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Thema: [ST XII] Wenn der schlafende Tiger erwacht ... (Star Trek: Into Darkness Prequel)

  1. #41
    Major General Avatar von Kris
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    So, lange hat es gedauert, aber heute habe ich die Muße gefunden, einen Texttrümmer zu überarbeiten und etwas neues zu schreiben, das ich dir nicht lange vorenthalten will.

    Um deine Frage zu beantworten. Ja, es ist schon Scotty damit gemeint, immerhin hat er ja Admiral Archers Hund ins Nichts gebeamt und das dürfte in Ingenieurskreisen die Runde gemacht haben.

    Aber nun genug geschwatzt, hier ist die Fortsetzung:



    Kapitel 13
    Reflektionen


    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Eine Bar in San Francisco
    Einige Stunden später
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    ‚Dieser verfluchte Hurensohn! Wer zum Teufel glaubt er, wer er ist? Nimmt er wirklich an, er sei besser und erfahrener als ich, was Technik, Strategie und Taktik angeht?’

    Commander Wilbur Aldredge presste die Lippen zusammen und starrte finster auf die bernsteinfarbene Flüssigkeit das einen bizarr geformten Eiskristall umspülte, auch wenn ihm eher danach war, seine Wut an irgendetwas oder irgendwem abzureagieren.
    Aber das konnte er auch später noch nachholen, wenn es einen passenden Anlass gab. Er würde schon einen finden – nur er würde sich hier und jetzt nicht die Blöße geben, seine Gefühle zu zeigen … die ließ er lieber an einem Bediensteten oder Untergebenen aus.

    Mit der Aussicht auf ein Ventil für seinen Groll beruhigte er sich ein wenig, auch wenn die Wut immer noch in ihm schwelte. Aber nun meldete sich wieder mehr sein Verstand zu Wort und erinnerte ihn an das, was wirklich wichtig war: ‚Wenn der Kerl wirklich so brillant ist, wie Admiral Marcus andeutete, warum zum Teufel habe ich bisher eigentlich noch nichts von ihm gehört?’ brütete er wütend vor sich hin. ‚Wo zum Teufel kommt er her, was hat er vorher gemacht? Der Mann ist doch niemand, der lange in der zweiten Reihe steht.’

    Er erinnerte wieder an die Besprechung und umschloss das Whiskey-Glas so fest mit seinen Fingern, als wolle er es zerbrechen. Schon im Vorfeld hatte er sich Informationen über seinen Nachfolger in London einholen wollen, doch die wenigen Daten die er trotz seiner hohen Sicherheitsstufe hatte abrufen können, waren eher dürftig und vor allem unzusammenhängend gewesen.
    Warum fehlte die Laufbahn von John Harrison vor Eintritt in der Sternenflotte völlig, warum gab es keine Querverweise zu seinen angeblichen Abschlüssen bei den entsprechenden Universitäten und Akademien? Vor allem waren die wenigen Einträge, die er gefunden hatte, nicht besonders alt – erst ein paar Monate.

    Zwar wurde das ganze mit einem Crash der Datenbanken durch den Nero-Zwischenfall begründet, aber mit einer solch fadenscheinigen Erklärung führte man in der Regel doch nur durchschnittliche Beamte und Offiziere an der Nase herum – nicht aber ihm.
    Vor allem nicht, weil das Schattenspiel, das man um diesen Mann trieb noch viel weiter ging: John Harrison schien einer der Überlebenden des Nero-Zwischenfalls zu sein - gut und schön, das mochte ja noch angehen, auch wenn man die wenigen Männer und Frauen, die der Implosion des Planeten Vulkan entkommen waren, an zwei Händen abzählen konnte.

    Aber zu behaupten, dass Harrisons Akte in dieser Zeit durch das Versehen eines Schreibtischtäters im Hauptquartier gelöscht worden war, genau so wie die Archivdaten, das war etwas zu viel des Guten. Zudem kannte er die typischen Codes, die entstanden, wenn man einen Eintrag im System zurückdatierte.

    Und nicht zuletzt hatte er in anderen Archiven nach dem Mann gesucht ... und außer Datenmüll nichts gefunden.

    Nein, hier war irgendetwas ganz und gar faul ...

    Aldredges Miene verfinsterte sich noch mehr und veranlasste eine Gruppe von ausgelassenen, jungen Sternenflottenoffizieren, die sich schwatzend seiner Ecke näherten, sich doch nicht den Tisch neben dem seinen auszusuchen, sondern so weit wie möglich Abstand von ihm zu nehmen.

    Schon der erste Augenkontakt mit Harrison hatte seine düstersten Vorahnungen bestätigt. Wer so einen durchdringenden Blick besaß, war dazu geboren, andere zu manipulieren, auf die ein oder andere Weise zu dominieren. Das passte ihm ganz und gar nicht, denn normalerweise war er dafür zuständig.

    Sein Argwohn war noch gewachsen, als er die Ergebnisse aus London gesehen hatte. Denn das ging ebenfalls nicht mit rechten Dingen zu: Kein normaler Mensch arbeitete sich in dieser relativ kurzen Zeit so umfassend in mehr als drei unterschiedliche Projekte ein und half auch noch dabei, die Ergebnisse zu optimieren! Und wie der Andere es geschafft hatte, diese faule Truppe in London zu motivieren … das machte ihn ebenfalls stutzig und ließ nur einen Schluss zu …

    Dieser Harrison würde es nicht lange aushalten, einfach nur einer der vielen Mitarbeiter ihrer Sektion zu sein und brav seine Aufgaben zu erfüllen. Der machte die Regeln, anstatt sich ihnen zu beugen ... das hatte er trotz seines Geredes von archaischen Kriegerbünden, Ehre und Kodices, durch jede seiner anderen Gesten deutlich gemacht!

    Er nahm einen tiefen Schluck. ‚Verdammt Alex, wen hast du dir da nur an Bord geholt! Der Kerl ist eine tickende Zeitbombe!’, dachte er, als die bernsteinfarbene Flüssigkeit seinen Hals hinunter rann. ’Und was treibst du plötzlich für ein seltsames Spiel hinter meinem Rücken? Warum traust du mir, deiner rechten Hand, seit wir die Sektion aufgebaut haben, deinem wichtigsten Verbündeten plötzlich nicht mehr?’, grübelte er weiter.

    Mit Groll erinnerte er sich daran, wie begeistert der alte Freund den Ausführungen Harrisons gelauscht hatte, dachte an das Leuchten in den Augen des langjährigen Weggefährten. Konnte es sein, das Marcus jetzt jemanden gefunden hatte, der ihn ersetzen konnte?

    Nein, das konnte und durfte nicht so weitergehen und er würde das auch nicht zulassen, nach allem, was sie geteilt hatten. Eine weitere Enttäuschung würde er nicht erleben, das schwor er sich. Also musste er einen Weg finden …

    Dann durchfuhr es ihn wie ein Blitz und er stellte das Glas abrupt zurück auf den Tisch. Vielleicht war er die ganze Zeit von einem falschen Standpunkt ausgegangen. Denn nun, wo er die Veränderungen noch einmal Revue passieren ließ, erinnerte er sich genau daran, wann Alexander Marcus begonnen hatte, ihn auszuschließen.

    Da war doch dieses altertümliche Schiff gewesen, das vor einigen Wochen in die Werft gebracht worden war, und zu dem er keinen Zugang erhalten hatte...



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    In der Wohnung von Admiral Marcus
    Ebenfalls einige Stunden später
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    Das Hochgefühl der letzten Stunden schwand, als Alexander Marcus seine Wohnung betrat und sich die Tür mit einem leisen Zischen hinter ihm schloss. Der Admiral blieb mitten im Raum stehen und schloss für einen Moment die Augen, um die Benommenheit und den leichten Schwindel abzuschütteln.

    Dann holte er tief Luft und verdrängte, das mulmige Gefühl in seiner Magengegend, denn es gab nichts, was er sich vorwerfen musste. Trotz aller Risiken, die es mit sich gebracht hatte, ihn nach San Francisco zu holen und mit Aldredge zu konfrontieren – das Gespräch selbst war ein Erfolg gewesen.

    Denn mit Khan Noonien Singh hatte er endlich einen Verbündeten gefunden, der verstand, worauf es in diesem heranziehenden Konflikt ankam, der die Natur der Klingonen zu lesen verstand wie kein anderer, weil er selbst wie sie dachte. Stärke und Entschlossenheit – genau das mussten sie zeigen – und nicht taktierendes Hinhalten und Heimtücke, Listen, die Commander Aldredge so lagen und bei jedem anderen galaktischen Volk funktionieren mochte, nicht aber bei einer Kriegerrasse.

    Nun wo er den Augment in Aktion erlebt hatte, verstand er, warum es diesem gelungen war, ein Viertel der Erde zu erobern und sein Reich auch noch am längsten zu halten. Er hatte das Charisma eines Anführers, dem man gerne folgte, weil seine Argumente verständlich und überzeugend waren ...

    Und doch musste er wachsam bleiben, machten genau diese Qualitäten den Augment so gefährlich, denn wehe ihnen, wenn er nur auf den Gedanken kam, zu den Feinden überzulaufen und sich mit ihnen zu verbünden – oder die Werkzeuge, die er ihm an die Hand gab, für einen Umsturz nutzte …

    Nun, danach sah es bisher glücklicherweise noch nicht aus. Alexander Marcus lächelte müde. Andererseits hatte er ja auch noch zweiundsiebzig Argumente in der Hand, die für die Menschheit sprachen und Khan auf Linie halten würden. Denn so lange für den Mann aus der Vergangenheit die Hoffnung bestand, dass seine Freunde ebenfalls wiederbelebt werden würden … würde er sein Spiel mitmachen. Also musste er dafür sorgen, dass dieser Status Quo erhalten blieb und sich kein anderer einmischte.

    Mit einem tiefen Seufzer schüttelte der Admiral auch die letzte Müdigkeit ab. Er setzte sich vor seinen Schreibtisch und ließ den Sichtschirm ausfahren, um mit seinen persönlichen Codes einen besonders gut verschlüsselten Bereich zu öffnen, um an die dortigen, ebenfalls dreifach gesicherten Dateien und Kommunikationskanäle zu gelangen. Schließlich erledigte er von hier aus er die Arbeiten, von der er die Sternenflotte und den Rat nicht unbedingt in Kenntnis setzen wollte.

    Es galt noch einige Dinge in die Wege zu leiten, bevor Aldredge in die geheime Werft am Jupiter zurückkehren würde. Jetzt, wo sich die beiden kennengelernt hatten, würde Wilbur noch mehr darauf drängen, mehr über „John Harrison“ zu erfahren und seine Nachforschungen verstärken, die ihm natürlich nicht entgangen waren.

    Admiral Marcus kannte seinen alten Freund zu gut, um zu wissen, dass der Commander nach möglichen Schwächen und noch so kleinen schwarzen Flecken in der Vergangenheit des Rivalen suchen würde, um ihn bei Gelegenheit auszubooten – und genau das konnte er zu diesem Zeitpunkt – jetzt wo er Khans Ehrgeiz und Interesse geweckt hatte, nicht zulassen. Gerade im Moment musste die wahre Identität seines neuen Mitarbeiters besser denn je vor Aufdeckung geschützt werden, auch wenn er damit eine jahrzehntelange Kameradschaft aufs Spiel setzte.

    Für einen Moment hielt er inne und rieb sich über die Augen. „Wilbur ...“, murmelte er nachdenklich und fragte sich, einen Moment ob es das wirklich wert war und er den Freund nicht vielleicht besser zum Verbündeten machte.
    Er gab sich nach kurzem Zögern eine Antwort: „Ja, ich kann nichts verlieren, was ohnehin nicht mehr da ist.“
    Mit einem bitteren Lächeln dachte er daran, dass er und Aldredge sich schon vor einigen Jahren entfremdet hatten, als er die Karriereleiter in die Führungsspitze der Sternenflotte hinaufgestiegen war und dabei den Freund nicht so mitgezogen hatte, wie dieser es erwartet hatte …
    Aber das wäre weder möglich noch realistisch gewesen, denn bei aller Freundschart - auch mit seinem Fürspruch hätte er den Rat nicht bewegen können, Wilbur zum Leiter des Ingenieurscorps zu erkennen.
    Ja, Aldredge war ein ein brillianter Kopf, ein exzellenter Wissenschaftler – vielleicht, einer der besten der Förderation - aber von Menschenführung hatte er noch nie etwas verstanden und seine menschlichen Schwächen hätten schon beim ersten Vorschlag zu einem massiven Veto der Verantwortlichen geführt …

    Dann schüttelte der Admiral den Kopf und blickte auf den Schirm, rief die angefallenen Nachrichten ab und aktivierte schon einmal eine Subraumverbindung, die er gleich noch brauchen würde, um sich nach dem neusten Stand in der Werft am Jupiter zu erkundigen und dann weitere Anweisungen bezüglich gewisser Dinge zu geben.

