurde. Verzweifelt hatte er versucht, einen letzten Blick auf sie zu erhaschen, bevor sich die Tür endgültig hinter ihr schloss. Er hatte sie seinen Namen rufen gehört und wäre am liebsten direkt hinterher gestürzt. Sie hatte so verzweifelt und verängstigt geklungen, und noch immer zerriss es ihm das Herz zu wissen, dass er ihr nicht helfen konnte, dass sie allein, umgeben von fremden Personen in diesem Raum war, verängstigt und Schmerzen erleidend.

    In seiner Verzweiflung hatte John versucht, sich abzulenken, war erst auf dem Gang auf und ab marschiert, hatte sich nach einer Weile dann etwas weiter hinausgetraut, bis zum Ende des Ganges, wo sich ein Snackautomat befand. Er hatte keinen besonderen Appetit, aber sein knurrender Magen verlangte lautstark nach Nahrung. Nachdem er einen Schokoriegel relativ lustlos verzerrt hatte, war er auf seinen Posten zurückgekehrt. Zwanzig weitere, qualvolle Minuten vergingen, bis er es nicht mehr aushielt.

    Die erste Person, die ihm einfiel, war Dave, also rief er ihn an. Bereits nach dem zweiten Klingeln hatte sein Bruder das Gespräch entgegengenommen, doch John hatte einfach nicht die richtigen Worte gefunden und hilflos vor sich hingestottert. Dave hatte sofort erkannt, dass etwas nicht stimmte, ohne dass John ihm groß erklärte, was passiert war, und ihm versichert, so schnell wie möglich zu kommen.

    Jetzt war er da, und John war froh nicht länger allein zu sein.

    „Addison.“ Dave sprach leise, als er seine Frau sanft am Arm packte und sie von seinem Bruder löste. „John…“

    „Danke, dass ihr gekommen seid“, presste dieser mühsam hervor. „Ich… ich…“

    „Schon gut“, winkte Dave ab und ersparte es ihm damit, sich erklären zu müssen. „Keine Ursache, John. Das war doch selbstverständlich.“ Er nickte ihm zu und schloss ihn in eine sich merkwürdig anfühlende Halbumarmung, die John etwas steif erwiderte. Es fühlte sich… komisch an. Dave und er waren noch nie für den Austausch solcher Gesten gewesen, hatten es meistens immer bei einem höflichen Händeschütteln belassen. Selbst heute fühlte es sich eher gezwungen als richtig an.

    „Wie geht es ihr?“, platzte Addison dazwischen. „Was ist mit dem Baby? Gibt es schon Neuigkeiten?“, fragte sie aufgeregt und besorgt zugleich.

    „Nein, ich… ich weiß noch nichts.“ John schluckte und rieb sich mit dem Handrücken über die Stirn. „Sie untersuchen sie noch.“

    „Es geht ihr sicher gut“, versuchte sein Bruder ihn zu beruhigen. „Teyla ist eine starke Frau. Du wirst sehen, es wird alles gut gehen.“

    John nickte, war aber insgeheim anderer Ansicht. Er hatte sich schon immer auf sein Gefühl verlassen können, und im Moment hatte er ein furchtbar schlechtes Gefühl. Sein Magen krampfte sich zusammen, wenn er sich an Teylas schmerzverzerrtes Gesicht und an das Blut zurück erinnerte. Es war zu früh! Viel zu früh! Das Baby hätte erst in einem Monat auf die Welt kommen sollen. Ganz gleich, dass man ihm bei ihrer Ankunft versichert hatte, dass man sich um Teyla und seine kleine Tochter kümmerte- er hatte furchtbare Angst! Er war kein sonderlich religiöser Mensch, aber heute hatte er angefangen zu Gott zu beten und ihn zu bitten, dass er seine Familie- Teyla und ihr Baby- beschützte.

    „Oh, John!“ Addison, die die heimlichen Tränen in seinen Augen als Erste bemerkte, kam erneut auf ihn zugestürzt und umarmte ihn, und dieses Mal erwiderte er die Umarmung, schlang die Arme um sie und vergrub sein Gesicht in ihrem langen, blonden Haar. Dave trat hinter ihn und tätschelte seine Schulter.

    „Es wird alles gut werden“, wiederholte Addison flüsternd.

    „Ich hoffe, Du hast recht“, entgegnete John. „Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn-“

    „Mister Sheppard?“ Das Geräusch einer sich öffnenden Türe und eine ruhige, klare Frauenstimme ließen ihn zusammenzucken. Er löste sich von seiner Schwägerin, wirbelte herum und entdeckte eine junge, weißbekittelte Frau hinter sich stehen. Sie konnte nicht älter als dreißig sein, hatte lange, dunkelbraune Haare, die sie am Hinterkopf zum Pferdeschwanz zusammengefasst hatte, und ein herzförmiges Gesicht mit feinen Zügen; sie war eigentlich zu schön, um Ärztin zu sein, aber es schien ihr nicht an Selbstbewusstsein und Professionalität zu fehlen. Lächelnd streckte sie ihm ihre Hand entgegen.

    „Mister Sheppard, ich bin Doktor Marianne Whitfield, die behandelnde Ärztin Ihrer Frau“, stellte sie sich ihm vor und schüttelte ihm die Hand; ihr Händedruck war überraschend fest für eine Frau von so zierlicher Statur.

    John nickte und versuchte mit wild schlagendem Herzen etwas in dem Gesicht der Medizinerin zu entdecken, was ihm Aufschluss über Teylas Zustand gab, aber Doktor Whitfields Miene war sehr professionell und ließ weder etwas positives noch etwas Negatives erkennen. John war der Verzweiflung nahe.

    „Wie geht es ihr, Doktor?“, fragte er.

    „Setzen wir uns doch einen Augenblick.“ Doktor Whitfield deutete auf eine an der Wand montierten Sitzbank. Sie beide nahmen Platz und Addison entschuldigte sich unter dem Vorwand, ihr Kindermädchen anrufen zu wollen, und entfernte sich. Dave blieb, hielt aber Abstand. John nickte ihm kurz dankbar zu, bevor er seine volle Aufmerksamkeit wieder der Ärztin zukommen ließ.

    „Doktor…Was ist passiert?“

    „Infolge von Stress scheint es bei Ihrer Frau zu einem Riss in der Fruchtblase und zu einem verfrühten Einsetzen der Wehen gekommen zu sein“, begann Doktor Whitfield zu erklären. „Es ist nichts Tragisches“, beruhigte sie ihn sogleich, „aber da Ihre Frau in einem besonders kritischen Stadium ihrer Schwangerschaft ist und zudem leichte Blutungen aufgetreten sind, mussten wir erst sichergehen, dass keine Gefährdung für sie oder das Kind besteht.“

    „Wie geht es ihr jetzt, Doktor?“, fragte John erneut.

    „Es geht Ihrer Frau den Umständen entsprechend gut“, antwortete Doktor Whitfield, und John schluckte.

    „Den… Umständen entsprechend?“, wiederholte er leise.

    „Nun, Mister Sheppard-“ Sein Gegenüber lächelte herzerwärmend-„Ihre Frau liegt in den Wehen. Also ja, es geht ihr den Umständen entsprechend gut.“

    „Und das Baby?“, erkundigte sich John heiser. „Wie geht es dem Baby?“

    „Dem Baby geht es ebenfalls gut“, beruhigte Doktor Whitfield ihn. „Die Lungenfunktion ist ausreichend ausgeprägt und der Herzschlag der Kleinen stark. Die beiden machen sich großartig, besonders Ihre Frau. Sie möchte Sie sehen“, fügte sie abschließend hinzu.

    „Ich kann zu ihr? Jetzt sofort?“

    Doktor Whitfield nickte. „Ja, das können Sie“, bestätigte sie, und John atmete erleichtert auf. „Sie sollten sich allerdings beeilen“, merkte sie lächelnd an. „Ihre Frau und das Baby scheinen es beide sehr eilig zu haben. Ich halte mich, was Vorraussagen angeht, normalerweise zurück, aber ich gehe fest davon aus, dass es innerhalb der nächsten Stunden soweit sein wird. Wenn Sie Glück haben und es weiter so gut vorangeht, werden Sie und Ihre Frau noch vor Tagesanbruch Eltern sein.“

    John schluckte, und mit einem Mal überkam ihn die Nervosität. „Aber es ist zu früh“, meinte er mit belegter Stimme. „Es… es sollte erst in vier Wochen soweit sein. Ich… ich…“ Er brach ab und schüttelte mit dem Kopf, als ihm bewusst wurde, wie lächerlich er sich anhören musste. Natürlich hatte er sich diese Situation unendlich oft ausgemalt und sein Verhalten in unzähligen schlaflosen Stunden und Nächten genau geplant; Er wollte ruhig und gefasst sein, alles sehr effizient regeln und Teyla immer im Auge behalten, um ihr im Notfall sofort beistehen zu können. Er hatte sich vorgenommen, die Tasche, die Teyla schon längst gepackt hatte, zu tragen und dann souverän und mit ruhiger Hand ins Krankenhaus zu fahren.
    Dass er auf einmal solche Angst haben würde, damit hatte er nicht gerechnet. Eigentlich, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf, war er noch nicht soweit! Er konnte unmöglich jetzt schon Vater werden. Er hatte sich zwar rein theoretisch mit der ihm bevorstehenden Aufgabe befasst, aber was wusste er schon von der Realität? Er hatte doch keine Ahnung! Windeln wechseln? Babynahrung? Die Erziehung eines Kindes?! Wie musste man einen so kleinen, zerbrechlichen Säugling halten? Was, wenn er etwas falsch machte und seine Tochter verletzte? Teyla würde ihn wahrscheinlich umbringen und seine Tochter ihn bis in alle Ewigkeiten hassen.
    Um Himmels Willen, dachte John. Jetzt bloß nicht in Panik geraten, alter Junge. Verdammt, reiß Dich zusammen, Mann!

    „Mister Sheppard?“, hörte er Doktor Whitfield rufen und spürte, wie sie sanft seinen Arm berührte. John vermutete, dass ihm seine plötzliche Nervosität anzusehen war, denn als er sich der Ärztin zuwandte, lächelte diese.

    „Gehen Sie jetzt“, sagte sie und erhob sich. „Ihre Frau wartet sicher schon auf Sie. Ich werde im Schwesternzimmer Bescheid geben, dass man Ihnen sterile Kleidung bringt. Die Umkleide befindet sich am Ende des Ganges, die letzte Tür von rechts.“

    John nickte. „Ja… ja, okay, danke“, murmelte er und drehte sich, nachdem Doktor Whitfield gegangen war, zu seinem Bruder um, der sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten hatte.

    „Wie geht es ihr?“, fragte Dave nun besorgt und kam näher heran.

    „Es geht ihr gut“, antwortete John. „Dem Baby auch“, ergänzte er rasch.

    „Gott sei Dank.“ Dave seufzte auf, fasste sich erleichtert an die Brust, und seine strenge Miene entspannte sich etwas.

    „Hör zu, Dave, ihr müsst nicht hier bleiben“, meinte John, worauf sein Bruder vehement mit dem Kopf zu schütteln begann.

    „Oh, doch“, tönte er. „Wir werden hier bleiben. Addison hat eine Nanny für die Kinder organisiert. Und außerdem“, fügte Dave zwinkernd hinzu und klopfte ihm kameradschaftlich auf die rechte Schulter, „will ich es mir nicht entgehen lassen, wenn mein kleiner Bruder ein Baby bekommt.“

    John verdrehte die Augen und grinste, und auf einmal brach der Druck, der sich in der letzten Stunde in seiner Kehle angestaut hatte, als ein prustendes Lachen aus ihm heraus. „Oh, Gott“, stöhnte er und schüttelte lachend mit dem Kopf. „Kannst Du Dir das vorstellen? Ich- ein Dad!“

    „Wenn ich ehrlich sein soll“, entgegnete Dave, „kann ich mir das sogar sehr gut vorstellen. Ehrlich, John, Du wirst das super hinkriegen und ein toller Vater für die Kleine werden. Da bin ich mir ganz sicher.“

    John schluckte. „Wow, ehrlich?“

    „Ehrlich“, bestätigte Dave ihm nickend. „Und jetzt los!“, scheuchte er ihn. „Geh da rein; Teyla braucht Dich jetzt.“

    „In Ordnung.“ John drehte sich um. Vor der Tür angekommen, hielt er jedoch noch einmal inne und wandte sich ein letztes Mal seinem Bruder zu. „Dave?“

    Der Angesprochene blickte auf. „Ja?“

    „Ich… äh… danke.“ Dave lächelte.

    „Keine Ursache“, erwiderte er. „Viel Glück.“

    John nickte und griff nach der Türklinke. Er wusste, dass nichts mehr so sein würde, wie es einmal war, wenn er jetzt diesen Raum betrat. Aber zum ersten Mal in seinem Leben freute er sich auf eine Veränderung, und obschon er etwas nervös und aufgeregt war, konnte er es kaum noch erwarten. Zu wissen, dass es Teyla und dem Baby gut ging, bestärkte ihn, und nachdem er ein paar Mal tief Luft geholt hatte, drückte er die Türklinke herunter, öffnete die Tür und betrat den Raum in froher Erwartung.


    ooOOoo


    „Hhm.“

    Eigentlich war es nichts Besonderes, was soeben aus Rodney McKays Kehle gedrungen war und beinahe wäre es in dem Lärm und dem Trubel untergegangen. Dennoch durchdrang es die Luft wie ein Pistolenschuss, und Jason Danville blickte auf. Er mochte den Wissenschaftler vielleicht nicht so gut wie manch anderer der Anwesenden kennen, aber in den wenigen Monaten, die er nun schon in Atlantis zugebracht hatte, hatte er eines gelernt; ein ‚Hhm’, ausgesprochen von Doktor Rodney McKay, konnte viele Bedeutungen haben, ob nun eine gute oder eine schlechte Bedeutung hing von der jeweiligen Situation ab.

    Jason musterte den Wissenschaftler skeptisch. Normalerweise war es nicht schwer zu erkennen, was den Kanadier beschäftigte, zumal dieser die Eigenart besaß, jedem überall und zu jeder Zeit mitteilen zu müssen, was ihm gerade auf die Nerven ging. Doch jetzt wirkte seine Miene geradezu ausdruckslos. Hoch konzentriert starrte er einfach nur auf seinen Tablettlaptop, von dem Jason glaubte, dass McKay ihn in der letzten halben Stunde nicht eine Sekunde aus der Hand gelegt, geschweige denn den Blick davon abgewendet hatte.

    „Hhm“, ertönte es da wieder, und auf einmal kam etwas Bewegung in McKays Gesicht. Seine Augen verengten sich, und er runzelte die Stirn und zog seine gekräuselten Augenbrauen nach oben.

    „Stimmt etwas nicht?“ Jason wusste, dass sich diese Frage eigentlich erübrigte, denn jetzt konnte er in dem Gesicht des Wissenschaftlers lesen wie in einem offenen Buch.

    „Das ist merkwürdig“, murmelte McKay, ohne dabei aufzusehen. Rastlos wanderten seine blauen Augen über das Display seines Computers.

    „Merkwürdig?“, wiederholte Jason, umrundete die Steuerkonsole, die sie beide voneinander trennte, und warf ebenfalls einen schnellen Blick auf das Wirrwarr an Zahlen und Zeichen auf dem Display. „Was ist merkwürdig?“

    „Nein, nein, nein.“ Rodney, der ihn noch immer nicht beachtete, begann mit dem Kopf zu schütteln. „Das ist nicht richtig. Nein!“, rief er aus. „Zelenka? Radek!“

    „Was ist denn jetzt schon wieder, Rodney?“, erklang wenige Sekunden später die Stimme des Tschechen, und Radek Zelenka löste sich aus einer Gruppe Wissenschaftler.

    „Was schon wieder los ist?“, echote McKay gereizt. „Das sollte ich Sie fragen! Was haben Sie schon wieder angestellt?“

    Zelenka runzelte die Stirn. „Was…“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Nichts“, antwortete er entrüstet. „Ich habe nichts angestellt. Ich arbeite seit einer Stunde an den Berechnungen, die Sie haben wollten.“

    „Und Sie haben nichts anderes getan?“, erkundigte sich McKay in einem Tonfall, der keinen Zweifel daran ließ, dass offensichtlich etwas nicht stimmte. Jasons geschulte Sinne begannen Alarm zu schlagen.

    „Ist alles in Ordnung?“, fragte er.

    „Hhm“, lautete McKays Antwort, und dieses Mal war sich Jason zu einhundert Prozent sicher, dass es nichts Gutes zu bedeuten hatte.

    „McKay, was ist los?“, verlangte er zu wissen, und endlich schenkte ihm der Wissenschaftler die gewünschte Aufmerksamkeit, blickte auf und sah ihn an.

    „Es könnte sein, dass wir ein kleines… Problem haben“, antwortete er.

    Jason neigte den Kopf. „Definieren Sie Problem und definieren Sie klein.“

    „Nun, es muss nicht unbedingt ein Problem sein“, erwiderte McKay zögernd, „aber es ist merkwürdig.“

    „Herrgott, McKay“, seufzte Jason, „spucken Sie’s schon aus. Was ist los?“

    „Es scheint, als hätte es gerade eben einen minimalen Energieverlust im Bereich des Sternenantriebs gegeben“, antwortete Zelenka, der sich inzwischen ebenfalls einen schnellen Überblick über die Daten, die McKays Computer anzeigte, verschafft hatte.

    „Minimal?“, wiederholte Jason.

    „Nun ja-“ Zelenka sah auf und rückte seine Brille zurecht-„es ist nicht dramatisch und ändert nichts an unserer Situation, aber ich sehe hier keinen Anlass dafür, weshalb die Energiewerte sinken sollten.“

    „Wollen Sie damit sagen, dass es einfach… so passiert ist?“, fasste Jason zusammen.

    „Das kann nicht sein“, tönte McKay. „Es muss einen Grund dafür geben.“

    „So wie es einen Grund dafür gibt, dass die Stadt sich offensichtlich selbst zurück in die Pegasusgalaxie bringen wollte?“ McKays Blick verfinsterte sich.

    „Hey, ich weiß, dass Ihnen diese Erklärung nicht passt“, zischte er, „aber im Moment sehe ich einfach keine andere.“

    „Sie sind Wissenschaftler“, sagte Jason, „es ist Ihr Job herauszufinden, warum solche Dinge geschehen.“

    „Falls Sie es noch nicht bemerkt haben, Major“, entgegnete McKay, „wir befinden uns hier auf Atlantis, der Stadt der Antiker. Ich weiß nicht, inwiefern Sie auf dem Laufenden sind, was die Vergangenheit dieser Expedition angeht-“

    „Ich kenne jeden einzelnen Bericht, McKay“, unterbrach Jason ihn unsanft. „Sie müssen mich nicht darüber aufklären, dass in dieser Stadt manchmal seltsame Dinge passieren. Und es tut mir leid, aber die Erklärung, dass die Stadt selbst für dieses ganze Chaos verantwortlich ist, erscheint mir reichlich unplausibel.“

    „Es mag verrückt klingen, aber unmöglich ist es nicht“, klingte sich nun Zelenka wieder in das Gespräch ein. „Wie Rodney sagte, wir sprechen hier immerhin von der Stadt der Antiker, Major, und wir haben in der Vergangenheit schon einige Geschehnisse erlebt, die wir nicht erklären konnten.“

    Jason ließ den Blick ungläubig zwischen den beiden Wissenschaftlern hin- und herspringen. „Das ist Ihr Ernst, oder? Sie glauben ehrlich, dass… dass die Stadt das alles tut?“

    „Haben Sie eine bessere Erklärung?“, fragte McKay. „Hören Sie“, fuhr er fort, ehe sich Jason dazu äußern konnte, „wir hatten in der Vergangenheit oft mit so genannten Makrobefehlen zu tun. Das sind Befehle, die-“

    „Ich weiß, was das ist, McKay“, zischte Jason. „Sie wollen mir also wirklich weiß machen, dass die Antiker für den unwahrscheinlichen Fall, dass Atlantis eines Tages auf der Erde landet, einen Befehlscode entwickelt haben, der die Stadt zurückbringt? Ich bitte Sie!“

    „Hey“, rief McKay entnervt aus. „jetzt hören Sie mir mal zu! Ich kann mir vorstellen, dass das ziemlich unglaubwürdig klingen mag, aber wie lange sind Sie nochmal hier? Ein paar Monate? Wir können gern weiterreden, wenn es ein paar Jahre sind und Sie mit eigenen Augen gesehen haben, was hier alles passieren kann! Bis dahin wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie nicht ständig an unserer Arbeit herum kritisieren würden, von der Sie sowieso keine Ahnung haben.“

    Jason schluckte. „Doktor McKay“, presste er bemüht zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, „dürfte ich Sie daran erinnern, wer hier die Entscheidungen zu treffen hat?“

    „Das wäre dann wohl Mister Woolsey“, entgegnete McKay scharf und warf ihm einen feindseligen Blick zu. „Tut mir leid Sie da enttäuschen zu müssen, Major, aber Sie haben hier nicht das Sagen.“

    Da war es gewesen! Jason hielt inne und ihm stockte für einen Augenblick der Atem. „Könnten… könnten Sie das bitte noch einmal wiederholen?“

    „Wieso?“ McKay verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und funkelte ihn finster an. „Haben Sie was an den Ohren? Sie haben mich ganz genau verstanden, Major.“

    „Ich…“, setzte Jason zu einer zornigen Tirade an, die den ungehobelten Wissenschaftler in den Boden stampfen sollte, doch ein lautes Brummen, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Knirschen, ausgelöst durch das Aufeinanderkommen von Stahl und Metall, ließ alle Anwesenden erschrocken zusammenzucken. Ein kurzer, aber kräftiger Ruck durchfuhr die Stadt und erschütterte alles sich darin befindende. Chaos brach aus, als der Boden unter ihren Füßen erbebte und sich dann plötzlich ganz langsam neigte. Jason spürte, wie er immer mehr den Halt verlor und ins Rutschen geriet.

    „Vorsicht!“, hörte er auf einmal eine aufgeregte Stimme hinter sich rufen und dann merkte er nur noch, wie jemand nach seinem Arm packte und ihn mit einem Ruck nach hinten wegzog. Mit einem lauten Poltern zerschellte nur wenige Augenblicke später eine der lantianischen Deckenleuchten genau an der Stelle, wo er bis eben gestanden hatte. Völlig perplex starrte Jason auf das zersprungene Glas und das zerborstene Metall hinab und merkte dabei nicht, wie das Beben unter ihren Füßen langsam verebbte und es um sie herum wieder so ruhig wie zuvor wurde. Das Brummen und das Knirschen verstummte, und nur kurz darauf waren nur noch die aufgeregten Stimmen der Wissenschaftler zu hören, die aufgescheucht umherliefen und versuchten, die Unordnung zu beseitigen.

    „Was… was zur Hölle war das?“, hörte Jason sich selbst fragen. Erschrocken wirbelte er herum und hielt Ausschau nach den Doktoren McKay und Zelenka, die kaum, dass das Beben nachgelassen hatten, zurück hinter die Steuerungskonsole gestürzt waren.

    „McKay!“, rief Jason mit gellender Stimme und marschierte wutentbrannt auf die beiden Wissenschaftler zu. „Was zur Hölle war das?“

    Doktor McKay“, war Mister Woolseys aufgebrachte Stimme just in dem Moment, als Jason die Konsole erreichte, aus dem Headset des Kanadiers zu vernehmen. „Was hatte das da gerade eben zu bedeuten?“

    „Ich arbeite daran“, gab McKay seinem Vorgesetzten hastig zu verstehen, worauf sich dieser, in dem Wissen, dass Jason sich ebenfalls dort befand, an ihn wendete.

    Major Danville?“

    „Mister Woolsey“, meldete sich Jason zu Wort, „ist alles in Ordnung bei Ihnen dort oben?“

    Den Umständen entsprechend sind wir glimpflich davongekommen“, antwortete Mister Woolsey. „Wie sieht es bei Ihnen aus?“

    Erst jetzt sah sich Jason um, konnte aber auf den ersten Blick weder einen Verletzten, noch größere Zerstörungen ausmachen. „Alles in Ordnung“, entgegnete er daher, dann erneut: „Uns geht’s gut.“

    Das ist sehr erfreulich“, meinte der Expeditionsleiter erleichtert, aber gleich darauf klang seine Stimme erneut ernst. „Was ist passiert?“

    „Ich wünschte, ich könnte Ihnen darauf eine Antwort geben, Sir“, bedauerte Jason, „aber im Moment weiß ich nicht mehr, als Sie. Doktor McKay arbeitet daran. Er…“

    „Er weiß die Antwort“, ertönte in dieser Sekunde McKays Stimme, und als Jason sich umdrehte, sah er den Wissenschaftler auf sich zukommen.

    „Kommen Sie mit“, rief McKay ihm zu, ehe er mit wehendem Haar an ihm vorbeirauschte. „Schnell!“

    „Mister Woolsey, Sir, wir sind unterwegs“, teilte Jason dem Expeditionsleiter hastig mit.

    Ich erwarte Sie und Doktor McKay in meinem Büro“, lautete Woolseys Erwiderung.

    „Ja, Sir.“ Die Verbindung brach ab, und Jason stürzte aus dem Labor in den Gang hinaus, wo McKay bereits ungeduldig auf ihn wartete. „Sagen Sie mir jetzt gleich, was passiert ist, oder muss ich es Ihnen wie beim letzten Mal aus der Nase ziehen?“

    „Es gab erneut einen massiven Energieanstieg“, erklärte der Wissenschaftler ihm, während sie nebeneinander den Gang entlang trabten. „Für einen kurzen Moment waren die Werte so hoch, dass der Sternenantrieb sich selbst aktivierte, aber die Energie reichte nicht aus, um ihn längere Zeit am Laufen zu halten, weswegen er sich wieder abschaltete.“

    Okay“, sagte Jason, „gehen wir mal davon aus, dass dieser Befehlscode, von dem Sie vorhin sprachen, wirklich aktiviert wurde. Woher will die Stadt die benötigte Energie nehmen?“, fragte er. „Wenn ich mich richtig erinnere, wurde beim letzten Mal beinahe die ganze Energie des ZPMs für den Start und Flug auf die Erde verbraucht.“

    „Das ist ja gerade das, was wir herausfinden müssen“, antwortete McKay. „Allerdings haben wir jetzt wieder Zeit dazu.“

    „Was…“ Sie erreichten die Transporter in diesem Moment, und Jason sah fragend zu seinem Begleiter herüber, während sie darauf warteten, dass sich die Türen öffneten. „Wie meinen Sie das?“

    „Nun“, meinte McKay schulterzuckend, „es scheint, als hätte die Stadt fast die komplette Energie bei dem Versuch, den Sternenantrieb zu aktivieren, aufgebraucht.“

    Jason nickte, schüttelte dann jedoch mit dem Kopf, als er begriff, was das zu bedeuten hatte. „Moment, heißt dass dann nicht…“ Weiter kam er nicht, denn es passierte genau das, was er erwartet hatte.

    Die Beleuchtung über ihren Köpfen und an den Wänden blitzte einmal hell auf, verdunkelte sich dann schlagartig und flackerte noch für den Bruchteil einer Sekunde, ehe sie endgültig erlosch. Dunkelheit legte sich über alles und jeden in der Stadt, und wäre es Nacht gewesen, wäre die daraus resultierende Panik wohl noch viel schlimmer ausgefallen.

    Stattdessen hörte Jason McKay neben sich aufseufzen. „Beantwortet das Ihre Frage, Major?“

    „Wir gehen nirgendwo hin, richtig?“, schlussfolgerte Jason.

    „Ich bewundere Ihre Gabe, das Offensichtliche in Worte zu fassen, immer wieder aufs Neue“, entgegnete McKay und seufzte erneut.


    ooOOoo


    „Aaaaaaaaaaah!“

    Ächzend sank Teyla in die Kissen zurück, als die Schmerzen nachließen. Sie atmete keuchend aus und schloss für einen Moment die Augen, der Krankenhauskittel, in den man sie gesteckt hatte, von Schweiß getränkt. Noch einmal wenige kostbare Augenblicke der Erholung. Sie dachte an all die Frauen, die im Laufe der Jahrtausende die Qualen der Niederkunft durchlitten hatten, dachte an ihre eigene Mutter, die vor fünfunddreißig Jahren eine kalte Winternacht lang in den Wehen gelegen hatte, um sie zur Welt zu bringen. Und sie dachte an ihren Sohn, Torren, an dessen Geburt sie sich noch bis ins kleinste Detail erinnern konnte, die Schmerzen, die Angst, Michael, das panische Funkeln in Rodney McKays Augen, als er den Jungen aufgefangen hatte…
    Teyla stöhnte gepeinigt auf, als sie schon nach wenigen Sekunden spürte, wie sich der Schmerz erneut in ihr aufzutürmen begann wie eine Flutwelle. Sie verdrehte die Augen und biss die Zähne so fest aufeinander, dass ihre Kieferknochen schmerzten. Für wenige Augenblicke behielt sie diese angespannte Position inne, dann trieb ein markerschütternder Schrei ihre zusammengekniffenen Lippen auseinander. Sie warf den Kopf in den Nacken zurück und schrie gepeinigt auf, als der heiße, pochende Schmerz in ihrem Unterleib zu wütend begann. Sie spürte, wie ihr der Schweiß übers Gesicht lief, währen die Wehe ihrem Höhepunkt zustrebte und sie so fest in ihrem Klammergriff hielt, dass sie nicht einmal mehr stöhnen, geschweige denn atmen konnte. Wieder überkam sie der Drang zu pressen, also tat sie es. Ihr Gesicht verzerrte sich vor Anstrengung, als sie die Beine anzog, ihre Knie packte und kräftig zu pressen begann.

    „Ja… ja, das ist es!“, hörte sie Doktor Whitfield begeistert rufen. „Sie machen das wirklich fabelhaft, Teyla! Jetzt nur nicht aufhören zu pressen“, ermunterte sie sie euphorisch. „Nicht aufhören, Teyla. Pressen Sie!“

    Was denken Sie, was ich hier tue, dachte Teyla verzweifelt und wütend zugleich und bleckte die Zähne, während sie presste.

    „Sie machen das wirklich sehr gut, Teyla“, lobte die junge Ärztin sie und lugte zwischen ihren aufgestellten Beinen hervor, „nur pressen Sie weiter. Sie können jetzt nicht aufhören. Ich kann Ihr Baby sehen, Teyla! Nur noch ein paar Mal kräftig pressen, dann ist es soweit. Dann können Sie Ihr Baby in den Armen halten!“

    Verständnislos schüttelte Teyla mit dem Kopf. Entgegen der Einschätzungen der Ärztin waren fast acht Stunden seit dem Einsetzen der Wehen vergangen. Die Nacht war beinahe vorüber und der Morgen graute bereits.

    „Ich bin so müde“, murmelte sie erschöpft und ließ sich schlaff in die Kissen zurücksinken, als die Wehe vorüber war.

    „Entspannen Sie sich, Teyla. Sie machen Ihre Sache wirklich ausgezeichnet“, versicherte Doktor Whitfield ihr. „Jetzt atmen Sie ein paar Mal tief durch- und dann geht’s weiter. Wenn möglich, sollten Sie noch ein bisschen fester pressen“, fügte sie hinzu, worauf Teyla verzweifelt aufstöhnte. Fester? Sie sollte fester pressen? Sie wusste nicht einmal, woher sie die Kraft das letzte Mal hergenommen hatte, und jetzt erwartete man von ihr, fester zu pressen?!

    „Nein… Ich… ich kann nicht“, keuchte sie und ließ ihren Kopf auf dem Kissen von links nach rechts rollen, versuchte ein Kopfschütteln zu signalisieren. Tränen trübten ihre Sicht, und die Zimmerdecke über ihr verschwamm direkt vor ihren Augen zu einer einzigen, weißen Masse.
    „John?“, hörte sie sich schluchzen und spürte sogleich, wie er ihre Hand drückte. Erleichterung durchflutete sie. Er war immer noch da. Nach und nach hob sich die Silhouette seines Kopfes gegen das grelle Licht ab. Teyla blinzelte ein paar Mal, dann erkannte sie ihn.