    Gefühle durften hier und jetzt keine Rolle spielen, ermahnte er sich dann und blickte unwillkürlich auf das Bild seiner Tochter, das in einem Holorahmen an der Wand hing und sich dort mit anderen glücklichen Bildern aus der Vergangenheit abwechselte.

    Carol …

    Dann presste er die Lippen aufeinander, erinnerte sich dunkel, dass sie sich für den heutigen Abend zum Essen verabredet hatten. Vielleicht war es besser, das Treffen kurzfristig abzusagen …

    Auch … nein gerade … sein Kind musste er von all dem ausschließen, was er gerade tat auch wenn sie das hart treffen würde und ihn nicht minder. Es ging nicht anders, er musste persönliche Bindungen dem opfern, was mehr als alles andere zählte, um allen eine sichere Zukunft zu ermöglichen … der Schutz der Föderation …
    Geändert von Kris (21.07.2014 um 18:48 Uhr)
    Kolya, der Trust und ein irrer Serienkiller in:Im Grau der Schatten, Double Trouble & In den Händen des Schicksals. Ungekannte Abenteuerer von John Sheppard & Co in "Stargate Atlantis - Die verborgenen Szenen": Aufbruch in eine neue Welt und Das erste Jahr und Die Specials.

    John Sheppards Schicksal im Vegasverse :"Solitary Man" no more

    *Neu:* Kapitel 22 seit Okt 2016: Wenn der schlafende Tiger erwacht (Star Trek Into Darkness Prequel)
    * NEU* Doktor Who: Die Saat des Zorns * Der Schatten des Doktors * Drabbles

  2. Danke sagten:


  3. #42
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Schön, daß es hier weiter geht.

    Aldredge ist ehrgeizig und mißtrauisch. Ist ja auch nicht nett von Admiral Marcus, wie er den alten Freund behandelt. Und natürlich läuten bei ihm alle Alarmglocken, wenn die Nachforschungen ins Leere laufen...

    Für einen Moment hielt er inne und rieb sich über die Augen. „Wilbur ...“, murmelte er nachdenklich und fragte sich, einen Moment ob es das wirklich wert war und er den Freund nicht vielleicht besser zum Verbündeten machte.
    Er gab sich nach kurzem Zögern eine Antwort: „Ja, ich kann nichts verlieren, was ohnehin nicht mehr da ist.“
    Hat Marcus etwa vor, Wilbur aus dem Weg zu räumen? Hört sich für mich so an.

  4. #43
    Major General Avatar von Kris
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    Danke für deinen Kommentar Jolinar. Wie du weißt, hat mich das letzte Jahr aus dem Konzept geworfen, das will ich aber versuchen, jetzt ein wenig zu ändern. Lange habe ich mich nicht mehr an die Story gewagt, aber gestern habe ich mir "Star Trek: Into Darkness" im Fernsehen angesehen und festgestellt, dass das nächste Kapitel gar nicht so schlimm ist, wie ich dachte. Hier also endlich der nächste Teil und ich will zusehen, dass ich nicht wieder so lange brauche wie letztes Mal!

    Was Admiral Marcus und Commander Aldredge angeht ... da muss ich selbst sehen - Tatsache ist aber, dass die Verschwörer jetzt in die eigene Falle tappen. Wer im Geheimen agieren und sichtlich misstrauisch sein muss, der traut auch irgendwann nicht mehr alten Freunden, vor allem wenn die anfangen einen scheinbar zu hintergehen ... oder bereits hintergangen haben.




    Kapitel 14
    Ein Commander auf Abwegen



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Geheimer Stützpunkt der Sektion 31 in London
    John Harrisons Büro, fünf Wochen später
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    „Danke für die Einladung, Mr. Stetson, aber ich befürchte, ich habe am Wochenende keine Zeit, um sie zu begleiten!“, lehnte Khan die Einladung zu einem Segeltörn auf dem Ärmelkanal ab.

    „Schade“, meinte der Ingenieur. „Eigentlich tut es manchmal ganz gut, sich frischen, rauen Wind um die Nase wehen zu lassen und die Arbeit für ein paar Stunden oder Tage zu vergessen. Wollen Sie es sich nicht vielleicht doch einmal überlegen?“

    „Nein, tut mir leid“, blieb Khan bei seiner Entscheidung und schmunzelte über die Beharrlichkeit, die einer seiner engsten Mitarbeiter an den Tag legte. Wie Geraldine Hopkins bemühte der Mann sich immer noch, ihn aus seinem Schneckenhaus zu locken und so etwas wie ein „gutes Verhältnis“ zu schaffen, wenn nicht sogar mit ihm anzufreunden.

    Und er musste zugeben, dass ihm das Vertrauen der beiden nicht nur schmeichelte, sondern auch irgendwie gefiel. Die Tatsache, dass sie nicht wussten, wer er war und für was er stand, machte vieles einfacher im Umgang mit den normalen Menschen.

    Deshalb hatte er irgendwann nicht mehr alle Einladungen ausgeschlagen, die sie ausgesprochen hatten und den ein oder anderen Kollegen so nach der Arbeit in einen der etwas gemütlicheren Pubs oder zum Essen in ein Spezialrestaurant begleitet. Gerade durch seine beiden engsten Mitarbeiter n hatte er einiges lernen und Ecken London entdecken können, die ihm bislang verschlossen gewesen waren.

    Jacob Stetson stand immer noch im Raum, trat von einem Fuß auf den anderen und musterte ihn, so dass Khan schließlich aufblickte und ihn an etwas erinnerte. „Ich brauche die Auswertung morgen früh.“

    „Oh, ja richtig! Ich mache mich dann mal an die Arbeit, Sir!“

    Der Ingenieur verschwand aus dem Raum und Khan lehnte sich einen Moment in seinem Sessel zurück und faltete die Hände vor dem Kinn.

    Es klang in den Ohren der heutigen Menschen vielleicht noch spannend, aber das Segeln mit einem bestens abgesicherten Boot, das jederzeit zu orten war, hatte nichts mehr von einem Abenteuer an sich – ganz im Gegensatz zu der Nacht-und-Nebel-Aktion, mit der er vor vielen Jahren nach Großbritannien gelangt war, um einen Spionageauftrag für seine Befehlshaber durchzuführen.
    Er dachte an die kleine Nussschale, mit der sie Frankreich verlassen hatten und den Sturm, der ihn und seine beiden Gefährten auf dem Kanal erwartet hatte. Einfache Menschen hätten das nicht überlebt.

    Dennoch hätte er Stetson zugesagt, wenn nicht noch andere Gründe dagegen gesprochen hätten.

    Khan blickte nachdenklich auf den Bildschirm, aber nicht nur um beschäftigt zu wirken, sondern auch um seine Gedanken in eine ganz andere Richtung schweifen zu lassen. Es hatte sich in den letzten Wochen zwar wieder einiges für ihn verändert, aber er führte immer noch ein Doppelleben...

    Die meisten kannten ihn als Commander John Harrison. Dieser erfüllte seinen Dienst in der technischen Abteilung von Sektion 31 und konnte die Annehmlichkeiten der Freizeit wie jeder andere Angestellte der Sternenflotte genießen, wenn er nur wollte. London besaß immerhin ein großes Vergnügungsviertel im Herzen der Stadt, dass genug Ablenkung bot – mehr noch als in San Francisco - und wenn das nicht ausreichte, hätte er an den Wochenenden auch in andere Teile der Welt reisen können. Shuttles brachten ihn in weniger als einer Stunde auf die andere Seite der Erde.

    Allerdings zog er es vor, weiterhin mehr das Leben eines einsiedlerischen Eremiten zu führen und sich an den Abenden und Wochenenden in seine Wohnung zurückzuziehen, auch wenn er schon einmal bereit war, wenigstens für einige Stunden in einen Pub oder ein Restaurant mitzukommen, was seine Mitarbeiter immer noch sehr bedauerten aber mittlerweile akzeptierten, denn sie hatten sich mit seiner Erklärung zufrieden gegeben, dass er den Kampf um Vulkan nur knapp überlebt habe, wenn auch mit einer Kopfverletzung, die ihn große Teile seiner Erinnerung und schwerwiegende Traumata beschwert hatten.
    Sie hinterfragten deshalb auch nicht mehr, warum er nichts über sich erzählte und sich kaum an Diskussionen beteiligte, sondern lieber still in einer Runde dabei saß und nur beobachtete, bewiesen Geduld, ihn auf sich zukommen zu lassen und nicht weiter zu bedrängen.

    Dadurch kannten sie nicht einmal einen Bruchteil seines Geheimnisses und schon gar nicht die Wahrheit, die hinter allem steckte. Nach wie vor wussten nur zwei Personen, vollständig über den Handel Bescheid, den er gezwungenermaßen abgeschlossen hatte – Admiral Marcus und er.

    Ja, das Leben von zweiundsiebzig Schläfern hing weiterhin von der Einhaltung klarer, einfacher Regeln ab und die bestanden in erster Linie daraus: Khan Noonien Singh war in seiner Bewegungsfreiheit auf einen Radius von gut fünfzig Kilometern um den Großraum London beschränkt.

    Zwar hatte Admiral Marcus nach ihrem Treffen in San Francisco als ersten Vertrauensbeweis die permanente Bespitzelung rund um die Uhr durch Agenten ausgesetzt und die all zu offensichtlichen Kameras aus der Wohnung entfernen lassen, aber Khan wusste, dass er immer noch überprüft wurde, und das nicht allein nur durch das Scannen nach seinen individuellen Schwingungen. In unregelmäßigen Abständen tauchten auch Agenten innerhalb seines feinen Radars auf.
    Zudem war er sich sicher, dass das Überwachungssystem in seinen Räumen nicht ganz deaktiviert war, und man mit Sicherheit genau nachverfolgte, welche Informationen er aus dem globalen Datennetz abrief, mit welchen öffentlichen Verkehrsmitteln er sich durch die Stadt bewegte, oder mit wem er durch die modernen Kommunikationsmöglichkeiten Kontakt aufnahm.

    Auch deshalb hatte Khan etwas näheren – wenn auch nicht zu engen - Kontakt mit seinen Mitarbeitern gesucht. Es war für ihn gar nicht so schwer gewesen sich bei diesen informellen Treffen ihre privaten Kennungen und Passwörter anzueignen, um so zusätzliche Informationen zu sammeln, an geheimen Orten im Datennetz zu hinterlegen, die man nicht direkt zu ihm zurückverfolgen konnte und sie so zu verschlüsseln, dass nicht einmal die Betroffenen dahinter kamen. Mittlerweile hatte er sich genug Kenntnisse über die moderne Technik angeeignet, um seine Spuren zu verwischen oder gar falsche zu legen. Mit den falschen Identitäten konnte er experimentieren, Fallen und Schwierigkeiten aufspüren, ohne selbst in Gefahr zu geraten.

    Zudem hatte er seine Wissenslücken inzwischen so gut wie aufgeholt, in einigen Bereichen überflügelte er bereits seine Mitarbeiter. Aber er hatte auch nichts anderes erwartet. So war es immer gewesen und würde es auch immer sein, bis an den Rest seines Lebens.

    Ein leises Piepen erinnerte ihn daran, dass auch auf ihn Arbeitet wartete. Khan seufzte und öffnete das Nachrichtenfenster, das rot auf dem Bildschirm aufleuchtete und studierte die Antworten, die ihm Commander Aldredge auf seine Fragen gegeben hatte...

    Das Verhältnis zwischen ihnen war natürlich weiterhin angespannt, die Kommunikation frostig und von zynischen Bemerkungen durchsetzt, aber zumindest versuchte der andere seit dem Treffen nicht mehr, ihn zu sabotieren oder zu behindern, nachdem Khan dem Admiral gegenüber die Machenschaften Aldredges offengelegt hatte.

    Seither fielen seine Ideen, die Steuerung so zu vereinfachen und zu reduzieren, dass das Schiff nur eine Brückencrew brauchte, auf fruchtbaren Boden. Offensichtlich arbeitete man tatsächlich gerade daran, die Befehlsstrukturen des Computersystems neu zu kalibrieren und seine Vorschläge auszutesten. Das zeigten die Fragen, die ihm der Commander diesmal von seiner Seite aus stellte.

    Er runzelte die Stirn und lehnte sich zurück, als neue Pläne auf dem Bildschirm erschienen, betrachtete die Blaupausen einer Konsole und fragte sich zugleich, wo das Schiff eigentlich gebaut wurde, an dessen Weiterentwicklung er mitarbeitete, und ob er es jemals zu Gesicht bekommen würde. Denn, sollte es einmal fertig werden, würde es die ultimative Waffe in den Händen jener sein, die sie zu führen wussten.

    Das gab ihm wieder einen Stich im Herzen. „Otto, Esther, Juri, Niobe ...“, murmelte er leise vor sich hin und strich sich eine widerspenstige Strähne, die sich gelöst hatte aus dem Gesicht, als die Gesichter einiger Gefährten vor seinem inneren Augen erschien.

    Für sie musste er kämpfen – sie musste er finden und retten ... und dem allen hier ein Ende machen!



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    In einem heruntergekommen Viertel von London
    Einen Abend später
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    „Ich will nicht mehr!“ Ich halte das hier echt nicht mehr aus!“ Marla hob das Glas und schüttete eine weiteren doppelstöckigen Whiskey in sich hinein.

    Es war ohnehin keine gute Marke, nur eine, die schnell wirkte – das hatte sie in ihren Streifzügen durch die Bars herausgefunden, die nicht von den Sternenflottenangehörigen und Besuchern Londons frequentiert wurden, sondern eher von den Einheimischen ... oder ... denjenigen, die etwas zu verbergen hatten.

    Doch gerade das machte den besonderen Reiz aus. Hier fragte keiner, wer sie war, und warum sie sich so gehen ließ, war keiner um ihre Gesundheit und ihr Seelenleben besorgt und wollte sie gleich zur nächsten Medi-Station bringen.

    Doch es half ja nichts. Marla atmete tief durch und wartete darauf, dass der Alkohol endlich wirkte und sie vergessen ließ, was sie so sehr quälte.

    Fünf Wochen waren vergangen – fünf Wochen in denen sich nichts getan hatte. Carol schien ihr Versprechen offensichtlich vergessen zu haben und vorsichtige Anfragen im Büro des Admirals waren grundsätzlich von seinem Adjutanten und seiner Vorzimmerdame abgeschmettert worden.

    Stattdessen hatte sie im Archiv der British Library „aufgrund ihrer sorgfältigen Arbeit“ neue Aufgaben zugeteilt bekommen, die nichts mehr mit den eugenischen Kriegen und der dunklen Zeit danach zu tun hatten und damit war klar – sie war in einer Sackgasse gelandet – sie würde da nicht mehr rauskommen und ihren Traum vergessen können.

    Es sei denn sie warf alles hin und versuchte sich als Freelancer.

    Ein Schwindelgefühl erfasste sie. „Ich glaube ich muss gleich kotzen“, murmelte Marla und erhob sich von ihrem Sitz, bewegte sich mit einem leichten Schwanken durch die Bar, hoffend, dass die frische Luft vor der Tür die Übelkeit verschwinden lassen würde. Und wenn nicht – nur ein paar Schritte weiter war eine heruntergekommene Grünanlage mit Pflanzen, die gegen ein wenig zusätzliche Düngung sicherlich nichts einzuwenden hatte...


    * * *


    Khan Noonien Singh liebte die Dunkelheit. Jetzt, wo ihm mehr Freiheiten gewährt wurden, nutzte er die freien Stunden, um sich das andere Gesicht Londons abzusehen – abseits der Sehenswürdigkeiten, die auch heute noch Schaulustige aus allen Teilen der Welt und noch weiter hinaus, anzogen.

    So erkundete er seit zwei Wochen die Stadt, studierte die Bewohner aber auch die Stärken und Schwächen außerirdischer Spezies am lebenden Objekt, da ihm die reinen Informationen nicht genügten. Und er staunte nicht schlecht darüber, wie sehr die Stadt ihr Gesicht verändert hatte ... und dann auch wieder nicht.

    Das London, dass er vor fast dreihundert Jahren kennen gelernt hatte – eine verfallende, heruntergekommene Megacity, die sich an den Glanz des Empire klammerte, der Schmelztiegel vieler Völker, in der aber auch Verbrechen und Korruption blühten - war verschwunden.
    Es hatte einer blühenden Metropole Platz gemacht, in der die Baudenkmäler eher wie Fremdkörper wirkten. Schmutz, Staub und Smog bildeten längst keine Glocke mehr über der Stadt, sondern waren Geschichte
    Die ohnehin zur Neige gehenden fossilen Brennstoffe waren längst durch andere Energieformen ersetzt worden, der Himmel über London wieder blau, auch wenn die Sterne durch den Lichtsmog immer noch nicht gut zu sehen waren.

    Auf seinen nächtlichen Streifzügen – er hatte wahrlich lang genug geschlafen und brauchte nur ein oder zwei Stunden zu ruhen - hatte er schließlich auch das weniger schillernde und adrette London entdeckt – teils tief im Untergrund in den alten U-Bahn-Schächten verborgen – teils hinter den Fassaden der restaurierten Häuserzeilen oder neuer funktionaler Gebäude. Es gab sie immer noch, die dunklen Ecken, in denen sich zwielichtige Gestalten mit hochgeklappten Mantelkragen und tief ins Gesicht gezogenen Mützen oder Hüten herumtrieben.

    Dabei war ihm eines klar geworden: Die Menschheit hatte sich in einem nicht geändert – nämlich, der sich der Illusion hinzugeben, sich mit jeder Generation weiter von den Tieren zu entfernen, die sie einmal gewesen waren.

    Er musste zugeben, dass die Intelligenz und Leistungsfähigkeit der Normalsterblichen zwar deutlich gegenüber seiner Zeit gestiegen war, wenn er an seine Mitarbeiter dachte, beobachtete aber an den dunklen Orten, die er aufsuchte genügend Menschen, die immer noch ihren dunklen Trieben und Leidenschaften freien Lauf ließen, indem sie sich mit Drogen voll pumpten, perversen Vergnügungen nachgingen und damit Geist und Körper schrittweise zerstörten. Es gab natürlich auch genug Außerirdische, die das für ihre eigenen Geschäfte ausnutzten.

    Auch an diesem Abend erwartete Khan nichts anderes als das düstere Treiben zu sehen.. Er hatte gerade eine wenig belebte Straße verlassen um seinen Weg zu den Bars eines weniger bekannten Vergnügungsviertels abzukürzen und betrat eine heruntergekommene Grünanlage, die anders als der Hyde-Park nicht sonderlich gepflegt wurde – wenn überhaupt.

    Die Büsche wucherten wie Gestrüpp in die Wege hinein, Gräser und Blumen hatten den einstmals makellosen Rasen durchsetzt und in eine bunte Wiese verwandelt. Auch die Wege wirkten brüchig – Pflanzen hatten sich ihren Weg durch die Ritzen zwischen den Steinen erkämpft und so das Pflaster an einigen Stellen regelrecht gesprengt. Dennoch fühlte er sich hier wohler als an anderen Stellen der Stadt.

    Khan schlug den Mantelkragen hoch, um sich gegen den kalten Wind und leichten Nieselregen zu schützen. Obwohl – oder gerade weil man in dieser Zeit das Wetter kontrollierte, kamen die Umschwünge plötzlich.

    Aber das war auch gut so – fokussierten die feuchten und kalten Nadelstiche seine Aufmerksamkeit doch wieder auf die Umgebung. Er hob den Kopf, als er eine Bewegung hinter seinem Rücken mehr spürte als aus den Augenwinkeln wahrnahm.

    Jemand näherte sich ihm von hinten, schlich sich leise näher ... oder versuchte es zumindest. Aber seine Schuhsohlen waren zu hart – knirschten auf dem Sand und der Erde, die als feine Schicht auf den Steinen lagen.

    Der Fremde war nicht allein. Ein zweiter hatte im Schatten eines Busches gewartet. Seine Silhouette zeichnete sich durch einen verirrten Lichtstrahl eines der entfernteren Towers deutlich gegen den Hintergrund ab. Und von der anderen Seite sprang ein dritter Mann auf den Weg, eine Schusswaffe in den Händen.

    Ein dünnes Lächeln umspielte Khans Lippen. Wie verzweifelt mussten diese Männer sein, wenn sie in Zeiten von Individualscannern, noch mit solchen Mitteln andere Menschen überfielen. Außerdem hatten die drei keine Ahnung, mit wem sie sich gleich anlegen würden.

    Gelassen blieb der Augment stehen, als er etwas Spitzes in seinem Rücken spürte.
    Er blieb erst stehen, als sich etwas Spitzes in seinen Rücken bohrte. „Hände vom Körper weg, da wo ich sie sehen kann. Das ist’n messerscharfer andorianischer Dolch, der bohrt sich durch seinen Ledermantel wie Butter in dein Fleisch!“, knurrte jemand in sein Ohr. „Wo hast du deine Wertsachen versteckt?“

    „Es tut mir leid, meine Herren, aber ich trage nichts bei mir, was für euch von Wert sein könnte“, erwiderte Khan gelassen. Er roch Drogen und Alkohol in dem Atem, der sein Gesicht streifte und hob langsam die Arme.

    Die beiden Männer, die auf ihn zukamen wirkten unsicher. Der Unbewaffnete nestelte ein Gerät aus seiner Jackentasche, das auch schon bessere Zeiten gesehen hatte, sein Kumpan wedelte mit der Schusswaffe. Vermutlich war auch der dritte genau so herunter gekommen und krank.. Keine Gegner für ihn.

    „Vielleicht solltet ihr mich in Ruhe lassen.“

    Der Druck der Klingenspitze auf seinen Rücken verstärkte sich. „Tu nicht so arrogant, du feiner Pinkel. Ein so dünnes Hemd hat keine Chance gegen uns! Nun rücke endlich raus was du hast, dann kommst du auch davon. Vielleicht...“

    Ein dreckiges Lachen aus drei Kehlen erklang, erstarb aber, als Khan genau so ruhig wie vorher auf die Drohung reagierte: „Nein, ich denke, das wird nicht notwendig sein.“

    Mit diesen Worten beendete er kurzerhand den Zwischenfall und musste noch nicht einmal über das nachdenken, was er tat: Ein paar schnelle Bewegungen, Wendungen und Drehungen, die sie nicht nachvollziehen konnten.
    Dann ein Tritt nach hinten, um den Mann, der ihm den Dolch in den Rücken stoßen wollte, endgültig auszuschalten - gezielte Schläge, um den zweiten Schachmatt zu setzten und seinen Körper als Schild gegen den Schuss zu verwenden, der sich aus der Waffe des Dritten löste. Ein paar Schritte nach vorne, ein Schlag gegen die Kehle und wieder ein paar Tritte.

    Dann war es vorbei.

    Während weder schneller atmete, noch einen Kratzer abbekommen hatte, lagen die Männer am Boden. Zwei von ihnen wanden sich vor Schmerzen, stöhnten und jammerten noch, der letzte regte sich nicht mehr. Vermutlich war er tot. Sollten die anderen sein Schicksal teilen, damit sie ihn nicht identifizieren konnten?

    Ehe er sich entscheiden konnte, nahm er ein weiteres Geräusch, eine Bewegung wahr. Auf dem Weg, hinter den Verletzten stand eine Frau. Schlank, mittelgroß, mit einer roten Haarmähne, die offen ihr Gesicht umschmeichelte.