    „Ich bin hier, Tey“, sagte er und beugte sich zu ihr hinab. Er trug blaue OP-Kleidung, und sein dunkles Haar steckte unter einer gleichfarbigen Kappe. Die Hälfte seines Gesichts bedeckte ein steriler Mundschutz, und nur seine haselnussfarbenen Augen, die er die ganze Zeit auf sie gerichtet hielt, blitzten hervor.

    „John“, flüsterte Teyla entkräftet. „Mach, dass das aufhört. Bitte, John“, flehte sie begleitet von einem verzweifelten Seufzen. „Bitte.“

    „Ssch, alles wird gut.“ Zärtlich strich er ihr übers Haar. „Du machst das wirklich großartig, Baby“, beschwor er sie und tupfte ihr mit einem kühlen, feuchten Tuch den Schweiß von der Stirn. „Ich bin ja bei Dir. Ganz ruhig.“

    „Ich…ich kann nicht“, wimmerte sie. „Ich schaffe das nicht, John.“

    „Natürlich schaffst Du das“, widersprach er ihr und drückte einen Kuss auf ihren Handrücken. „Wir schaffen das, hörst Du? Wir beide schaffen das. Komm“, sagte er dann, „nimm einen tiefen Atemzug mit mir zusammen. Atme ganz ruhig ein und wieder aus, okay?“

    „Okay“, hechelte Teyla und umklammerte seine Hand. „Aber es ist zu früh, John. Sie… sie ist noch nicht soweit!“ Dann leise, fast flüsternd: „Ich habe Angst, John.“

    „Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin doch-“

    „Oh…nein“, unterbrach sie ihn stöhnend und kniff die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen, als sie die nächste Wehe herannahen spürte. „Bitte nicht“, keuchte sie und schloss seufzend die Augen. „Nicht schon wieder. Nicht- ich kann nicht m…“ Sie brach den Satz auf halber Strecke ab und entließ einen erstickt klingenden Schrei, als die Wehe über ihren geschwächten Körper hinwegrollte. Winselnd warf sie den Kopf in den Nacken, schrie vor Schmerz laut auf und verkrallte ihre Finger in den Bezug des Bettes.

    „John!“, japste sie und langte nach ihm, bekam ihn am Handgelenk zu packen und umfasste es so fest, dass er selbst kurz vor Schmerz aufstöhnte.

    „Atmen“, rief er und tätschelte und drückte ihre Hand. „Ganz tief einatmen. Sehr gut“, lobte er sie und blickte nach Bestätigung suchend zu Doktor Whitfield. Diese nickte und lächelte leicht, also fuhr er fort.
    „Und jetzt langsam wieder ausatmen. Ja, sehr gut, Tey.“ Er machte es ihr vor, atmete tief ein und –„tsch, tsch, tsch“- aus, und sie folgte seinem Beispiel, den Blick an seine Lippen geheftet. Zusammen atmeten sie weiter ein und aus.

    „Okay“, ertönte in diesem Augenblick Doktor Whitfield Stimme vom Fußende des Bettes, „es ist soweit. Teyla?“ Sie rollte mit ihrem Hocker ein Stück zurück und schenkte der Athosianerin ein sanftes Lächeln, als diese geschwächt den Kopf anhob. „Wenn ich es Ihnen sage, pressen Sie so kräftig wie sie können, verstanden?“

    Teyla nickte entkräftet.

    „Gut. Und sie“, sie deutete mit dem Finger auf John, „können jetzt helfen. Wir werden ein wenig improvisieren, um es Ihrer Frau etwas leichter zu machen. Sie muss ans Bettende und Sie setzen sich hinter sie und stützen sie. Versuchen Sie Teyla möglichst aufrecht zu halten.“
    John nickte und tat wie verlangt, half Teyla ans Bettende vorzurutschen, dann kletterte er hinter sie, verhakte seine langen Beine in dem Gestell des Bettes, schlang die Arme um Teylas Leib und zog sie an seine breite Brust.

    „Alles wird gut“, flüsterte er mit tiefer, beruhigender Stimme in ihr Ohr, nachdem er den lästigen Mundschutz entfernt hatte, und fuhr ihr sanft übers Haar. „Ich bin bei Dir. Lehn Dich einfach an mich und entspann Dich.“

    „John…“ Teylas Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Dem Ende ihrer Kräfte nahe, lehnte sie sich an ihn und ließ sich von ihm aufrecht halten. Sie konnte nicht sagen, wie lange es dauerte, bis die nächste Wehe sie heimsuchen würde, und so wollte sie die wenigen Momente, die ihr blieben, genießen. Seufzend schloss sie die Augen und lehnte ihren Kopf an John’s Schulter.

    „Oh, mein…“, hörte sie ihn plötzlich raunen und spürte, wie ihr Oberkörper leicht nach vorne geschoben wurde. „Ist das etwa…“

    „Nicht so schüchtern, Dad. Schauen Sie ruhig“, meinte Doktor Whitfield amüsiert, hob das Laken, welches Teylas Unterleib und ihre Beine bedeckte, etwas an und gab John ein Zeichen, woraufhin sich dieser ein Stückchen weiter vorbeugte und einen neugierigen Blick über Teylas Schulter warf. „Sieht aus, als käme Ihre Kleine, zumindest was die Haare angeht, nach ihrem Vater.“
    Teyla öffnete die Augen, drehte den Kopf und beobachtete John. Er hatte den gleichen Ausdruck in seinen Augen wie damals, als er zum ersten Mal gespürt hatte, wie seine ungeborene Tochter sich bewegt hatte; er erstarrte in Ehrfurcht.

    „Oh, mein Gott“, flüsterte er mit zittriger Stimme, und ein strahlendes Lächeln breite sich auf seinem Gesicht aus.

    „Siehst Du sie?“, fragte Teyla. John lachte leise.

    „Ja… ja“, antwortete er und schob ihr die Haare aus der Stirn. „Teyla… das ist unglaublich. Sieh sie Dir an“, hauchte er ihr ins Ohr und half ihr vorsichtig sich aufzusetzen, damit sie sehen konnte, wie ihr Kind auf die Welt kam. Teyla rang sich ein erschöpftes Lächeln ab.

    „Siehst Du?“, flüsterte John. „Du hast es fast geschafft.“ Er küsste sie auf die Wange, als sie wieder gegen seine Brust zurücksank, und legte seine Hände auf ihren Bauch. „Gleich haben wir unser kleines Mädchen.“

    „John?“, murmelte Teyla.

    „Mhm, ja?“, erwiderte er und strich in langsamen, kreisenden Bewegungen über ihren Bauch.

    Sie holte tief Luft, öffnete die Augen und drehte den Kopf etwas zur Seite, sodass sie ihn ansehen konnte. „Ich…“ Sie brach ab und leckte sich über die Trockenen Lippen. Als sie erneut ansetzte, blickte sie ihm tief in die Augen, in der Hoffnung, dass er erkannte, wie wichtig ihr dieser Moment war.

    „Meine Antwort lautet… ‚ja‘.“

    „Was?“, entgegnete John verblüfft und sichtlich nichts ahnend. „Deine Antwort lautet ‚ja‘?“, wiederholte er.

    Teyla nickte und lächelte. „Ja.“

    „Ja?“ In diesem Moment beschlich ihn die Erkenntnis. „Ja?!“, krächzte er. „Du… Du meinst… Ja wie…ja?!“

    Wieder nickte Teyla. „Ich schulde Dir noch eine Antwort“, wisperte sie. „Und meine Antwort lautet ‚ja‘, John.“

    „Ich…ja… Wirklich? Bist Du… sicher?“, fragte er aufgeregt und bis über beide Ohren grinsend. Eine Sekunde lang musste Teyla lachen- auf der Grenze zwischen Belustigung, Hysterie und Panik, denn der Ausdruck auf John’s Gesicht war so übertrieben, so voller Überraschung, dass es schon wieder komisch war. Aber die Wehe, die wie eine Flutwelle Tempo aufgenommen hatte, erhob sich ihrer Mitte und umfing sie mit neuer Gewalt, und der Druck gab ihr das Gefühl, innerlich zu zerreißen. Sie schrie auf und klammerte sich an John’s Arme, die sie umschlungen, als hinge ihr Leben davon ab.

    John…“, keuchte sie, und nur einen Wimpernschlag später spürte sie, wie er sie mit seinem Gewicht stützte und etwas anhob.

    „Okay, das ist es!“ Es ist Showtime, meine Herrschaften!“, drang von irgendwoher Doktor Whitfields aufgeregte Stimme zu ihr durch. „John, halten Sie ihre Knie“, bellte sie im Befehlston. „Teyla, pressen Sie- jetzt!“

    „Du schaffst das“, flüsterte John in ihr Ohr.

    Pressen!“, rief Doktor Whitfield. „Nur noch einmal, Teyla! Einmal noch!“

    „Nur noch einmal“, wiederholte John völlig euphorisch. „Das ist alles, was wir brauchen.“

    „Pressen, Teyla! Sie müssen Ihrem Baby jetzt helfen!“

    „Das… tue… ich doch!“, zischte Teyla und bleckte, auf dem Höhepunkt der Wehe angekommen, die Zähne. Eine Haarsträhne rutschte ihr in die Stirn, als sie ihren Kopf nach vorne auf die Brust fallen ließ und kräftig nach unten zu drücken begann. Ein lauter, verzweifelter, nach endgültiger Erlösung verlangender Schrei entrang sich ihrer Kehle, als die Hände der Ärztin das Kind Stück für Stück aus ihrem Leib hinausmanövrierten, erst die linke Schulter, dann die rechte.

    „Gleich hast Du’s geschafft!“ John’s Stimme überschlug sich beinahe, und er drückte ihre Knie. „Gleich… Oh, Gott!“ Den Blick zwischen ihre Beine gerichtet, erblasste er auf einmal und riss voller Staunen die Augen weit auf, und Teyla hörte, wie er den Atem anhielt.

    „So ist’s gut. Fast geschafft… Noch einmal pressen, Teyla. Nur noch einmal… Ja… ja…Sehr gut… Ja… Und da kommt sie! Wir haben sie! Wir haben sie!“, verkündete Doktor Whitfield plötzlich erfreut, und Teyla schlug genau in der Sekunde die Augen weit auf, als ein winziger Körper nass und blutverschmiert aus ihrem Leib hinaus und direkt in die kundigen Hände der Ärztin mit den freundlichen, blauen Augen glitt.

    „Sie haben’s geschafft, Teyla! Wir haben Ihre Kleine!“, rief diese und säuberte rasch die Atemwege des Neugeborenen. Empört verzog das Baby daraufhin sein kleines, rotes Gesichtchen zu einer Grimasse, und dann ertönte auf einmal ein lauter, hicksender und sehr wütend klingender Schrei. Überwältigt und zugleich überrascht von dem Gefühl, nicht mehr pressen zu müssen, ließ sich Teyla mit einem allerletzten Stöhnen gegen John’s Brust zurückfallen, starrte auf das zappelnde und schreiende Wesen in Doktor Whitfields Händen hinab und konnte nicht glauben, was sie sah.

    Ihr Kind.

    „Sie ist ein richtiger kleiner Schreihals“, scherzte Doktor Whitfield, als das Baby in ihren Händen sein ohrenbetäubendes Protestgeheul fortsetzte.

    „Oh, mein Gott!“ Hinter ihr lachte John laut und befreit. Seine Stimme klang heiser und tränenerstickt. „Ein Mädchen!“, jubelte er. „Wir haben ein kleines Mädchen! Schau sie Dir an, Teyla. Schau sie Dir an!“, rief er über die kräftigen Schreie seiner Tochter hinweg.

    „Temperament hat sie auf jeden Fall“, stellte Doktor Whitfield schmunzelnd fest, während Teyla noch immer unfähig war, sich zu bewegen. „Und erstaunlich prächtig entwickelte Lungen.“ Rasch durchtrennte die Ärztin die Nabelschur und hüllte den zappelnden Säugling in eine Decke.

    „Ich glaube, hier möchte Sie jemand kennenlernen, Teyla“, sagte sie dann. „Hier ist Deine Mom, Kleines“, flötete sie, während Teylas Kehle wie zugeschnürt war, und sie konnte nur staunend das winzige Bündel betrachten, welches ihr in diesem Moment in die Arme gelegt wurde. Fast augenblicklich verstummten die empörten Schreie des Babys, und, als schien es auf einmal zu bemerken, dass etwas anders war, drehte es seinen Kopf. Die zarten, von dichten, schwarzen Wimpern gesäumten Lider flatterten träge, und im nächsten Moment, blickte Teyla in ein Paar dunkelgrüne Augen.

    „Hallo, meine Kleine“, hauchte sie leise und presste den winzigen, so zerbrechlich wirkenden Körper an ihre Brust.

    „Schau sie Dir an“, hörte sie John mit vor Ergriffenheit zitternder Stimme flüstern. Er legte die Arme fester um sie und das Baby, als Teyla sich erschöpft an ihn lehnte, und zusammen blickten sie fasziniert auf ihre Tochter hinab. „Sie ist wunderschön. Und sie sieht aus wie ihre Mom.“

    „Es ist zu früh, dass zu sagen, John“, flüsterte Teyla. „Und außerdem“, fügte sie mit einem erschöpften Lächeln hinzu, drehte den Kopf und blickte zu ihm auf, „finde ich, dass sie aussieht wie ihr Vater.“

    Erst sagte er gar nichts, aber dann lachte John und beugte sich vor und drückte ihr einen kraftvollen, erleichterten Kuss auf die Lippen. Teyla schloss die Augen für einen Moment, um ihn zu genießen. Als sie sie wieder öffnete, fuhr John vorsichtig mit der Rückseite seines Zeigefingers über die Wange seiner Tochter. Das Baby blinzelte und versuchte ihn mit ihren grünlich braunen Augen zu erfassen. John lächelte, als eine winzige Hand sich fest um seinen ausgestreckten Zeigefinger legte.

    „Hey“, säuselte er. „Willkommen auf der Welt, kleine Lady“, flüsterte er und küsste das kleine Fäustchen seiner Tochter. „Ich bin Dein Dad.“

    Teyla schmunzelte. „Ich bin mir sicher, dass sie weiß, wer Du bist, John.“

    „Aber natürlich weiß sie das“, entgegnete er mit belegter Stimme, und als Teyla erneut zu ihm aufblickte, richtete er seine feucht schimmernden Augen auf sie. Tränen der Freude liefen ihm über die Wangen, als er sich vorbeugte und sie küsste.

    „Ich wollte es nur selbst einmal sagen“, meinte er dann und strahlte dabei vor Glück. Seine Mundwinkel hoben sich, als er sie und ihre Tochter in seine Arme zog und erneut flüsterte:

    „Ich bin ihr Dad.“


    Fortsetzung folgt…

    PS:
    Baby da !!!!!
    Geändert von Nyada (21.02.2015 um 22:13 Uhr)


  2. #22
    zigtausend Jahre alt ... ;-) Avatar von John's Chaya
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    Standard

    Himmel, das waren jetzt zwei so tolle Kapitel, dass ich gar nicht sagen kann, wo ich anfangen soll.
    Ach ja, wie wärs mit schimpfen!!! Wie kannst du es wagen, so dermaßen die Dramaqueen raushängen zu lassen.
    Willst du, dass ich einen Herzinfarkt bekomme???

    Du kannst von Glück reden, dass das Baby gesund und heil auf die Welt gekommen ist. Und dass es auch Teyla soweit gut geht - wehe du änderst da etwas dran.

    Diesen Donahue könnte ich den Hals umdrehen. Hätte er Teyla nicht so erschreckt, hätte das Baby mehr Zeit gehabt und wäre nicht so früh gekommen. Und auch Jason ist doch echt eine nervige Person.

    Sie glauben ehrlich, dass… dass die Stadt das alles tut?“
    Der kennt Atlantis aber wirklich noch nicht gut. Sie lebt ja schließlich und hat Gefühle. Und was am wichtigsten ist - sie vermisst ihren Sohn - JOHN! Da kann eine Mutter schon mal durchdrehen. Egal ob fühlende Stadt oder Mensch. Vielleicht hat sie auch gespürt, dass ihr Enkelkind auf dem Weg ins leben ist. Und sie hat ihren Emotionen freien Lauf gelassen.
    Liege ich da mit meinen Annahmen richtig?
    Wehe dir, wenn du dieser süßen kleinen Familie noch irgendwelche Gemeinheiten antust. Bei dir Dramaqueen weiß man ja nie ...

    PS: Baby da !!!!!
    Meinst du damit John u. Teylas Tochter oder bist du selbst die Glückliche???

    Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.(JWvG)

  3. Danke sagten:


  4. #23
    Die nach den Sternen greift Avatar von Ailya
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    Du kannst echt froh sein, dass es (zumindest in dem letzten Kapitel) ein Happy End gegeben hat. Ich weiß nämlich nicht, was ich getan hätte, wäre irgendetwas auch nur ansatzweise schief gelaufen! Glück gehabt, meine Liebe, du hast echt Glück gehabt.

    Okay, das soll's auch schon wieder mit den ernsten Worten gewesen sein, denn eigentlich war das letzte Kapitel richtig schön. John und Teyla's Kleine ist endlich auf der Welt und so wie es aussieht putzmunter und gesund. Wehe, du änderst etwas daran.

    Dass er auf einmal solche Angst haben würde, damit hatte er nicht gerechnet. Eigentlich, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf, war er noch nicht soweit! Er konnte unmöglich jetzt schon Vater werden. Er hatte sich zwar rein theoretisch mit der ihm bevorstehenden Aufgabe befasst, aber was wusste er schon von der Realität? Er hatte doch keine Ahnung! Windeln wechseln? Babynahrung? Die Erziehung eines Kindes?! Wie musste man einen so kleinen, zerbrechlichen Säugling halten? Was, wenn er etwas falsch machte und seine Tochter verletzte? Teyla würde ihn wahrscheinlich umbringen und seine Tochter ihn bis in alle Ewigkeiten hassen.
    Ich muss nicht extra erwähnen, dass ich u.a. diese Szene zum Dahinschmelzen fand, oder? Natürlich darf man(n) vor der Geburt des ersten Kindes etwas nervös sein, aber ich bin mir sicher, dass John seinen Job ganz großartig machen wird. Seine kleine Tochter kann sich glücklich schätzen, so einen aufopferungsvollen Dad zu haben.

    „Alles wird gut“, flüsterte er in ihr Ohr, nachdem er den lästigen Mundschutz entfernt hatte, und fuhr ihr sanft übers Haar. „Ich bin bei Dir. Lehn Dich einfach an mich und entspann Dich.“
    Naaaaaw, nein, wie süß John doch ist! Ich kann mir vorstellen, dass es eine Tortur für ihn gewesen sein muss, Teyla so leiden zu sehen und sich ganz nebenbei auch noch Sorgen um das Baby zu machen. An für sich war die Szene aber toll geschrieben, und ich bin froh, dass du dich entgegen vorangegangener Äußerungen doch dafür entschieden hast, John bei der Geburt seines Kindes anwesend sein zu lassen. Er hat das wirklich toll gemacht- Teyla war bestimmt froh, ihn dabei gehabt zu haben.

    „Hey“, säuselte er. „Willkommen auf der Welt, kleine Lady“, flüsterte er und küsste seine neugeborene Tochter liebevoll auf die runzelige Stirn. „Ich bin Dein Dad.“

    Teyla schmunzelte. „Ich glaube, sie weiß, wer Du bist, John.“

    „Aber natürlich weiß sie das“, entgegnete er mit belegter Stimme, und als Teyla sich erneut umdrehte und zu ihm aufblickte, entdeckte sie zu ihrer eigenen Überraschung einen feuchten Schimmer in seinen Augen. Er weinte!

    „Ich wollte es nur selbst einmal sagen“, sagte er dann und strahlte dabei vor Glück. Seine Mundwinkel hoben sich, als er seine Tochter ein weiteres Mal küsste und erneut flüsterte:

    „Ich bin ihr Dad.“
    Ich muss diese Szene einfach komplett zitieren, weil sie so unglaublich rührend ist. Ein vor Glück und Erleichterung weinender John! Irgendwie fällt es mir schwer, ihn mir weinend vorzustellen, aber welcher Mann weint schon nicht, wenn die Frau, die er liebt, sein Kind auf die Welt bringt?

    Apropos 'Frau'.... Nicht nur, dass Teyla des Öfteren als John's Frau bezeichnet wurde...

    „Ja?“ In diesem Moment beschlich ihn die Erkenntnis. „Ja?!“, krächzte er. „Du… Du meinst… Ja wie… ja?!“

    Wieder nickte Teyla. „Ich schulde Dir noch eine Antwort“, wisperte sie. „Und meine Antwort lautet ‚ja’, John.“
    Yesssssss, endlich! Wurde aber auch Zeit, liebe Teyla! Du hast ihn lange genug zappeln lassen. Oh, wie schön, ein Baby und eine Hochzeit!

    Ich hoffe, dass sich jetzt alles zum Guten für die beiden und ihre 'kleine Lady' wendet. So wie es aussieht, scheint Atlantis nun doch nicht in die Pegasusgalaxie zurückzukehren. Wer weiß, vielleicht merkt John jetzt, wo seine Tochter auf der Welt ist, wo er wirklich hingehört. Ich kann mich John's Chaya nur anschließen:

    Bitte, bitte, bitte, lass ihn und seine kleine Familie nach Atlantis zurückkehren! Denn da gehören sie hin!

    Vielen lieben Dank fürs Lesen lassen. Ich freue mich schon wahnsinnig auf die Fortsetzung und auf einige schöne Momente zwischen John, Teyla und ihrer Tochter.

    LG, deine Ally

  5. Danke sagten:


  6. #24
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Kapitel Sieben

    A/N: Zum Wochenausklang gibt es heute das erste neue Kapitel in diesem Jahr. Ich weiß nicht warum, aber ich habe da so ein Gefühl, dass dieses Jahr 2014 ein ganz tolles, wundervolles Jahr wird. Ich hoffe, ihr hattet alle einen guten und vor allem unfallfreien Rutsch und startet jetzt so richtig durch. Ich meinerseits habe mir das ganz fest vorgenommen.

    Liebe Grüße und viel Spaß beim Lesen wünscht euch
    Eure Moni





    Kapitel Sieben



    Ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht der Krankenschwester aus, und feinste Lachfältchen zeichneten sich um ihre freundlichen braunen Augen ab, als John am frühen Nachmittag zögernd die Säuglingsstation betrat. Sie erhob sich, kaum um ihren Schreibtisch herum und nahm ihn am Eingang des Raumes in Empfang.

    „Mister Sheppard, wie schön Sie zu sehen“, begrüßte sie ihn. John erinnerte sich an sie und ihr freundliches, gewinnendes Lächeln und er war erleichtert ein bekanntes Gesicht wiederzusehen. Die neugierigen, erwatungsvollen Blicke seines Bruders und seiner Schwägerin im Nacken spürend erwiderte er das Lächeln der Schwester, von dem er hoffte, dass es nicht allzu nervös wirkte.

    „Die liebe Verwandtschaft, nehme ich an.“ Die Schwester schmunzelte, als John nickte. „Na“, sagte sie daraufhin, „Sie wissen ja, wo Ihre Kleine ist.“

    „Ja, das weiß ich“, bestätigte John, aber es war eher eine rhetorische Feststellung. Selbstverständlich wusste er ganz genau, wo er seine Tochter finden würde. Gemessenen Schrittes bewegte er sich langsam auf die vor der Fensterscheibe aufgereihten Kinderbetten zu, wohl wissend, dass Dave und Addison jede seiner Bewegungen gespannt verfolgten. Er winkte den beiden im Vorbeigehen kurz zu und lächelte, ehe er auf das letzte Bettchen auf der von ihm aus gesehenen linken Seite zusteuerte. Er merkte nicht einmal, dass er den Atem anhielt, als er in das Bettchen blickte.
    Da war sie- seine Tochter! Sein kleines, engelsgleiches, friedlich schlafendes Mädchen. Ein warmer Schauer durchfuhr John und er blinzelte, um die Tränen zu vertreiben, als er auf seine neugeborene Tochter hinabblickte. Staunen, aber auch Ehrfurcht überkamen ihn, und das Verlangen sie zu beschützen wurde übermächtig. Wie klein und verletzlich sie aussah unter der wärmenden Lampe, eingewickelt in eine rosafarbene Decke, die Händchen vor ihrem Gesicht zu winzigen Fäusten geballt. Ihre Haut war so rosig, so zart, so dünn. Ihr kleiner Brustkorb hob und senkte sich schnell, obwohl sie ganz friedlich zu schlafen schien. Vollkommen fasziniert von den dichten, flatternden Wimpern und den leisen Atemgeräuschen des Babys gelang es John nicht, den Blick von seiner Tochter abzuwenden.
    Sie war perfekt. Alles an ihr war perfekt. Angefangen bei ihren dünnen Ärmchen und Beinchen, ihren feinen Fingern und Zehen- die er bereits mehrere Male durchgezählt hatte- bis hin zu ihrer hauchdünn wirkenden Porzellanhaut. Seine Tochter war das wohl bezaubernste und wunderschönste Wesen, welches er je gesehen hatte; Ein bis ins kleinste Detail perfektes Mädchen mit einer kleinen, liebreizenden Stupsnase und rosigen Lippen, haselnussbraunen Augen und dunklen Haaren- jede Menge dunkler, fast schwarzer Haare.
    John grinste- ja, er musste zugeben, sie sah ihm schon jetzt sehr ähnlich, die Form der Ohren, das etwas spitze Kinn, die dunklen Haare und die bemerkenswert hellen Augen. Einzig und allein den hellen Milchkaffee-Teint ihrer Haut schien die Kleine von ihrer Mutter geerbt zu haben.

    „Sie ist wirklich sehr süß.“ Die Schwester trat neben ihn. „Und sie schläft schon jetzt ziemlich lange. Sie ist ein wundervolles Kind.“

    „Das ist sie“, flüsterte John.

    „Ich denke, Sie und Ihre Frau können die Kleine schon in ein paar Tagen mit nach Hause nehmen“, fuhr sie fort. „Sie ist zwar klein, aber es sind keinerlei Komplikationen aufgetreten. Sie atmet selbstständig, hält die Temperatur und ihr Saugreflex funktioniert hervorragend.“

    „Ja.“ Mehr brachte John nicht über die Lippen. Er hatte den Blick noch immer auf seine Tochter fixiert. Wie wunderschön sie doch war. Und wie klein! Es fiel ihm immer noch schwer zu glauben, dass dieses hinreizende, zarte Wesen wirklich ein Teil von ihm war, sein eigen Fleisch und Blut, sein Mädchen.

    „Sehen Sie!“ Die leise Stimme der Schwester riss ihn aus den Gedanken. „Sie wacht auf.“

    Das Baby gab einen leisen Ton von sich, der sich fast wie das Miauen eines Kätzchens anhörte, und plötzlich begann sich der winzige Körper seiner Tochter in der Decke zu winden. Ihre Laute wurden immer lauter, immer fordernder, und die Kleine begann unruhig mit ihren dünnen Ärmchen und Beinchen zu strampeln.

    „Oh, hallo, mein Schätzchen.“ Die Schwester beugte sich vor und legte behutsam die Hand auf die Brust des Babys. „Ganz ruhig, meine Süße“, trällerte sie leise und zupfte die Decke zurecht. „Hallo, Schätzchen“, wiederholte sie, als die Kleine die Augen öffnete und versuchte der warmen Stimme zu folgen. „Hier sind ein paar Leute, die Dich kennenlernen möchten, Kleines.“

    John blickte indessen auf und wandte sich zu seinem Bruder und seiner Schwägerin um, die sich verzückt ihre Nasen an der Glasscheibe platt drückte. Addison strahlte bis über beide Ohren und auch Dave hatte ein seltenes Lächeln aufgesetzt.

    „Möchten Sie sie den beiden jetzt zeigen?“, fragte die Schwester.

    „Ja, sehr gern“, antwortete John. Sein Gegenüber nickte verstehend und holte seine Tochter aus ihrem Bettchen, und als er sie beobachtete, fragte sich John, wie jemand mit einem so winzigen Wesen derart selbstverständlich umgehen konnte.

    „Bereit?“ John nickte. „Denken Sie daran, den Kopf zu stützen. Das ist ganz wichtig.“

    „In Ordnung“, erwiderte John.

    „So, meine Kleine“, flötete die Schwester und brachte ihm das Kind, „hier ist Dein Daddy.“ John streckte die Hände aus, und sie legte es ganz behutsam in seine wartenden Hände. Überwältigt hielt John für einen Moment den Atem an. Er hatte vergessen, wie federleicht sie war!

    „Sie machen das toll“, lobte ihn die Schwester überschwänglich, doch John beachtete sie nicht weiter, denn seine ganze Aufmerksamkeit galt nun dem kleinen Wesen in seinen Armen.

    „Hey, meine Kleine“, flüsterte er und lächelte ergriffen, als sich seine Tochter vertrauensvoll in seine Arme schmiegte. Zärtlich und mit einer Vorsicht, die er so von sich nicht gewohnt war, wiegte er das Neugeborene in den Armen und drückte den kleinen Körper sanft an seine Brust. Eine Welle von Emotionen überschwemmte ihn, als seine Tochter zu ihm aufblickte und ihn mit ihren grünbraunen Augen zu erfassen versuchte.
    „Das sind Deine Tante Addison und Dein Onkel Dave“, sprach er leise und drehte sich mit dem Baby auf dem Arm zu den beiden um. „Sag hallo, Süße.“

    Wenngleich eine dicke Glasscheibe sie voneinander trennte, hörte John seine Schwägerin vor Entzücken aufseufzen. Sein Bruder nickte anerkennend und hielt beide Daumen in die Höhe. John schüttelte schmunzelnd mit dem Kopf und wiegte seine Tochter leicht auf und ab. Stolz und mit geschwellter Brust präsentierte er sie Dave und Addison noch einige Minuten, bis die Kleine erneut unruhig wurde, zu strampeln und an ihren winzigen Fingern zu nuckeln begann.

    „Äh, ich glaube…“ Hilfe suchend drehte er sich um, und sofort kam die Schwester herangeeilt.

    „Oh“, flötete sie, „sieht ganz danach aus, als hätte da jemand schon wieder Hunger. Ich glaube, es wäre besser, wenn Sie sie Ihrer Frau bringen.“ John nickte, hielt dann aber einen Moment inne.

    „Geht das denn so einfach? Ich meine, kann ich sie einfach so mitnehmen? Muss sie nicht wieder zurück…“

    „Ich bin mir sicher, dass Ihre Tochter bei Ihnen ganz fabelhaft aufgehoben ist, Mister Sheppard“, unterbrach die Schwester ihn. „Keine Sorge, dieser kurze Marsch wird ihr schon nichts anhaben. Gehen Sie ruhig, mein Lieber. Ich komme dann in einer halben Stunde und hole sie wieder ab.“

    „Okay.“ John schmiegte seine Tochter vorsichtig etwas fester an seine Brust und setzte sich dann langsam in Bewegung. Auf dem Flur erwarteten ihn bereits Addison und Dave, die ihn kaum, dass er die Säuglingsstation verlassen hatte, neugierig umringten.

    „Du meine Güte“, keuchte Addison entzückt. „Mein Gott, Dave, sieh sie Dir an!“ Mit leuchtenden Augen betrachtete sie den winzigen Säugling in John’s Armen. „Wie klein sie ist! Nein, wie winzig!“

    „Sie ist hinreizend.“, bestätigte Dave und reckte den Hals, um einen besseren Blick auf seine kleine Nichte zu erhaschen. „Reife Leistung, kleiner Bruder.“ John verdrehte die Augen, während Dave das Baby einer kurzen, aber eingehenden Betrachtung unterzog. Dann grinste er und meinte an seinen Bruder gewandt:

    „Sie kommt nach Dir, John.“

    „Du bist nicht der Erste, der das behauptet“, entgegnete dieser und strich über den dunklen Haarflaum seiner Tochter.

    „Sie ist wirklich wunderschön, John“, wiederholte Addison und schloss ihn und das Baby in eine vorsichtige Umarmung. „Herzlichen Glückwunsch. Das habt Ihr beide toll gemacht.“

    „Danke, Addie.“ John lächelte verlegen, doch ein leises Quengeln untergrub jeden weiteren Versuch ein Gespräch mit seine Bruder und seiner Schwägerin zu beginnen und erinnerte ihn an sein eigentliches Vorhaben. „Wie wär es, wenn ihr später nochmal vorbeischaut?“, fragte er. „Sie scheint Hunger zu haben, und es wäre besser, wenn ich sie jetzt zu Teyla bringe.“

    Addison nickte verständnisvoll. „Aber natürlich“, sagte sie. „wir werden warten. Und Connor und Sophie können es auch kaum noch erwarten, ihre kleine Cousine kennenzulernen.“

    „Grüß Teyla von uns“, bat sein Bruder, „und richte ihr unsere Glückwünsche aus.“

    „Werde ich machen“, versprach John und winkte den beiden zum Abschied noch einmal kurz zu, bevor er sich auf den Weg machte. Nur kurze Zeit nach der Entbindung und nachdem man sie und das Baby untersucht und für gesund befunden hatte, hatte man Teyla in ein Einzelzimmer nahe der Säuglingsstation gebracht, wo sie innerhalb kürzester Zeit in einen tiefen, traumlosen Schlaf gefallen war. John vergönnte es ihr nicht, hatte sie schließlich große Anstrengungen und ein paar aufregende Stunden hinter sich. Er hoffte nur, dass er sie nicht schon wieder aus dem Schlaf riss, wie das letzte Mal.
    Leise betrat er das Zimmer und fand Teyla zu seiner Erleichterung wach und aufrecht in ihrem Bett sitzend vor.

    „He, Mom“, begrüßte er sie grinsend und schloss die Tür hinter sich.

    „He“, erwiderte Teyla und schenkte ihm ein erschöpftes Lächeln, als er an das Bett herantrat.

    „Wie geht es Dir?“, erkundigte John sich besorgt und setzte sich neben sie auf die Bettkante. „Fühlst Du Dich besser?“

    „Ich bin noch immer etwas erschöpft und müde“, gestand sie, richtete dann aber ihren Blick auf ihre Tochter und lächelte. „Gehe ich richtig in der Annahme, dass Du sie mir bringst, weil sie wieder hungrig ist?“

    John nickte. „Tut mir leid“, meinte er und half ihr vorsichtig sich weit genug aufzusetzen. Seufzend verlangte Teyla nach ihrem Kind, und so legte er ihr es vorsichtig in die ausgestreckten Arme. Instinktiv schien sie zu wissen, was zu tun war. Das Gewicht des nunmehr unruhig zappelnden Säuglings auf ihren linken Arm verlagernd befreite Teyla sich rasch von ihrem Oberteil und legte das Baby geschickt an ihre Brust. Fasziniert beobachtete John wie Teyla wohlig ausatmete, als die Kleine gierig zu trinken begann, und zärtlich die winzige Hand ihrer Tochter in ihre legte.
    Fixiert auf ihr Kind bemerkte Teyla nicht, dass er sie regelrecht anstarrte und seinen Blick über sie schweifen ließ. Sie ruhte auf einem Berg Kissen und war… wunderschön. Ihr langes honigbraunes Haar floss leicht gewellt über ihre Schultern, ihre Wangen waren gerötet und ihre rehbraunen Augen glänzten. Sie strahlte geradezu und war zweifellos das schönste Wesen, das er je gesehen hatte.

    Und sie gehörte ihm.

    Ein warmer Schauer durchfuhr John bei diesem Gedanken. Sie gehörte ihm. Sie hatte versprochen, seine Frau zu werden. Dies endlich bestätigt zu wissen, erfüllte ihn mit so unendlich tiefer Zufriedenheit, Freude, aber auch Erleichterung. John’s Herz klopfte aufgeregt in seiner Brust, als er sich vorbeugte und damit Teylas Aufmerksamkeit von ihrem Kind losriss. Sie blickte auf und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.

    „Sieh Dir das an“, flüsterte er fasziniert. „Das ist mein Mädchen!“, tönte er stolz. „Sie weiß genau, was sie will.“

    „Sie scheint auf jeden Fall mit einem gesunden Appetit gesegnet zu sein“, schmunzelte Teyla.

    „Wenn sie so weiter macht, wird sie es irgendwann noch mit Rodney aufnehmen können“, grinste John, schob eine Hand sanft unter das Köpfchen seiner Tochter und stützte es, während die Kleine trank.

    „Sie ist wunderschön“, flüsterte er, beugte sich hinunter und hauchte dem Baby einen zarten Kuss auf die Stirn.

    „Solange Du nicht vergisst, das auch ihrer Mutter zu sagen“, murmelte Teyla und blickte auf ihre Tochter hinab, die ihre Augen geschlossen hatte und anscheinend an ihrer Brust in einen leichten Dämmerschlaf gefallen war, während sie weiter, aus einem naturgegebenen Reflex nuckelte. John grinste, legte einen Finger unter ihr Kinn und hob es sanft an.

    „Ich denke nicht einmal im Traum daran“, sagte er, beugte sich vor und küsste sie auf die lächelnden Lippen. Langsam und genüsslich bewegte er seinen Mund über ihren, und Teyla seufzte, als er den Druck verstärkte und sie mit etwas mehr Leidenschaft zu küssen begann. Ein schläfriges Seufzen ließ sie auseinander fahren. Lächelnd betrachteten sie ihre Tochter, und Teyla seufzte ebenfalls, hob ihr Baby an und hielt es zärtlich gegen ihren Oberkörper gedrückt. Mit der Hand den winzigen Kopf stützend, legte Teyla sie sich an ihre Schulter und begann behutsam auf ihren Rücken zu klopfen, bis ein leises Hicks ertönte. Das Baby seufzte erleichtert und begann erneut gierig zu trinken kaum, dass Teyla es an ihre andere Brust gelegt hatte.

    „Dave und Addison sind übrigens da“, sagte John, während er beobachtete, wie sie ihre Tochter stillte. „Ich soll Dich von ihnen grüßen und beglückwünschen.“

    Teyla lächelte. „Haben sie sie schon gesehen?“

    „Ja, gerade eben, als ich sie hergebracht habe“, antwortete John. Die Brust stolz vorwölbend fügte er hinzu: „Sie sind ganz hingerissen von ihr. Dave meint, sie sähe aus wie ich.“

    „Womit er auch recht hat“, entgegnete Teyla schmunzelnd. „Sie sieht wirklich aus wie ihr Vater. Ich bin mir sicher, dass sie später einmal viele Verehrer haben wird.“ Diese Aussage ließ John zusammenzucken.

    „Oh, nein“, brummte er missmutig. Er schüttelte mit dem Kopf und hob die Hände zu einer vehementen Geste. „Nichts da“, tönte er. „Keine Dates bis sie nicht mindestens… dreißig ist!“

    „Dreißig?“, echote Teyla amüsiert. Sie legte das Baby an ihre Schulter und wiederholte das Prozedere, tätschelte und rieb über den Leib des Kindes, bis das erlösende Hicksen ertönte. Sanft bettete Teyla das Baby in ihren Armen und wiegte es liebevoll auf und ab. „Denkst Du nicht auch, dass das etwas zu streng bemessen ist?“

    Erneut schüttelte John mit dem Kopf. „Nein, ganz sicher nicht“, sagte er.

    Teyla erwiderte nichts, schmunzelte nur still vor sich hin. „Unsere Tochter ist erst ein paar Stunden alt, John“, erinnerte sie ihn ruhig. „Ich denke, wir haben noch sehr viel Zeit.“

    „Ich wollt’s nur schon einmal angesprochen haben“, verteidigte sich John und hob erneut abwehrend die Hände in die Höhe. „Hast Du gehört, junge Dame?“ Er beugte sich vor und strich seiner Tochter sanft über das Gesicht. „Keine Dates mit Jungs, die Dein Daddy nicht vorher abgesegnet hat.“

    Das Baby seufzte im Schlaf, und John schloss sich ihr mit einem etwas tieferen Seufzen an. Allein die Vorstellung sein kleines Mädchen irgendwann einmal mit einem Jungen davonziehen zu lassen ließ ihn erschaudern. Aber Teyla hatte recht- sie hatten noch viel Zeit, bis es soweit sein würde. Sehr viel Zeit.

    „John?“ Teylas sanfte Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. „Hast Du gehört, was ich gesagt habe?“

    „Nein, entschuldige bitte. Was meintest Du?“

    „Ich habe gesagt, dass es jetzt vielleicht an der Zeit wäre, über einen Namen für sie nachzudenken“, wiederholte Teyla, und John seufzte erneut. Ein Namen. Darüber hatten sie sich in letzter Zeit die wenigsten Gedanken gemacht, und da sie angenommen hatten, noch etwas mehr Zeit zu haben, standen sie jetzt vor einem echten Problem. So verlockend es auch klingen mochte, sie konnten die Kleine nicht ewig ‚Baby Sheppard’ nennen, das war ihm klar. Sie brauchte einen Namen! John runzelte die Stirn und dachte nach.

    „Vielleicht hätten wir uns doch mehr Gedanken machen sollen, was das Thema angeht“, murmelte er.

    „Genaugenommen, John“, meldete sich Teyla zögerlich zu Wort, „hätte ich da einen Vorschlag.“ Sie neigte den Kopf leicht zur Seite und betrachtete das friedlich dösende Baby in ihren Armen. „Ich hatte mir überlegt, falls Du nichts dagegen hast, würde ich unserer Tochter gern den Namen ‚Charin’ geben.“

    Ein einfühlsames Lächeln zierte John’s Lippen. „Das ist eine gute Idee“, entgegnete er ihr mit sanfter Stimme. „Das ist ein sehr schöner Name.“

    „Dann bist Du also einverstanden?“, hakte Teyla hoffnungsvoll nach.

    „Charin…“ John ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen und nickte danach zufrieden. Er wusste, wie viel es ihr bedeutete, und wenn er ehrlich sein sollte, hatte er damit gerechnet, dass sie diesen Namen vorschlagen würde. An ihm sollte es nicht scheitern, also sagte er: „Ich finde, der Name hat was.“ Er streckte die Hand aus und streichelte sanft über den weichen Haarflaum des Babys. „Und wie gefällt Dir der Name?“, fragte er seine Tochter. „Charin- das hört sich doch toll an, nicht wahr?“ Das Baby gähnte und blinzelte kurz, als es die sanfte Stimme seines Vaters hörte.

    „Ich glaube, er gefällt ihr“, stellte John fest. „Also schön, Charin Emmagan Sheppard- das klingt gut.“

    „Eigentlich, John“, warf Teyla ein weiteres Mal ein, „dachte ich an Charin Elizabeth.“

    „Eliza-“ John hielt inne und seufzte. Für einen Moment verdunkelten sich seine Augen und ein trauriger Ausdruck trat in sein Gesicht. Teyla berührte ihn sanft an der Wange. Sie schien genau zu wissen, woran und vor allem an wen er in diesem Augenblick dachte, und ihm war bewusst, dass sie ebenso empfand. Wenngleich fast drei Jahre vergangen waren, seit Elizabeth Weir sie verlassen hatte, verspürte er jedes Mal, wenn er an die ehemalige Expeditionsleiterin dachte, die auch gleichzeitig eine gute Freundin gewesen war, einen geradezu betäubenden Schmerz. Ihre Tochter nach dieser bemerkenswerten Frau zu benennen, erschien ihm eine kleine Möglichkeit zu sein, Elizabeth Weirs Vermächtnis zu wahren und dafür zu sorgen, dass man sie und ihre großartigen Taten niemals vergaß.

    „Charin Elizabeth Sheppard.“ Der Name perlte wie ein Gedicht von Teylas Lippen, und eine einzelne Träne ließ ihre Wange hinab. Vorsichtig beugte sie sich vor, führte ihre Lippen an die faltige Stirn des Neugeborenen und küsste sie liebevoll.

    „Teyla…“ John nahm ihre Hand und hauchte ihr einen zärtlichen Kuss auf die Fingerknöchel. Er hatte Tränen in den Augen, doch er schämte sich nicht ihm geringsten dafür. Sie hatte in den letzten Monaten so viel für ihn getan, aber auch aufgegeben. Sie war für ihn da gewesen und hatte ihm jetzt ein so wundervolles Geschenk gemacht. Er war dieser umwerfenden Frau für so vieles dankbar, er wusste nur nicht, wie er das, was er in diesem Moment empfand, in Worte fassen sollte.
    Nachdenklich betrachtete er ihre Hand, die in seiner lag, und auf einmal fiel ihm wieder etwas ein. Es hatte ihn einige Mühe gekostet, seinen Bruder davon zu überzeugen, ihm diesen Gefallen zu tun, aber schließlich hatte Dave eingewilligt. Nervös ließ John seine Hand in seine Hosentasche gleiten, bis seine Fingerspitzen die mit weichem Samtstoff bespannte Schatulle berührten. Jetzt oder nie, dachte er und räusperte sich.

    „Ich habe ein Geschenk für Dich“, sagte er, und Teylas braune Augen begannen zu funkeln.

    „Ein Geschenk?“, wiederholte sie aufgeregt. „Für mich?“ Als er nickte, seufzte sie gerührt. „Aber, John, Du hättest mir nichts kaufen müssen.“

    „Bei uns auf der Erde ist es Tradition, dass der Mann seiner Frau zur Geburt etwas schenkt“, erklärte er ihr und beförderte die kleine Schatulle ans Tageslicht. Ohne den Blick von Teyla zu lösen, öffnete er die samtbespannte Schatulle.

    „Oh… John!“ Teyla schnappte nach Luft und bedeckte ihren Mund rasch mit der Hand, um ihre schlafende Tochter nicht zu wecken. Mit tränenfeuchten Augen sah sie zwischen ihm und dem silbernen Ring mit dem funkelnden Diamanten in der Mitte hin und her. „Er ist wunderschön.“

    „Er hat meiner Mutter gehört“, meinte John mit einem wehmütigen Lächeln auf den Lippen. „Sie hätte gewollt, dass eine so wundervolle Frau wie Du ihn eines Tages trägt. Es sei denn Du hast Deine Meinung geändert…“

    Teyla schüttelte mit dem Kopf. „Ich habe meine Meinung nicht geändert, John“, beruhigte sie ihn. „Meine Antwort ist und bleibt dieselbe.“

    „Sag es“, flüsterte er aufgeregt, erleichtert darüber, dass sie es noch immer wollte. „Ich will es noch einmal hören.“

    „Wenn das so ist, wirst Du mich wohl auch noch einmal fragen müssen“, entgegnete sie mit einem schelmischen Lächeln.

    Einen Momentlang war John zu verblüfft, um etwas sagen zu können, dann grinste er aber und schüttelte mit dem Kopf. „Ich soll Dich also noch einmal fragen.“ Teyla nickte. „Du weißt schon, dass ich das genaugenommen nicht akzeptieren muss, weil Du mir schon eine Antwort gegeben hast, aber fein, wenn Du darauf bestehst...“ Er nahm ihre Hand und drückte sie, sah sie an und lächelte. Plötzlich, jedoch, wurde seine Miene ernst.

    „Muss ich mich hinknien?“, fragte er besorgt. „Du weißt, ich bin kein großer Freund von Traditionen und außerdem habe ich’s seit dem Unfall mit dem Rück-“

    „Frag einfach, John!“, unterbrach Teyla ihn lachend. Er schluckte und blickte auf ihre ineinander verschränkten Finger hinab, ehe er aufsah, ihr tief in die Augen schaute und mit tiefer, sinnlicher Stimme tat, wie ihm geheißen.

    „Willst Du mich heiraten?“

    Teyla seufzte tief. Und erleichtert? „Ich täte nichts lieber“, antwortete sie ergriffen und blinzelte tapfer gegen die Tränen an. „Ja, ich will Deine Frau werden, John.“

    „Bist Du sich-“

    „Du meine Güte, jetzt hör endlich auf“, stöhnte Teyla, packte ihn am Kragen und zog ihn zu sich. Und um keine weiteren Zweifel aufkommen zu lassen presste sie sogleich ihren Mund auf seinen und küsste ihn leidenschaftlich. John’s Herz schlug einen freudigen Salto, und als sie schließlich atemlos voneinander abließen, löste er vorsichtig den Ring aus seinem Samtbett und streifte ihn Teyla behutsam über die Fingerkuppe. Sofort streckte sie die Hand etwas von sich und begutachtete stolz den Ring und den schimmernden Diamanten in dessen Mitte.

    „Er ist… groß“, stellte sie atemlos fest.

    „Unsinn“, winkte John ab, „Du hast nur bemerkenswert kleine Finger.“ Er ergriff ihre Hand und betrachtete das silberne, mit Diamanten verzierte Band, welches nun funkelnd und für alle sichtbar ihren Ringfinger schmückte. „Er steht Dir.“

    „Er ist wunderschön, John“, sagte Teyla.

    „Genau wie Du“, flüsterte er, worauf sie leicht errötete und verlegen den Blick senkte. „Ich hoffe nur, dass Dir klar ist, worauf Du Dich da einlässt.“ Als Teyla aufblickte und ihn fragend ansah, fügte er schulterzuckend hinzu: „Du wirst es nicht immer leicht mit mir haben.“

    Teyla schmunzelte. „Oh, das ist mir klar“, sagte sie. „Aber ich bin bereit dieses Risiko einzugehen.“

    „Das ist schön“, entgegnete John erleichtert und verwob seine Finger mit ihren. Doch seine Erleichterung hielt nur wenige Minuten vor. Plötzlich wurde ihm etwas bewusst und als er aufblickte und Teyla sehnsüchtig auf ihr Baby hinabschauen sah, wurde ihm klar, dass es noch immer etwas Unausgesprochenes zwischen ihnen gab. Eine Tatsache, die er in der Vergangenheit zu verdrängen versucht hatte, die sich jetzt aber nicht länger ignorieren ließ. „Teyla..“

    „Sag jetzt nichts, John“, fuhr sie dazwischen und legte einen Finger an seine Lippen, den er jedoch ignorierte. Er küsste ihn und führte ihre Hand dann von seinen Lippen fort.

    „Denkst Du oft an ihn?“, fragte er leise, und nun war es an Teyla zu seufzen.

    „Öfter als es mir lieb ist“, gestand sie. „Auch wenn ich es manchmal nicht wahrhaben möchte, ist er weiterhin ein Teil meines Lebens. Er wird es immer sein.“ John nickte und hoffte sie so ermutigen zu können weiter zu sprechen. Was sie tatsächlich tat.

    „Ich denke, er wusste, dass es nicht für die Ewigkeit bestimmt war“, meinte sie. „Ich wusste es schon von Anfang an, aber er war mein bester und längster Freund. Er hat seine Familie verloren, genau wie ich. Er verstand mich. Und das war alles, was für mich damals zählte.“ Ein zittriges Seufzen entfuhr ihrer Kehle. Teyla versuchte zu lächeln, obschon sie Tränen in den Augen hatte.

    „Er verstand mich“, wiederholte sie. „Er war für mich da. Und ich habe ihm vertraut. Immer. Offensichtlich einmal zu viel“, waren ihre letzte Worte, bevor ihre Stimme brach, und sie die Tränen nicht länger zurückhalten konnte.

    John erhob sich wortlos. Er umrundete das Bett, setzte erst ein Knie auf die Matratze, dann das zweite und kroch zu ihr herüber. In der Mitte des Bettes, an Teylas Seite, ließ er sich vorsichtig nieder und zog sie sanft mit einem Arm an sich heran.

    „Er hat Dir Deinen Sohn weggenommen“, sagte er. „Es ist Dein gutes Recht wütend zu sein.“

    Teyla schüttelte mit dem Kopf und lächelte traurig. „Das ist es ja- ich bin nicht wütend auf ihn. Zumindest nicht mehr so sehr, wie ich es anfangs war“, fügte sie hinzu. „Es war immer mein Wunsch, meine Kinder nach den Maßstäben meines Volkes zu erziehen, und ich wollte sie im Kreise der Gemeinschaft aufwachsen sehen.“ Ihr Blick über das friedliche Gesicht ihrer schlafenden Tochter. „Jedenfalls dachte ich das.“

    „Und was hat Dich Deine Meinung ändern lassen?“, erkundigte sich John.

    „Im Grunde hat sich meine Meinung nicht geändert“, antwortete Teyla. „Nur die Umstände.“ Sie seufzte. „Einerseits bin ich natürlich enttäuscht, dass Kanaan eine derart wichtige Entscheidung ohne mich getroffen hat. Aber auf der anderen Seite weiß ich, dass Torren nicht ohne das Wissen aufwächst, woher er kommt und was er ist. Und außerdem“, fuhr sie leise fort und schmiegte sich an John’s Schulter, „habe ich die Hoffnung auf eine Rückkehr noch nicht aufgegeben.“

    John zuckte zusammen, aber überraschenderweise nicht so sehr, wie er erwartet hatte. Vielleicht lag es an der beruhigenden Präsenz ihrer Tochter, den Emotionen, die mit ihrer Geburt einhergegangen waren oder einfach nur an der Erschöpfung und dem Schlafmangel- er wusste es nicht. Er schloss die Augen, zog Teyla noch enger an sich und vergrub die Nase in ihrem weichen Haar. Sie seufzte und lehnte sich an ihn.

    „Versprich mir nur eines“, hörte er sie flüstern und öffnete die Augen. Teyla hatte den Kopf in den Nacken gelegt und blickte bittend zu ihm auf. „Lass mich nicht allein gehen, wenn es soweit ist.“

    Seufzend lehnte er seine Stirn gegen ihre und schluckte. „Teyla...“

    „Du hast es versprochen, John“, erinnerte sie ihn. „Mir ist klar, dass Du immer noch denkst, dass Du es nicht schaffst, aber ich glaube ganz fest an Dich. Ich weiß, dass Du es schaffen kannst. Wenn nicht jetzt, dann irgendwann in naher Zukunft.“

    John verzog das Gesicht zu einer gepeinigten Grimasse. „Und was, wenn es schon morgen soweit ist?“, fragte er. „Wenn schon morgen ein Anruf kommt?“

    „Diese Frage, John, musst Du Dir selbst beantworten“, entgegnete Teyla ruhig. „Ich kann keine Entscheidungen für Dich treffen, aber vergiss bitte eines nicht: Atlantis ist nicht nur Dein Zuhause. Es ist unseres. Es gibt immer eine Möglichkeit und zweite Chancen, John Sie bieten sich seinem ständig, man muss sie nur ergreifen“, sagte sie, ergriff seine Hand und drückte sie, bevor sie sie vorsichtig auf den Leib ihrer Tochter legte und mit ihrer eigenen Hand zudeckte. „Denke darüber nach, John. Ich bin mir sicher, dass Du die richtige Entscheidung treffen wirst.“

    Und was, wenn es schon morgen soweit ist, hörte John seine eigene Stimme fragen. Wenn schon morgen ein Anruf kommt?

    Diese Frage, John, musst Du Dir selbst beantworten… Es gibt immer eine Möglichkeit und zweite Chancen… Man muss sie nur ergreifen…

    John schluckte schwer und blickte dann auf das schlafende Baby in Teylas Armen hinab. Er wusste, dass sie recht hatte. Er war es seiner Tochter schuldig. Er war es Teyla schuldig. Und er war es sich selbst schuldig. Er hatte Atlantis in der festen Überzeugung verlassen, nie mehr zurückzukehren, aber jetzt war er sich nicht mehr so sicher, ob das die richtige Entscheidung gewesen war.

    Man muss sie nur ergreifen…

    Aber was, fragte er sich bestürzt, wenn er diesen Moment bereits verpasst hatte? Teyla mochte recht haben, das Leben bot einem zweite Chancen, aber räumte es einem auch eine dritte oder gar vierte Chance ein? Was, wenn nicht? Was, wenn er auch diese Chancen vertan hatte?

    Einen schrecklichen Moment lang herrschte Stille, und John wurde sich der Tragweite des Ganzen und der wahren Bedeutung ihrer Worte bewusst. Was, wenn es wirklich bereits zu spät war?

    Genau in diesem Augenblick begann ein Handy zu klingeln, und als er begriff, dass es das seine war, zuckte John unwillkürlich zusammen.

    Und wenn es nun doch nicht zu spät war?

    Es gibt immer eine Möglichkeit und zweite Chancen, John… Man muss sie nur ergreifen…

    Fortsetzung folgt…

    PS
    : Ich weiß, ich bin fies, aber das soll es vorerst gewesen sein. Aber keine Sorge, das nächste Kapitel ist bereits in Arbeit*zwinker*.


  7. #25
    zigtausend Jahre alt ... ;-) Avatar von John's Chaya
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    Ich weiß, ich bin fies, aber das soll es vorerst gewesen sein
    Ich hab von dir nichts anderes erwartet.

    Seine Tochter war das wohl bezaubernste und wunderschönste Wesen, welches er je gesehen hatte; Ein bis ins kleinste Detail perfektes Mädchen mit einer kleinen, liebreizenden Stupsnase und rosigen Lippen, haselnussbraunen Augen und dunklen Haaren- jede Menge dunkler, fast schwarzer Haare.
    Ach ist das süß, wie John von seiner kleinen Tochter schwärmt. Ganz der stolze Papa.

    Charin Elizabeth
    Was für ein schöner Name.

    Jetzt müsstest du nur noch eine schöne kleine Fanart von der Kleinen machen.

    Sie sieht bestimmt so richtig zum knuddeln süß aus. Schließlich hat sie sehr gut aussehende Eltern.

    Tja, das Thema Atlantis steht irgendwie immer noch zwischen ihnen, aber John wird seine kleine Familie bestimmt nicht alleine zurückgehen lassen. Dazu liebt er sie viel zu sehr.
    Bin sehr neugierig, was das für ein Anruf war. Hoffentlich geht es bald weiter.

    Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.(JWvG)

  8. Danke sagten:


  9. #26
    Major Avatar von claudi70
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    Ein schöner Start ins neue Jahr.

    Ich kann mir John sehr gut vorstellen da im Krankenhaus, die ersten Eindrücke von seiner Tochter und die Rolle als Vater
    Du hast das alles sehr schön beschrieben. Ich kann da aus eigener Erfahrung sprechen...

    So und nun ist es auch offiziel:
    „Willst Du mich heiraten?“
    Einen besseren Moment hätten sie nicht wählen können. Sehr schön.

    „Versprich mir nur eines“, hörte er sie flüstern und öffnete die Augen. Teyla hatte den Kopf in den Nacken gelegt und blickte bittend zu ihm auf. „Lass mich nicht allein gehen, wenn es soweit ist.“
    Das würde er nicht tun, nicht jetzt wo er Vater geworden ist.

    Fortsetzung folgt…

    PS: Ich weiß, ich bin fies,
    Das ist wohl wahr...ich hoffe das es bald weiter geht, bin auch gespannt wer da am Telefon ist, vielleicht besagter Anruf...?

    Tolles Kapitel!

  10. Danke sagten:


  11. #27
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Kurze Info!

    A/N: Nein, nein, es geht leider nicht weiter, und ich entschuldige mich, falls mein Post euch, meine lieben (hoffnungsvollen) Leser etwas irregeleitet hat. Tut mir leid! Ich wünschte, ich könnte euch endlich mal wieder ein Kapitel präsentieren, aber ich habe momentan leider kaum Zeit zum schreiben. Und so wie es aussieht, hat sich meine Muse auch aus dem Staub gemacht*seufz*.

    Ich kann euch leider auch nicht sagen, wann es weitergehen wird. Momentan arbeite ich händeringend in jeder freien Minute an der Fortsetzung, aber das Ganze will nicht wirklich klappen. Das Positive: Ein Drittel des neuen Kapitels ist schon fertig, und ich bin auch gar nicht mal so unzufrieden damit.

    Aber ich komme heute nicht mit ganz leeren Händen zu euch. Ein kleines Schmankerl habe ich für euch vorbereitet, nämlich eine kleine Fan Art. Okay, so "klein" ist sie auch wieder nicht, denn die Auflösung ist ziemlich hoch. Ich hoffe, sie gefällt euch.

    Zur kurzen Erklärung: Die folgende Fan Art enthält viele, kleinere Fotomanipulationen, die im Laufe dieser und der letzten Geschichte ("The Good Shepherd") entstanden sind. Statt sie alle einzeln zu posten, dachte ich mir, dass ich sie doch lieber als einen großen Haufen in die Mitte des Tisches schmeiße. Und was eignet sich dazu besser, als eine Collage! Nun ja, eigentlich ist es mehr eine Pinnwand. John und Teylas Pinnwand, um es genauer zu sagen.

    Ich will natürlich nicht zu viel verraten, aber ihr werdet u.a. einen ersten Blick auf Addison, Sophie, Conner und die kleine Charin erhaschen können. Lasst euch beim Anschauen Zeit- wie gesagt, die Auflösung der Fan Art ist ziemlich hoch.

    Würde mich echt freuen, wenn ihr mir mitteilt, ob sie mir gelungen ist oder nicht.

    John und Teylas Pinnwand

    Allerliebste Grüße, eure Moni
    Geändert von Nyada (28.09.2014 um 15:17 Uhr)

  12. Danke sagten:


  13. #28
    zigtausend Jahre alt ... ;-) Avatar von John's Chaya
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    Die Pinnwand ist super schön, einfach toll geworden! Ich hab' auch weitergeblättert - und ein schönes Wasserfallbild von John u. mir gefunden. Alle Bilder sind echt gelungen. Dankeschön fürs Teilen!

    Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.(JWvG)

  14. Danke sagten:


  15. #29
    Denkende Leseratte mit Kampfkatze Avatar von Tamara
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    Standard

    Die Pinnwand gefällt mir richtig gut, die ist Dir wunderbar gelungen! Besonders die Photos von John mit seiner Tochter gefallen mir sehr gut.
    Vielen Dank, dass Du sie uns hier vorstellst!

    Ich muss allerdings gestehen, Deine Geschichte bisher nicht gelesen zu haben, aber irgendwann kommt sie auch noch dran .
    Nicht, was die Dinge objektiv und wirklich sind, sondern was sie für uns,
    in unserer Auffassung, sind, macht uns glücklich oder unglücklich.
    (Arthur Schopenhauer)

  16. Danke sagten:


  17. #30
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Kapitel Acht

    A/N: Am Wochenende ist mir klar geworden, dass ich euch, meine lieben Leser, schon viel zu lange habe warten lassen. Also habe ich mir am Sonntagnachmittag meinen Laptop geschnappt und mich mit einer Tasse heißer Schokolade und einem Teller voller Kekse in den Wintergarten zurückgezogen. Ich weiß nicht, ob es an dem Kakao, den Keksen oder an dem schönen Wetter lag, aber ich geriet in einen wahren „Schreibrausch“. Nun ja, was auch immer es war, am Ende sind beinahe 30 Seiten bei meiner nachmittäglichen Schreibaktion herausgesprungen, die ich euch heute auch alle auf einmal zum Lesen da lassen werde.

    Nehmt euch also etwas Zeit; macht euch auch einen Kakao, Tee, Kaffee- oder was auch immer ihr bevorzugt- und lehnt euch entspannt zurück. Ich möchte nicht zu viel vorweg nehmen, aber dieses Kapitel dürfte jenes Kapitel sein, auf das ihr wahrscheinlich sehr lange gewartet habt.

    In mehrerlei Hinsicht.

    Viele liebe Grüße,
    Eure Moni

    PS: Seid gewarnt: Es wird traurig. Aber auch schön. Und romantisch. Möglicherweise auch ziemlich kitschig. Das volle Programm halt.