    Sie starrte ihn überrascht an, aber nicht so, wie er erwartet hatte, noch machte sie auf der Stelle kehrt, um nach Hilfe zu rufen, als Khan auf sie zukam. Stattdessen blieb sie ruhig stehen und starrte ihn noch weiter an, als könne sie nicht fassen, was sie gerade gesehen hatte ... oder wen.

    Es blieb jedoch keine Zeit, der Sache nachzugehen.

    Suchscheinwerfer einer Drohne flammten auf, als sei das Geschehen nun auch von anderer Seite wahrgenommen worden und kamen rasch näher, Sirenen schalteten sich in der Ferne ein, als sich menschliche Sicherheitskräfte in ihren Fahrzeugen aufmachten, um das Geschehen genauer in Augenschein zu nehmen.

    Noch einmal sahen sie sich an und wandten sich in stummen Einverständnis voneinander ab, um ihrer Wege zu gehen.

    Sie überließen die drei Kerle ihrem Schicksal. Khan nutzte die Schatten der Büsche aus und brachte genug Distanz zwischen sich und die Drohne, die wie er aus seinen Studien wusste nur eine begrenzte Scanreichweite hatte und mischte sich, sobald er die Grünanlage verlassen hatte, unter die Menschen, die eine halbwegs belebte Straße in dem Viertel besichtigten.

    Sollte dieser Zwischenfall Folgen haben, wusste er, wen er zu suchen hatte. Das Gesicht der jungen Frau würde er jedenfalls jederzeit wiedererkennen.


    - Fortsetzung folgt -
    Kolya, der Trust und ein irrer Serienkiller in:Im Grau der Schatten, Double Trouble & In den Händen des Schicksals. Ungekannte Abenteuerer von John Sheppard & Co in "Stargate Atlantis - Die verborgenen Szenen": Aufbruch in eine neue Welt und Das erste Jahr und Die Specials.

    John Sheppards Schicksal im Vegasverse :"Solitary Man" no more

    *Neu:* Kapitel 22 seit Okt 2016: Wenn der schlafende Tiger erwacht (Star Trek Into Darkness Prequel)
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  5. Danke sagten:


  6. #44
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Danke Kris, schön, daß es hier weitergeht.

    Nicht nur Khan wird sie wiedererkennen. Aber im Gegensatz zu ihm, wußte Marla wohl genau, wer da gerade die drei Kerle niedergestreckt hat.
    Wird sie jetzt alles daran setzen, Khan wiederzufinden?

  7. #45
    Major General Avatar von Kris
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    Zitat Zitat von Jolinar Beitrag anzeigen
    Danke Kris, schön, daß es hier weitergeht.

    Nicht nur Khan wird sie wiedererkennen. Aber im Gegensatz zu ihm, wußte Marla wohl genau, wer da gerade die drei Kerle niedergestreckt hat.
    Wird sie jetzt alles daran setzen, Khan wiederzufinden?


    Danke auch für deinen aufmunternden Kommentar. Ich werde jetzt auch versuchen, hier endlich wieder mal gescheit weiter zu machen. Ja, hier geht es jetzt endlich ein wenig weiter. Wie Marla reagiert kannst du auf jeden Fall im nun folgenden Kapitel lesen. Aber auch an anderer Stelle tut sich wieder was
    .




    Kapitel 15
    Geist der Vergangenheit, Schatten der Gegenwart


    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Marla McGivers Wohnung
    Einige Stunden darauf
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    Marla ließ sich nach Atem ringend gegen die Wand neben ihrer Eingangstür sinken. Noch immer schlug ihr das Herz bis zum Hals, und zwar nicht nur, weil sie nach dem Vorfall in der Nähe der Bar einfach los gerannt war, sondern auch wegen der Person, die es ähnlich wie sie gehalten haben durfte – und die sie allein durch ihren Anblick in helle Aufregung versetzt hatte.

    Sie schlug die Hände vors Gesicht, als könne sie sich so gegen die Bilder in ihrem Kopf wehren. „Ich fasse es nicht. Ich kann es nicht glauben. Das ... kann er … doch … nicht … sein...“, stieß sie hervor und rieb sich dabei die Augen, spürte, wie sie erneut heftiges Zittern erfasste, als sich wieder das Unmögliche in ihr Bewusstsein drängte. „Wie soll das nur möglich sein? Kein Mensch lebt dreihundert Jahre oder noch länger!“

    Aber der Unbekannte, der in weniger als einer Minute und mit nur wenigen Bewegungen, drei brutale Schläger außer Gefecht gesetzt hatte, war – vorausgesetzt es handelte sich wirklich um „ihn“ - kein normaler Sterblicher wie sie, sondern ein genetisch verbessertes Wesen, ein sogenannter „Augment“.

    Und … wusste sie wirklich, wozu die Übermenschen aus der dunkelsten Epoche der Menschheit wirklich in der Lage gewesen waren? Immerhin war sie nur Historikerin und keine Biologin. Sie kannte nur die Taten Khans aus den Berichten seiner Gegner. Alles andere war verschwunden oder zerstört worden.

    Außerdem …
    Sie wurde wieder ruhiger und versuchte sachlicher und klarer zu denken.

    War „er“ das überhaupt?

    Sie durfte nicht vergessen, dass ihre durch den Alkohol vernebelten Sinne und ihre Sehnsucht nach Veränderung in ihrem Leben ihr durchaus einen bösen Streich gespielt haben konnten. Der Mann hatte die Freizeituniform eines Sternenflottenoffiziers getragen.
    Die waren normalerweise sehr gut ausgebildet und nicht wenige beherrschten die Kampftechniken außerirdischer Völker. Deshalb bestand auch gut die Möglichkeit, dass sie den Typen einfach verwechselt und Ähnlichkeiten gesehen haben konnte, wo eigentlich nun wirklich keine waren.

    Schließlich hatte sie diese verschwiegene Bar in einem der heruntergekommen Viertel Londons aufgesucht, um ihren Frust in Drinks zu ertränken, die langweilige Arbeit in dem staubigen und von allen vergessenen Archiv einfach einmal zu vergessen und nicht mehr daran zu denken, dass sie von ihrem Traum, die Erde zu verlassen, weiter denn je entfernt war. Und vor allem um keiner ihrer erfolgreicheren Bekannten zu begegnen, die längst am Ziel angelangt waren und sich bestimmt nicht in den zwielichtigen Etablissements einer Stadt ohne Raumhafen herumtrieben …

    Ach Blödsinn, das redete sie sich jetzt nur ein um sich zu beruhigen!

    Denn wenn sie genau darüber nachdachte, war sie gar nicht dazu gekommen, wirklich eine nennenswerte Menge zu trinken. Immerhin war sie durch ihre wilde Zeit auf der Uni und auch den späteren Partys in San Francisco gewohnt, wesentlich mehr als ein oder zwei Drinks in sich hineinzuschütten und dann noch sicher auf beiden Beinen zu stehen.
    Nein, gestern war sie für ihre Begriffe vollkommen nüchtern gewesen … der Schwindel und die Übelkeit, die sie nach draußen getrieben hatten, war durch andere Gründe ausgelöst worden – nämlich die Erkenntnis, dass sie sich auch damit nicht betäuben konnte, so sehr sie sich es auch gewünscht hatte.

    Und jetzt war sie sowieso völlig durcheinander, wusste nicht, was sie denken und fühlen sollte. Die Gedanken und Bilder hüpften durch ihren Kopf, wie eine durchgeknallte Holowerbung.

    Sie seufzte dennoch erleichtert, als sich eine analytisch wirkende Stimme in ihr meldete und den ersten wirklich brauchbaren Vorschlag seit der Ankunft in ihrer Wohnung machte.

    'Eine Historikerin überprüft die Fakten. Und das solltest du jetzt auch tun, so lange die Bilder in deinem Kopf noch frisch sind. Deshalb schaue doch einfach mal nach, wenn du dir unsicher bist und vergleiche das, was du gesehen hat mit den alten Fotos! Denn verdammt noch mal, warum hast du die Abbildungen mitsamt Kopien der Akte Khan Noonien Singh eigentlich sonst aus dem Archiv mitgehen lassen, hm?’

    Das brachte Marla endlich dazu, sich wieder aufzurappeln und an den Schrank zu gehen, in dem sie ihren größten Schatz aufbewahrte. Den hatte sie sicher eingeschweißt, um den Verfall aufzuhalten, dem die alten Dokumente in den nicht mehr optimalen Bedingungen ihrer Wohnung ausgesetzt waren.
    Sie brauchte zwei Anläufe, um die Folien zu fassen, so sehr zitterten ihre Finger vor Aufregung. Noch blickte sie nicht auf das Bild, denn hier bei der Schublade war es einfach zu dunkel. Außerdem fühlte sie sich unsicher auf ihren Beinen.
    Deshalb taumelte sie zu ihrem Schlafsofa und aktivierte mit einer Handbewegung das Licht. Erst als sie sich auf dem Polster niedergelassen wagte sie, einen Blick zu riskieren.

    Ihr Herz schlug unwillkürlich schneller, als sie das Foto ansah und genauestens studierte. Mochte sein Haar auch inzwischen viel kürzer und nach der Mode der heutigen Zeit gestutzt, seine Kleidung die eines Sternenflottenangehörigen sein, ... diese irritierende Kombination aus hohen Wangenknochen, dem weich wirkenden Mund und nicht zuletzt die markante Augenpartie machten den Mann unverwechselbar.

    Es bestand für Marla jetzt kein Zweifel mehr daran.

    'Ich habe tatsächlich Khan Noonien Singh gesehen. In dem Park und in voller Aktion gesehen … Einen Mann, der mehr als ein Mensch war, eine düstere Legende der Erdgeschichte, die wider aller Erwartungen lebt!'
    Ein kalter Schauer lief über ihren Rücken.
    'Doch was fange ich jetzt mit diesem Wissen an? Soll ich ihn in dieser Millionenmetropole suchen, was dem Wühlen nach einer Stecknadel in einem Heuhaufen gleichkommt. Oder soll ich meine Beobachtung den Behörden melden, die mich bestimmt für verrückt halten würden. … nein, das ist völliger Blödsinn!'

    „Was stelle ich jetzt an, um ihn wiederzufinden?“ Marla vergrub das Gesicht in den Händen und kauerte sich auf ihrem Schlafsofa zusammen, nachdem sie die Folie beiseite gelegt hatte. „Verdammte Scheiße …“

    Doch das Fluchen half ihr ganz und gar nicht dabei, die Bilder des Mannes aus ihrem Kopf zu verdrängen, die sich dort tief eingegraben hatten … die markanten Gesichtszüge, die eleganten und doch effizienten Bewegungen während des Kampfes – das zum Menschen gewordene Raubtier … ausgerechnet Dinge, die jetzt auch noch ihre niedersten Sinne und Regionen ihres Körpers ansprachen, die sie in diesem Moment gar nicht brauchen konnte.

    „Himmel,“, stöhnte sie leise, „ich bin doch keine rollige Katze!“



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Im Büro von Admiral Marcus
    Einige Tage später
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    Alexander Markus presste die Lippen aufeinander und schaltete den Bildschirm ab, rieb sich dann über die Stirn, um die Anspannung los zu werden. „Mistkerle! Ich wünschte ich könnte euch beide in eine Sonne am Rande des bekannten Universums schießen und vielleicht mache ich das irgendwann auch!“, gab er seiner Wut nach dem Abschluss der Videokonferenz mit seinen beiden engsten Mitarbeitern dem schweigenden Bildschirm preis und fragte sich, wie lange das so eigentlich noch weitergehen sollte.

    Denn auch wenn sie sich nicht direkt gegenüber standen, die Spannungen zwischen Commander Aldredge und Commander Harrison dauerten an und äußerten sich auch weiterhin in spitzen Bemerkungen und zynischen Kommentaren. Auf Dauer war das ermüdend und vergiftete das Arbeitsklima.

    „Warum bin ich nur mit einem Soziopathen geschlagen und einem …“, seufzte er und suchte vergeblich nach einer passenden Beschreibung für das zweite seiner Sorgenkinder.

    Oh ja, Wilbur war deutlich anzumerken, dass er sich zurückgesetzt fühlte und scheinbaren Emporkömmling am liebsten gestern als heute abgeschossen hätte. Und natürlich nahm es ihm der alte Freund ziemlich übel, dass er ihm mehr als einmal den Mund verboten und ihn sogar vor den Konsequenzen gewarnt hatte, wenn er es noch einmal wagen sollte London Steine in den Weg zu legen, indem er ihnen wichtige Informationen vorenthielt oder deren Entwürfe bewusst fehlerhaft umsetzte, nur um sich damit selbst wieder ins rechte Licht zu rücken.

    Nein, es war wirklich nicht einfach mit diesem Verhalten umzugehen, da er Wilbur seit der gemeinsamen Zeit an der Sternenflottenakademie und damit sein halbes Leben lang kannte, weil er wusste, wie nachtragend dieser sein konnte, wenn man an seinen Leistungen zweifelte – wenngleich der alte Freund selbst so gut wie gar kein Fingerspitzengefühl bewies.

    Der Admiral runzelte die Stirn. Wilburs ständige Sticheleien und Sabotageversuche hatten ihn in den letzten Wochen schon mehrfach dazu gebracht, an der Loyaliät des alten Weggefährten zu zweifeln, machte er es doch auf der geheimen Station auf dem Jupiter nicht gerade besser als in London, bewies er auch dort nicht unbedingt, dass er ein Händchen für den Umgang mit seinen Mitarbeiter hatte. Auf der anderen Seite konnte er aber auch nicht auf den Freund verzichten, der fachlich noch immer aus der Masse der anderen Wissenschaftler der Sternenflotte herausragte, weil er genau wusste, worauf es ankam.

    Khan Noonien Singh benahm sich im Moment hingegen wie ein Musterschüler. An seiner Arbeit war absolut nichts auszusetzen, nicht einmal im menschlichen Bereich, denn gegenüber seinen Mitarbeitern verhielt er sich auch weiterhin wie ein Chef, der eher anspornte als niederknüppelte, wie jemand, der genau wusste, wie er die Leute auf sich persönlich einschwören musste.
    So hatte der Augment in den Monaten, in denen er jetzt für Sektion 31 arbeitete, nicht nur die Verzögerungen in London aufgeholt, sondern sogar einen Vorsprung gegenüber den Entwicklungen in der Station am Jupiter herausgeholt.

    Das rechtfertigte durchaus die Erweiterung seiner Kompetenzen und Sicherheitsfreigaben, auch wenn Markus diese nur schweren Herzens erteilte, auch wenn ihm mulmig bei der Sache war. Jetzt bekam er einen Eindruck davon, wie es Khan geschafft haben musste, sich länger als die anderen Übermenschen als Diktator an der Macht zu halten.

    Aber es half nichts – zu viel Zurückhaltung würde auf Dauer Fragen bei den Falschen aufwerfen und unnötige Gerüchte im Flottenhauptquartier schüren – Schatten, die auf ihn zurückfallen konnten, wenn er nicht aufpasste und damit seine Pläne gefährden würden.

    Und doch wurde er das Gefühl nicht los, dennoch einen schweren Fehler zu begehen. Zwar musste er zugeben, dass der Augment ein Gewinn „für die Sache“ war, nämlich genau der Mann, der die Qualitäten mitbrachte, um die Pläne zur Militarisierung der Sternenflotte gezielt und effizient voranzutreiben und damit dem Rat der Föderation endlich den Fuß auf die Brust zu stellen und die Entwicklung offiziell zu machen…

    … aber auf der anderen Seite – wusste Marcus, dass ein Mann, der bereits einmal ein Viertel der Erde als absoluter Herrscher regiert hatte, diese Machtposition sicherlich gerne wieder einnehmen und die Normalsterblichen auf ihren Platz auf der Evolutionsleiter verweisen würde …

    Khan war und blieb ein arroganter Bastard, der letztendlich doch nur seiner eigenen Agenda folgen würde, sobald man ihn nicht mehr im Zaum hielt. Deshalb wusste Alexander Marcus – er durfte niemals sein Druckmittel gegenüber des Augment verlieren, sonst entfesselte er eine Macht, die seine Welt nicht in ein neues Zeitalter, sondern in ein zerstörerisches Chaos stürzen würde.

    Also galt es ein paar Dinge zu erledigen, die unumgänglich waren, um diesen Status weiter zu bewahren. Da ihm Wilbur zu sehr in Angelegenheiten herumschnüffelte, die ihn nichts angingen, blieb ihm jetzt nichts anderes übrig, als den alten Freund noch mehr zu hintergehen und im Dunklen zu halten.

    Die „Botany Bay“, das alte Schiff aus dem späten 20. Jahrhundert würde zwar in der Werft bleiben, um weiter untersucht und ausgeschlachtet zu werden – nicht aber seine noch immer im Kryoschlaf ruhenden, ehemaligen Insassen, die sich in einer Hochsicherheits-Lagerhalle der Station befanden.

    Er rief einen verschlüsselten Kanal auf und formulierte bereits die Anweisung an den Kommandanten der Jupiter-Station, der wie immer nichts hinterfragen sondern nur gehorchen würde. Gut, dass es in der Sternenflotte genügend Leute mit diesem Profil gab.

    Da wurden Stimmen vor der Tür laut!

    Alexander Marcus kniff die Augen zusammen? Mit wem stritt sich sein Adjutant da herum? Hatte er dem nicht befohlen, bis auf Widerruf jede Störung von ihm fern zu halten? Er holte tief Luft und schrieb die letzten Worte seiner Anweisung, ehe er den Befehl abschickte. Es gab nur eine Person, die glaubte, sich über seine Wünsche hinweg setzen zu müssen, weil sie auf den verwandtschaftlichen Bonus pochte.

    Carol!

    Das hatte ihm noch gefehlt! Er stieß einen leisen Fluch aus, doch wie er seine halsstarrige Tochter kannte, würde sich diese jetzt nicht abweisen lassen.


    * * *

    „Vater, ich mache mir ernsthaft Sorgen um dich! Was ist in der letzten Zeit mit dir los?“ Nachdem sie sich den Weg in das Büro erkämpft hatte, saß Carol nun ihrem Vater gegenüber und betrachtete ihn voller Sorge.

    Er wirkte angespannt und erschöpft, tiefe Furchen hatten sich in sein Gesicht eingegraben, so als trüge er eine schwere Last mit sich herum.
    „Nichts … ich habe nur viel Arbeit, wie du dir denken kannst, wenn du in den letzten Wochen den Nachrichtenkanälen nur ein wenig Aufmerksamkeit geschenkt hast … auch wenn die Journalisten zugegebenermaßen sehr viel Unsinn erzählen“, entgegnete der mit einem freundlichen Lächeln, aber keinem, dass seine Augen erreichte. Die blieben erschreckend kalt und unnahbar – etwas, was sie bisher nicht von ihm kannte.

    „Das glaube ich dir nicht … es mag ja sein, dass die Klingonen Ärger machen – aber das tun sie schon seit Errichtung der Neutralen Zone! Sie müssen immer wieder mit den Säbeln rasseln! Warum sollte diesmal etwas anders sein? Und wenn … warum vertraust du dich mir nicht an, so wie früher?“ ließ sie sich nicht beirren. Irgendwie musste es doch möglich sein, an ihn heran zu kommen.

    „Kind, ich bitte dich, du weist selbst genau, wie es ist …“, der Admiral seufzte schwer und schüttelte den Kopf. Seine Hände zuckten. „Auch wenn du meine Tochter bist, so kann ich nicht alles mit dir teilen, denn du besitzt nicht die nötigen Sicherheitsfreigaben. Ich würde Hochverrat begehen, würde ich dir irgend etwas von meinen derzeitigen Projekten erzählen, und würdest gleich mit hinein gezogen“, versteckte er sich hinter den Vorschriften der Sternenflotte. „Du bist keiner der Offiziere meines Stabes, keine Geheimnisträgerin, sondern nur eine wissenschaftliche Mitarbeiterin im Rang eines Lieutnants …“

    Das war das erste Mal, dass er so etwas sagte. Carol presste die Lippen aufeinander. Noch nie hatte sie den Rangunterschied zwischen ihnen so deutlich zu spüren bekommen wie heute. Und das bestärkte sie in ihrem Gefühl, dass ihr Vater sich nicht zum Guten verändert hatte, eher zum Gegenteil. Und daran konnte nur einer schuld sein!

    „Liegt es an diesem neuen Commander, diesem Mister Harrison aus London?“, fragte sie ihn diesmal direkt.

    Ihr Vater zog eine Augenbraue hoch und lachte dann. „Wie kommst du jetzt plötzlich darauf, dass dieser Mann etwas damit zu tun haben könnte, dass ich dir etwas sage, was ich dir schon viel früher hätte klarmachen müssen?“

    „Ganz einfach, normalerweise stellst du mir deine neuen wichtigen Mitarbeiter immer vor, vor allem wenn sie aus dem wissenschaftlich-technischen Bereich kommen, damit ich von ihnen lerne. Aber das ist bei diesem Mann erstmals anders! Warum Vater? Ich muss zugeben, dass ich ihn vor ein paar Wochen mal kurz am Shuttleport gesehen habe, aber das war auch schon alles. Ehrlich gesehen, damals hat sein Blick mir einen kalten Schauder über den Rücken laufen lassen“, erwiderte sie. „Seither lässt du mich nicht mehr an deiner Arbeit teilhaben, so wie noch vor einem halben Jahr. Und daraus schließe ich, das der Kerl etwas mit deinem seltsamen Verhalten zu tun hat …“

    „Unsinn, das bildest du dir nur ein!“ wiegelte der Admiral ihre Klage mit einer unwirschen Handbewegung ab. „Hast du nicht selbst genug in deinem Labor zu tun?“

    „Die derzeitigen Projekte lasten mich nicht wirklich aus, deshalb könnte ich dir durchaus bei deinen Problemen helfen.“
    Carol sah ihren Vater eindringlich an und bohrte weiter. Noch war sie nicht gewillt, klein beizugeben.
    „Und, da ist noch etwas anderes. Mir ist auch aufgefallen, dass Onkel Wilbur mich neuerdings schneidet, wenn wir uns einmal hier in San Francisco über den Weg laufen! Früher hat er das nicht getan, sondern immer ein freundliches Wort für mich übrig gehabt und nach dem Stand meiner Ausbildung oder meinen Projekten gefragt.
    Verstehe mich nicht falsch – er ist und bleibt ein komischer Typ, den ich nicht wirklich mag - aber fachlich hat er was drauf und ich habe immer gerne auf seinen Rat gehört. Jetzt behandelt er mich, als sei ich eine Fremde, eine unwichtige Untergebene … als sei ich Luft.“

    „Auch das geht dich nichts an, Kind … und jetzt genug davon“, entgegnete der Admiral knapp und schlug plötzlich auf den Tisch.

    Carol zuckte augenblicklich zurück.

    Alexander Marcus hatte sich halb in seinem Stuhl aufgerichtet und beugte sich nun seinerseits vor. Seine Augen funkelten vor Zorn. „Treibe es ja nicht zu weit, Carol! Auch wenn du meine Tochter bist, meine Geduld hat Grenzen. Noch ein Wort, und ich lasse dich kurzerhand auf den entferntesten Außenposten der Föderation versetzen!“, warnte er sie eindringlich. „Zur gegebenen Zeit und wenn ich es für richtig halte, werde ich dich vielleicht einweihen. So lange dir gegenüber äußern. Und nun zurück an deine Arbeit!“

    Die junge blonde Frau schnappte nach Luft und blieb erst einmal völlig perplex sitzen. Sie erkannte ihren Vater kaum wieder.
    So hatte sie ihn wirklich noch nie erlebt! Sein derzeitiges Verhalten ließen keine Zweifel daran aufkommen, dass er seine letzte Drohung wahr machen würde, wenn sie jetzt noch ein falsches Wort sagte. Und das erfüllte sie mit einem Gemisch aus Wut … aber auch Entsetzen und Angst. Warum behandelte er sie jetzt so abweisend und harsch? Weshalb distanzierte er sich in diesem Moment endgültig von ihr?

    Sie brauchte einen Moment, um sich wieder zu fassen und nickte dann. „Ja Sir!“, entgegnete sie resigniert. „Ich bitte um die Erlaubnis, mich entfernen zu dürfen.“

    „Erteilt!“, erwiderte ihr Vater knapp. Es erfolgte kein Einlenken, kein weiteres freundliches Wort, kein …

    Carol sprang auf und verließ den Raum so schnell sie konnte, weil sie ihren Vater nicht mehr ertragen konnte … das kaltherzige Monster, das seine Stelle eingenommen hatte. Sie eilte mit zügigem Schritt an dem Adjutanten vorbei und verließ den Komplex, weil sie so viel Distanz wie möglich zwischen sich und den Admiral bringen wollte.