    Kapitel Acht


    Es war kurz nach fünf, als Dave Sheppard vor dem Haus seines Bruders eintraf. Er parkte den Wagen am Straßenrand, stieg aus, hielt dann aber einen kurzen momentlang inne und betrachtete das Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Von außen betrachtet war das Haus mit der schlichten, weißen Holzfassade und den dunklen Dachschindeln das genaue Gegenteil von dem, was er von seinem jüngeren Bruder erwartete. Dave hatte sich John nie in einer solchen Gegend geschweige denn in einem solch gewöhnlichen, ja geradezu konservativen Vorstadthaus vorstellen können. Dennoch hatte irgendetwas seinen Bruder bewegt, ausgerechnet hierher zu ziehen, in die Vorstadt von San Francisco, wo sich die idyllischen, zweistöckigen Familiendomizile mit den weißen Gartenzäumen und den Doppelgaragen aneinanderreihten wie die Perlen an einer Kette. Irgendwie wollten diese beiden Komponenten- sein störrischer Bruder und ein ruhiges Leben in der Vorstadt- in Daves Vorstellung nicht so recht zusammenpassen. Das alles hier… Es war… Dave wusste auch nicht, was genau es war, das ihn störte. Irgendetwas stimmte jedoch nicht. Irgendetwas… Er konnte nur noch nicht sagen, was es war.
    Nachdenklich schloss Dave die Wagentür und versuchte die Zweifel aus seinem Kopf zu verbannen, als er die Straße überquerte. Er passierte das Gartentor und schlenderte den schmalen, gepflasterten Pfad entlang, der ihn bis direkt vor die Haustür führte.

    Eine Woche war nunmehr seit der Geburt seiner Nichte vergangen, und es war das erste Mal, dass Dave den dreien zuhause einen Besuch abstatten würde. Ihm war bewusst, dass er sich vielleicht besser vorher hätte ankündigen sollen, aber er war gerade in der Gegend gewesen, also hatte er beschlossen kurz vorbeizuschauen und bei dieser Gelegenheit auch gleich die Kiste mit Sophies alter Babykleidung abzuliefern, die Addison für ihre Nichte herausgesucht hatte.
    Vor der Haustür angekommen stellte Dave die Kiste ab und überlegte kurz, was ihn wohl erwartete, wenn sich gleich die Tür öffnen würde. Womöglich ein Chaos. Ein heilloses Durcheinander. Oder zumindest etwas Unordnung. Sein Bruder war noch nie besonders ordentlich gewesen und hatte es als Teenager immer wieder geschafft, seine komplette Garderobe im ganzen Haus zu verteilen und ihren Vater und die Hausangestellten gleichermaßen zur Weißglut zu treiben. Wahrscheinlich erwartete ihn daher doch eher ein ausgewachsenes Chaos, entschied Dave. Herumliegende Kleidungsstücke, nicht abgeräumtes Geschirr auf dem Küchentisch, eine in der Eile vergessene Kaffeetasse auf der Theke oder irgendetwas anderes, das darauf hindeutete, dass seinem kleinen Bruder die neue Situation über den Kopf zu wachsen drohte.

    Es war nicht so, dass Dave es ihm wünschte; nein, das tat er nicht. Es war nur so, dass er wusste, wie anstrengend es sein konnte, mit einem neugeborenen, erst wenige Tage altem Baby unter einem Dach zu leben. Die schlaflosen Nächte, das ewige Geplärre und das Herumgetrage, bis einem die Arme und die Füße einschliefen. Die anhaltend schlechte Laune und die Lustlosigkeit, die frischgebackene Eltern nach der Geburt des Kindes unausweichlich heimsuchten.
    Dave verzog das Gesicht angesichts dieser Erinnerungen. Wie viele Male war er morgens nach einer weiteren schlaflosen Nacht übermüdet und zu spät ins Büro gekommen und hatte sich die Strafpredigten seines Vaters anhören müssen. Nein, er war froh, dass er mit diesem Kapitel seines Lebens endlich abgeschlossen hatte, und beschloss, nicht mehr daran zu denken und stattdessen zu sehen, wie sein Bruder sich schlug.
    Er klopfte zweimal kräftig gegen die in der Haustür eingefasste Scheibe, anstatt zu klingeln, nur für den Fall, dass das Baby gerade schlief. Keine fünf Sekunden später hörte er schnelle, leichte Schritte und kurz darauf wurde ihm die Tür von einer sichtlich erfreuten Teyla geöffnet.

    „David!“, rief sie und schenkte ihm ihr berühmtes umwerfendes Lächeln. „Was für eine Überraschung! Wie schön Dich zu sehen. Komm doch bitte herein.“ Zuvorkommend wie sie es immer war, bedeutete sie ihm einzutreten. Sie strahlte geradezu, und Dave musste neidlos zugeben, dass sie umwerfend aussah. Wirklich umwerfend. Und wunderschön und glücklich und zufrieden. Das Muttersein stand ihr. Ihre Wangen glühten und ihre dunklen Augen leuchteten. Sie war barfuß, hatte ihr langes, honigbraunes Haar locker hochgesteckt und trug eine helle Jeans und eine weiße Bluse, deren weit fallender Schnitt die Überreste ihres Babybauches geschickt kaschierte und gleichzeitig ihren neuen Kurven schmeichelte. Kein Wunder, dachte Dave, als er ihr durch den kühlen Hausflur folgte, dass sich sein Bruder in sie verliebt hatte.

    „Du siehst großartig aus, Teyla“, meinte er daher anerkennend, als er hinter ihr die lichtdurchflutete Küche betrat, in der alles, von der Arbeitsfläche bis hin zu der leer geräumten Spüle, glänzte. Teyla lächelte, was sie sogar noch hübscher erscheinen ließ.

    „Danke“, sagte sie mit sanfter Stimme, „ich fühle mich auch großartig. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben“, seufzte sie. „Es ist ein so wunderbares Gefühl, Charin jetzt endlich bei uns zu haben. John und ich sind sehr glücklich.“

    „Das freut mich zu hören“, erwiderte Dave und stellte die Kiste auf der Arbeitsfläche ab. „Addison hat mich gebeten, Euch das zu bringen. Das sind ein paar von Sophies alten Babysachen“, erklärte er und öffnete die Kiste, damit Teyla sich einen ersten Überblick verschaffen konnte. „Du musst einfach mal schauen, ob was für die Kleine dabei ist und was Dir gefällt.“

    „Das ist wirklich sehr nett, David“, entgegnete Teyla. „Richte Addison bitte meinen Dank aus.“

    „Das werde ich machen“, versprach Dave.

    „Möchtest Du etwas trinken?“, erkundigte sich Teyla. „Vielleicht einen Kaffee? John hat gerade eine frische Kanne aufgesetzt.“

    „Sehr gern“, antwortete Dave und setzte sich an den Küchentisch. Er hatte eigentlich nicht vorgehabt, lange zu bleiben, aber Teylas freundlicher, offener Art konnte er nicht widerstehen. „Apropos John“, meinte er, als er sich an den Küchentisch gesetzt hatte, „wo steckt er überhaupt?“

    „Er ist oben“, antwortete Teyla und stellte eine volle, dampfende Tasse Kaffee, ein Kännchen Milch und Zucker vor ihm auf den Tisch. Ein geheimnisvolles Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, als sie sich ihm gegenübersetzte und meinte: „Es mag merkwürdig klingen, aber Charin schläft nur ein, wenn er sie trägt.“ Diese Vorstellung brachte Dave unwillkürlich zum schmunzeln.

    „Und wie macht er sich so?“, erkundigte er sich neugierig.

    „Er macht sich großartig“, entgegnete Teyla ohne zu Zögern und im Brustton der Überzeugung. „John ist ein wundervoller Vater. Er liebt seine Tochter. Er ist regelrecht vernarrt in sie. Sie ist sein Ein und Alles. Manchmal“, fuhr sie fort, „wenn ich ihn beobachtete, glaube ich, dass er sein ganzes Leben nur darauf gewartet hat, Vater zu sein.“

    „Ja, John konnte schon immer gut mit Kindern“, wusste Dave zu berichten. „Vielleicht weil er nie wirklich damit aufgehört hat, selbst eines zu sein.“

    Teyla schmunzelte amüsiert. „Wem sagst Du das“, sagte sie und umschloss ihre Tasse mit beiden Händen. „Ich habe ihn schon früher mit den Kindern aus meinem Dorf beobachten können und mich immer gefragt, warum ein Mann wie er keine eigene Familie hat.“

    „Nun-“ Dave, der das Gefühl hatte, zu wissen, worauf dieses Gespräch unausweichlich hinauslaufen würde, taxierte sie durch den warmen Dunst, der aus seiner Tasse aufstieg- „manchmal“, sagte er mit ruhiger Stimme, „soll es nicht sein.“

    „John ist ein sehr verschwiegener Mann“, entgegnete Teyla. „Er erzählt nicht sehr viel von sich. Ich arbeite seit fast sieben Jahren mit ihm, aber es gibt immer noch Dinge, die ich nicht über ihn weiß.“ Ein resigniertes Seufzen entfuhr ihr. „Bei manchen Dingen hingegen“, fuhr sie betroffen fort, „bin ich mir nicht sicher, ob es richtig ist, dass er mir davon erzählt hat.“

    Dave nickte verstehend, dann seufzte er. Er hatte es ihr also erzählt. „Teyla“, sagte er, „mit meinem Bruder zusammenzuleben, ist nicht immer einfach. Gerade weil er nur selten etwas von sich preisgibt. Aber wenn er es tut-“ Er legte eine kurze, bedeutungsschwangere Pause ein- „ist das ein Zeichen dafür, dass er einem bedingungslos vertraut.“

    Teyla schluckte und lächelte, doch es war nicht mehr dasselbe strahlende, glückliche Lächeln wie vorhin. „Er hat mir erzählt, dass er schon einmal eine Tochter hatte“, begann sie.

    „Er hat Dir von Mia erzählt?“, wiederholte Dave, und Teyla nickte.

    „Ich… ich hatte ja keine Ahnung“, meinte sie betrübt. „Er hat nie über sie gesprochen.“

    „Er spricht so gut wie nie über sie“, sagte Dave. „Ihr Tod hat ihn furchtbar tief getroffen. Es war eine schwere Zeit. Für… für uns alle.“ Mehr brauchte es nicht, um zu beschreiben, welche Trauer in der Familie geherrscht hatte, als Nancy ihre Tochter tot zur Welt gebracht hatte. Niemand wusste, woran es gelegen hatte, dass das Herz des kleinen Mädchens noch im Mutterleib aufgehört hatte zu schlagen. Ihr Tod war wahrlich der Anfang vom Ende gewesen. Die Ehe seines Bruders war danach endgültig in die Brüche gegangen, und John hatte sich immer mehr von ihm und ihrem Vater zurückgezogen. Nie wieder war über Mia in ihrem Haus gesprochen worden. Selbst heute noch überlief Dave ein eiskalter Schauer, wenn jemand ihren Namen aussprach, und er konnte nur erahnen, wie Teyla sich fühlen musste. John jeden Tag mit seiner Tochter zu beobachten und sich dabei stets zu fragen, ob er wohl gerade an sie dachte, musste schwer für sie sein. Es fiel ihr schwer, er konnte es in ihren Augen sehen.

    „Ich hatte ja keine Ahnung“, wiederholte Teyla und schüttelte mit dem Kopf. „Wie lange ist es her, dass…“

    „Fast zehn Jahre“, antwortete Dave ohne zu zögern. „Nancy und er waren vielleicht ein, zwei Jahre verheiratet, als sie schwanger wurde. Alles lief nach Plan, bis…“ Er zögerte einen Moment und überlegte, wie und ob er überhaupt fortfahren sollte. Offensichtlich hatte sein Bruder ihr nicht die ganze Geschichte erzählt, und Dave sah es nicht als seine Aufgabe an, dies für ihn zu tun. Teyla, hingegen, schien das anders zu sehen, denn als sie sein Zögern bemerkte, griff sie nach seinen Händen. Als Dave sie ansah, blickte er in ein Paar verzweifelter, brauner Augen.

    „Bitte, Dave“, bat sie. „Ich weiß, dass John mir nicht alles erzählt hat, aber ich muss es wissen. Was ist damals passiert?“

    Dave holte tief Luft. Womöglich würde sein Bruder ihn hassen, wenn er jemals davon Wind bekommen würde, was er ihr erzählt hatte, doch er hatte keine andere Wahl; Teyla gehörte durch ihr Kind zur Familie und verdiente es, die Wahrheit zu kennen.
    Auch wenn diese nicht besonders spektakulär, dafür aber durchaus tragisch war.

    „Nancy und John waren schon lange nicht mehr glücklich miteinander“, begann er. „Sie liebten sich, keine Frage, aber als Ehepaar funktionierten sie einfach nicht. Es machte Nancy fertig, dass John ständig auf Einsätze geschickt wurde und dass er ihr nie sagte, wohin es ging. Sie vertraute ihm, aber sie hatte auch Angst.“ Dave seufzte. „Ich weiß nicht, wie oft sie ihn gebeten hat, Schluss mit dem Militär zu machen. Sie hat ihn geradezu angefleht, doch für unseren Vater zu arbeiten, aber John dachte nicht daran, aufzuhören. Sie stritten sich häufig, und für uns alle war klar, dass es nur noch eine Frage der Zeit war. Unser Vater war außer sich, Nancy verzweifelt und John… Nun, ich denke John wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Also tat er das, was er in solchen Situationen immer tut.“

    „Er versuchte den Problemen aus den Weg zu gehen“, warf Teyla ein und lächelte schwach. „Eine nicht gerade schätzenswerte Eigenschaft von ihm.“

    „Und sicherlich der Lösung nicht förderlich“, ergänzte Dave. „Nun ja, wie dem auch sei. Als Nancy uns mitteilte, dass sie schwanger ist, war das wie ein Hoffnungsschimmer für uns alle. John befand sich zu diesem Zeitpunkt wieder auf einem Einsatz, kehrte aber verfrüht zurück, als Nancy ihn über ihre Schwangerschaft in Kenntnis setzte. Er war überglücklich“, wusste Dave schmunzelnd zu berichten. „Für ihn war immer klar, dass er einmal Kinder haben wollte. Wie gesagt, er kann sehr gut mit Kindern, und das Wissen, dass er Vater werden würde, veränderte ihn total. Jedenfalls dachten wir das.“

    „Was meinst Du damit?“, hinterfragte Teyla misstrauisch.

    „Nun“, meinte Dave, „zwar freuten die beiden sich auf ihr Kind, doch ihre Probleme hörten dadurch nicht automatisch auf. Sie wurden nur etwas… aufgeschoben. Irgendwann fingen sie wieder an zu streiten. Ich erinnere mich, wie Nancy eines Abends aufgelöst vor unserer Tür stand. Sie war zu diesem Zeitpunkt im neunten Monat schwanger. John und sie hatten sich furchtbar gestritten.“ Dave schüttelte bedauernd mit dem Kopf. „Ich weiß nicht mehr, worum es bei ihrem Streit ging, aber hätte ich damals geahnt, was an diesem Tag noch alles passieren sollte, hätte ich sie nicht gehen lassen.“

    „Ich nehme an, dass…“ Teyla beendete den Satz nicht, denn Dave kam ihr mit einem raschen Nicken zuvor.

    „Wir erfuhren erst am nächsten Tag, was passiert war“, berichtete er traurig. „Dass Nancy das Baby bekommen hatte und dass das Mädchen es nicht geschafft hatte.“

    Teyla schluckte. „Wie schrecklich“, flüsterte sie heiser. „Nicht auszumalen, wie furchtbar sie sich gefühlt haben musste.“

    Dave nickte erneut. „Damit war es eigentlich so gut wie zu Ende. Es dauerte nicht lange, bis John uns mitteilte, dass Nancy die Scheidung eingereicht hatte. Unser Vater war so wütend und enttäuscht, dass er ihn aus dem Haus warf. Und John…“ Dave seufzte zum wiederholten Male. „Nun ja, sagen wir einfach, dass sein Verhalten nicht gerade zur Verbesserung ihrer Beziehung beigetragen hat. Bis zu Dad’s Tod blieb ihr Verhältnis angespannt, aber John hat seine Entscheidung nie bereut. Vielleicht“, meinte Dave abschließend, „hätte er die Beziehung weiterlaufen lassen können, aber ich bezweifle, dass er und Nancy je wieder glücklich geworden wären. Genaugenommen waren sie es nur für eine sehr, sehr kurze Zeit.“

    „Hätte ich das gewusst…“ Teyla schüttelte mit dem Kopf und umklammerte ihre Tasse. „Danke“, meinte sie plötzlich und sah ihn an, „dass Du es mir erzählt hast.“

    „Kein Problem“, winkte Dave lächelnd ab. „Ich befürchte aber, dass es John nicht gefallen wird.“

    „Worauf Du Gift nehmen kannst“, ertönte da auf einmal eine wütend, aber auch enttäuscht klingende Stimme hinter ihnen. Teyla zuckte zusammen, und ihre Augen weiteten sich.

    „John…“ Sie erhob sich, und so tat es auch Dave. Er drehte sich langsam um und erblickte seinen Bruder in der Küchentür stehen, erstarrt und mit einem Ausdruck in den Augen, den er so noch nie zuvor gesehen hatte. Mit einem Mal wurde Dave klar, dass es an der Zeit war, zu gehen.

    „Ich sollte jetzt gehen“, meinte er leise.

    „Ja, das solltest Du“, hörte er John sagen. Mit einem Mal verunsichert blickte Dave zwischen einem Bruder und Teyla hin und her. Schließlich blieb sein Blick an ihr hängen, und ihre Augen trafen aufeinander.

    „Du solltest jetzt besser gehen, David“, sagte nun auch Teyla. „Vielen Dank für Deinen Besuch. Ich habe mich wirklich sehr gefreut. Tut mir leid, dass Du Charin nicht sehen konntest.“

    „Beim nächsten Mal ganz bestimmt“, entgegnete Dave und küsste sie zum Abschied auf die Wange. „Auf Wiedersehen.“

    „Auf Wiedersehen“, echote Teyla und schenkte ihm ein allerletztes Lächeln. Dave drehte sich um und ging langsam in Richtung Tür.

    „John“, sagte er ruhig und hielt vor seinem Bruder an, der daraufhin einen Schritt zur Seite wich und ihn böse anfunkelte.

    „Mach, dass Du hier raus kommst“, zischte er.

    „Pass auf was Du sagst“, warnte Dave ihn. „Und komm nicht mal auf die Idee Teyla die Schuld dafür zu geben.“ John’s Blick verfinsterte sich.

    „Raus“, knurrte er, und dieses Mal ließ sich Dave nicht zweimal bitten. Er warf Teyla einen letzten aufmunternden Blick zu, drängte sich dann an seinem Bruder vorbei und verließ das Haus. Auch wenn ihm seine Schwägerin in spe Leid tat, wollte er nicht in der Nähe sein, wenn sein Bruder die Beherrschung verlor. Und seinem wilden Blick nach zu urteilen, stand John ganz kurz davor.



    ooOOoo



    Enttäuschung mischte sich mit Wut, Trauer und Verzweiflung in seinen Augen. Die Art, wie er dort, in der Tür verharrte und zu ihr herüberblickte, widersprach vollends dem, was Teyla in diesem Moment in seinen haselnussfarbenen Augen sah. Sie wollte etwas sagen, wusste jedoch nicht was, also schwieg sie und erwiderte John’s starren Blick. Sie sah ihn schlucken, als die Haustür hinter seinem Bruder ins Schloss zurückfiel, und sie hörte ihn leise ausatmen, als Dave seinen Wagen startete und davonfuhr.

    „John…“, kam es leise und bittend über ihre Lippen. „Ich wollte nicht…“ Mit nur einem einzigen Blick brachte er sie zum Schweigen; er sagte nichts, er sah sie nur an, verletzt, enttäuscht, wütend, ängstlich. Teyla murmelte ein leises ‚Es tut mir leid’ und senkte den Kopf. Nicht einmal, als langsame Schritte sich ihr näherten, blickte sie auf. Erst, als John einen Finger unter ihr Kinn legte und es sanft nach oben drückte, wagte sie es, ihn anzusehen. Die Lippen zu einer Art traurigem Lächeln verzogen, betrachtete er sie. Seine Augen tasteten jeden Quadratzentimeter ihres Gesichtes ab, doch noch immer sagte er nichts. Behutsam hob er die Hand, nahm eine Strähne ihres Haares und wickelte sie sich um den Zeigefinger.

    „Wieso bist Du damit nicht zu mir gekommen?“, fragte er sie schließlich sanft. „Warum hast Du nicht mich das gefragt?“

    „Ich war mir nicht sicher, ob ich eine Antwort erhalten würde“, entgegnete Teyla. „Mir war klar, dass Du mir nicht alles erzählt hast, aber ich wollte Dich zu nichts drängen, John. Es tut mir leid. Ich hätte Deinen Bruder nicht danach fragen dürfen.“

    „Teyla…“ John seufzte tief, und noch ehe sie wusste, wie ihr geschah, zog er sie mit dem rechten Arm in eine enge Umarmung und berührte ihre Stirn mit seiner eigenen. Teyla schloss die Augen und lehnte sich gegen ihn, worauf er sich ein Stück von ihr löste. Sanft streiften seine Lippen ihre Stirn, was ihr ein leises Seufzen entlockte.

    „Tu das nie wieder“, flüsterte John, und sie nickte.

    „Es tut mir leid, John.“

    „Und hör verflucht nochmal auf, Dich immer zu entschuldigen“, brummte er. „Das ist ja furchtbar!“
    Ohne, dass sie es wollte, entrang sich ein leises Lachen ihrer Kehle. Rasch biss sie sich auf die Zunge, doch als sie aufblickte, sah sie, dass John’s Lippen auch ein kleines Lächeln zierte. Er beugte sich vor und verschloss ihre Münder zu einem zärtlichen Kuss.

    „Du kannst mich alles fragen“, flüsterte er, als sie sich voneinander lösten. „Ich werde versuchen, Dir immer eine Antwort zu geben.“

    Teyla nickte. „In Ordnung“, versprach sie. „Nur sei bitte nicht böse auf Deinen Bruder“, ermahnte sie ihn. „David kann nichts dafür.“

    John seufzte. „Ich bin nicht böse auf Dave“, sagte er. „Nun ja… nicht wirklich. Ich habe wahrscheinlich etwas… überreagiert. Ihn von… damals sprechen zu hören…“ Er brach ab und schüttelte mit dem Kopf. „Ich bin derjenige, der sich entschuldigen sollte.“
    Teyla wollte etwas erwidern, doch noch ehe sie dazu kam, den Mund aufzutun, ertönte aus dem Obergeschoss des Hauses ein Jammern, das sie beide aufhorchen ließ. John löste sich von ihr, doch Teyla packte ihn sanft am Ellenbogen und hielt ihn zurück.

    „Ich werde gehen“, sagte sie. „Ich werde nach ihr sehen.“

    „Aber…“ John runzelte die Stirn, als das Weinen des Babys lauter wurde.

    „Ich werde gehen“, wiederholte Teyla, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. Mit einem tiefen Seufzer gab er sich schließlich geschlagen und ließ sie gehen.

    Das Weinen ihrer Tochter und ihr klägliches Geschrei nahmen gerade hysterische Ausmaße an, als Teyla das Zimmer betrat und sich über die Wiege beugte; das Gesicht des Babys war rot, zu einem festen kleinen Ball aus Zorn mit einem offenen zahnlosen Mund verzogen. Charin schrie, als trachtete jemand nach ihrem Leben, und als Teyla sie vorsichtig aus der Wiege hob, spürte sie, dass der ganze Körper ihrer Tochter unter Anspannung stand.

    „Ssht, ist ja gut“, gurrte sie und drückte das schreiende Baby an ihre Brust. „Ist ja gut, meine Kleine. Ich bin ja hier. Alles ist gut.“ Charin hielt einen Moment inne, als sie die Stimme ihrer Mutter hörte, schrie dann jedoch ungerührt weiter.

    „Ganz ruhig, ssht. Ssht, ich bin ja hier. Ssht.“ Teyla presste das nunmehr zappelnde Bündel fester an ihre Brust, schaukelte Charins bebenden Körper und begann mit ihr auf- und abzumarschieren. Mehrere Minuten lang redete sie beruhigend auf ihre Tochter ein, wiegte sie, streichelte sie und klopfte auf ihren Rücken, doch die Kleine beruhigte sich nicht, schrie nur noch lauter und verzweifelter. Weitere fünf Minuten später war Teyla selbst der Verzweifelung nahe, als plötzlich John hinter ihr auftauchte.

    „Gib sie mir“, sagte er ruhig und griff nach seiner Tochter. Widerstandslos legte Teyla ihm das Baby in die Arme und ließ sich erschöpft in den Sessel neben Charins Wiege sinken.

    „Was soll denn dieses Theater, junge Dame?“, fragte John seine plärrende Tochter. „Wir hatten das doch besprochen.“ Schlagartig stoppte Charins Weinen, und sie drehte instinktiv den Kopf in Richtung der Stimme ihres Vaters. Mit großen Augen starrte sie zu ihm hinauf, die Lippen zu einem ‚O’ geformt. John lächelte, während Teyla nur mit dem Kopf schüttelte und sich erhob.

    „Wie machst Du das nur?“, fragte sie ihn verwundert. „Immer wenn ich sie halte, will sie sich nicht beruhigen, aber sobald Du sie nimmst…“

    „Tja-“ John zuckte mit den Achseln und legte sich Charin an die Schulter- „das wird wohl mein Geheimnis bleiben“, grinste er und drehte sich so, dass Teyla ihre Tochter sehen konnte. Sanft strich sie mit dem Finger an Charins Wange hinab, worauf das Baby die Nase rümpfte, nur um sich dann noch enger an ihren Vater zu schmiegen und ihre winzigen Finger in dem Stoff seines T-Shirts zu vergraben.

    „Wahrscheinlich wollte sie nur nicht allein sein“, mutmaßte John und begann das Baby im Stehen leicht auf- und abzuwiegen, wobei er von einem Bein auf das andere tänzelte. „Nicht wahr?“, murmelte er und presste seine Nase in Charins weiches, dunkles Haar. „Du hast Mommy und Daddy vermisst, richtig?“

    Charin holte tief Luft und atmete dann so geräuschvoll wie es einem Neugeborenen eben möglich war wieder aus. Ihre Augen waren runzlig und vom Weinen verquollen, dennoch schimmerte das Grün ihrer Iris deutlich hervor. Teyla legte den Kopf schief und betrachtete ihre Tochter. Mit ihren hellen Augen und den dunklen, zerzausten Haaren ähnelte sie ihrem Vater so sehr und Teyla fragte sich, inwiefern diese Ähnlichkeiten wohl in Zukunft weiter bestehen würden. Schon jetzt hegte sie keinerlei Zweifel daran, dass ihre Tochter zu einem hübschen Kind heranwachsen würde. Und auch in Hinsicht auf das Temperament schien die kleine Charin ganz nach ihrem Vater zu kommen. Alles an ihr erinnerte Teyla an John; sie konnte nur sehr wenig von sich selbst in ihrer Tochter erkennen, und auch wenn es eigentlich viel zu früh war, um darüber zu entscheiden, wusste Teyla schon jetzt, dass ihre Tochter eine waschechte Sheppard war.

    „Willst Du sie wieder nehmen?“, fragte John sie leise. Sie nickte und so legte er ihr das Baby in die Arme. Erschöpft, aber mit einem träumerischen Lächeln auf den Lippen blickte Teyla auf das winzige Bündel Mensch in ihren Armen hinab und wiegte es liebevoll. Sanft gebettet in einer weichen Decke döste ihre erst wenige Tage alte Tochter ruhig vor sich hin, die Hände vor dem Gesicht zu kleinen Fäustchen geballt und ihre Augen abwechselnd auf das Gesicht ihrer Mutter und die vielen kleinen, glitzernden Sterne gerichtet, die von einer Lampe an die Zimmerdecke projektiert wurden; Ein kleines, verspieltes Detail, auf welches John händeringend bestanden hatte und von dem er gleichermaßen begeistert war wie seine neugeborene Tochter. Er hatte sich nicht davon abbringen lassen, es für sie zu kaufen, und Teyla musste unwillkürlich schmunzeln, als sie daran dachte.

    Wieder ließ sie ihren Blick über ihr Baby schweifen und seufzte. Eine Woche war nun seit der Geburt ihrer Tochter vergangen, und Teyla sah jeden einzelnen Tag, den sie bisher mit Charin und John als Familie hatte verbringen dürfen, als ein Geschenk an. All ihre Bedenken, Befürchtungen und Ängste, die sie gehegt hatte, hatten sich in dem Moment in Luft aufgelöst, als sie vor nunmehr fast vier Tagen mit ihrem glucksenden Neugeborenen auf dem Arm über die Schwelle ihres Hauses getreten war.

    Erneut stahl sich ein Lächeln auf Teylas Lippen, als sie sich an diese ersten, besonderen Momente mit ihrem Baby in ihrem Zuhause zurückerinnerte.

    So, Ladies, da wären wir. Home, sweet Home’, hatte John fröhlich geträllert und sich zu ihr umgedreht, nachdem er die Haustür hinter sich geschlossen und ihre Tasche und die Babyschale abgestellt hatte. Sein Blick glitt über sie, und Teyla erinnerte sich genau, dass sie sich in diesem Moment gefragt hatte, was er wohl gerade dachte. Sie sah ihn schlucken, doch dann hatte er begonnen zu lächeln, war an sie herangetreten und hatte seine Hand beschützend und liebevoll zugleich auf Charins Köpfchen gelegt.

    Willkommen zuhause, Prinzessin.’ Seine Stimme war so warm und so weich gewesen, dass Teyla selbst jetzt immer noch erschauderte. Sanft hatte John seine Tochter auf die Stirn geküsst und anschließend auf eine kleine Hausbesichtigung mitgenommen. Durch jedes Zimmer hatte er Charin getragen, ihren kleinen, in Decken gehüllten Babykörper fürsorglich an seine Brust gedrückt und den Blick die ganze Zeit auf ihr Gesicht gerichtet. Teyla war ihm gefolgt, hatte aber Abstand gewahrt, um die Atmosphäre zwischen Vater und Tochter nicht zu stören. Mehr als nur einmal war sie den Tränen nahe gewesen. Noch nie hatte sie John derartig reden hören, so sanft, so leise, so voller Liebe und auch Staunen über das kleine Wunder, welches er in den Armen trug.

    „Genau das bist Du“, flüsterte Teyla nun. „Ein kleines Wunder.“ Charin gluckste, gähnte und schloss die Augen. Ein altes, athosianisches Schlaflied aus ihren Kindertagen anstimmend, machte Teyla kehrt und trug ihre Tochter zu ihrer Wiege. Vorsichtig bettete sie das Baby in den weichen Polstern und deckte sie zu. Die letzten Takte des Liedes summend, strich Teyla sanft über den Bauch ihrer Tochter, beugte sich dann vor und hauchte Charin einen zarten Kuss auf die Stirn.

    „Schlaf gut, mein Engel“, flüsterte sie, lehnte ihre Stirn sanft gegen die ihrer Tochter, schloss für einen Moment die Augen und genoss den kitzelnden, warmen Atem des Babys an ihrer Haut.

    „Das war wunderschön“, hörte sie John flüstern und spürte, wie er hinter sie trat und einen Arm um ihre Taille schlang. Lächelnd richtete sie auf und ließ sich von ihm in eine engere Umarmung ziehen. Seufzend vergrub er seine Nase in ihrem zausen Haar, ehe er ein paar federleichte Küsse auf ihrem Hals und ihrer Wange verteilte. Just in diesem Augenblick verließ ein leises Seufzen Charins Lippen, und Teyla spürte, wie John für einen Moment den Atem anhielt. Seine Augen wanderten über den kleinen Körper seiner Tochter, und mit einem Mal streckte er die Hand aus und legte sie auf den Bauch des Babys. Obwohl sie seit ihrer Geburt deutlich an Größe und Gewicht zugenommen hatte, wirkte Charin im direkten Vergleich zu der Hand ihres Vaters geradezu winzig und zerbrechlich.