    Erst auf einer Galerie von der aus sie auf die Eingangshalle des Sternenflottenhauptquartiers hinunter blicken konnte, blieb sie stehen und stützte ihre Hände auf das Geländer.

    Noch immer schlug ihr das Herz bis zum Hals, zitterte sie von Wut erfüllt und kämpfte gegen den Wunsch an, einfach zurückzugehen und ihren Vater anzuschreien, ihm eine Szene zu machen und …
    Nein, sie war nicht mehr die kleine Carol, die ihren Willen gegenüber dem alleinerziehenden Vater ertrotzt hatte … sie war jetzt eine erwachsene Frau, die mit dem Kopf und nicht mit dem Bauch handelte. Sie musste das ganze wie eine Wissenschaftlerin angehen.

    Das Verhalten ihres Vaters konnte sie jetzt und hier nicht ändern, und wenn sie genau darüber nachdachte, hatte sie ihn offensichtlich auch zu einem völlig ungünstigen Zeitpunkt erwischt, so schlecht gelaunt wie sie ihn angetroffen hatte.
    Vielleicht sollte sie wirklich erst einmal ein paar Tage warten und es dann noch einmal versuchen, denn so schnell verloren geben wollte sie den Mann, der ihr am nächsten stand nicht …

    Etwas ruhiger als zuvor setzte sie ihren Weg fort und fragte sich, was sie stattdessen tun konnte, um auf andere Gedanken zu kommen. Im Labor war sie für heute fertig und es galt noch Überstunden abzufeiern.

    Im Gehen schnappte sie sich ihren Kommunikator und ging die Liste ihrer Kontakte durch.

    Dabei fielen ihr Bild und Name einer rothaarigen Frau ins Auge. Moment mal – von Marla hatte sie in den letzten Wochen auch nichts mehr gehört. Vielleicht war es wieder einmal an der Zeit, sich bei ihr zu melden und sie zu fragen, wie es ihr gerade in London erging.

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  8. Danke sagten:


  9. #46
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    Marla wird jetzt die Stecknadel im Heuhaufen suchen, denn ihre Geschichte wird eh keiner glauben.
    Marcus spinnt seine Pläne weiter und stößt seiner Tochter vor den Kopf, die sich ihrerseits Gedanken macht.
    Wird sich Marla ihrer Freundin Carol anvertrauen?

  10. #47
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    Zitat Zitat von Jolinar Beitrag anzeigen
    Marla wird jetzt die Stecknadel im Heuhaufen suchen, denn ihre Geschichte wird eh keiner glauben.
    Marcus spinnt seine Pläne weiter und stößt seiner Tochter vor den Kopf, die sich ihrerseits Gedanken macht.
    Wird sich Marla ihrer Freundin Carol anvertrauen?
    Marla macht sich jetzt so ihre Gedanken und überlegt vor sich hin, aber auch Khan ist nicht ganz unberührt geblieben - na ja, wie das jetzt weiterläuft, kannst du in diesem Kapitel weiter lesen! Ich freue mich jedenfalls sehr über deinen lieben Kommentar und deine Treue Jolinar, und danke euch beiden Maverick und Jolinar für eure "Danke"!

    Nun aber weiter in der Geschichte:




    Kapitel 16
    Zwischen Wissen und Wunschtraum


    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Im Keller der British Library
    Eine Woche nach der nächtlichen Begegnung
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    Lustlos schob Marla die Akten und Bücher beiseite, die sie fertig digitalisiert hatte und beschloss sie erst später weg zu bringen. Frustriert ließ sie ihren Blick über den Stapel schweifen und fühlte sich in ihre Studienzeit versetzt.

    Ja, daraus bestand ihre „verantwortungsvolle“ Arbeit, nachdem ihr eigentlichen Auftrag, Informationen über die Eugenischen Kriege herauszusuchen und zusammenzufassen, vor drei Wochen plötzlich und ohne Nennung eines Grundes gecancelt worden war. Seither wartete sie natürlich gehorsam auf neue Order, aber mittlerweile bezweifelte sie, dass sie überhaupt noch einmal eine anspruchsvollere Aufgabe bekam, bevor ihr Kontrakt in London auslaufen würde, der seltsamerweise nicht gelöst worden war.

    Marla pustete eine rote Strähne aus dem Gesicht. Mit den miesen Arbeitszeugnissen und Referenzen, die sie mit Sicherheit auch erhalten würde, konnte sie zudem vergessen, jemals wieder die Karriereleiter aufzusteigen, und …

    Um sich von diesen düsteren Zukunftsaussichten abzulenken, zog sie den Bildschirm näher an sich heran und aktivierte die externen Datennetzwerke. Da sich hier unten kaum einer hin verirrte und sie den Ton sicherheitshalber ausgestellt hatte, konnte sie meistens tun und lassen wenn sie wollte, nachdem sie das Minimum ihres Arbeitspensums erfüllt hatte.

    Wie in den Tagen zuvor suchte sie nach weiteren Informationen über den nächtlichen Zwischenfall, der sie noch immer aufwühlte und durcheinander brachte. Sie gab sich der schwachen Hoffnung hin, durch irgend einen kleinen Hinweis die Spur nach „ihm“ wieder aufnehmen zu können.

    „Verdammt, wo bist du nur hin?“, murmelte sie leise vor sich hin und tippte energisch auf das Sensorfeld ein. Aber es hatte sich nicht viel getan, eher im Gegenteil. Die Nachrichtenkanäle verloren hatten die ohnehin lokal bedeutsame Nachricht mittlerweile aus den Augen verloren und ergingen sich nicht mehr in Spekulationen über den möglichen Täter.
    Sie fand auch weiterhin nur die Aufnahmen vom Tatort und den Spuren des Kampfes, und im Grunde war das auch gut so, sonst hätte sie sicherlich auch schon ein paar Ermittler vor der Tür stehen gehabt – etwas, was ihr ebenso wenig gefallen hätte.

    Es dauerte eine Weile, bis sie einen neueren Vermerk zu dem Fall entdeckte, eine offizielle Erklärung der Pressestelle der Londoner Polizei. Diese teilte mit, dass man den Fall erst einmal einstellen würde und zwar „mangels weiterer Indizien auf den Täter und neuer Erkenntnisse in Bezug auf die Opfer, deren Identität man mittlerweile festgestellt hatte. Der Sprecher verwendete in den weiteren Erläuterungen eine Formulierung, die Marla unvermittelt grinsen ließ. Sie las daraus, dass die Verantwortlichen in dem wehrhaften Täter wohl einen Außerirdischen vermutete und deshalb lieber erst einmal auf kleiner Flamme kochte, um keine diplomatischen Probleme zu schaffen, wo keine waren.

    Blieben noch die drei Männer, die eine Aussage machen konnte, wenn sie denn jemals wieder auf die Beine kamen. Aber auch das schien mehr als zweifelhaft zu sein. Einer hatte bereits nicht mehr wiederbelebt werden können, die beiden anderen warten aufgrund ihrer schweren Kopfverletzungen in eine spezielle Klinik eingewiesen worden.

    Marla stützte eine Hand auf das Kinn und dachte über die Berichte nach, die sie hier im Archiv studiert hatte. Auch dass passte genau auf das Profil von Khan Noonien Singh. Er und seine Leute waren Kampfmaschinen auf zwei Beinen gewesen, effektiv und gnadenlos, die ihre Gegner nachhaltig auszuschalten wussten, selbst wenn sie sie nicht direkt umbrachten.

    Ein kalter Schauder lief über ihren Rücken. Es hieß sogar in einigen Berichten, Khan beherrsche die Kunst den Schädel eines Mannes allein durch den Druck ihrer Hände zum Bersten bringen …
    War es deshalb wirklich richtig, sich nach einem Wiedersehen mit ihm zu sehnen? Denn immerhin hatte sie ihn im Kampf mit den drei Gaunern gesehen und war damit die einzige, die ihn identifizieren konnte. Würde er eine Augenzeugin, wie sie überhaupt am Leben lassen?

    Denn in der Vergangenheit, hatte das ganz anders ausgesehen, gerade wenn Khan im Verborgenen agierte. Im Rahmen seiner terroristischen Akte …

    Dann aber schüttelte sie sich und unterdrückte die aufkeimende Angst mit zynischen Gedanken. Was konnte sie denn jetzt noch verlieren? Ihr Leben war nach einer kurzen Hochphase nun endgültig in einer Sackgasse gelandet, und da war sie doch lieber tot, als für den Rest ihres Lebens in irgendwelchen Archiven zu vergammeln und Arbeiten zu erledigen, für die sie völlig überqualifiziert war.

    Nein! Wenn, dann wollte sie wenigstens noch einmal jemandem gegenüber stehen, der lebendige Geschichte war, ihn kennenlernen, ihn berühren und mit ihm sprechen, selbst wenn sie dafür sterben musste!

    Ein warmes Kribbeln erfüllte sie, während sie einen Entschluss fasste. Es gab Mittel und Wege, ihn auf sich aufmerksam zu machen. Die Datennetze waren voll von Kontaktbörsen und ähnlichem. Sie …

    Der Kommunikator in ihrer Jackentasche piepte. Marla kehrte unwillig wieder in die Wirklichkeit zurück und deaktivierte hastig den Zugang zum Datennetzwerk, rechnete fest damit, dass ihr derzeitiger Chef an der Leitung hing, um nachzuhaken, wie weit sie inzwischen war.

    Aber dann stellte sie mit einem Blick auf den kleinen Bildschirm fest, dass die Nummer aus San Francisco stammte. „Carol?“, fragte sie sich verwundert. „Was will die denn von mir?“

    Einen Moment überlegte sie, das Gespräch wirklich anzunehmen, dann aber verwarf sie diesen Gedanken rasch wieder und drückte den Anruf kurzerhand weg, beschloss die Nummer fürs Erste zu sperren, weil sie jetzt und hier nicht mit derjenigen sprechen wollte, die ihr den ganzen Mist eingebrochen hatte.

    Grollend dachte sie daran, wie Carol ja noch versprochen hatte, sich für sie bei dem eigenen Vater einzusetzen, dem Admiral, einem der Leiter der Sternenflotte. Und was war jetzt – nein … sie hatte jedes Recht dazu, den Kontakt zu verweigern.

    Im Moment hatte sie schließlich wichtigere Dinge im Kopf, die ihr viel mehr am Herzen lagen als eine … falsche Freundin. Mit einem Schnauben steckte sie den Kommunikator deshalb wieder weg und blickte dann auf die Uhr. Früher Nachmittag. Hm … wenn sie jetzt nur noch die Akten und Bücher weg brachte, dann könnte sie eigentlich schon Schluss machen.

    Und dann … konnte sie endlich den Plan genauer ausknobeln, der als erste vage Idee in ihrem Kopf herum spukte.



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Geheimstützpunkt der Sektion 31, London
    Einige Tage später
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    'Du weißt, dass es ein Fehler ist, aber nun hast du wohl auch keine andere Wahl mehr, Marcus. Ich bin nun ein hochrangiger Offizier der Sternenflotte und Leiter einer technischen Abteilung, deshalb muss ich eine angemessene Sicherheitsfreigabe besitzen', dachte Khan zufrieden. 'Sonst würde die Person John Harrison keine Glaubwürdigkeit mehr besitzen. Und die ist bitter nötig, wenn es so weiter laufen soll wie bisher.'

    Deshalb überprüfte er in schöner Regelmäßigkeit die Zugriffe auf seine öffentlich zugänglichen Daten, um zu sehen, wer sich die Mühe machte, mehr über ihn heraus zu finden, um seinerseits Nachforschungen über genau diese Personen anzustellen.
    Meistens handelte es sich um die üblichen Verdächtigen – neben seinen Mitarbeitern auch Männer und Frauen aus anderen Abteilungen der Sternenflotte, mit denen er irgendwann einmal Arbeits- oder auch informelle Gespräche geführt hatte. Oder Bekannte seiner Mitarbeiter. Eigentlich bisher so gut wie niemand außerhalb dieses Dunstkreises, wenn man von den üblichen Spambots absah. Aber auch die verfolgte er sicherheitshalber zu ihren Quellen zurück.