    „Sie ist so klein“, flüsterte John und fuhr mit dem Zeigefinger über die flatternde Brust des Säuglings. Charin seufzte und reckte sich der sanften Berührung ihres Vaters entgegen, wachte jedoch nicht auf. „Weißt Du“, meinte er schließlich, „nach allem, was passiert ist, hätte ich nicht gedacht, dass ich jemals wieder die Chance dazu bekommen würde.“

    „Vater zu sein?“, mutmaßte Teyla, doch er schüttelte mit dem Kopf.

    „Glücklich zu sein“, sagte er. „Ich weiß, das klingt dämlich, aber-“

    „Es klingt alles andere als… dämlich, John“, widersprach Teyla ihm. Sanft legte sie eine Hand auf seinen Brustkorb. „Es ist das, was Du fühlst“, sagte sie und ertastete mit den Fingerkuppen die dünne Kette seiner Hundemarke, die er selbst jetzt unter seinem T-Shirt trug. „Und etwas, das Du hier fühlst“, meinte sie und spreizte ihre Finger fächerartig über seinem Herzen, „ist nicht einmal im Geringsten dämlich. Es ist gut.“

    „Wieso habe ich dann das Gefühl, dass es immer noch nicht ausreicht?“, seufzte John. Verwirrt zog Teyla die Stirn kraus.

    „Wie meinst Du das?“

    „Ich bin glücklich, habe aber gleichzeitig das Gefühl, dass irgendetwas… fehlt“, erwiderte John.

    „Dass irgendetwas fehlt?“, wiederholte Teyla.

    „Es fühlt sich nicht richtig an“, meinte er. „Ich meine, das hier- Du, ich und Charin- das fühlt sich richtig an“, verbesserte er sich rasch. „Es fühlt sich sogar verdammt richtig an!“

    „Was ist es dann?“, hakte Teyla nach. „Was ist es, John?“ Sie war sich darüber im Klaren, dass er wusste, was fehlte. „Sag es mir“, drängte sie ihn daher. „Was fehlt?“

    John schluckte, und seine Stimme brach beinahe, als er leise meinte: „Das Gefühl, zuhause zu sein.“

    „Wir sind zuhause, John“, sagte Teyla, worauf er jedoch mit dem Kopf schüttelte.

    „Nein, Teyla“, sagte er mit einer ruhigen, eindringlichen Stimme, die sie unbewusst erschaudern ließ, „das sind wir nicht. Und das weißt Du genauso gut wie ich.“

    „John…“ Teyla wusste nicht, was sie sagen sollte. Erst in dem Moment, als John sie wieder in seine Arme nahm und an seine Brust zog, wurde ihr bewusst, dass sie zitterte. Sie ließ sich kurz von ihm halten, dann hob sie den Kopf und sah ihn an. „Bitte sag mir, dass es das bedeutet, was ich denke, was es bedeutet.“ Mit klopfendem Herzen wartete sie seine Antwort ab, und als sein Mund sich zu einem leichten, schiefen Lächeln verzog, glaubte sie vor Nervosität beinahe zu vergehen.

    „Bitte…“, war das letzte, was sie herausbrachte, bevor er sie an sich zog und sie seine warmen, weichen Lippen an ihrer Stirn, ihrer Wange und schließlich auf ihrem Mund spürte.

    „Genau das heißt es“, flüsterte John. Eine Mischung aus einem erfreuten Seufzer und einem unterdrückten Schluchzen entrang sich Teylas Kehle, und sie schlang die Arme um seinen Hals.

    „Wirklich?“, fragte sie mit zitternder Stimme. John nickte und lehnte seine Stirn sanft gegen ihre.

    „Wirklich“, bestätigte er und zog sie fest an sich, ehe er leise die Worte aussprach, auf die Teyla so lange gewartet hatte.

    „Wir gehen heim.“



    ooOOoo



    Wir gehen heim.

    John hielt das Handy fest umklammert und starrte es an. Wie oft hatte er sich in den letzten Tagen an diesem Punkt befunden, allein und versucht endlich das zu tun, womit er bereits viel zu lange gewartet hatte. Er hatte sich in die Garage zurückgezogen, wohl wissend, dass ihn hier niemand stören würde. Draußen, jenseits des geschlossenen Garagentors, sausten Autos die Straße entlang, unterhielten sich die Nachbarn, spielten Kinder in den Auffahrten und Gärten der Häuser. Es war Sommer, es war warm und ein schöner Tag. Die gesamte Nachbarschaft war auf den Beinen, und auch John juckte es in den Fingern, das Handy wieder einzustecken und in den Garten zu gehen, wo es sich Teyla und Charin auf einer Picknickdecke im Schatten eines Baumes gemütlich gemacht hatten und die warmen Sonnenstrahlen genossen.
    Doch er tat es nicht, sondern wählte stattdessen mit zitternden Fingern die Nummer, die er in den vergangenen Tagen immer wieder im Kopf durchgegangen war und inzwischen auswendig wusste. Den Atem anhaltend hielt er das Handy an sein Ohr und lauschte dem Freizeichen. Als sich schließlich nach wenigen Sekunden jemand am anderen Ende meldete, schnürte es ihm die Kehle zu und er brachte kein Wort mehr heraus.

    Ich hoffe, dass Sie einen triftigen Grund haben, mich von meiner Pokerrunde wegzuholen, Sheppard“, bemerkte Jack O’Neill mit trockener Stimme am anderen Ende der Leitung. Noch immer schwieg John. Er konnte das schaffen, sagte er sich. Er hatte sich dieses Szenario dutzende Male ausgemalt. Er wusste, wie es funktionierte. Er wusste, was er zu sagen hatte. Er wusste, wann und wie er es zu sagen hatte. Er hatte es Teyla versprochen.

    Dennoch verließ kein einziger Laut seine Lippen.

    Ein resigniertes Seufzen ertönte gedämpft durch die Lautsprecher des Handys. „John“, erklang es dann verständnisvoll, „kommen Sie nach Hause, mein Junge.“

    John schluckte.

    Kommen Sie nach Hause“, wiederholte Jack O’Neill ruhig. „Atlantis wartet auf Sie, John. Es gibt kein Problem, das sich nicht irgendwie aus der Welt schaffen lässt.“

    „Ja… Sir.“ Als John endlich etwas hervorbrachte, war es nicht mehr als ein heiseres Krächzen. „Ähem… Sir?“

    Ja?“

    John schluckte abermals. „Danke… Sir.“

    O’Neill lachte leise. „Bei mir müssen Sie sich nicht bedanken“, winkte er ab. „Ich wusste, dass Sie die richtige Entscheidung treffen werden, John. Wir alle wussten es. Wir haben nie daran gezweifelt.“

    Wir alle wussten es. Wir haben nie daran gezweifelt. John blieb stehen und blickte zum Garagenfenster hinaus. Wir alle wussten es. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er Teyla entdeckte, die in eine Art Monolog mit ihrer Tochter vertieft zu sein schien, die auf der großen Picknickdecke lag, mit ihren dünnen Armen und Beinen strampelte und ihrer Mutter andächtig lauschte. Teyla lächelte, strich sich das Haar aus dem Gesicht und beugte sich dann vor, um ihre Tochter auf die Stirn zu küssen. Selbst durch das geschlossene Garagenfenster hörte John das Baby vergnügt glucksen.

    Sheppard?“, drang da auf einmal O’Neills Stimme wieder zu ihm durch. „Hey, sind Sie noch dran?“

    „Ja, selbstverständlich, Sir“, erwiderte John rasch, den Blick immer noch auf Teyla und Charin gerichtet. Er betrachtete die strahlende Athosianerin, die in diesem Moment ihr Kind hochhob und an ihre Brust drückte, und mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass es noch eine wichtige Sache für ihn zu erledigen gab.

    „Äh… Sir? Ich… ich, ähem… ich hätte da nur noch eine kleine Bitte an Sie, Sir.“

    Was immer Sie wollen, Junge“, entgegnete O’Neill. „Was immer Sie wollen. Was kann ich für Sie tun?“

    „Nun“, meinte John, mit einem Mal grinsend, „Sie könnten mir einen klitzekleinen Gefallen tun. Haben Sie am Samstagnachmittag schon etwas vor?“



    ooOOoo



    „So ein…“ John stöhnte verzweifelt auf und betrachtete mürrisch sein Spiegelbild. „Wer hat eigentlich die Fliege erfunden?“, wunderte er sich entnervt und versuchte abermals durch Zerren und Ziehen zu retten, was noch zu retten war.

    „Ihre Ursprünge liegen im Dreißigjährigen Krieg“, ertönte hinter ihm die Stimme seines älteren Bruders. „Da trugen kroatischen Soldaten bunte Tücher, die sie später-“ Augenverdrehend drehte sich John zu seinem Bruder um, worauf Dave sofort verstummte und einsah, dass es sich dabei wohl eher um eine rhetorische Frage gehandelt hatte.

    „Naja, ist ja nicht so wichtig“, winkte er seufzend ab. „Es wäre sowieso viel zu kompliziert, Dir das jetzt zu erklären.“

    „Viel komplizierter, als dieses verdammte Mistding zu binden, kann es nicht sein“, schnaubte John und wandte sich wieder dem Spiegel zu. „Kann ich es nicht einfach weglassen? Ich sagte einfach. Klein, intim, nur die Familie. Wir haben uns auf eine einfache Zeremonie geeinigt, Dave, ohne jeden Schnickschnack und Firlefanz! Und ohne Fliegen!“

    „Wenn Du Dich bezüglich der Planung mit Addison anlegen willst, nur zu“, meinte Dave. „Ich werde Dir ganz bestimmt nicht im Wege stehen.“ John warf ihm durch den Spiegel einen finsteren Blick zu, wandte sich aber kurz darauf seufzend an ihn.

    „Könntest Du mir damit helfen? Bitte?“

    „Fein. Lass mal sehen.“ Dave kam zu ihm herübergeschlendert und verzog entsetzt das Gesicht, als er das mehr oder weniger gelungene Werk seines Bruders begutachtete. „Das ist… Igitt!“, schimpfte er. „Wie, um alles in der Welt, hast du denn das hingekriegt?!“

    „Hey, frag nicht mich“, verteidigte sich John. „Ich bin nur froh, dass ich meine Finger bis jetzt einigermaßen heil daraus halten konnte.“

    „Herrgott, John-“ Dave schüttelte seufzend mit dem Kopf- „ist denn gar nichts von Dads guter Schule bei Dir hängen geblieben?“

    „Ist das jetzt 'ne Fangfrage?“, fragte John und reckte das Kinn in die Höhe, um seinem Bruder die Arbeit etwas zu erleichtern. „Das meinst Du doch nicht ernst.“

    „Wenn ich es mir genau überlege, hast Du recht“, entgegnete Dave. „Antworte lieber nicht. So“, meinte er wenige Augenblicke später, „fertig!“ Er trat einen Schritt zurück, um sein Werk zu betrachten. „Perfekt!“

    John drehte sich um und betrachtete sein Abbild kritisch im Spiegel. Sein Bruder hatte wirklich ganze Arbeit geleistet- die Fliege saß, wie eine Fliege nun einmal sitzen musste, und in dem maßgeschneiderten Anzug aus dunklem, anthrazitfarbenem Stoff wirkte er wie aus einem Katalog entsprungen. John verzog das Gesicht und strich wie beiläufig über das Revers des Anzugs. Als er die weiße Ansteckblume berührte, seufzte er leise auf.

    „Alles in Ordnung?“, fragte Dave, der noch immer hinter ihm stand. John überlegte kurz, dann drehte er sich zu seinem Bruder um und seufzte erneut.

    „Das ist nicht das, was ich mir vorgestellt habe, Dave“, sagte er, worauf sein Bruder erwirrt die Stirn runzelte.

    „Was meinst Du?“, wunderte er sich.

    Das“, erwiderte John, drehte sich schwungvoll um und deutete auf sein Spiegelbild. „Das ist nicht das, was ich wollte“, rief er verzweifelt. „Das bin nicht ich, Dave!“

    Einen Momentlang schwieg sein älterer Bruder und John glaubte erneut auf Uneinsicht gestoßen zu sein, doch dann nickte Dave plötzlich und meinte ruhig: „Ich verstehe.“

    „Du verstehst?“, echote John. Wieder nickte sein Bruder.

    „Ja, John“, antwortete er, „das tue ich.“ Es war das erste Mal, dass John solche Worte aus dem Mund seines Bruders vernahm, und es verschlug ihm gelinde ausgedrückt die Sprache. Verwundert starrte er Dave an, wartete auf das ‚aber’, welches jedoch nicht kam. Stattdessen schenkte ihm sein Bruder ein verständnisvolles Lächeln und klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter.

    „Ich verstehe in letzter Zeit so einiges, John“, sagte er. „Und vieles, was ich früher vielleicht nicht so verstehen konnte und wollte. Wenn es Dir nicht gefällt, dann ändere es. Es ist Deine Entscheidung.“

    „Aber Addison…“

    „…hat sich wirklich verdammt viel Mühe gegeben, dass alles hier in zwei Tagen auf die Beine zu stellen, ja, aber ich bin mir sicher, dass sie es Dir nicht übel nehmen wird. Es ist nicht ihr Tag, es ist euer Tag, Deiner und Teylas. Und jetzt nimm endlich dieses verdammte Ding ab!“

    „Mit Vergnügen“, entgegnete John grinsend, entledigte sich unter den wachsamen Augen seines Bruders der lästigen Fliege, knöpfte das Anzugsjackett auf und öffnete die beiden obersten Knöpfe seines weißen Hemdes.

    „Na, siehst Du“, meinte Dave. „Viel besser. Das sieht schon eher nach Dir aus.“

    John warf einen kurzen prüfenden Blick in den Spiegel und musste seinem Bruder schließlich zustimmte. Viel besser, dachte nun auch er, aber das entspannte Gefühl hielt nicht lange vor. Schon im nächsten Augenblick spürte er, wie sich eiskalter Schweiß auf seiner Stirn bildete und wie sich die Nervosität in seinem Magen zu einem schmerzenden Knoten zusammenballte. Er schluckte, und plötzlich lag Daves Hand wieder auf seiner Schulter.

    „Hey“, sagte er sanft, „keine Panik. Du schaffst das schon.“

    „Ich… ich habe nur Angst, es wieder zu vermasseln, Dave“, gestand John und begegnete dem offenen Blick seines Bruders im Spiegel. „Was wenn…“

    „Das wird nicht passieren, hörst Du?“, fiel Dave ihm ins Wort. „Du wirst es nicht vermasseln, John. Nicht dieses Mal. Da bin ich mir sicher.“

    „Wie kannst Du das wissen?“

    „Das kann ich nicht“, meinte Dave. „Aber ich sehe, wie sehr Du sie liebst. Und wie sehr sie Dich liebt. Du wirst es nicht vermasseln“, wiederholte er geradezu beschwörend. „Nicht dieses Mal.“

    John nickte. „Okay.“

    „Okay.“ Dave drückte seine Schulter. „Und, bereit?“

    „Ja, ich denke schon“, antwortete John, nachdem er tief Luft geholt hatte.

    „Na dann los.“ Dave ließ von ihm ab und bedeutete ihm, vorzugehen. Nervös verließ John das Gästezimmer, welches kurzum zur Ankleide umfunktioniert worden war, und trat in den Gang hinaus. Hinter ihm schloss sein Bruder die Tür und folgte ihm in geringem Abstand. Sie verließen das Obergeschoss des Hauses, schritten die Treppe hinab, durchquerten den breiten, lichtdurchfluteten Hauptflur und hielten auf die nach Westen gerichtete Terrasse zu, auf der sie bereits von Addison, die die schlummernde Charin auf dem Arm trug, Connor und einer aufgeregten Sophie erwartet wurden.

    „Onkel John!“, quietschte seine vierjährige Nichte vergnügt und warf sich ihm in die Arme kaum, dass er und Dave auf die Terrasse hinausgetreten waren.

    „Hey, Phee“, lachte John, fing das quirlige, hauptsächlich aus blonden Haaren und pinken Tüll bestehende Energiebündel auf und hob sich Sophie auf die Hüfte. Mit einem Mal war seine Aufregung verflogen und er stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Lass Dich ansehen“, sagte er und betrachtete Sophie, die wieder einmal aussah wie ein kleiner Engel. „Sehr hübsch.“

    „Wirklich?“, kicherte die Kleine.

    „Wirklich“, bestätigte John und setzte sie wieder auf ihre Füße. „Wie ein Engel“, murmelte er, wobei seine Aufmerksamkeit jetzt nicht nur allein seiner bezaubernden Nichte gehörte, sondern auch dem winzigen, in rosafarbenen Decken eingewickelten Säugling in Addison’s Armen. Vollkommen unbeeindruckt von der Aufregung der letzten Tage schlief seine Tochter tief und fest und ließ sich noch nicht einmal von Sophies hellem Quietschen daran stören.

    „Sie ist wirklich hinreizend, John“, lächelte seine Schwägerin, als sie ihm das Baby in die Arme legte. Seufzend presste John seine Tochter an sich, hob sie ein Stück an und küsste sie auf die weiche Stirn. Charin rührte sich, seufzte und schlug schließlich die Augen auf. Einen Momentlang befürchtete John, sie würde zu schreien beginnen, doch sie blieb ruhig und blickte mit wachen Augen zu ihm auf.

    „Hey, Schlafmütze“, flüsterte er und wiegte ihren winzigen Babykörper liebevoll in seinen Armen. „Heute ist ein besonderer Tag für Deine Mom und mich. Ich hatte mir gedacht, dass Du die Party nicht verpassen willst.“

    Das Baby gluckste, und John lächelte.

    „Ich werde mal nach Teyla sehen“, sagte Addison lächelnd, drückte seine Hand und verschwand mit ihren beiden Kindern im Schlepptau im Haus. John sah ihnen nach, drehte sich dann aber mit besorgter Miene zu seinem Bruder um.

    „Ist er schon da?“, fragte er, doch ehe Dave etwas erwidern konnte, ertönte auf einmal eine bekannte Stimme hinter ihnen, die John unwillkürlich zusammenzucken ließ. Langsam drehte er sich um und sah General Jack O’Neill die Terrassenstufen hinaufkommen.

    Natürlich ist er schon da. Und hungrig ist er auch! Ich glaube mich richtig zu erinnern, dass Sie sagten, es gäbe Kuchen. Bis jetzt habe ich aber noch keinen Kuchen gesehen, Sheppard.“

    „Sir…“ John versuchte es mit einem Salut, merkte jedoch schnell, dass sich dies mit einem Baby auf dem Arm als geradezu unmöglich erwies, weswegen er es bei einem respektvollen Nicken beließ. „Danke, dass Sie gekommen sind, Sir. Das bedeutet mir wirklich sehr viel.“

    „Ach, Sie kennen mich Sheppard. Ich bin von Natur aus ein Romantiker.“ Jack O’Neills Lippen verzogen sich zu einem schelmischen Lächeln. „So“, meinte er, beugte sich vor und beäugte die hellwache Charin neugierig, „das ist also der Nachwuchs.“

    „Das ist meine Tochter, Sir“, entgegnete John stolz und hielt das Baby etwas höher, sodass der General sie besser sehen konnte.

    „Entzückend“, entschied O’Neill nach kurzer, eingehender Betrachtung. „Ganz die Mutter, die Kleine. Naja“, meinte er dann und legte den Kopf etwas schief, „bis auf diese Haare natürlich.“

    John grinste. „Ja, Sir.“

    „Wie heißt sie?“, erkundigte sich sein Gegenüber interessiert.

    „Charin Elizabeth Sheppard, Sir“, antwortete John, worauf O’Neill die Augenbrauen anhob.

    „Ein ganz schön langer Name für so ein kleines Ding“, sagte er, streckte die Hand aus und hielt Charin seinen Zeigefinger hin, den die Kleine augenblicklich ergriff und mit ihrer winzigen Hand fest umklammerte. „Hallo, Du kleine Maus“, flötete O’Neill, und das Baby gluckste und begann in John’s Armen zu zappeln und sich in der Decke zu winden.

    „Sie ist ja ein richtiger kleiner Wirbelwind“, lachte O’Neill, während er versuchte seinen Finger aus Charins eisernem Griff zu befreien. „Und Kraft hat sie. Naja, wie ich sagte, ganz die Mutter.“

    „Apropos“, schaltete sich in diesem Augenblick Dave mit einem leisen Räuspern in die Unterhaltung ein. „Ich denke, es wird Zeit, John“, sagte er und streckte die Arme aus. „Gib sie mir. Ich werde sie nehmen.“

    John sah die ausgestreckten Arme seines Bruders vor sich und zögerte für einen Augenblick, erinnerte sich dann aber, dass Dave selbst zwei Kinder großgezogen hatte und wissen musste, wie man mit einem so kleinen Menschen umzugehen hatte. Vorsichtig übergab er daher seine Tochter den fähigen Händen seines Bruders, der die Kleine auch sogleich zärtlich an sich drückte.

    „Fall es euch nichts ausmacht, werde ich mit der Kleinen im Pavillon warten“, sagte er dann. „General O’Neill.“ Er zollte dem Offizier ein Nicken, dann drehte er sich mit Charin auf dem Arm um, stieg die Terrassenstufen hinab und schlenderte langsam über die grüne Rasenfläche.

    „Nun“, hörte John Jack O’Neill sagen, als sein Bruder außer Hörweite war, „ich hoffe, Ihnen ist klar, was ich alles auf mich nehmen musste, um das hier geheim zu halten.“

    John nickte. „Ich weiß Ihre Diskretion zu schätzen, Sir, und ich danke Ihnen noch einmal, dass Sie gekommen sind.“

    Langsam setzten sich die beiden Männer kurz darauf in Bewegung und schritten nebeneinander her, folgten Dave, der den kleinen, mit einer Blumengirlande geschmückten Pavillon am Fuße des Gartengrundstückes bereits erreicht hatte. Kurz bevor sie wieder in Hörweite gelangten, bemerkte John, wie der General das Tempo deutlich zurücknahm und schließlich sogar ganz stehen blieb.

    „Sheppard…“ Jack O’Neills Stimme klang versöhnlich, dennoch verspürte John eine gewisse Nervosität. Er blieb stehen und drehte sich zu seinem Begleiter um, der ihn abschätzend musterte. „Ich muss gestehen, dass ich sehr erleichtert war, als Sie anriefen.“

    Verwundert runzelte John die Stirn. „Sir?“

    „Atlantis ist nicht mehr dasselbe, seit Sie weg sind“, erklärte O’Neill. „Ich war ein paar Mal dort und es ist mir sofort aufgefallen. Glauben Sie mir“, sagte er und legte eine Hand auf John’s Schulter, „es ist das Beste, dass Sie zurückkehren.“

    „Danke… Sir“, entgegnete John verlegen.

    „Allerdings“, meinte O’Neill nachdenklich, als sie wieder auf den Pavillon zuhielten, „könnte ich mir vorstellen, dass es zu gewissen… Schwierigkeiten kommen wird.“

    „Schwierigkeiten?“, wiederholte John. „Von was für Schwierigkeiten sprechen Sie, Sir?“

    „Schwierigkeiten Ihren Nachfolger betreffend, John.“ Sein Gegenüber zog die Stirn kraus und fuhr fort: „Er ist ein komischer Kauz, das muss ich schon sagen. Keinesfalls unqualifiziert“, fügte er rasch hinzu. „Er hat eine beeindruckende Laufbahn hingelegt und sich regelrecht nach oben gekämpft.“

    John nickte verstehend. „Und das bereitet Ihnen Sorge.“

    Mir bereitet dieser Kerl keine Sorgen, John“, entgegnete O’Neill. „Es ist Ihr Job, den dieser Kerl gerade innehat. Und ich befürchte, dass er ihn auch nicht so schnell wieder hergeben wird.“

    „Bei allem nötigen Respekt, Sir-“ Wenige Meter von dem Pavillon entfernt, blieb John abermals stehen und wandte sich dem General zu- „aber im Moment denke ich noch nicht daran, wie es mir gelingt, meinen Posten wiederzuerlangen. Ich… ich werde es einfach auf mich zukommen lassen und vielleicht…“ Er legte eine kurze bedeutungsschwangere Pause ein. „Vielleicht ist es besser, die Zügel vorübergehend jemand anderem zu überlassen.“

    „Vorübergehend“, echote O’Neill.

    „Ja, vorübergehend“, bestätigte John nickend und schluckte. „Ich werde sicher eine gewisse Zeit brauchen, um mich wieder… einzuleben.“

    „Lassen Sie sich Zeit, John.“ O’Neill klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter. Plötzlich glitt sein Blick über John’s Kopf hinweg, zurück in Richtung Haupthaus. Seine braunen Augen begannen zu leuchten, und als John sich umdrehte und seinem Blick folgte, erkannte er auch den Grund. Unwillkürlich verzogen sich seine Lippen zu einem amüsierten Grinsen, als er Sophie und Connor lachend in über den Rasen flitzen sah, gefolgt von ihrer Mutter und… Teyla.

    John stockte der Atem, als er die Athosianerin erblickte, die begleitet von Addison gerade die Terrassenstufen hinabschritt.

    „Showtime“, hörte er O’Neill amüsiert sagen, und es war gleichzeitig das letzte, was er realisierte. Schon im nächsten Moment fegten seine Nichte und sein Neffe an ihm vorbei, umringten ihn, stellten ihm Fragen, doch alles, was er in diesem Moment wahrnahm, war Teyla. Er blendete alles außer ihr aus; das Rauschen der Blätter im Wind, das Gezwitscher der Vögel, seine Verwandten, General O’Neill, ja selbst das Geräusch seines wie wild klopfenden Herzens. Strahlend- und barfuß, wie er schmunzelnd feststellte- kam Teyla langsam auf ihn zu, und John blieb nichts anderes übrig, als sie anzustarren. Grazil und mit einer atemberaubenden Eleganz schwebte sie über den Rasen, lächelnd und wunderschön.

    „Wow“, hauchte er, als sie vor ihm zum Stehen kam, und ließ seinen Blick ungeniert über sie gleiten. „Teyla…“ Seine Stimme klang heiser; ihr Anblick verschlug ihm buchstäblich die Sprache. Ungläubig schüttelte er mit dem Kopf, ehe er dicht an sie herantrat und sie zärtlich auf die Stirn küsste.

    „Gefällt es Dir?“, hörte er sie leise fragen.

    „Ob es mir gefällt?“, wiederholte John lächelnd. „Du siehst unglaublich aus, Teyla. Wirklich… unglaublich.“
    „Danke, John.“
    Die Athosianerin errötete verlegen, was sie in seinen Augen noch bezaubernder machte. Staunend ließ John abermals seinen Blick über sie gleiten und betrachtete sie voller Stolz und Faszination. Addison hatte wirklich ganze Arbeit geleistet und ihr ein traumhaftes Kleid ausgesucht. Es war bodenlang, elfenbeinfarben, aus einem edlen, dezent schimmernden Stoff mit leichten Raffungen. Der fließende Schnitt des Stoffes und der leichte Faltenwurf des Rockes kaschierten die Überreste ihres Babybauches, während ein tiefer Ausschnitt und das eingearbeitete Taillenband gleichzeitig ihre neuen Kurven betonten. Das Haar trug sie offen und leicht gelockt. In sanften Wellen floss es über ihre zarten Schultern und glänzte kupfern im Licht der Nachmittagssonne. Sie war nur leicht geschminkt, ihre Lippen glänzend, ihre Wangen rosig und ihre rehbraunen Augen von dichten, schwarzen Wimpern gesäumt, die erwartungsvoll flatterten, als sie darauf wartete, dass er seine Betrachtung abschloss.

    John schluckte erneut, dann wandte er sich seiner Schwägerin zu, die neben Teyla stand und ebenfalls stolz ihr Werk begutachtete. „Danke, Addie.“

    „Das habe ich gern gemacht“, erwiderte sie, drängte sich kurz zwischen das Paar und küsste ihn auf die Wange. „Du hast es verdient“, flüsterte sie ihm ins Ohr, bevor sie zurücktrat und Teyla Platz machte.

    „Und… bereit?“, fragte John sie leise und hielt ihr seinen Arm hin. Teyla atmete einmal tief ein und wieder aus, dann begann sie zu lächeln und nickte.

    „Ja, John, ich bin bereit“, sagte sie und hakte sich bei ihm unter. Er schenkte ihr ein letztes aufmunterndes Lächeln, ehe sie, gesäumt von seiner Familie, einen aus Rosenblättern gestreuten Pfad entlang schritten und schließlich die hölzernen Stufen des Pavillons emporstiegen, in dem sie bereits von Jack O’Neill erwartet wurden.

    „Mit Verlaub, meine Liebe“, empfing dieser sie und beugte sich leicht in Teylas Richtung, „Sie sehen heute wirklich bezaubernd aus.“

    „Vielen Dank, General“, entgegnete Teyla lächelnd, griff nach John’s Hand und drückte sie sanft, worauf er sie ansah. Bereit, schienen ihn ihre Augen erneut zu fragen, und er lächelte, führte ihre Hand an seine Lippen und küsste ihre Finger zärtlich.

    „Na dann mal los“, flüsterte er ihr zu und gab dann dem General mit klopfendem Herzen ein Zeichen, dass er beginnen konnte.

    Im Nachhinein war es ihm unmöglich, sich auch nur an eines der Worte zu erinnern, und auch während der Zeremonie fiel es ihm schwer, dem Gesagten zu folgen, denn seine ganze Aufmerksamkeit galt der umwerfenden, atemberaubend schönen Frau, die neben ihm stand und ihm ab und zu kurze, verliebte Blicke zuwarf. Während der ganzen Zeremonie hielt er ihre Hand fest umklammert, als fürchtete er sich davor, sie je wieder loszulassen. Die Zeit schien sich unendlich in die Länge zu ziehen, und als es plötzlich soweit war und er Teyla jene zwei besonderen Worte sagen hörte, zuckte John regelrecht zusammen.

    „Ich will.“
    Sie sagte es mit solcher Inbrunst und solcher Liebe, und ein strahlendes Lächeln breitete sich auf ihrem hübschen Gesicht aus, als sie ihn ansah und darauf wartete, dass er es ihr gleichtat.

    „Und so frage ich nun auch Sie-“ O’Neills Stimme war nur ein gedämpfter Laut, der beinahe von dem lauten Pochen seines Herzens übertönt wurde, sodass John erst wusste, dass es Zeit für ihn zu antworten war, als er spürte, wie Teyla seine Hand drückte.

    „Ja, ich will“, raunte er und seine Hände legten sich noch enger um die von Teyla, drückten sie zärtlich, worauf ein paar glitzernde Tränen aus ihren Augen quollen und über ihre Wangen liefen. Lächelnd übergab sie ihren Blumenstrauß- der aus weißen Rosen und bunten Feldblumen bestand- Addison, die herangetreten war. John warf seiner Schwägerin einen raschen Blick zu, als sie ihm die Ringe reichte, und sah, dass auch sie weinte. Er schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln, ehe er sich wieder Teyla zuwandte und tief Luft holte.

    „Teyla“, begann er. „Ich habe mir die ganze letzte Nacht überlegt, was ich Dir jetzt sagen soll. Du weißt sicher schon längst, wie ich für dich empfinde, dass ich dir vertraue und dich über alles liebe. Wahrscheinlich weißt Du es länger, als ich selbst, aber ich wollte es Dir noch einmal sagen. Ich vertraue Dir und liebe Dich seit dem Tag, an dem wir uns das erste Mal begegnet sind. Auch wenn es ziemlich lange gedauert hat, bis mir das klar geworden ist. Ziemlich lange.“

    „Oh, ja, in der Tat“, flüsterte Teyla und lächelte, sich die Tränen mit dem Handrücken aus dem Gesicht wischend.

    „Nun“, fuhr John fort, „jetzt weiß ich es. Man sagt, dass der Mensch ewig währende Bande in schwierigen Zeiten knüpft… und das stimmt. Ohne Dich wüsste ich nicht, wie es mit mir weitergegangen wäre. Ohne Deine Hilfe…“ Er stoppte kurz, um zu schlucken. „Was ich Dir damit sagen will, Teyla… Ich… Ich bin Dir für so vieles dankbar. Du hast mir gezeigt, wie wichtig es ist, sich nicht aufzugeben und sich auch an das letzte Fünkchen Hoffnung zu klammern. Und dafür danke ich Dir.“ Er pausierte erneut einen Augenblick und streckte seine Hand aus, um ihr die Tränen sanft aus dem Gesicht zu wischen.

    „Ich kann Dir nicht versprechen, dass Du es immer leicht mit mir haben wirst“, meinte er abschließend. „Aber ich verspreche Dir, stets mein Bestes zu geben. Ich verspreche Dir, solange es mir möglich ist, an Deiner Seite zu sein und darum zu kämpfen, dass Du immer glücklich bist.“
    Teyla schluchzte und lachte zugleich. Ihre Lippen bebten, als John ihre Hand nahm und den schlichten silbernen Ring an ihren Finger steckte und dann flüsterte: „ Mit diesem Ring nehme ich, John Sheppard, Dich zu meiner Frau und verspreche Dich zu lieben und zu ehren, wie ich es schon immer getan habe und immer tun werde.“

    Ergriffen und mit tränenverschwommenen Blick blickte Teyla auf den glänzenden Ring an ihrem Finger hinab. Es vergingen einige Sekunden, dann nahm sie vorsichtig den zweiten Ring aus der kleinen Schatulle, die Addison ihr entgegenhielt. Sie ließ das Schmückstück zwischen ihren Fingern hin- und hergleiten, holte tief Luft und sah ihn dann an.

    „Ich erinnere mich an einen kalten Herbsttag“, begann sie. „Es hatte den ganzen Tag geregnet und aus diesem Grund hatte man den Dorfrat zusammengerufen. Wir machten uns große Sorgen um unsere Ernte, schließlich hatten wir viele Handelsabkommen geschlossen. An diesem Tag erwarteten wir einige Vertreter unserer Handelspartner…doch sie kamen nicht. Dafür kamen Fremde in unsere Stadt; unter ihnen ein junger Soldat.“
    John grinste spitzbübisch, während sie sprach.
    „Er war anders als die anderen“, setzte Teyla ihre Erzählung fort. „Ich habe damals sofort Sympathie für ihn empfunden. Obwohl ich ihn nicht kannte, fühlte ich mich auf merkwürdige Weise zu ihm hingezogen und vertraute ihm. Damals konnte ich noch nicht wissen, was für einen Platz dieser junge Soldat später einmal in meinem Leben einnehmen würde.“ Sie nahm Johns Hand und hielt sie gegen ihre Brust.
    „Ich wusste nicht, dass dieser Mann einmal den wichtigsten Platz in meinem Leben einnehmen würde.“ Ihren Kopf neigend, gab Teyla ihm einen zarten Kuss auf die Finger. „Dass er mich beschützen würde, selbst wenn es ihn sein eigenes Leben kosten würde. Dass er alles dafür tun würde, damit ich glücklich bin. Dass er mir so sehr vertrauen und alles mit mir teilen würde. Und mir so vieles von sich geben würde.“

    Ihr Blick fiel auf ihre nunmehr wieder schlafende Tochter in Daves Armen.

    „Du hast mir sie geschenkt“, flüsterte sie. „Du hast mir so sehr vertraut, dass Du mir unsere Tochter geschenkt hast. Du hast mich zur Mutter Deines Kindes gemacht und dafür danke ich Dir, John Sheppard.“ Sie trat noch näher an ihn heran, so dass sie den Kopf weit in den Nacken legen musste, um zu ihm aufblicken zu können.

    „Ich liebe Dich“, sagte sie leise. „ Ich liebe Dich über alles und das wird sich nicht ändern. Ich weiß, dass gewiss schwere Zeiten auf uns zukommen werden, doch ich bin mir ebenso sicher, dass wir sie meistern werden- zusammen.“ Der silberne Ring glitt über John’s Fingerkuppe und schließlich sprach sie die Worte, auf die er so lange gewartet hatte.
    „Mit diesem Ring nehme ich, Teyla Emmagan, Dich zu meinem Mann und verspreche dich zu lieben und zu ehren. Für immer.“

    Gebannt starrte John in die Augen der Frau, die gerade so emotionale Worte an ihn gerichtet hatte. Teyla begann zu lächeln, ein strahlendes, glückerfülltes Lächeln, und er wünschte sich nichts sehnlicher, als dieses Glück- ihr gemeinsames Glück- endlich mit einem Kuss besiegeln zu können. Es verging für ihn eine gefühlte Ewigkeit, bis General O’Neill endlich seine Stimme erhob.

    „Es freut mich, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass Sie nun rechtlich verbundene Eheleute sind. John“, sagte er sanft und mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen, „machen Sie uns allen die Freude und küssen Ihre Frau?“

    „Es gäbe nichts, was ich lieber täte, Sir“, antwortete John und grinste breit. Seine Hände legten sich um Teylas Taille, und er zog sie sanft zu sich, bis seine Stirn die ihre berührte. „Ich liebe Dich“, säuselte er, rahmte ihr Gesicht mit seinen Händen ein, lehnte sich leicht zurück und bannte ihren Blick. Grün auf braun. Er erschauderte. So sollte es sein. Genauso. Und nicht anders.

    „Ich liebe Dich auch, John“, entgegnete Teyla, legte die Hände an seinen Nacken und zog ihn zu sich herunter. John schloss die Augen und beugte sich vor, lehnte sich ihr entgegen und presste seine Lippen schließlich besitzergreifend auf die seiner Frau, küsste sie innig und in dem Wissen, das erste Mal seit langer Zeit wieder das Richtige getan zu haben.


    Fortsetzung folgt…
    Geändert von Nyada (04.01.2015 um 15:32 Uhr)


  18. #31
    zigtausend Jahre alt ... ;-) Avatar von John's Chaya
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    Oh man, der Doppelpostfluch ...
    Geändert von John's Chaya (25.02.2014 um 23:13 Uhr)

    Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.(JWvG)

  19. #32
    zigtausend Jahre alt ... ;-) Avatar von John's Chaya
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    das darauf hindeutete, dass seinem kleinen Bruder die neue Situation über den Kopf zu wachsen drohte.
    John doch nicht, der liebt seine kleine Familie über alles und tut alles, damit es ihr gut geht.

    Die schlaflosen Nächte, das ewige Geplärre und das Herumgetrage, bis einem die Arme und die Füße einschliefen. Die anhaltend schlechte Laune und die Lustlosigkeit, die frischgebackene Eltern nach der Geburt des Kindes unausweichlich heimsuchten.
    Mich hat das nie heimgesucht, denn es gab nichts schöneres für mich.


    „John ist ein wundervoller Vater. Er liebt seine Tochter. Er ist regelrecht vernarrt in sie. Sie ist sein Ein und Alles. Manchmal“, fuhr sie fort, „wenn ich ihn beobachtete, glaube ich, dass er sein ganzes Leben nur darauf gewartet hat, Vater zu sein.“
    *seufz* Ich will auch ein Baby von John ...

    Wie machst Du das nur?“, fragte sie ihn verwundert. „Immer wenn ich sie halte, will sie sich nicht beruhigen, aber sobald Du sie nimmst…“
    Charin trägt sicherlich wie er das Gen in sich und da ist die Verbindung zwischen ihnen ganz besonders.

    „Wir gehen heim.“
    Wie schön, endlich! *seufz*

    Wir haben nie daran gezweifelt.“
    Ich auch nicht ...

    „Ach, Sie kennen mich Sheppard. Ich bin von Natur aus ein Romantiker.“
    Ja ja, der General, was für ein Romantiker.

    „Atlantis ist nicht mehr dasselbe, seit Sie weg sind“, erklärte O’Neill. „Ich war ein paar Mal dort und es ist mir sofort aufgefallen.
    Atlantis vermisst John, das ist der Grund. Das hab' ich schon immer gewusst, von wegen Symbiosepartnerin usw. ...

    dem Wissen, das erste Mal seit langer Zeit wieder das Richtige getan zu haben.
    Und wie er das hat und du auch! Was für eine traumhafte Hochzeit!

    Dankeschön für dieses wunderschöne Kapitel!
    Geändert von John's Chaya (25.02.2014 um 23:34 Uhr)

    Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.(JWvG)

  20. Danke sagten:


  21. #33
    Major Avatar von claudi70
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    Ein wirklich rund um gelungenes Kapitel. Danke!

    Ach ja, die ersten Tage mit dem Baby zu Hause (bei mir waren es zwei...) aber auch bei uns sah es dann doch nicht ganz so schlimm aus wie in Daves Vorstellungen... aber ich kann mich noch gut daran erinnern.
    „Es mag merkwürdig klingen, aber Charin schläft nur ein, wenn er sie trägt.“
    Tja, die Kleine weiß eben was gut ist. *gg*

    „Wirklich“, bestätigte er und zog sie fest an sich, ehe er leise die Worte aussprach, auf die Teyla so lange gewartet hatte.

    „Wir gehen heim.“
    Oh man, wie lange hab ich darauf gewartet.

    „Mir bereitet dieser Kerl keine Sorgen, John“, entgegnete O’Neill. „Es ist Ihr Job, den dieser Kerl gerade innehat. Und ich befürchte, dass er ihn auch nicht so schnell wieder hergeben wird.“
    Das befürchte ich auch. Aber John sieht dem ja relativ entspannt entgegen. Hoffentlich lässt er sich nicht all zuviel Zeit, und nimmt die Zügel wieder selber in die Hand- ich kann es kaum erwarten, dass sie wieder zurück gehen.

    Was für eine tolle Hochzeit. Nur schade, dass Rodney und Ronon nicht dabei waren, ich hab ja noch insgeheim gehofft, dass sie noch auftauchen...Naja was sollts, Jack hat es ja versproch geheim zu halten. Aber auf die Gesichter bin ich jetzt schon gespannt.

    So, dann will ich mal hoffen, dass du dich recht bald wieder in deinen Wintergarten setzt und in die Tasten haust. Wetter ist ja wirklich super im Moment.

    LG

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  23. #34
    Die nach den Sternen greift Avatar von Ailya
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    Hallo Moni!

    Ich sage immer: Lieber spät als nie. Meistens trifft das auf mein Verhalten beim Feedback geben zu. Aber du kennst das sicher; man will es unbedingt erledigen, aber immer kommt einen etwas dazwischen. Furchtbar! Ich habe dich aber nicht vergessen! Bevor mir also wieder etwas Unvorhersehbares dazwischen kommt, schreibe ich dir (endlich) einen bestimmt schon ersehnten Kommentar.

    Zuerst einmal muss ich sagen, dass mir das neue Kapitel wieder sehr gut gefallen hat. Schön lang und mit allerlei Informationen, die es jetzt erst einmal zu verarbeiten gilt.

    Mir persönlich hat die Interaktion zwischen Dave und Teyla gut gefallen. Auch wenn ich mir Johns Bruder immer etwas verschlossener vorgestellt habe. Endlich zu erfahren, was wirklich mit Mia passiert ist und was ihr Tod nicht nur für die Ehe ihrer Eltern sondern auch für das Verhältnis von John und seinem Vater zu bedeuten hatte, war sehr interessant. Der arme John- jetzt hat er eine so kleine süße Maus, und ich als Leser frage mich genauso wie Teyla, ob er dabei an Mia denkt. Ich hoffe, die kleine Charin bringt ihren Daddy auf andere Gedanken. Sie ist ja wirklich eine kleine Zuckerpuppe.

    Toll auch, dass du wieder John's innerlichen Konflikt mit eingebaut hast. Er ist hin- und hergerissen, und ich befürchte, dass seine Rückkehr nach Atlantis daran nichts ändern wird.

    Apropos Rückkehr...

    „Wirklich“, bestätigte er und zog sie fest an sich, ehe er leise die Worte aussprach, auf die Teyla so lange gewartet hatte.

    „Wir gehen heim.“
    ENDLICH!!! Ich kann mich meinen beiden Vorgängerinnen nur anschließen- auf diese drei Worte habe auch ich sooo lange gewartet! Es wurde aber auch Zeit. Atlantis und John- die beiden gehören einfach zusammen. Und ich bin mir sicher, dass John diesem Major Danville zeigen wird, wer auf Atlantis das Sagen hat. Zumal die Stadt ihn ja auch zurückhaben will. Ich bin mir sehr sicher, dass Major Danville schon sehr bald nichts mehr zu melden haben wird.
    Geschieht ihm recht.

    „Nun“, meinte John, mit einem Mal grinsend, „Sie könnten mir einen klitzekleinen Gefallen tun. Haben Sie am Samstagnachmittag schon etwas vor?“
    Ich las diesen Satz und wusste sofort, was folgen würde. Ich hatte gar keine Zweifel, dass John O'Neill darum bitten würde. Spätestens an dieser Stelle war ich emotional so dahingerissen, aber mit der darauffolgenden Trauungszeremonie hast du mich dann endgültig in ein Romantik-Koma versetzt.

    „Nun“, fuhr John fort, „jetzt weiß ich es. Man sagt, dass der Mensch ewig währende Bande in schwierigen Zeiten knüpft… und das stimmt. Ohne Dich wüsste ich nicht, wie es mit mir weitergegangen wäre. Ohne Deine Hilfe…“ Er stoppte kurz, um zu schlucken. „Was ich Dir damit sagen will, Teyla… Ich… Ich bin Dir für so vieles dankbar. Du hast mir gezeigt, wie wichtig es ist, sich nicht aufzugeben und sich auch an das letzte Fünkchen Hoffnung zu klammern. Und dafür danke ich Dir, Teyla.“ Er pausierte erneut einen Augenblick und streckte seine Hand aus, um ihr die Tränen sanft aus dem Gesicht zu wischen.

    „Ich kann Dir nicht versprechen, dass Du es immer leicht mit mir haben wirst“, meinte er abschließend. „Aber ich verspreche Dir, stets mein Bestes zu geben. Ich verspreche Dir, solange es mir möglich ist, an Deiner Seite zu sein und darum zu kämpfen, dass Du immer glücklich bist.“
    Teyla schluchzte und lachte zugleich. Ihre Lippen bebten, als John ihre Hand nahm und den schlichten silbernen Ring an ihren Finger steckte und dann flüsterte: „ Mit diesem Ring nehme ich, John Sheppard, Dich zu meiner Frau und verspreche Dich zu lieben und zu ehren, wie ich es schon immer getan habe und immer tun werde.“
    Wie. Romantisch. Und. Rührend. Ist. Das. Denn. Bitteschön? Und so typisch John! Wie er sich bei ihr bedankt, dafür, dass sie ihm immer beigestanden hat! Nein, wie wunder-, wunderschön!*seufz* Ich musste einfach die ganze Passage zitieren, weil sie einfach umwerfend rührend ist.

    „Es freut mich, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass Sie nun rechtlich verbundene Eheleute sind. John“, sagte er sanft und mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen, „machen Sie uns allen die Freude und küssen Ihre Frau?“

    „Es gäbe nichts, was ich lieber täte, Sir“, antwortete John heiser. Seine Hände legten sich um Teylas Taille, und er zog sie sanft zu sich, bis seine Stirn die ihre berührte. „Ich liebe Dich“, säuselte er, rahmte ihr Gesicht mit seinen Händen ein, lehnte sich leicht zurück und bannte ihren Blick. Grün auf braun. Er erschauderte. So sollte es sein. Genau so. Und nicht anders.

    „Ich liebe Dich auch, John“, entgegnete Teyla, legte die Hände an seinen Nacken und zog ihn zu sich herunter. John schloss die Augen und beugte sich vor, lehnte sich ihr entgegen und presste seine Lippen schließlich besitzergreifend auf die seiner Frau, küsste sie innig und in dem Wissen, das erste Mal seit langer Zeit wieder das Richtige getan zu haben.
    Keine. Worte. Einfach nur sooooo schön. Die beiden gehören einfach zusammen, und ich bin mir sicher, dass sie zusammen alles schaffen werden. Die letzte Szene und insbesondere der letzte Satz waren so rührend und tiefgehend, dass ich möglicherweise das ein oder andere Tränchen verdrückt habe*schnief*.

    Alles in allem war die ganze Trauungsszene sehr berührend und sehr schön geschrieben. Auch wenn ich mir- ähnlich wie meine Vorgängerinnen- gewünscht hätte, dass Ronon und Rodney bei der Zeremonie dabei gewesen wären. Aber wer weiß, vielleicht gönnst du den beiden ja noch eine zweite Hochzeit im Kreise ihrer Freunde auf Atlantis? Das wäre auf jeden Fall sehr schön.

    So, jetzt bin ich aber mal sehr gespannt, wie es weitergeht. John, Teyla und Charin kehren nach Atlantis zurück, nicht wissend, was sie dort erwartet. Ob Atlantis wieder versucht, in die Pegasusgalaxie zurückzufliegen, wenn die kleine Familie "an Bord" ist? Oh Mannomann, schreib schnell weiter. Ich kann es kaum erwarten!

    Liebe Grüße, Ally

  24. Danke sagten:


  25. #35
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Kapitel Neun

    A/N: Uuuuuund fertig! Das neue Kapitel, meine ich, nicht die Geschichte- nein, die geht noch ein bisschen weiter, also bloß keine Panik.
    Ich habe den heutigen, unglaublich schönen Tag damit verbracht, auf der Terrasse vor mich hinzubrutzeln, selbstgemachten Eistee zu trinken und natürlich den letzten Feinschliff an dem neuen Kapitel vorzunehmen. Das Resultat meiner Arbeit? Der allererste Sonnenbrand des Jahres und ein hoffentlich gelungenes neues Kapitel. (Letzteres müsst ihr natürlich bewerten).

    LG, eure Moni

    PS: Es folgt das Kapitel, auf das ihr alle sehnsüchtig gewartet habt….



    Kapitel Neun




    Der wohlbekannte Geruch stieg ihm in die Nase kaum, dass er die Autotür geöffnet hatte und ausgestiegen war. Es war ein Geruch bei dem sich ihm der Magen zusammenzog, eine modrig riechende Mischung aus Moos und feuchter Erde, die unangenehme Erinnerungen in ihm wachrief. Er verharrte einen Augenblick, die Hände um die geöffnete Autotür gelegt, hob den Kopf und sah sich kurz um, ehe er den Blick zum Himmel empor hob, der sich zugezogen hatte. Grau in grau erstreckte sich die dichte Wolkendecke über ihnen und ein leichter Nebel war aufgekommen. Der wässrige Dunst legte sich um die wenigen Gebäude in der Umgebung, und auch das leuchtend rote Stahlgerüst der sich in unmittelbarer Nähe befindenden Golden Gate Bridge verschwand beinahe vollständig im Nebel.
    Genau wie damals, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf, und er erschauderte bei dem Gedanken. Leichte Schritte näherten sich ihm von der Seite, also löste er den Blick vom trostlosen Horizont.

    „John?“ Vorsichtig berührte Teyla ihn am Arm, worauf er sie ansah. Abschätzend musterte sie ihn. „Ist alles in Ordnung?“, fragte sie leise. John öffnete den Mund, schloss ihn jedoch sogleich wieder, da er ehrlich nicht wusste, was er ihr antworten sollte. Die Athosianerin bemerkte sein Zögern, ergriff seine Hand und drückte sie sanft.
    „Wir können immer noch gehen“, erinnerte sie ihn liebevoll. „Du musst das hier nicht tun, John.“

    Einen Momentlang dachte er ernsthaft darüber nach, ihr zu zustimmen, sie zurück ins Auto zu verfrachten und nach Hause zu fahren. Doch ihm wurde schnell bewusst, dass dies keine Option für ihn war. Schon gar nicht, wo er es bis hierher geschafft hatte. John seufzte resigniert auf. Es gab nichts, was einen Rückzieher gerechtfertigt hätte, und er hatte es lange genug vor sich hergeschoben. Zumal es womöglich seine letzte verbliebene Chance war.

    „Nein, schon gut“, winkte er daher ab. „Lass uns gehen.“

    „John…“ Teylas braune Augen taxierten ihn prüfend. ¬Ihre Stimme zeugte von einer leichten Unsicherheit und warf zugleich Fragen auf, die er ihr allzu gern beantwortet hätte. John seufzte erneut, als sich ihre Blicke über die geringe Distanz hinweg trafen und verketteten. Grün auf braun. Er konnte förmlich spüren, wie der Blick seiner Frau ihn immer weiter durchdrang, während sie nach ihren Antworten suchte. Teylas bei Weitem herausragendste Gabe war es, in Menschen zu lesen, und bei ihm gelang es ihr jedes Mal, ganz gleichwie sehr er sich bemühte seine wahren Gefühle und Gedanken vor ihr zu verbergen. Sie las in seinem Gesicht wie in einem offenen Buch und machte auch keinen Hehl daraus, was ihn jedes Mal aufs Neue aufregte, denn er hatte sich nie für derartig berechenbar gehalten.

    „Ich kann mir vorstellen, dass das nicht einfach für Dich ist, John“, sagte sie mit einem Mal, und ihre Züge entspannten sich leicht. Wenn sie auf etwas Beunruhigendes gestoßen war, so ließ sie es sich wie immer nicht anmerken. John erschauderte regelrecht, als ihr Blick weicher wurde und sich nicht länger auf sein Innenleben konzentrierte. Er wusste nicht, wie sie es anstellte, aber er fühlte sich jedes Mal, wenn sie ihn so ansah, regelrecht in ihren Bann gezogen. Sie sah ihn an und für eine kurze Zeit existierte außer ihnen beiden nichts mehr. Die Zeit schien stillzustehen, und nie zuvor hatte er sich mehr zu ihr hingezogen und mit ihr verbunden gefühlt als in diesen kurzen Momenten.

    „Aber ich möchte, dass Du weißt, dass Du das nicht allein machen musst“, fuhr Teyla fort. „Ich werde die ganze Zeit bei Dir sein.“

    „Ich weiß“, entgegnete John leise, beugte sich vor und lehnte seine Stirn sanft an ihre. „Danke, Tey.“ Er legte den Arm um ihre Hüfte und zog sie an sich, wobei er beinahe das wertvolle Bündel vergaß, welches sie in einer Art Tragetuch vor ihrem Körper geschnallt trug. Charin protestierte augenblicklich, als sie zwischen ihren Eltern eingeklemmt wurde, und John wich erschrocken einen Schritt zurück.

    „‘Tschuldigung“, murmelte er eilig. „Ich wollte nicht…“

    „Ich denke nicht, dass Du ihr wehgetan hast, John“, fiel Teyla ihm schmunzelnd ins Wort und presste einen sanften Kuss auf die ihr zugewandte Stirn ihrer kleinen Tochter. Besorgt musterte John den zappelnden und glucksenden Säugling und strich zärtlich mit dem Zeigefinger über Charins winziges Fäustchen. Noch immer faszinierte es ihn, wie klein sie doch war, besonders im Vergleich zu ihrer Mutter, an deren Körper sie sich schmiegte, oder gar zu ihm. Weswegen er ständig befürchtete, ihr irgendwie wehzutun. Sie war so klein und so hilflos. Bei dem Gedanken sie zu verletzen- mochte es auch nur aus Versehen sein- schnürte es ihm die Kehle zusammen. Rasch trat er an seine beiden Frauen heran und vergrub seufzend seine Nase in Charins samtweicher Nackenfalte, atmete ihren Duft ein, eine betörende Mischung aus Baby, Wärme und Seife. Charin gluckste leise, und mit einem Mal spürte er, wie sich ihr winziger Kopf in seine Richtung drehte.

    „Hey“, wisperte er ergriffen. „Hey, mein Mädchen.“

    „Siehst Du? Es geht ihr gut.“ Lächelnd ließ Teyla ihre Finger durch sein dunkles Haar gleiten.

    „Bist Du sicher, dass es ihr nicht zu kalt wird?“, fragte John besorgt und zupfte Charins rosafarbenes Mützchen zurecht. „Ich möchte nicht, dass sie sich erkältet.“

    „Sie wird sich nicht erkälten“, erwiderte seine Frau und legte schützend eine Hand an den Rücken ihrer Tochter. „Sie ist bei mir gut aufgehoben.“

    „Okay“, entgegnete John erst etwas skeptisch, beugte sich dann abermals über sein Kind und flüsterte dem Baby leise ins Ohr: „Deine Mom hat Recht. Ich glaube, Du bist gut bei ihr aufgehoben.“ Charin seufzte und vergrub ihr Köpfchen oberhalb des Busens ihrer Mutter, worauf John grinsend meinte: „Oh, ja, das ist ein toller Ort. Ich bin auch gerne dort, aber jetzt überlass ich ihn Dir. Aber das Du Dich ja nicht daran gewöhnst, junge Dame.“

    Teyla schüttelte schmunzelnd mit dem Kopf. „John…“

    „Was denn?“, meinte er schulterzuckend. „Mir ist klar, dass ich Dich in Zukunft mit ihr teilen muss, da kann es doch nicht schlecht sein, vorher die Regeln zu bestimmen.“

    „Regeln“, wiederholte Teyla. Sie schüttelte erneut mit dem Kopf, bevor sie beschloss das Thema zu wechseln. „Wollen wir… gehen?“, fragte sie ihn vorsichtig, und John spürte, wie seine Anspannung augenblicklich zurückkehrte. Nichtsdestotrotz nickte er und ergriff ihre Hand.

    „Ja, okay-“ Er holte tief Luft, richtete sich gerade auf und straffte die Schultern-„lass uns gehen.“

    Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, setzten Teyla und er sich in Bewegung. Hand in Hand überquerten sie den gekiesten Parkplatz, während Charin, in dem Tragetuch an Teylas Körper geschmiegt, munter vor sich hin gluckerte. John spürte indes, wie seine Nervosität wuchs und sein Puls zu rasen begann, je näher sie dem hohen, schmiedeeisernen Eingangstor des ‚San Francisco National Cemetery‘ kamen. Seine Schritte wurden langsamer, sein Gang schwerfälliger, doch Teyla zog ihn weiter. Vor dem Tor angekommen blieben sie stehen, und John schluckte. Nur zu gut erinnerte er sich an den Tag, an dem er das letzte Mal zusammen mit Teyla vor diesen Toren gestanden hatte. Er dachte nicht gern daran zurück, aber die Erinnerungen waren noch so frisch, so allgegenwärtig.
    Es war ein kalter, trüber Donnerstagmorgen im Oktober gewesen, und John wusste noch sehr genau, dass es an diesem Tag geregnet hatte. Obschon mehrere Monate seither vergangen waren, erinnerte er sich doch an jedes kleine Detail dieses Tages. Wenn er die Augen schloss glaubte er, es vor sich zu sehen; das schmiedeeiserne Friedhofstor, die Menschenmasse vor dem Eingang und all die bestürzten Gesichter, die ihm auf dem Weg begegneten, die kleine Militärkapelle, der mit Blumenkränzen geschmückte Sarg, das Portrait des Verstorbenen neben dem Altar.
    An all das und an noch viel mehr erinnerte sich John. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihn und setzte sich in seiner Brust fest, als Teyla und er das Tor passierten. Abrupt blieb er stehen und sog den Atem ein. Sein Herz klopfte kräftig und schnell, was den Schmerz nur noch verstärkte.

    „John?“ Besorgt musterte Teyla ihn von Kopf bis Fuß. „Stimmt etwas nicht?“, fragte sie. „Fühlst Du Dich nicht gut?“

    „Geht gleich wieder“, antwortete er atemlos, rieb sich über die Brust, schloss die Augen, atmete ein paar Mal durch und zählte in Gedanken langsam bis zehn. Er spürte, wie sich Teylas Finger um sein Handgelenk krampften, und als er die Augen öffnete und sie ansah, glaubte er einen Anflug von Panik in ihren Augen zu erkennen. Beruhigend tätschelte er ihren Handrücken, denn das letzte, was er wollte, war, dass sie sich Sorgen um ihn machte.

    „Alles in Ordnung“, sagte er und schenkte ihr ein Lächeln, und in der Tat verebbte der Schmerz in seiner Brust zu einem dumpfen Pochen, und er konnte wieder durchatmen. „Es geht schon wieder.“

    Mit einem Mal war die Entschlossenheit in Teylas Gesicht einer leichten Unsicherheit und Besorgnis gewichen. Prüfend sah sie ihn an, sein Handgelenk noch immer fest umklammernd.
    „Vielleicht war das doch keine gute Idee…“, meinte sie plötzlich, doch John schüttelte mit dem Kopf.

    „Ich muss das tun, Teyla“, widersprach er ihr. „Wirklich“, beharrte er, „es geht mir gut. Ich musste nur gerade daran denken, wie es war, als ich das letzte Mal hier war.“

    „Es ist schon so lange her“, ließ Teyla nach einer Weile ruhig verlauten. John nickte. „Wie fühlt es sich an?“, wollte sie wissen.

    „Richtig… aber auch falsch“, antwortete er. „So, als sollte ich nicht hier sein. Schließlich ist es meine Schuld, dass…“

    Teylas resignierter Seufzer unterbrach ihn. „Es ist nicht Deine Schuld, John“, sagte sie. „Wann begreifst Du das endlich? Es war ein Unfall. Dass Major Lorne tot ist, ist nicht Deine Schuld.“

    „Ich hätte…“ Ich hätte es verhindern können, dachte John, ich hätte es gottverdammt nochmal verhindern können. Doch stattdessen erwiderte er: „Ich weiß.“

    Teyla nahm sein Gesicht in die Hände. „Hör auf, Dir die Schuld zu geben“, bat sie ihn. „Es war ein Unfall. Ein schrecklicher Unfall, den niemand hätte vorhersehen können.“

    „Ein Unfall“, wiederholte John.

    „Ein Unfall“, bestätigte Teyla. „Major Lorne‘s Tod ist nicht im Geringsten Dein Verschulden. Niemand hat das je angenommen. Niemand verurteilt Dich, John. Es gibt niemanden, der das tut. Außer…“ Sie brachte den Satz nicht zu ende, doch John wusste genau, was sie sagen wollte.

    „…außer ich“, murmelte er. „Ich bin der Einzige.“ Er erhielt keine Antwort, sodass er sich darin bestätigt fühlte, dass er mit seiner Annahme Recht gehabt hatte. Er war der Einzige. Der Einzige, der sich die Schuld an Major Evan Lorne‘s Tod gab. Niemand sonst tat es. Alle hielten es für einen Unfall. Einen tragischen Unfall, der nicht hätte verhindert werden können. Doch das stimmte nicht! John mochte der Einzige sein, der sich selbst die Schuld am Tod seines Kameraden gab, u er war auch der Einzige, der wusste, dass das Unglück durchaus hätte verhindert werden können.
    Wenn er doch nur…

    „John?“ Teylas Stimmte unterbrach seinen Gedanken. „Wir sollten jetzt weitergehen“, sagte sie ruhig. „Wir haben nicht viel Zeit.“

    John warf einen raschen Blick auf die Uhr. Elf Uhr zweiundvierzig. Sie hatte Recht, sie hatten nicht viel Zeit. In etwas weniger als zwei Stunden startete der Flieger am SFO in Richtung Colorado Springs. Die wenigen Sachen, die man ihnen erlaubt hatte mitzunehmen, waren seit Tagen in Kisten verstaut; einige von ihnen waren bereits gestern abtransportiert worden. Die letzte Fuhre ihrer persönlichen Sachen würde morgen abgeholt und per LKW nach Colorado Springs, ins SGC, transportiert werden, von wo aus es kurz darauf nach Atlantis gebracht werden würde.
    Im Nachhinein betrachtet waren sie in den letzten Tagen viel zu sehr mit der Logistik beschäftigt gewesen, um darüber nachzudenken, dass dies die letzten Tage in ihrem alten Leben waren. Gestern war es dann aber auf einmal soweit gewesen. Sie hatten nebeneinander auf dem Rücken im Dunkel ihres Schlafzimmers gelegen, und John war gedanklich noch einmal eine von etlichen Listen durchgegangen, die er ihm Kopf aufgestellt hatte, als ihn plötzlich die Erkenntnis beschlichen hatte.
    Teyla musste es wohl ähnlich ergangen sein, denn als er langsam den Kopf in ihre Richtung drehte, war sie ihm bereits zuvorgekommen, hatte sich auf die Seite gedreht, stützte den Kopf auf ihrer Hand und sah zu ihm herüber.