    Zum einen, um sich selbst abzusichern, falls Aldredge seine Strohmänner auf ihn hetzte, zum anderen hielt er aber immer noch Ausschau nach einer ganz bestimmten Person, die ihm nicht mehr aus dem Kopf ging, diese junge Rothaarige. Und das weniger, weil er sie als Augenzeugin fürchtete, weil sie ihn hätte identifizieren können, sondern mehr aufgrund ihres merkwürdigen Verhaltens …

    Allerdings war sie bisher noch nicht in seinem Radar aufgetaucht, schien also nicht aus seinem näheren Umfeld zu stammen. Zu diesem Zweck hatte er sich auch in die Unterlagen des medizinischen Dienstes gehackt.

    Inzwischen beherrschte er die neue Technik zwar schon so gut, dass er alle gefährlichen Hinweise zu dem Zwischenfall im Dunkel Londons entfernt – verwaschene Aufnahmen von ihnen beiden - und dafür falsche Daten eingespeist hatte, aber noch nicht mehr unternommen. Sein untrügliches Gefühl für das richtige Timing hatte ihm geraten, sich noch in Geduld zu üben und abzuwarten, wie sich alles entwickeln würde.

    Und richtig – genau das hatte sich ausgezahlt, wie ihm erst gestern der Blick in die gesicherten Datenbanken der Polizei verraten hatte. Bis auf ein paar Trittbrettfahrer, die sich hatten wichtig machen wollen, schien sich nämlich kein weiterer Augenzeuge gemeldet zu haben und schon gar keine Frau mit roten Haaren.

    Offensichtlich schien auch sie kein Interesse daran zu haben, sich mit der Obrigkeit herumzuschlagen. Das machte sie ihm schon fast sympathisch … wenn auch nur fast. Es konnte auch noch etwas anderes dahinter stecken.

    Das hatte die Verantwortlichen offensichtlich erst einmal dazu gebracht, den Fall einzufrieren, zumal internen die Nachrichten im Moment auch noch voll von den Berichten auf fremdenfeindliche Attacken gegenüber vulkanischen und anderen außerirdischen Gästen waren.

    Da es ihm in den Fingern juckte, aktivierte er kurz den Schattenaccount, den er sich erst vor ein paar Tagen eingerichtet hatte und über den er schon seit gestern mehrere Suchanfragen hatte laufen lassen, wenngleich er noch nicht wirklich mit einem Ergebnis rechnete. Doch kaum hatte er das entsprechende File aufgerufen, blinkte ihm eine rote „1“ entgegen.

    Allerdings kam er nicht mehr dazu, das Ergebnis aufzurufen, denn seine feinen Ohren verrieten ihm, das gerade jemand seinen Raum betrat. Deshalb deaktivierte er rasch die verräterischen Anzeigen und holte andere Daten auf den Bildschirm zurück.

    Eine leise Stimme holte ihn vollends in die Wirklichkeit zurück. „Sir?“ Die leise Stimme einer jungen Frau, die erst seit einer Woche beim Team war und offenslichtlich noch sehr viel Respekt, wenn nicht sogar Angst vor ihm hatte, erinnerten Khan daran, dass er gerade mitten in der Erprobungsphase eines neuen Projekts steckte und hier eigentlich gar keine Zeit für privates Dinge hatte.

    Er hob den Kopf und sah die Frau mit den kurzen schwarzen Haaren durchdringend an. Diese wich seinem Blick verlegen aus. „Verzeihung Sir, aber Mr. Stetson bat mich, Ihnen Bescheid zu sagen, dass alles für die Simulation vorbereitet ist.“

    „Danke Fähnrich!“, erwiderte er mit einem Lächeln, dass sie aber auch nicht zugänglicher machte. „Sagen sie Stetson, dass ich in einigen Minuten da bin. Er soll alles schon einmal anlaufen lassen.“

    Die junge Frau nickte. „Ja, Commander Harrison! Ich werde das so weitergeben.“ Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und verließ den Raum.

    Khan schüttelte den Kopf und schloss in aller Seelenruhe die beiden Dateien, an denen er vorhin gearbeitet hatte. „Simulationen und Prototypen“, murmelte er nachdenklich. „Modelle und Entwürfe. Verschwendete Zeit, verschwendetes Potential. Wenn ich freiere Hand hätte, dann wären wir schon viel weiter.“

    Das erinnerte ihn daran, dass ihn Alexander Marcus immer mit aller Gewalt zu kontrollieren versuchte, indem er ihn von den wirklich wichtigen Informationen und Entwicklungen fern hielt, von dem, was an anderer Stelle tatsächlich und nicht nur virtuell vor sich ging.
    Das zeugte von dem weiterhin bestehenden Gemisch aus Misstrauen und Angst, der nur schwer einzukalkulierenden Variable, die er im Umgang mit dem Admiral immer im Auge behalten musste.

    Für einen Moment wallte Zorn in ihm hoch, aber es reichte ein Satz, um die Wut wieder zu bezähmen. 'Ich tue das alles nur für euch, denn ich muss an eurer Wohl denken, meine Gefährten!'

    Er presste die Lippen aufeinander und unterdrückte einen zweiten Wutschwall, denn seine verzweifelten Bemühungen die anderen zu finden, waren auch mit der erhöhten Sicherheitsstufe ohne sichtbare Ergebnisse geblieben.

    Bei all seinen Nachforschungen, war er bisher immer auf Wände gestoßen, auf Sperren und Sicherheitsstufen, die er noch nicht hatte knacken können. Mehr als einmal hatte er dabei nur mit knapper Mühe und Not seine Spuren verwischen können, ehe man ihm auf die Schliche kam.

    Genau so wenig wusste er, wo seine Unterlagen und die Endergebnisse seiner Entwicklungen eigentlich landeten. Selbst die zweite Generation der Prototypen wurde in einer anderen geheimen Station der Sektion 31 hergestellt, die der Leitung von Commander Aldredge unterstand – vermutlich nicht einmal auf der Erde. Zugriff auf diese Informationen hatten gerade einmal der Admiral.

    Jetzt aber genug davon!

    Ein Piepen erinnerte ihn daran, dass andere bereits auf ihn warteten und die Minute sich ihrem Ende näherte.

    So schaltete er den Bildschirm ab und ging in den danebenliegenden Raum, um sich das neuste Produkt seiner Abteilung anzusehen - eine schwere Handfeuerwaffe, die auf der romulanischen Disruptortechnologie basierte. Die konnte auch einem Gegner im gepanzerten Kampfanzug den Garaus machen, wenn alles so lief wenn es sollte.

    Khan trat an die Kontrollen und aktivierte nach einem kurzen Blickwechsel die Simulation, kreuzte dann die Arme vor der Brust, um deren Ablauf zu überwachen nehmen. Alles verlief so wie es sollte. Perfekt. Genau so wie der Prototyp, der in einem Schaukasten auf einem Tisch neben dem Projektor stand.

    Er nickte zufrieden, aber nicht nur, weil sein Team wie immer gute Arbeit geleistet hatte, sondern auch weil keiner seiner Mitarbeiter bemerkt hatte, dass er bei seiner Endprüfung ein winziges Detail der Waffe verändert hatte, eine Spezifikation, die sich erst bei der zweiten Fertigungsstufe bemerkbar machen würde.
    Stumm dankte er den findigen Menschen seiner eigenen Zeit, die aus reiner Profitgier in viele Geräte so etwas wie eine Grenze der Brauchbarkeit eingebaut hatten. Die Normalsterblichen dachten nicht einmal mehr daran, dass technische Geräte nicht nur unmodern, sondern auch obsolet werden konnten, wenn man es darauf anlegte.

    Den daraus entstehenden Fehler konnte er dann vielleicht nicht nur Aldredge in die Schuhe schieben, um ihn endlich zu diskreditieren, vielleicht würde ihn der Admiral dann auch nicht länger von den Stätten fernhalten, an denen die Früchte seines Geistes lagerten in die Endfertigung gingen.

    Ja, es war ein Spiel mit dem Feuer ...

    Khan presste die Lippen aufeinander, als das kurze Hochgefühl sofort wieder verflog. Nein, noch durfte er sich nicht einer verzweifelten Hoffnung hingeben, die auf tönernen Füßen stand und sich durchaus noch als Bumerang erweisen konnte – mit üblen Folgen für ihn und seine Gefährten.

    Aber auf der anderen Seite wusste er, dass er nicht viel länger warten konnte und wollte – denn mit jedem Tag lieferte er sich und seine Gefährten mehr und mehr der Willkür und dem Gutdünken des Admirals aus … ein Zustand, der kaum noch zu ertragen war!


    - Fortsetzung folgt -
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  12. #48
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    Marla sollte sich ihren noch nicht ganz ausgearbeiteten Plan überlegen... sie weiß, dass in der Vergangenheit gefährlich war und immer noch ist, wie sie ja mit eigenen Augen sehen konnte.
    Doch da Khan die Medien überwacht, vermute ich, dass er Marla wohl zuerst finden wird...

  13. #49
    Major General Avatar von Kris
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    Ich gebe schon zu, der Plan ist ein wenig irre - aber sie geht da ja noch ein wenig weiter. Was ihre erste Begegnung angeht - lass dich überraschen, aber zuvor erst einmal das Kapitel, das wenigstens fertig geworden ist! Und vielen lieben Dank für deinen Kommentar über den ich mich damals wie heute sehr freue.





    Kapitel 17: Sex sells! Oder?

    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Zwei Wohnungen in London
    Am Abend des selben Tages
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    „Das war echt eine bescheuerte Idee von mir!“ Marla legte das Datenpad zur Seite, nachdem sie sich durch eine ganze Galerie von Bildern und Nachrichten geklickt hatte. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, dass sie – der es normalerweise nicht schwer fiel, auf einer Party mindestens einen Typen abzuschleppen, wenn nicht sogar zwei – ausgerechnet sie, eine Kontaktanzeige aufgegeben hatte. „Und jetzt habe ich den Salat!“

    Trotzdem konnte sie sich ein Kichern nicht verkneifen. Himmel, sie hatte doch nicht allen Ernstes annehmen können, dass sich so jemand wie Khan Noonien Singh auf Singlebörsen verirrte, um gerade jetzt und hier nach ihr zu suchen.
    Andererseits fielen ihr als Historikerin genügend Beispiele aus der Geschichte ein, in denen scheinbar unlösbare Probleme durch eine dumme, ja verrückte Ideen geknackt werden konnten. Also warum nicht auch in diesem Fall?

    Immerhin galt Khan Noonien Singh bei seinen Zeitgenossen als der Meister des Unmöglichen, als der Mann, der auch in ausweglosen Situationen immer noch entkommen war – zuletzt mit seinem treusten Gefährten in der „Botany Bay“. Gerade dass er sich jetzt hier in London herumtrieb, bewies doch, dass er dem Schicksal erneut ein Schnippchen geschlagen hatte.

    Und wenn sie sich täuschte, dann musste sie halt mit den Konsequenzen leben, die sich daraus ergaben. Welche auch immer das sein würden …

    Sie rief ihre Seite wieder auf und musste grinsen. Ganz offensichtlich zog ihr Foto von der Abschlussparty der Universität immer noch. Aber da hatte sie auch ganz besonders niedlich ausgesehen, obwohl sie in das Kostüm einer „rassigen Kampfamazone aus den Actionfilmen des ausgehenden 20. Jahrhunderts“ geschlüpft war und natürlich eine „riesige Wumme“ im Arm hielt.
    Sie wusste noch - die naturgetreue Replik hatte sie sich von einem Bekannten geliehen, der auf antike Technik stand und der danach kein Wort mehr mit ihr geredet hatte, weil sie die Waffe für andere Dinge missbraucht …

    Marla rieb sich die Stirn. Ja, gerade kurz vor ihrem Abschluss war sie eine besonders verrückte Hummel gewesen, die so gelebt hatte, als sei jeder Tag ihr letzter. Und das strahlte sie auch noch auf dem Bild aus. Scheinbar machte aber genau diese verrückte Mischung aus süß und gefährlich die Kerle besonders heiß, zumal sie damals ihre weiblichen Reize im knappen Leder- und Netz-Dress sehr provokant zur Schau gestellt hatte.