    „Denkst Du an dasselbe wie ich?“, hatte er geflüstert. Sie antwortete mit einem leichten Nicken. Er hatte geseufzt und wieder zur Zimmerdecke hinaufgestarrt, als plötzlich die Bettdecke raschelte. Teyla setzte sich auf, schlang die Arme um ihre Beine und stützte ihr Kinn auf den Knien ab.

    „He, ist alles okay?“, fragte er sie. Teyla holte tief Luft, antwortete ihm jedoch nicht. Beunruhigt hatte John sich daraufhin aufgesetzt. In der Annahme, dass ihr irgendetwas fehlte, hatte er sie von oben bis unten gemustert. Doch erst, als sie den Mund auftat, verstand er.

    „Ich mache mir Sorgen, John.“

    „Du machst Dir Sorgen?“, hatte er verwundert wiederholt. Er hatte zugegeben mit allem gerechnet, nur nicht damit, dass Teyla sich bezüglich ihrer bevorstehenden Rückkehr nach Atlantis Sorgen machte.

    „Es wird nicht einfach werden“, hatte Teyla schließlich erwidert.

    „Was meinst Du damit?“, wollte er wissen, worauf sie sich zu ihm umgewandt und vor ihn auf die Matratze gekniet hatte.

    „Versteh mich jetzt bitte nicht falsch, John“, begann sie. „Ich freue mich wirklich darauf mit Dir und Charin nach Atlantis zurückzugehen und all unsere Freunde wiederzusehen. Aber“, gab sie mit ernster Miene zu bedenken, „wie stellst Du Dir unser Leben vor? Ich meine, wir werden irgendjemanden… ins Vertrauen ziehen müssen.“ Die letzten Worte waren als Flüstern über ihre Lippen gekommen, und sie hatte auf ihre in ihrem Schoß verschränkten Hände hinabgeblickt.

    „Oh. Ich verstehe. Das macht Dir Sorgen?“ Um ein Haar hätte John gelacht, doch er konnte es sich noch rechtzeitig verkneifen. „Ach, Baby…“ Seufzend hatte er sich aufgerichtet und seine Frau in die Arme geschlossen. „Das soll unser geringstes Problem sein, okay? Es wird sich schon ein Weg finden, und ich bin mir sicher, dass niemand ein Problem damit haben wird.“

    „Bist Du Dir sicher?“

    „Aber ja doch. Natürlich bin ich mir sicher, Teyla. Hör zu“, fuhr er fort, „wir müssen ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Wir behalten die ganze Sache erst einmal ein paar Wochen für uns. Und wenn wir bereit sind, sagen wir’s Ihnen. Ganz einfach ist das.“

    „Aber es wird gewiss Gerede geben“, hatte Teyla nachdenklich erwidert.

    „Ich bitte Dich, Teyla, das gibt es schon seit Beginn der Expedition. Und außerdem“, fügte er zwinkernd hinzu, „denke ich, dass sie spätestens einen Verdacht gehabt haben könnten, als klar wurde, dass Du schwanger bist.“

    „Aber jetzt ist es anders. Jetzt da Charin auf der Welt ist und wir…“

    „Was, verheiratet sind?“, mutmaßte John, worauf sie betrübt genickt hatte. „Was soll jetzt bitteschön anders sein? Glaub mir, Teyla, niemand wird sich daran stören. Und wenn schon- es ist unsere Sache. Es gibt nichts, was dagegen spräche. Und wie gesagt, wir müssen es ja nicht sofort groß in der ganzen Stadt herumposaunen. Wenn wir Glück haben, spricht es sich von ganz allein herum.“

    „Aber wir werden es Mister Woolsey sagen müssen“, wandte Teyla ein. „Ich bezweifle, dass er es gutheißen wird, wenn wir es ihm nicht sagen.“

    „Die Befürchtung habe ich auch.“ Ein Seufzen hatte seine Lippen verlassen. „Okay, gut“, meinte er dann, „wir werden mit Woolsey sprechen. Sobald wir angekommen sind. Je früher wir es hinter uns gebracht haben, desto besser ist es.“

    „Das klingt nach einem guten Plan.“ Erleichtert stellte er fest, dass die Anspannung aus Teylas hübschem Gesicht gewichen war.

    „Ich habe nur gute Pläne, Misses Sheppard“, frotzelte er, umfing sie mit seinen Armen und drückte sie leicht in die Kissen zurück. Das Letzte, an was er dachte, bevor Teylas Stimme ihn zurück in die Gegenwart holte, war das Lächeln, welches sich auf die Lippen seiner Frau gelegt hatte, als er sich vorbeugte und seinen Mund sanft auf ihren presste.

    „John?“ Auch jetzt lächelte sie, angeregt von seinem eigenen, verträumten Grinsen, zu dem sich sein Mund verzogen hatte. „Woran denkst Du gerade?“, fragte sie ihn.

    „Ist das nicht offensichtlich?“, fragte er zurück, lehnte sich vor und küsste sie rasch auf den Mund. „Und nun komm“, sagte er, nahm ihre Hand und setzte sich langsam in Bewegung, „wir müssen uns beeilen.“

    „Es sind so viele“, flüsterte Teyla und ließ ihren Blick über die weißen, dicht an dicht gereihten Grabsteine schweifen, die zu Tausenden den breiten Hauptpfad säumten. „Wie viele Menschen liegen hier begraben, John?“

    „Ich weiß es nicht genau“, entgegnete er rau, „aber ich schätze mal, dass es inzwischen an die 25.000 Gräber sein müssen. Es gibt durchaus Nationalfriedhöfe mit mehr Gräbern, aber dieser hier gehört mit zu den Größten im Land.“

    „25.000 Menschen“, wiederholte Teyla leise. „Das ist nur schwer vorstellbar.“

    „Nun-“ John zuckte mit den Achseln-„es wurde nie behauptet, die Erde sein ein friedliebender Planet. Kriege und Blutvergießen gibt es genügend, aber nicht einen einzigen Grund, der die Millionen von Toten rechtfertigen könnte. Was Du hier siehst“, sagte er und machte eine schweifende Handbewegung, die nur einen Bruchteil der Gräber miteinschloss, „soll als Mahnmal für die Lebenden dienen. Dennoch kämpfen sie weiter und sorgen dafür, dass jeden gottverdammten Tag neue Gräber ausgehoben werden müssen.“

    „Es gibt Kriege, die geführt werden müssen, John“, merkte Teyla an.

    „Aber nicht auf diese Weise“, erwiderte er verbittert. „Ich weiß, ich dürfte so nicht denken, ich bin Soldat. Ich kämpfe und ich töte auch, wenn es sein muss.“

    Nachdenklich betrachtete seine Frau ihn. „Hast Du je darüber nachgedacht, es… nicht mehr zu tun?“, fragte sie dann auf einmal. „Ein einfaches Leben zu führen, ohne darüber nachzudenken, wie Du Dich und Deine Lieben am besten verteidigst?“

    „Natürlich habe ich das.“ John nickte. „Und nicht nur einmal. Bevor ich nach Atlantis ging, habe ich oft darüber nachgedacht, aber ich konnte mich nie dazu durchringen, es auch wirklich zu tun.“

    Seine Frau erwiderte ihm nichts mehr, aber er konnte in ihrem Gesicht sehen, dass sie über seine Worte nachdachte. Schweigend gingen sie nebeneinander her, Hand in Hand, schlenderten den breiten, nunmehr gepflasterten Hauptpfad des Friedhofes entlang, bis sie eine Abzweigung erreichten. Sie bogen links ab, verließen den Hauptpfad und schlugen einen neuen Weg ein, der sie direkt durch die Grabreihen hindurch führte. Mehrere Monate waren vergangen, seit John das letzte Mal hier gewesen war, doch er erinnerte sich noch genau an den Weg, und genauso wie damals, an jenem nebligen Donnerstagmorgen im Oktober, verspürte er diesen Druck in der Magengegend, als er die Weide entdeckte, deren lange Zweige an manchen Stellen fast bis an den Boden reichten. John blieb stehen und meinte fast tonlos:

    „Wir sind da.“

    Teyla folgte seinem Blick, der auf dem schlichten, weißen Grabstein ruhte, der sich am Ende der Reihe aus der grünen Grasfläche emporhob. Von weitem konnte man die nüchtern schwarze Inschrift nicht erkennen, doch John wusste, was auf dem weißen Marmor geschrieben stand. Er hatte sich damals jeden einzelnen der eingravierten Buchstaben gemerkt- sie hatten sich unauslöschlich in sein Gedächtnis gebrannt.

    „John?“ Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Teyla trat näher an ihn heran. „Soll ich Dich einen Moment allein lassen?“, fragte sie mit leiser Stimme, und erst in diesem Augenblick wurde John bewusst, dass sie direkt vor dem Grabstein standen. Einen Momentlang dachte er über ihr Angebot nach, dann schüttelte er jedoch mit dem Kopf.

    „Nein“, antwortete er, „ist schon okay. Bleib.“ Er schenkte ihr ein bemühtes Lächeln, nahm ihre Hand und drückte sie leicht.

    „In Ordnung“, sagte Teyla und neigte ihren Kopf in Einverständnis. Dann schwiegen sie. Minute um Minute verging ohne, dass einer von ihnen etwas sagte. Hand in Hand standen sie nebeneinander und blickten auf die Grabstätte hinab, die mit Blumensträußen und einem kleinen, schlichten Kranz bedeckt war und sehr gepflegt wirkte. Stirnrunzelnd ließ John die Augen über die schlichte Eingravierung gleiten- Major Evan Thomas Lorne, Geliebter Sohn, 1970 – 2009.
    Sollte er etwas sagen? Ein paar Worte zu Ehren seines gefallenen Kameraden, seines Freundes Evan Lorne, sprechen? Er wusste es nicht. Er hatte während seiner vorangegangenen Besuche nie etwas gesagt, was-zugegeben- mehr darauf zurückzuführen gewesen war, dass er einfach nicht die passenden Worte gefunden hatte, um zu beschreiben, was in ihm vorging. Was er dachte. Was er fühlte. Zweimal öffnete er den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn aber sogleich wieder. Er ging in sich, überlegte, doch schlussendlich gelang es ihm nur einen einzigen Satz herauszubringen.

    „Es tut mir leid.“

    Erst als Teyla ihn am Arm berührte, bemerkte John, dass er Tränen in den Augen hatte. Rasch wischte er sie sich mit dem Ärmel seiner Jacke weg, blinzelte, straffte die Schultern und reckte das Kinn vor. Wenn Teyla davon etwas mitbekommen hatte, ließ sie es sich nicht anmerken.

    „Sollen wir gehen?“, fragte sie ihn mitfühlend, und obwohl John das Gefühl hatte, dass es noch lange nicht ausreichte, nickte er.

    „Ja“, antwortete er, „lass uns gehen.“ Er wollte sich gerade umdrehen und den Rückweg einschlagen, als er spürte, wie Teyla seine Hand losließ und noch einmal auf das Grab zusteuerte. Verwundert wandte er sich um und beobachtete, wie seine Frau in ihre Jackentasche griff und eine kleine, rote Rosenblüte ans Tageslicht beförderte, die sie auf die Oberkante des Grabsteins legte. Ein allerletztes Mal strich sie mit der Hand über den kalten Marmor, zeichnete mit dem Finger die Konturen der Gravierung nach und kam dann zu ihm herüber und hakte sich bei ihm ein.

    „Das war eine nette Geste“, meinte John, als sie wenig später wieder auf den Hauptpfad einbogen.

    „Evan liebte Rosen“, wusste Teyla zu berichten. „Er zeichnete sie gern. Er war fasziniert von ihrer stillen Eleganz und ihren kräftigen Farben. Einmal, als er mich nach Neu Athos begleitete, saß er einen ganzen Tag vor einem Rosenbusch und zeichnete die Blüten auf einem Stück Papier, welches er aus seinem kleinen Block herausgerissen hatte.“

    „Woher weißt Du das alles?“, fragte John verwundert.

    „Er hat es mir gesagt“, antwortete seine Frau. „Evan war ein sehr kontaktfreudiger Mensch.“

    „Ich habe das nicht gewusst“, bemerkte John. Beschämt senkte er den Kopf. „Und ich habe jeden Tag mit ihm zusammengearbeitet.“ Er schnaubte. „Fünf verdammte Jahre lang, und ich wusste das nicht!“, rief er aufgebracht.

    „John…“

    „Verdammt, ich hätte es wissen müssen, Teyla!“, brummte er und stopfte die Hände in die Hosentaschen.

    „John…“ Teyla legte eine Hand auf seinen Arm und stoppte ihn sanft. „John“, wiederholte sie mit ruhiger Stimme, „schau mich an.“ Als er sich weigerte, ihrer Anweisung nachzukommen, versuchte sie ein weiteres Mal. „John, bitte schau mich an.“ Erst als sie ihn langsam zu sich umdrehte, hob er den Kopf und sah sie, wie erwartet, an.

    „Es gibt Dinge im Leben, die kann man nicht wissen“, sagte sie, doch John begann erneut erregt mit dem Kopf zu schütteln.

    „Ich habe fünf Jahre mit diesem Mann zusammengearbeitet, Teyla“, wiederholte er. „Fünf Jahre! Ich hab tagein, tagaus in ein- und demselben Büro mit ihm gesessen, und ich weiß nicht einmal, dass er gern gezeichnet hat! Genaugenommen wusste ich gar nichts über ihn!“

    „Und dennoch warst Du ihm ein guter Freund“, warf Teyla ein. „Evan hat immer sehr gut von Dir gesprochen. Er hatte nie etwas auszusetzen. Er hat Dich respektiert und wusste, dass er immer zu Dir gehen konnte, wenn ihn etwas bedrückte. Er vertraute Dir, John. Und ist es nicht das, was eigentlich zählen sollte?“

    John warf die Hände in die Höhe, wollte sich umdrehen und auf- und abmarschieren, so wie er es immer tat, wenn er sich aufregte oder nicht wusste, was er tun sollte, doch Teyla überholte ihn mit drei langen, schnellen Schritten und brachte ihn erneut zum Stehen.

    „Ist es nicht das, was zählt?“, fragte sie ihn noch einmal, dieses Mal eindringlicher, in einem geradezu fordernden Tonfall.

    „Vertrauen“, echote John und schnaubte abschätzig. „Er hat mir vertraut, Teyla, und ist nun nicht mehr am Leben. Ich denke, dass das Deine Frage beantwortet.“ Damit ließ er sie stehen und stapfte wütend in Richtung Parkplatz davon. Er sah sich nicht um, ob sie ihm folgte. Nach einer Weile hörte er sie seinen Namen rufen, doch er blieb nicht stehen. Erst an ihrem Wagen erlaubte er sich einen kurzen Moment innezuhalten, was Teyla genügend Zeit gab, ihn einzuholen.

    „John Sheppard!“ Mit wehendem Haar und einen Arm um ihre Tochter geschlungen kam sie über den gekiesten Parkplatz auf ihn zu marschiert. Charin wippte in ihrer Tragevorrichtung auf und ab, gluckste vergnügt und strampelte mit ihren Armen und Beinen.

    „Was?“, fuhr er sie an, als sie ihn erreichte. Sein scharfer Ton ließ sie unwillkürlich zurückweichen, doch es dauerte nur einen Augenblick, bis sie sich fing und ihm- zu seinem großen Erstaunen- eine leichte Ohrfeige verpasste. Die Schelle schmerzte nicht, dennoch reichte es aus, um ihn zu verwirren. Mehr aus Reflex als aus Schmerz hob John die Hand an seine glühende Wange, während Teyla ihn erbost anfunkelte.

    „Behaupte so etwas ja nie wieder“, zischte sie. „Hast Du das verstanden? Ich kann es langsam nicht mehr hören!“

    „Teyla…“

    „Nein, John“, unterbrach sie ihn harsch, „Du lässt mich jetzt ausreden. Ich werde es Dir nur noch dieses eine Mal sagen, denn ich habe langsam genug davon. Hör auf, Dir die Schuld zu geben!“, rief sie. „Wenn ich noch einmal so etwas in der Art aus Deinen Mund höre, dann schwöre ich bei den Vorfahren, dass ich Dich erwürgen werde! Hast Du das verstanden?“

    „Ja, aber Tey…“

    „Hast Du das verstanden, John?“, wiederholte sie unerbittlich. „Nicht ein einziges Wort mehr. Nie wieder. Ich will es nicht mehr hören.“ Ihre Augen glitzerten, als stünden sie voller Tränen, und ihr pulsierendes Blut hinterließ einen warmen, roten Fleck in ihrem Gesicht. Beinahe sah es so aus, als fletschte sie die Zähne, doch bei genauerem Hinsehen, wurde sich John ihrer bebenden Unterlippe bewusst.

    „Ich habe verstanden“, entgegnete er ihr schließlich, worauf sie erleichtert aufseufzte, sich auf die Zehenspitzen stellte und ihn zärtlich auf seine heiße Wange küsste.

    „Es tut mir leid“, hörte er sie flüstern. „Ich wollte Dir niemals wehtun, John, aber ich konnte das nicht mehr mitanhören.“

    „Ist schon gut“, murmelte John, schlang einen Arm um ihre Schultern und zog sie vorsichtig an sich. Charin murrte auch dieses Mal, schien aber recht schnell zu merken, dass sich zwischen ihren Eltern „gefangen“ zu sein allemal besser anfühlte, als der feuchten Luft ausgesetzt zu sein.

    „Ich liebe Dich“, sagte Teyla leise und blickte zu ihm auf. „Vergiss das bitte nicht.“

    „Das werde ich niemals“, versprach John ihr, beugte sich vor und küsste sie. „Und jetzt“, meinte er, nahm ihre Hand, führte sie an seine Lippen und küsste ihre Knöchel zärtlich, „lass uns gehen.“

    „Ja, sehr gern“, hauchte seine Frau. „Nach… Hause?“

    „Nach Hause“, bestätigte John grinsend und besiegelte es mit einem allerletzten, kräftigen Kuss auf ihre Lippen.


    ooOOoo



    „Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache“, verkündete Rodney McKay im Brustton der Überzeugung. „Also, wenn Sie mich fragen“, fuhr er fort, „ist da doch irgendetwas im Busch.“ Er sah zu seinem Teamkollegen und Jennifer herüber, die schweigend neben ihm hergingen und sich ihre eigenen Gedanken machten. „Haben Sie denn kein ungutes Gefühl?“, wollte er von Ronon wissen.

    „Nein“, brummte der Sateder. „Habe ich nicht.“

    „Rodney“, begann Jennifer beschwichtigend auf ihn einzureden, „Beruhige Dich, es ist bestimmt nichts Ernstes. Ich bin mir sicher, dass es eine ganz simple Erklärung dafür gibt, dass Mister Woolsey euch sprechen möchte“, versuchte sie den aufgebrachten Wissenschaftler zu beruhigen. „Es hat sicher nichts zu bedeuten“, fügte sie hinzu.

    „Und was wenn doch?“ Rodney wedelte aufgebracht mit dem Finger vor den Gesichtern seiner Freunde herum. „Ich sage euch, ich hab’s im Gefühl, wenn irgendetwas Schlimmes passiert. Das letzte Mal wurden wir gemeinsam in Woolseys Büro gerufen, als man uns diesen unerhörten Major angedreht hat!“

    „Vielleicht schickt Woolsey ihn ja wieder weg“, mutmaßte Ronon.

    „Oh ja“, höhnte Rodney, „und wir schmeißen jetzt eine kleine Abschiedsfete in Woolseys Büro. Mit Kuchen, Bowle und bunten Ballons und Luftschlangen. Hurra, hurra, die Hexe ist tot.“

    „Rodney“, warnte Jennifer ihn.

    „Ich habe trotzdem ein ungutes Gefühl bei der Sache“, beharrte der Kanadier. „Ich möchte euch nur noch einmal an das vorletzte Mal erinnern, als wir zu ihm kommen mussten-“

    „McKay“, fiel Ronon ihm ins Wort und warf dem Kanadier einen frostigen Blick zu, welcher von Rodney jedoch ebenso eiskalt ignoriert wurde.

    „Was denn?“, brüskierte er sich stattdessen großtönig. „Ich will damit doch nur sagen, dass es nie etwas Gutes zu bedeuten hat, wenn Woolsey uns gemeinsam zu sich ruft.“

    „Lass uns doch erst einmal abwarten, was er zu sagen hat“, schlug Jennifer ihm vor. „Wahrscheinlich ist es gar nicht mal so schlimm und Deine Sorgen sind unberechtigt.“

    Rodney schnaubte. „Als ob.“

    „Doktor Keller hat Recht, McKay“, sagte Ronon, als sie den Kontrollraum betraten und zu dritt auf das Büro des Expeditionsleiters zuhielten. „Lassen Sie uns abwarten.“

    „Unglaublich“, brummte Rodney. „Ich sage Ihnen, da ist was faul. Das habe ich im Gespür!“

    „Es wäre ja nicht das erste Mal, dass Ihr Gespür Sie täuscht“, frotzelte Ronon, doch bevor sein Teamkollege dazu kam, etwas zu erwidern, wurden sie von einem lächelnden Richard Woolsey in Empfang genommen.

    „Mister Dex. Doktor McKay und Doktor Keller.“ Er nickte den dreien jeweils einmal kurz zur Begrüßung zu. „Schön, dass Sie es alle drei einrichten konnten. Sie kommen gerade rechtzeitig.“

    „Rechtzeitig?“, echote Rodney und tauschte verwunderte Blicke mit seinen Freunden aus. „Wofür?“

    Mister Woolsey lächelte und setzte gerade zum Antworten an, als auf einmal der blecherne Alarm ein eingehendes Wurmloch ankündigte.

    „Wie immer pünktlich auf die Minute“, sagte der Expeditionsleiter und bedeutete den dreien ihm zu folgen. „Kommen Sie mit.“

    „Es ist das Stargate-Center, Sir“, ließ Sergeant Chuck Campbell, der Tortechniker, verlauten, als die Gruppe den Kontrollraum betrat. „Sie sind zur Überführung bereit.“

    „Wundervoll“, entgegnete Woolsey. „Lassen Sie sie durch.“

    „Jawohl, Sir“, bellte Sergeant Campbell.

    „Stargate-Center?“, wiederholte Rodney, während er und seine Freunde ihrem Vorgesetzten eilig die Treppe hinabfolgten, die in den Gateraum führte. „Überführung? Darum haben Sie uns gerufen?“

    „Nun, Doktor McKay-“ Mister Woolsey schenkte dem Wissenschaftler ein geheimnisvolles Lächeln- „sagen wir, dass wir heute Besuch aus dem Stargate-Center erwarten.“

    „Besuch?“, war es nun an Ronon zu hinterfragen.

    „Sehen Sie es als eine kleine Überraschung an“, erklärte der Expeditionsleiter ihm und den beiden anderen, ehe er seinen Blick auf den schimmernden Ereignishorizont richtete.

    „Sie befinden sich auf dem Weg, Sir“, war Sergeant Campbells Stimme von oben aus dem Kontrollraum zu vernehmen, und noch ehe er seinen Satz beendet hatte, durchschritt jemand den Ereignishorizont.

    „Ach, Du meine Güte!“ Es war Jennifer, die die Person als erste zu zuordnen wusste und mit ausgebreiteten Armen auf sie zulief. „Teyla!“, rief sie und schloss die ebenfalls strahlende Athosianerin in eine feste Umarmung.

    „Aber was…“ Perplex starrte Rodney seine ehemalige Teamkollegin an, während Ronon Jennifer bereits beiseitegeschoben und Teyla in seine Arme gezogen hatte. Lachend hob er sie ein Stück in die Höhe und hätte sie vor Freude wahrscheinlich auch im Kreis herumgewirbelt, hätte Jennifer nicht entsetzt aufgekeucht und an seinem Arm gezerrt.

    „Ronon!“, rief sie aufgeregt. „Nicht… Das Baby!“

    „Ich denke nicht, dass wir uns darum Sorgen machen müssen“, lachte Teyla, nachdem der Sateder sie rasch wieder abgesetzt hatte und nun besorgt von oben bis unten musterte.

    Jennifer blinzelte verwirrt. „Aber wie…“ Mit einem Mal begriff sie, und ein noch breiteres, strahlendes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Du…Du hast es bekommen?“, fragte sie atemlos.

    Teyla lächelte geheimnisvoll, was der jungen Ärztin als Antwort zu genügen schien. Erneut wurde sie in eine feste Umarmung gezogen, bevor Jennifer sich suchend umzusehen begann.

    „Ist es…“

    „Ihr geht es sehr gut, Jennifer“, beruhigte Teyla sie. „Auch wenn sie es etwas eilig hatte, ist alles nach Plan verlaufen. Wir beide haben die Geburt gut überstanden.“

    „Es ist ein Mädchen?“, war es nun auch endlich von Rodney zu vernehmen.

    „Ja, es ist ein Mädchen“, bestätigte Teyla ihren Freunden, die sie aufgeregt umringten und jedes ihrer Worte begierig in sich aufsaugten. „John und ich haben eine kleine Tochter bekommen- Charin Elizabeth.“

    „Oh, was für ein wundervoller Name“, seufzte Jennifer entzückt. „Wann können wir sie sehen?“

    „Wenn Sie möchten, sofort, Doc, Sie müssen sich nur umdrehen“, ertönte in diesem Augenblick eine wohlbekannte Stimme hinter ihnen, worauf drei Köpfe in die Höhe schossen und sich in Richtung des Gates drehten. Erneut war es Jennifer, die als Erste reagierte und den Atem anhielt, als sich die hochgewachsene Silhouette gegen das Schimmern des Ereignishorizonts abzeichnete.

    „Hallo… Leute.“ Ein unsicheres Grinsen zierte John Sheppard’s Lippen, als er die Babyschale, in der seine neugeborene Tochter friedlich schlief, vor sich auf dem Boden abstellte. Die Schultern durchgedrückt und das Kinn vorgereckt, blickte er in die überraschten Gesichter seiner Freunde und Kollegen.

    „Habt ihr mich vermisst?“

    Fortsetzung folgt…
    Geändert von Nyada (23.05.2014 um 15:01 Uhr)


  26. #36
    Major Avatar von claudi70
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    Oh man, ich hab richtig Herzklopfen bekommen, als John sagt:
    „Wenn Sie möchten, sofort, Doc, Sie müssen sich nur umdrehen“, ertönte in diesem Augenblick eine wohlbekannte Stimme hinter ihnen,
    Entlich sind sie wieder in Atlantis, wie lange hab ich darauf gewartet. Zu gerne hätte ich jetzt die Gesichter der anderen gesehen *gg* und Rodney mit seinem schlechten Gefühl... Gott sei dank lag er diesmal falsch.

    Ach ja, was die kleine Ohrfeige angeht...*fg* da hat Teyla aber mal Taten vor Worten gehen lassen, das hat sie gut gemacht, anders scheint man John ja wohl nicht zurecht zurücken können. Obwohl ich mir fast nicht vorstellen könnte das sie wirklich soweit gehen würde, aber wer weiß, nach all dem ständigen Selbstmitleid...

    Wieder ein super Kapitel. Jetzt bin ich aber gespannt, wie der Major reagieren wird und wie das jetzt alles überhaupt weiter geht. Bitte wieder ab auf die Terrasse, Wetter soll ja noch die ganze Woche so schön sein.

  27. Danke sagten:


  28. #37
    zigtausend Jahre alt ... ;-) Avatar von John's Chaya
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    Ich finde es immer wieder schön, wie John auf Teyla reagiert und wie sie ihn im "Griff" hat. Genauso aber reagiert Teyla auf John. Man merkt, sie lieben sich uneingeschränkt. *seufz*

    „Hallo… Leute.“ Ein unsicheres Grinsen zierte John Sheppard’s Lippen, als er die Babyschale, in der seine neugeborene Tochter friedlich schlief, vor sich auf dem Boden abstellte. Die Schultern durchgedrückt und das Kinn vorgereckt, blickte er in die überraschten Gesichter seiner Freunde und Kollegen.
    Da wäre ich sooo... gerne real dabei gewesen, endlich hat Atlantis ihren Colonel wieder. *seufz* Wie schön!

    „Habt ihr mich vermisst?“
    Und wiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeeeee... ! John und Atlantis gehören einfach zusammen.

    Nun bin ich aber neugierig, wie Johns Ersatz auf ihn reagiert ...
    Und sicherlich werden sich alle gleich in die kleine Charin Elisabeth verlieben, vor allem Liz.

    Schnell, husch, husch auf die Terrasse, weitere Kapitel schreiben! Bin ja sooo... neugierig!
    Geändert von John's Chaya (10.03.2014 um 20:12 Uhr)

    Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.(JWvG)

  29. Danke sagten:


  30. #38
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Kapitel Zehn

    A/N: Irgendwie hat meine Terrasse in den letzten Wochen ihren Zauber nicht wirken lassen. Es tut mir schrecklich leid, dass ich euch so, so lange habe warten lassen, aber ich hatte mit einer schlimmen Schreibblockade zu kämpfen, die noch immer nicht ganz verschwunden ist. Dennoch bin ich relativ zufrieden mit dem Ergebnis meiner mühsamen Arbeit der vergangenen Wochen. Ich hoffe, ihr auch.

    Viel Spaß beim Lesen und ein schönes Restwochenende!
    Liebste Grüße, eure Moni


    Kapitel Zehn



    Wieder einmal war es weit nach Mitternacht, als Grace Kinsella die Akte eines ihrer Patienten mit einem tiefen Seufzer zuklappte und von sich schob. Gähnend lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und rieb sich ihre müden Augen. Sie hatte nicht vorgehabt, es wieder einmal so spät werden zu lassen, zumal sie in den letzten Tagen wenig Schlaf bekommen hatte. Jede Faser ihres Körpers schmerzte und dieses leichte, aber permanente Pochen hinter ihrer rechten Schläfe malträtierte sie schon seit Stunden. Ein weiteres Gähnen unterdrückend schob Grace ihre Unterlagen zu einem halbwegs ordentlichen Haufen zusammen, erhob sich und schaltete ihre Schreibtischlampe aus.
    Es war ein langer Tag gewesen, den sie größtenteils in ihrem Büro verbracht hatte. Nur zur Mittagszeit hatte sie es für eine halbe Stunde verlassen, um sich etwas zur Stärkung zu beschaffen. Zwischen ihren Terminen hatte sich nur wenig Zeit für Pausen ergeben und auch nach offiziellem Arbeitsschluss hatte Grace noch eine Weile über Patientenakten gebrütet und weitergearbeitet.
    Dementsprechend erschöpft verließ sie nun ihr Büro und schlich durch die menschenleeren Gänge der Stadt. Zu dieser Zeit waren erfahrungsgemäß nur wenige Expeditionsmitglieder unterwegs, und so begegnete Grace auf ihrem Weg nur den üblichen nachtaktiven Wissenschaftlern und ab und zu ein paar patrouillierenden Soldaten, die sie freundlich grüßten.
    Kurz bevor sie den Gang erreichte, in dem sich ihr Quartier befand, beschloss sie noch einen kurzen Abstecher in die Mensa zu machen und sich mit Wasser zu versorgen. Vielleicht, dachte Grace sich, wenn sie Glück hatte und das Küchenpersonal bereits geschlossen den Rückzug angetreten hatte, konnte sie sich heimlich in die Küche schleichen. Womöglich gab es sogar noch Reste vom Abendessen zu ergattern. Es fühlte sich wie eine halbe Ewigkeit an, dass sie etwas gegessen hatte, und ihr Magen setzte prompt zu einem leisen Grummeln an kaum, dass sie den Transporter verließ und die Mensa betrat.
    Rasch durchquerte Grace die verdunkelte Halle und hielt zielsicher auf die Küchenräumlichkeiten zu, die- zum Glück- bereits vom Personal verlassen worden waren. Bemüht so wenig Lärm wie möglich zu machen suchte Grace zusammen, wonach es ihr verzerrte, und verließ die Küche wenig später mit einem Teller Obst, einem Truthahnsandwich und einer Flasche Wasser.
    Sie befand sich bereits auf halbem Weg zum Transporter, als ihr Blick zufällig eine einzelne Person streifte, die außerhalb der Mensa, auf dem Balkon in einer der wenigen spärlich beleuchteten Ecken an einem Tisch saß und auf das Meer hinausblickte. Es dauerte ein paar Augenblicke, ehe Grace in der Gestalt John Sheppard erkannte. Einen Momentlang überlegte sie, was sie tun sollte, ob sie gehen oder sich zu ihm gesellen sollte. Womöglich wollte er allein sein. Vielleicht konnte er nicht schlafen, schließlich war es seine erste Nacht zurück in der Stadt.

    Grace wägte ihre Möglichkeiten ab und beobachtete den Colonel aus sicherer Entfernung durch die Scheiben. Entgegen ihrer ersten Vermutung wirkte er entspannt, trug ein T-Shirt und eine schwarze Trainingshose, lehnte lässig in seinem Stuhl, die Füße auf der Mittelstrebe der Brüstung abgestellt und den Blick noch immer auf das Meer gerichtet. Der Wind zauste durch sein dunkles Haar und färbte seine Wangen rot, wie besonders deutlich wurde, als er mit einem Mal zu lächeln begann und an sich hinabblickte. Sein Mund bewegte sich, und in diesem Moment begriff Grace, dass er nicht allein war.
    Bedacht darauf, nicht von ihm entdeckt zu werden, klemmte sie sich die Wasserflasche unter ihren Arm und näherte sich dem Fester, bis ihr Blick auf das winzige Bündel fiel, welches der Colonel sanft in seinen Armen wiegte. Grace schmunzelte. Das Gesicht des Babys lag frei und die wachen Augen des Neugeborenen funkelten fasziniert. Dünne Beinchen strampelten aufgeregt und winzige Hände versuchten das Gesicht des Soldaten zu berühren. Lächelnd hob John das glucksende Baby in die Höhe und hielt es sich dicht vor sein Gesicht.
    Sie konnte nicht hören, was er sagte, aber als Grace sah, wie John seine Tochter zärtlich auf die Nasenspitze küsste, ging ihr das Herz auf und sie konnte sich nicht mehr länger zurückhalten. Sie trat auf den Balkon hinaus und machte sich mit einem leisen Räuspern bemerkbar.

    „Na, will sie nicht schlafen?“, erkundigte sie sich und blieb vor dem Tisch des Soldaten stehen. John seufzte.

    „Ich habe alles versucht“, entgegnete er mit erschöpft klingender Stimme und hielt das Baby an seine Brust gedrückt, „aber es scheint, als wolle nichts helfen. Die junge Dame will einfach nicht einschlafen.“

    „Nach dem, was Sie sagen, zu ordnen, ist sie schon jetzt eine richtige kleine Nachtschwärmerin“, bemerkte Grace schmunzelnd und beugte sich ein Stück nach vorne, um einen besseren Blick auf das Baby zu bekommen. „Wie ist ihr Name?“

    „Charin Elizabeth Sheppard“, antwortete John, und der Vaterstolz war klar und deutlich seiner Stimme zu entnehmen. „Nach einer guten Freundin ihrer Mutter und…“

    „Und Doktor Elizabeth Weir“, beendete Grace seinen Satz. „Ja, das habe ich mir bereits gedacht. Meinen herzlichen Glückwunsch, John.“ Ihren Nachmitternachtssnack auf dem Tisch deponierend linste sie auf das Kind hinab und betrachtete es. „Sie ist wunderschön.“

    „Ja, das ist sie“, bestätigte John mit einem verträumten Lächeln und deutete dann mit der Hand auf den freien Platz auf der ihm gegenüberliegenden Seite des Tisches. „Wollen Sie sich nicht kurz zu uns setzen, Grace?“

    „Ich möchte nicht stören“, entgegnete sie, doch John winkte kopfschüttelnd ab.

    „Ach, was, Sie stören doch nicht“, meinte er und forderte sie abermals mit einer Geste auf, sich zu setzen, und dieses Mal kam Grace der Einladung nach und ließ sich nieder.

    „Es ist schon spät“, nahm John das Gespräch schließlich wieder auf und sah sie an. „Ich habe eine Entschuldigung, aber was ist mit Ihnen?“

    „Die Arbeit, wie immer“, antwortete Grace, packte ihr Truthahnsandwich aus und biss genüsslich davon ab. „Ich habe noch an ein paar Berichten gefeilt und dabei wohl die Zeit aus den Augen verloren“, berichtete sie, nachdem sie ausgekaut und heruntergeschluckt hatte. „Schon wieder.“

    Ein wissendes Lächeln legte sich auf die Lippen ihres Gegenübers. „Scheinbar hat die Stadt Sie voll im Griff.“

    Grace schnaubte und trank einen Schluck aus ihrer Wasserflasche. „Sie würden sich wundern.“

    John schüttelte schmunzelnd mit dem Kopf. „Ich habe lange genug in dieser Stadt gearbeitet, Grace“, meinte er dann. „Mich wundert gar nichts mehr. Ich habe Dinge erlebt…“ Er brach ab, ließ seinen Blick in die Ferne schweifen und wiederholte dann mit leiser Stimme: „Mich wundert gar nichts mehr.“

    „Es ist schön, dass Sie wieder hier sind, John“, warf Grace nach einer Weile des Schweigens in die Stille hinein, worauf er den Blick vom Ozean löste und sie ansah.

    „Ja“, sprach er, ohne wegzusehen, „das ist es.“ Erneut verfiel er dem Schweigen, dann fuhr er mit leiser Stimme fort: „Es hat sich viel verändert.“

    „Wovon sprechen Sie?“, fragte Grace.

    „Sie wissen ganz genau, wovon ich spreche, Grace“, lautete die Antwort. Seufzend lehnte sich John in seinem Stuhl zurück und schlang die Arme um seine Tochter. „Mir war klar, dass man mich ersetzen würde. Ich hatte sogar fest damit gerechnet, als ich Atlantis verließ. Aber es hat mich damals nicht gekümmert- es war mir egal. Aber jetzt…“ Mitten im Satz brach er ab und schüttelte stattdessen mit dem Kopf. „Ich weiß auch nicht.“

    „Dann sind Sie ihm wohl schon begegnet“, mutmaßte Grace. „Hören Sie, ich weiß, dass es schwer sein muss, und ich kann Ihnen auch nicht sagen, wie sie in diesem Fall verfahren sollen, aber ich bin mir sicher, dass Sie die richtige Entscheidung treffen werden. Ja, gut, es ist nicht einfach, aber-“

    „Wie ist er so?“, unterbrach John sie auf einmal. „Der Neue, meine ich. Ich hatte bisher nämlich noch nicht das Vergnügen, ihn kennenzulernen.“

    „Sie…“ Grace zögerte. „Sie sind ihm noch nicht begegnet?“, wiederholte sie, und John schüttelte mit dem Kopf.

    „Ich habe nur gehört, dass er ein etwas… eigenwilliger Typ sein soll“, sagte er.

    „Nun-“ Grace faltete die Hände und legte sie auf dem Tisch ab. „Sagen wir, er ist anders als Sie, John. Ich möchte nicht behaupten, dass er eigenwillig ist. Er hat einige Ansichten, an die man sich insbesondere nach Ihrer Zeit als Kommandeur erst wieder gewöhnen muss.“

    „Ah, ein Regelgetreuer“, schlussfolgerte ihr Gegenüber und verzog das Gesicht. Grace nickte.

    „Kann man so sagen, ja. Allerdings möchte ich mich nicht auf etwas festlegen, bevor Sie ihn nicht persönlich kennengelernt haben. In gewisser Weise“, sagte sie, „erinnert er mich tatsächlich sogar ein wenig an Sie, John.“

    „Oh ja, weil ich mich ja auch immer sehr genau an die Regeln und Vorgaben gehalten habe“, witzelte der Soldat. „Nun“, meinte er dann, „ich würde lügen, wenn ich jetzt behaupte, nicht gespannt auf diesen Kerl zu sein.“

    „Ich hoffe, Ihre Erwartungen werden nicht enttäuscht“, erwiderte Grace.

    „Wir werden sehen“, gab John zurück und blickte nun auf seine erst wenige Tage alte Tochter hinab. „Na, sieh mal einer an“, flüsterte er auf einmal und lächelte. „Sieht so aus, als hätte ihr unser Gespräch den Rest gegeben.“

    Grace reckte den Hals und erhaschte einen Blick auf das nunmehr friedlich schlafende Baby. „Ja, scheint so“, entgegnete sie ebenfalls flüsternd. „Vielleicht sollten Sie diese Chance jetzt ausnutzen.“

    „Das“, raunte John und erhob sich ganz langsam und vorsichtig, „ist eine sehr gute Idee, Doc. Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn ich Sie jetzt allein lasse.“

    „Aber nein.“ Grace winkte ab. „Gehen Sie ruhig und legen sich und die Kleine schlafen. Es war ein langer Tag.“

    „Das war er in der Tat“, stimmte John ihr zu. „ Na, dann-“ Er hob die Hand zum Gruß-„schlafen Sie gut, Grace.“

    „Sie auch, John.“ Mit nachdenklicher Miene sah sie ihm durch die Scheiben nach, bis er mit seiner Tochter auf dem Arm die Mensa verließ. Erst als sich die Türen des Transporters hinter ihnen schlossen, erlaubte es sich Grace auszuatmen. Rasch verspeiste sie den Rest ihres Sandwiches und ihren Obstteller, trank das Wasser aus und brachte das benutzte Geschirr dann zurück in die Küche.
    War es richtig gewesen, ihn nicht zu informieren? Sie hätte ihn ohne jedes Weitere über Jason Danville in Kenntnis setzen können. Irgendwann, so sagte sie zu sich selbst, als sie sich auf den Rückweg machte, würde er es sowieso herausfinden. Es war nur noch eine Frage der Zeit. Sie hatte die Möglichkeit gehabt. Sie hätte es ihm einfach sagen können. Womöglich aus Angst vor seiner Reaktion hatte sie es nicht getan. Sie hatte ihr Schweigen bewahrt und es ihm nicht gesagt.
    Womöglich war es besser so, entschied Grace, als sie wenig später endlich ihr Quartier betrat. Es lag nicht an ihr; sie hatte genaugenommen nichts mit dem, was in der Vergangenheit zwischen Colonel Sheppard und Major Danville vorgefallen war, zu tun. Es war nur ihrer genauen Auffassungs- und Beobachtungsgabe zu verdanken, dass sie es herausgefunden hatte. Womöglich wäre es ihr andernfalls nie aufgefallen.
    Nein, beschloss sie, als sie sich in ihr Bett legte, zudeckte und das Licht löschte, sie würde sich so lange wie möglich aus der Sache heraushalten. Irgendwann, dessen war sie sich bewusst, würde die Wahrheit von ganz allein ans Tageslicht kommen. Irgendwann…


    ooOOoo


    Es war das Tosen der an den Pieren der Stadt zerschellenden Wellen, welches sie allmählich aus ihren Träumen riss und schließlich weckte. Verschlafen öffnete Teyla die Augen, nur um sie sofort wieder stöhnend zusammenzukneifen, als das grelle Licht der Morgensonne, das durch einen schmalen Spalt in der Gardine direkt in ihre müden Augen schien, sie blendete. Schützend legte sie sich die Hand vor die Augen. Dünne Lichtfäden brachen durch ihre Finger hindurch und kitzelten ihre Haut. Teyla murrte leise, kniff die Augen noch fester zusammen und rümpfte die Nase.
    Eine ganze Weile lag sie so da, döste vor sich hin und ließ ihr Gesicht von den Sonnenstrahlen bescheinen und wärmen. Die Augen weiterhin geschlossen haltend lauschte sie in die morgendliche Stille hinein; nur das stetige Rauschen des Meeres und ab und zu das Geschnatter der Seevögel waren zu hören, aber kein tiefes, gleichmäßiges Atmen und kein leises Schnarchen neben ihr. Teyla öffnete langsam die Augen, drehte ihren Kopf auf die Seite und fand die andere Hälfte des Bettes verlassen vor. Die Bettdecke war zurückgeschlagen und das Laken zerknüllt, aber noch warm und mit seinem Duft behaftet. Seufzend rollte sich Teyla auf den Bauch, schlang die Arme um das Kopfkissen ihres Mannes, vergrub ihre Nase in dem weichen Stoff und atmete seinen Duft ein. Die Mischung aus seinem milden Aftershave und seinem würzig-männlichen Eigengeruch ließ sie wohlig erschaudern, und tief in ihr entfesselte sich eine tiefe Sehnsucht nach ihrem Mann und sie verspürte den Wunsch, von ihm gehalten zu werden.

    „John?“, rief sie, während sie sich langsam aufsetzte und verschlafen nach ihm Ausschau hielt. Zunächst war keine Spur von ihm zu entdecken, dann, jedoch, fiel ihr Blick auf die ebenfalls leere Wiege ihrer Tochter und noch während sie sich fragte, wo ihr Mann und ihre Tochter wohl steckten, drang auf einmal John’s sanfte Stimme durch die geöffnete Balkontüre, und Teyla sah seinen Schatten am Fenster vorbeihuschen. Das Baby musste ihn geweckt haben, dachte sie, als sie ihre Beine über die Bettkante schwang, sich kurz streckte und reckte, ehe sie sich aufrichtete und nackten Fußes durch ihr Quartier tapste.
    Ihren seidenen Morgenmantel um die Schultern gelegt trat Teyla ins Freie. Es dauerte einige Momente, bis sich ihre müden Augen an das helle Sonnenlicht gewöhnt hatten und sie ihren Mann und ihre Tochter entdeckte. Den Blick auf das Meer und die nicht allzu weit entfernte Küste Kaliforniens gerichtet lehnte John an der Brüstung des Balkons und hielt seine kleine Tochter sanft umschlungen. Seine Lippen bewegten sich, doch der Wind pfiff zu laut durch die Schluchten der Stadt als das Teyla hätte verstehen können, was John dem Baby zuflüsterte. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, als er seine Nase in Charins weichem, dunklem Haar vergrub und sie liebevoll gegen seine Brust drückte.

    „Guten Morgen, ihr beiden“, begrüßte Teyla ihren Mann und ihre Tochter leise und berührte John sanft am Ellenbogen, worauf er sie ansah und ihr ein warmherziges Lächeln schenkte.

    „Guten Morgen“, entgegnete er und besiegelte seine Worte mit zärtlichen Küssen auf ihren Mund und ihre Stirn. „Haben wir Dich geweckt?“, erkundigte er sich besorgt und legte einen Arm um ihre Taille. Teyla verneinte.

    „Nein, ihr habt mich nicht geweckt“, antwortete sie, lehnte sich an ihren Mann und fasste ihre Tochter ins Auge, die warm eingehüllt in eine weiche Decke an der Brust ihres Vaters schlummerte. Sachte hielt John das kostbare Bündel an seinen Oberkörper gepresst und küsste das Köpfchen seiner Tochter, versenkte seine Nase wieder in Charins weichem Haar und seufzte wohlig.

    Schmunzelnd betrachtete Teyla Vater und Tochter, die ein so friedliches und harmonisches Bild abgaben. Zum allerersten Mal seit ihrer Rückkehr am Vortag wirkte John entspannt, wenngleich seine haselnussfarbenen Augen vom Schlaf getrübt und seine dunklen Haare von der frischen Meeresbrise zerzaust waren und ihm in alle Himmelsrichtungen vom Kopf abstanden. Nichtsdestotrotz, er wirkte gelassen und erweckte einen zufriedenen Eindruck auf sie. Nichts erinnerte sie mehr an den angespannten Mann, neben dem sie gestern Abend eingeschlafen war; gelöst und locker hatte John seinen Arm um sie gelegt, hielt ihre Tochter in seinen Armen und ließ seinen Blick zwischen ihr und Charin hin- und herspringen, betrachtete seine kleine Familie voller Stolz. Von Mal zu Mal funkelten seine Augen mehr, und Teyla fragte sich, was wohl gerade in ihm vorging. Es war das allererste Mal, dass es ihr nicht gelang, in seinem Blick zu lesen; so viele Emotionen flackerten in seinen Augen auf, dass es ihr schwer fiel, sich auf eine von ihnen festzulegen.

    „Sag mir, John- an was denkst Du gerade?“, erbat sie schließlich seine Hilfe. „Was beschäftigt Dich?“, bohrte sie weiter, als er ihr nicht sofort antwortete, sondern seinen Blick über den schier unendlichen Ozean schweifen ließ. John seufzte.

    „Ich versuche nur zu begreifen, dass ich jetzt tatsächlich hier bin“, antwortete er ihr nach einer Weile. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich je wieder Gelegenheit dazu bekommen würde, diesen Ausblick zu genießen. Unglaublich, dass ich beinahe vergessen habe, wie schön es hier ist“, ergänzte er nachdenklich.

    „Aber Du hast es nicht vergessen“, sagte Teyla, worauf der Blick ihres Mannes sich vom Horizont löste.

    „Nein“, entgegnete John und begegnete ihrem offenen, klaren Blick mit einem schmalen Lächeln. „Nein, das habe ich nicht.“

    „Und fühlt es sich nicht gut an, wieder hier zu sein?“, fragte sie ihn, worauf er tief Luft holte, ehe er zaghaft nickte.

    „Ja, das tut es“, sprach er mit leiser Stimme. „Es fühlt sich sogar noch viel besser an“, fügte er lächelnd hinzu und sah seine Frau an, die seinen Blick erst fragend erwiderte, dann aber mit einem gütigen Lächeln verstand.

    „Und das, John“, sagte Teyla, „ist das Einzige, was zählt. Nur das, was Du hier drin fühlst“, flüsterte sie und legte ihre Hand über sein Herz. „Und nichts anderes.“

    „Ich weiß“, gab John murmelnd hinzu, umschloss ihre Hand und küsste ihre Finger zärtlich. Lächelnd stellte sich Teyla auf die Zehenspitzen und lehnte ihre Stirn gegen seine.
    „Ich weiß“, spürte sie seine tiefe Stimme an ihrer Haut vibrieren und erschauderte unwillkürlich, als seine Lippen die ihren streiften, doch ein leises Seufzen ließ sie innehalten und an sich hinabblicken.

    „Hey“, lächelte John und linste auf seine langsam erwachende Tochter hinab, „nun sieh mal einer an, wer da endlich aufwacht, nachdem sie ihren Daddy die halbe Nacht wach gehalten hat.“ Grinsend verlagerte er den winzigen Körper des Neugeborenen, sodass Charin in seinen Armen lag und mit ihren großen, grünbraunen Augen zu ihren Eltern aufblickte. „Na, Prinzessin“, flötete er und wiegte das Baby in seinen Armen, „hast Du gut geschlafen?“

    „Guten Morgen, Charin“, begrüßte nun auch Teyla ihre Tochter und strich mit dem Finger über die samtweiche Wange des Babys. Glucksend versuchte Charin mit ihrer winzigen Hand ihren Finger zu umfassen, und ehe sich Teyla versah, war es ihr gelungen. Mit einer Kraft, die sie nicht für möglich gehalten hatte, zog ihre Tochter an ihrem Finger und steckte ihn sich in den Mund.

    „Nun-“ John griente, als Charin schmatzend an dem Finger ihrer Mutter zu nuckeln begann- „ich befürchte, dass ich dir auf diesem Gebiet nicht weiterhelfen kann, Kleine.“ Schmunzelnd ließ er das Baby in Teylas Arme gleiten und reichte ihr eine weitere Decke, die er zusätzlich zum Schutz vor Wind und Kälte über den empfindsamen Körper seiner Tochter gelegt hatte. Behutsam hüllte Teyla sich selbst und Charin in den weichen Stoff, als sie sich auf der windgeschützten Sitzgruppe in der Ecke des Balkons niederließ und ihre Tochter zu stillen begann. Vollkommen fixiert auf ihr Kind bekam sie nur am Rande mit, dass John sie beobachtete. Erst als sie seine schweren Schritte auf sich zukommen hörte, blickte sie zu ihm auf und klopfte mit der Hand auf die freie Sitzfläche neben sich.

    „Setz Dich zu uns“, lud sie ihn ein. Wortlos tat John wie ihm geheißen und ließ sich neben sie auf das Polster sinken, lehnte sich dann etwas zurück, sodass er über ihre Schulter direkt auf seine Tochter hinabschauen konnte, die gierig an ihrer Brust nuckelte und sich durch nichts ablenken ließ.

    „Ich könnte euch den lieben langen Tag dabei zusehen“, hörte Teyla John sagen und spürte, wie er sein Kinn auf ihrer Schulter ablegte.

    „So langsam habe ich den Verdacht, dass Du das nicht nur tust, um sicherzugehen, dass Deine Tochter noch immer einen gesunden Appetit hat“, triezte sie ihn, worauf John sanft ihre Schulter küsste.

    „Erwischt“, raunte er und arbeitete sich mit seinen Lippen langsam über ihre Schulter bis zu ihrem Nacken vor. Als sein Mund schließlich genau die Stelle ertastete und fordernd küsste, an der ihre Schulter zu ihrem Hals überging, erschauderte Teyla und hielt den Atem an. Wie sehr hatte sie seine Küsse doch vermisst… Seine sanften Liebkosungen… Ihn

    „John…“, seufzte sie und versuchte sich seinen Berührungen zu entziehen, wohl wissend, dass es sehr bald um sie geschehen sein würde, wenn sie dem nicht ein Ende bereitete. „Hör auf“, bat sie ihn fast schon flehentlich. „Du weißt… wir können das nicht. Wir…John…“ Ihre Stimme brach, und ein zittriges Seufzen, welches in ein leises Stöhnen überging, als er mit seiner Zunge ihre Haut berührte, entrang sich ihrer trockenen Kehle. Spürend wie ihr Widerstand Stück für Stück in sich zusammenfiel schloss Teyla die Augen und gab sich schließlich ihrem Schicksal geschlagen, neigte den Kopf und ließ sich von ihm küssen. Sie wusste, dass er nicht weitergehen würde; er kannte die Grenzen und respektierte sie, dennoch konnte sie anhand der Art, wie er sie küsste, spüren, dass auch er sich nach ihr sehnte. Sanft glitten seine warmen Lippen an ihrem Hals entlang, und als er seine Hand unter ihr Oberteil schob und ihre Hüfte berührte, war es um sie geschehen; blitzschnell wandte sie sich ihm zu, schob eine Hand in sein dunkles Haar und presste ihren Mund fest auf seinen.

    „Wolltest Du Dich heute Morgen nicht mit Mister Woolsey treffen?“, fragte sie ihn atemlos, worauf sich John grummelnd von ihr löste.

    „Ich sage das nur sehr ungern, Teyla, aber Du hast echt ein Talent dafür, besondere Momente zu zerstören“, schimpfte er, seufzte dann aber und erhob sich ächzend. „Aber Du hast recht. Es wäre besser, wenn ich mich langsam fertig mache.“

    „Soll ich Dich begleiten?“, bat Teyla an und griff nach seiner Hand. „Wir könnten zusammen zu Mister Woolsey gehen.“

    „Bist Du sicher?“, fragte John, nachdem er kurz über ihr Angebot nachgedacht hatte. Teyla nickte.

    „Aber ja“, sagte sie, „es wäre die Gelegenheit, ihn über uns aufzuklären, denkst Du nicht auch? Je eher wir es in Angriff nehmen, desto schneller haben wir es hinter uns und müssen keine Geheimnisse mehr vor den anderen haben.“

    „Dann bist Du also doch einverstanden damit, dass es alle wissen?“, hakte John nach und setzte sich neben sie. „Nur damit das klar ist- Dir ist bewusst, was das bedeutet, oder? Bist Du Dir sicher, Teyla?“, fragte er sie innerhalb weniger Minuten zum zweiten Mal und hielt ihren Blick gebannt.

    „Ja, ich bin mir sicher“, versicherte sie ihm und drückte seine Hand. „Ich möchte, dass es all unsere Freunde wissen, John. Wir hätten es eh nicht lange vor ihnen geheim halten können. Ich bin mir sogar sicher, dass Ronon bereits etwas vermutet.“

    „Okay.“ John folgte ihren Ausführungen aufmerksam, dann nickte er. „Wenn es das ist, was Du möchtest- ich habe nichts dagegen“, sagte er lächelnd und drückte einen sanften Kuss auf ihren Handrücken. „Lass es uns ihnen sagen, Misses Sheppard.“

    „Ja“, flüsterte Teyla aufgeregt, legte ihre Hand an seine Wange und zog ihn für einen Kuss heran. Erleichtert presste sie ihre Lippen auf seine, küsste ihn zärtlich und lehnte danach ihre Stirn gegen seine.

    „Es gibt nichts, was ich lieber täte, Colonel Sheppard.“


    ooOOoo


    Die Neuigkeit hatte sich in Windeseile verbreitet und hatte sich schon bald in aller Munde befunden. Nach nicht einmal einer Stunde hatte sich die Nachricht, dass Lieutenant Colonel John Sheppard nach Atlantis zurückgekehrt war, überall herumgesprochen und war selbst bis in die entlegensten Teile der Stadt vorgedrungen. Die unerwartete Rückkehr des ehemaligen Militärkommandanten sorgte seither für reichlich Gesprächsstoff aber auch für die wildesten Spekulationen unter den Mitgliedern der Expedition. Ein Tag war seit seiner Rückkehr vergangen, und noch immer gab es kein offizielles Statement, was unwillkürlich zur Folge hatte, dass sich immer mehr Fragen auftaten. Nur wenige hatten den Colonel seit seiner Ankunft am Vortag zu Gesicht bekommen und schwiegen sich seit jeher aus, was die Neugier derer, denen es bisher noch nicht vergönnt gewesen war, einen Blick auf ihn zu werfen, nur noch mehr schürte. Tuschelnd liefen sie durch die Gänge, in der Hoffnung, ihm zufällig über den Weg zu laufen. Jeder wollte ihn sehen, ihn willkommen heißen, ihm mitteilen, wie sehr man ihn doch vermisst hatte und wie sehr man sich über seine Rückkehr freute.

    Jeder, bis auf seine Wenigkeit.

    Er hatte gerade das allwöchentliche Haupttraining der Marines beaufsichtigt, als ihn die Nachricht in Form eines aufgeregten Sergeant Farrow erreicht hatte, der- wie immer verspätet- durch die Tür der Trainingshalle gestürmt war und die Bombe hatte platzen lassen. Augenblicklich war er von seinen Kameraden umringt gewesen, die ihn neugierig mit ihren Fragen löcherten. Er war als einziger zurückgeblieben und hatte aus sicherer Entfernung beobachtet, wie sich die Männer angeregt unterhielten und kurz darauf, ohne dass er sie entlassen hatte, aus der Halle stürmten.
    Ganz langsam hatte er daraufhin begonnen, seine Sachen zusammenzupacken. Er hatte es nicht eilig, im Gegenteil, er hatte alle Zeit der Welt. Die Augen offen haltend hatte er sich auf den Rückweg in sein Quartier gemacht. Darauf bedacht die Hauptkorridore zu meiden, hatte er einen Weg eingeschlagen, der ihn außerhalb der Stadt über den Pier führte, ein Umweg, den er nur allzu gern in Kauf nahm, denn es hatte zu diesem Zeitpunkt einiges gegeben, über das er nachdenken musste.

    Doch weder die eisige frische Meeresluft, die ihm um die Ohren pustete, noch die Nacht hatten ihn der Lösung seines Problems geführt.

    Gut, er hatte damit gerechnet, dass es irgendwann soweit sein könnte, aber hatte gedacht, er habe mehr Zeit, um seinen Plan zu perfektionieren. Jetzt, sagte er sich, war es nur noch eine Frage der Zeit. Wenn er weiterhin so viel Glück wie bisher hatte, ließ sich das unvermeidliche Aufeinandertreffen einige Stunden herauszögern. Zu wenig Zeit, um sich etwas Raffiniertes einfallen zu lassen. Beginne niemals einen Krieg, den Du nicht gewinnen kannst, hatte sein Ausbilder auf der Militärakademie stets zu predigen gepflegt, und er bezweifelte, dass er diesen „Krieg“ tatsächlich für sich entscheiden konnte.

    Zumindest nicht mit fairen Mitteln.

    Als er das personifizierte Abbild seines ganz persönlichen Alptraumes nun zusammen mit seiner Alienfreundin und ihrem Balg Mister Woolseys Büro betreten sah, wo sie herzlich von dem Expeditionsleiter empfangen wurden, fasste er einen Entschluss.
    Er konnte nicht gewinnen, das war ihm klar, nicht wenn so viele Leute hinter dem Mann standen, den er vor langer Zeit einmal selbst bewundert hatte. Aber er würde nicht kampflos aufgeben. Und wenn das seinen Untergang bedeutete- er würde nicht gehen, ohne John Sheppard mit sich in den Abgrund zu ziehen! So, wie er damals sein Leben zerstört hatte, würde er jetzt auch seines zerstören. Er würde ihm all das nehmen, was ihm wichtig war, so, wie er es damals auch mit ihm getan hatte.

    Sein Blick fiel auf Teyla und das Kind in ihren Armen. Es war ja so einfach. Alles, was er tun musste, war an der richtigen Stelle anzusetzen und den Dingen dann ihren Lauf zu lassen.
    Jahrelang hatte er auf die Chance gewartet, John Sheppard endlich für all das büßen zu lassen, was er ihm und seiner Mutter in der Vergangenheit angetan hatte. Dieser Mistkerl hatte seine Familie zerstört, und nun fand er es nur allzu gerecht, dasselbe auch ihm anzutun. Oh, ja.

    Ein Grinsen zog sich über Jasons Lippen, als er sich umdrehte und wegging.

    Fortsetzung folgt…


  31. #39
    zigtausend Jahre alt ... ;-) Avatar von John's Chaya
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    Ach *seufz*, John ist so ein liebevoller Vater und so ein toller Ehemann. Er geht so süß mit seiner kleinen Tochter und Teyla um.

    Sein Blick fiel auf Teyla und das Kind in ihren Armen. Es war ja so einfach. Alles, was er tun musste, war an der richtigen Stelle anzusetzen und den Dingen dann ihren Lauf zu lassen.
    Jahrelang hatte er auf die Chance gewartet, John Sheppard endlich für all das büßen zu lassen, was er ihm und seiner Mutter in der Vergangenheit angetan hatte. Dieser Mistkerl hatte seine Familie zerstört, und nun fand er es nur allzu gerecht, dasselbe auch ihm anzutun. Oh, ja.
    Oh nein!!!

    Ich hoffe nur, hoffe nur für dich , dass du den Dreien nichts durch Jason antun lässt - wehe dir!!! Das würde dir Dramaqueen nämlich wieder ähnlich sehen, aber bei Kindern hört für mich der "Spaß" auf. Keine Entführung oder noch schlimmeres, auch nicht von Teyla und John. Jason soll einfach so verschwinden, bzw. sich selbst eine Falle stellen, in der er dann umkommt.

    Will ganz schnell wissen, wie es weitergeht!

    Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.(JWvG)

  32. Danke sagten:


  33. #40
    Major Avatar von claudi70
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    Was hab ich mich gefreut, dass es hier weiter geht. *um den Tisch hüpf*
    Es ist wirklich schön mit anzusehen, wie gut es John mit seiner kleinen Familie geht. wenn da nicht Jason wäre. *seufz*ich kann mich da John's Chaya nur anschließen, bei Kindern hört bei mir auch der Spaß auf...Aber wie es scheint, ahne ich da nichts Gutes. Ich mag ja Shep whump (ich gestehe ) aber bitte nicht die Kleine. *ganz ganz lieb guck*
    Jason soll ein Mann sein und sich John stellen und es wie Männer austragen.

    Freue mich schon auf die Fortsetzung (gib deiner Muse mal nen Schubs) und falls wir uns vorher nicht mehr lesen, wünsche ich dir und deinen Lieben schon mal jetzt ein schönes Osterfest und einen fleißigen Osterhasen.
    LG Claudi

  34. Danke sagten:


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