    Ob das auch der Augment so sehen würde, wagte sie allerdings zu bezweifeln. Khan war ein Übermensch, der bestimmt andere Dinge im Kopf hatte, als diese plumpe Zurschaustellung weiblicher Reize. Andererseits stammte er von ganz normalen Menschen ab und war kein kaltblütiger Vulkanier ohne Gefühle.

    Aber darum ging es nicht. Sie hatte bewusst dieses Bild ausgewählt, weil sie ihr Kostüm damals dem Dress nachempfunden hatte, den „Zenobia“, getragen hatte, die Augment-Diktatorin, die einen Streifen zwischen Marokko und Ägypten beherrscht hatte und als eine der engsten Verbündeten Khans galt. Schon damals war sie von den Helden und Schurken der Eugenische Kriege mehr als begeistert gewesen …

    Noch einmal sah sie die persönlichen Nachrichten ohne Bild durch und las jede Zeile aufmerksam, aber nicht einmal dort gab es irgend eine Andeutung darauf, ob „er“ hinter einer der freundlichen Anfragen stecken konnte. Bei den Fotos … nun ja, keiner der Männer entsprach nur im Entferntesten dem, was sie gesehen hatte, nicht einmal die Typen, die wirklich ansprechend aussahen. Allerdings erstaunte sie, dass auch solche Kerle eine Kontaktbörse bemühen mussten …

    Dennoch zweifelte sie daran, dass sie so wirklich in ihrer Suche weiter kommen würde. Sie seufzte und war einen Augenblick nahe daran, ihre Kontaktanzeige wieder zu löschen, hielt aber inne, als ihr Finger schon über dem entsprechenden Feld schwebte, schüttelte dann aber den Kopf.
    Warum sollte sie das ganze nicht noch ein wenig länger aktiv lassen? Schaden konnte es eigentlich nicht, denn gerade in dieser Kontaktbörse garantierten die Anbieter die absolute Anonymität der Nutzer auch vor Hackversuchen und überließen es jedem, Kontakt aufzunehmen oder es sein zu lassen.

    Abwarten … und Geduld haben – denn vielleicht kontaktierte sie Khan Noonien Singh auch auf andere Art und Weise, etwas, was sowieso besser zu ihm passte als eine Mail oder gar ein Bild. Und wenn sich nichts ergab … vielleicht konnte sie ja auch den ein oder anderen aus der Liste kennenlernen, um sich die Zeit in London noch ein wenig zu versüßen.

    Marla lächelte wieder. Die Aussicht auf Abwechslung zu ihrem tristen Alltag tröstete sie ein wenig. Deshalb ließ sie den Blick durch den Raum schweifen und musterte nachdenklich die Bildergalerie an der Wand, mit der sie ihre Wohnung verschönert hatte.
    Dann konnte sie es doch nicht lassen, einem der Abgebildeten zuzuzwinkern, auch wenn dieser nur eine kleine Figur auf dem martialischen Bild einer Schlacht war. „Ach verdammt, komm aus deiner Deckung raus. Du bist doch auch sonst niemals ein Feigling gewesen …“


    * * *


    Khan verließ seinen Beobachtungspunkt am Fenster, von dem aus er gedankenverloren die glitzernde Skyline der Stadt betrachtet hatte. Seltsam – heute wie vor dreihundert Jahren mischten sich Alt und Neu erstaunlich harmonisch miteinander, so als lebe diese Metropole mit der Zeit, ohne je ihre Wurzeln zu vergessen.

    Die Pläne der Waffe und der Prototyp waren nun auf dem Weg nach San Francisco. Ein privater Sicherheitsdienst hatte die Ladung übernommen. Nun würde es vermutlich noch ein paar Tage dauern, bis er eine Antwort erhielt. Hoffentlich die, die er erwartete …

    Für einen Moment verfinsterte sich sein Gesicht, dann aber glätteten sich seine Züge wieder. Immerhin gab ihm die Wartezeit nun die Möglichkeit, das andere Problem, das ihn beschäftigte, anzugehen.

    Er setzte sich an seinen Schreibtisch und aktivierte den Schattenaccount, nachdem er sich versichert hatte, dass niemand mitlas und nahm das Ergebnis seiner Suchanfrage genauer in Augenschein, dass mit exakt hundert Prozent Übereinstimmung die Spitze seiner Liste anführte.

    Im nächsten Moment lachte er trocken auf, denn es führte ihn mehr oder weniger direkt zu einer der modernen Kontaktbörsen, die er bisher eher in einer Mischung aus Interesse, Amüsement und Grauen, betrachtet hatte, da sich die Menschheit in dieser Hinsicht nicht wirklich weiter entwickelt hatte.

    Noch konnte er nicht viel auf dem verpixelten Foto erkennen, dazu musste er sich erst registrieren. Aber schon die roten Haare der Frau weckten sein Interesse. Also biss er in den sauren Apfel, wechselte seine Zugriffscodes und tat, was getan werden musste. Es dauerte einen Moment, bis die Kontaktanzeige für ihn freigeschaltet wurde.

    Als das geschah, kniff er unwillkürlich die Augen zusammen.

    Ja genau – das war sie! Ihr Gesicht wirkte auf dem Foto zwar wesentlich jünger als er es in Erinnerung hatte, aber die wesentlichen Züge stimmten überein. So wie auch die Haarfarbe und -qualität, auch wenn diese weniger maßgeblich als der Rest waren.

    Er zog scharf die Luft ein, als das komplette Foto für ihn sichtbar wurde und murmelte unwillkürlich einen Namen. „Zenobia …“

    Erinnerungen an eine drahtige Frau mit milchblasser Haut und langen schwarzen Haaren erwachten. Natürlich hatte seine „Schwester“ bei ihrer „Geburt“ einen ganz anderen Namen erhalten, sich aber damals beim Sturm auf die Welt nach der legendären Königin von Palmyra genannt, die für Jahre der Macht des römischen Imperiums getrotzt und ihnen so manches Schnippchen hatte.

    Auch seine Zenobia hatte sich tapfer gehalten … als treue Verbündete und Schutzschild gegen den Widerstand aus den freien Teilen Europas. Entgegen aller Gerüchte waren sie niemals Geliebte gewesen, nur Kampfgefährten. Und doch – wie ihre Namensvetterin war sie am Ende verraten und gefangen genommen worden – in einem Schauprozess öffentlich hingerichtet, um den anderen Augments vor Augen zu führen, welches Schicksal sie erwartete.

    Jemanden in ihrem typischen Kampfdress zu sehen und dann auch noch in der Pose einer billigen Hure … Zenobia hätte getobt und das Mädchen in Stücke zerrissen … aber Khan empfand nicht einmal Zorn.
    Stattdessen erwachte sein Interesse immer mehr.
    Das Kostüm war nicht nur eine billige Replik ohne Hintergedanken aus oberflächlichen Bildern erstellt – sie hatte es offensichtlich bis ins Detail nachempfunden, so als habe sie sich bewusst mit der Zeit und der Person, die den Dress getragen hatte, beschäftigt. Allein die Waffe stimmte nicht wirklich – Zenobia hatte das Schwert und die Lanze bevorzugt.

    Konnte es Zufall sein, dass sie sich so zur Schau stellte? Suchte diese junge Frau wirklich nur nach einem Partner. An der Zahl der Anfragen und Aufrufe konnte er sehen, dass sich schon andere Männer für sie interessierten.

    Oder … er fand es zwar abwegig, dass eine Menschenfrau darauf kommen könnte – andererseits unterschätzte er die Normalsterblichen schon lange nicht mehr

    … war das ein Versuch, ihn auf sich aufmerksam zu machen?

    Er checkte das Datum und stellte fest, dass sie die Anzeige erst vor zwei Tagen veröffentlicht hatte, lange nach dem Vorfall im Park.

    Natürlich konnte dies auch eine Falle sein, geschickt ausgeklügelt von der Polizei oder dem Geheimdienst … andererseits sagte ihm sein Verstand, dass gerade diese Art von Menschen, sich nicht unbedingt auf einen so plump wirkenden Köder einließen. Blieb nur noch die Möglichkeit, dass Admirals Marcus' Agenten dahinter steckten, die entsprechende Anweisungen von ihrem Chef bekommen hatten.

    Er starrte weiter gedankenvoll auf das Bild und horchte dabei in sich hinein. „Wer bist du Mädchen und was willst du von mir? Was weißt du über mich?“

    Seine Instinkte kannten nur eine Antwort … Wenn er das erfahren wollte, musste er sie persönlich zur Rede stellen. Das bedeutete, mit ihr Kontakt aufzunehmen … auf eine Art und Weise, die ihm zutiefst widerstrebte.

    Andererseits – zollte er der jungen Frau Respekt, deren Namen er immer noch nicht kannte – hatte sie es geschafft, sein Interesse zu wecken, und das in mehr als einer Hinsicht. Denn weder wurde er das Gefühl los, dass sie längst wusste, wer er war, noch glaubte er, dass sie aufgrund dessen wirklich Angst vor ihm hatte … und das faszinierte ihn mehr als er zugeben wollte.

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  15. #50
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Das ist wirklich ein ungewöhnlicher Weg, den Marla wählt.
    Und noch weiss sie nicht, dass sie Erfolg haben wird.
    Auf das erste Treffen der beiden bin ich gespannt. Aber da Khan misstrauisch ist, wird dieses bestimmt nicht einfach werden.

  16. Danke sagten:


  17. #51
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    Ja, das erste Treffen ist so eine Sache für sich, aber schon in der ersten Fassung der Geschichte immer so geplant gewesen. Na, du wirst es ja lesen können.

    Entschuldige, dass ich dich so lange habe warten lassen, aber deshalb möchte ich dieses Kapitel um so mehr dir widmen, Jolinar, und dich nicht hängen lassen, denn du hast es nicht verdient, obwohl ich mich ansonsten aus dem SG-P zurückgezogen habe.
    Danke für deine Treue!



    Kapitel 18: Lügen, Zorn und eine unverhoffte Begegnung

    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    In der geheimen Raumstation von Sektion am Jupiter
    Etwa zur gleichen Zeit
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    „Soso, der Admiral höchstpersönlich wird mir also die neusten Entwicklungen aus London vorbeibringen. Was für eine Ehre!“, erwiderte der Commander mit einem Unterton in der Stimme, der seinen Untergebenen sichtlich schaudern ließ. „Danke für die Information, Kenneth. Sie können wegtreten!“
    Das beherzigte der junge Mann gerne, denn er kannte die Launen seines aktuellen Chefs nur all zu gut und wusste, dass man ihm in dieser Stimmung am besten so weit wie möglich aus dem Weg ging.
    Den kümmerte das nicht, solange die Ingenieure und Techniker so funktionierten wie sie sollten.

    Kaum hatte der Mann das Büro verlassen, trat Wilbur Aldredge an die kleine Luke und starrte hinaus in die samtene Schwärze des Alls. Nur am Rande seines Blickfeldes war einer der Jupitermonde zu erkennen – Europa, wenn er sich nicht ganz täuschte.

    Sein Gesicht spiegelte sich schwach im Fensterglas wieder und zeigte auch ihm, wie grimmig er im Moment wirken musste. Zusammengezogene Augenbrauen, tiefe Furchen auf der Stirn, zu einem schmalen Strich zusammengepresste Lippen. Er war ein Vulkan, der kurz vor dem Ausbruch stand.

    „Harrison!“ benannte er die Person, auf die er im Moment seinen Hass konzentrierte. „Ich krieg dich schon noch dran!“

    Wieder hatte ihn der Rivale in Zugzwang gebracht, nötigte ihn, seine Arbeiten voranzutreiben, sorgte dafür, dass der Boden unter seinen Füßen immer dünner wurde. Das musste ein Ende haben … und doch hatte er im Moment noch keinen Ansatz gefunden, diesen Mistkerl auszubooten, der Alexander so in seinen Bann geschlagen hatte.

    Wilbur Aldredge schnaubte und verbesserte sich. „Admiral Marcus!“, murmelte er verächtlich und dachte an das falsche Spiel, dass der einstige Freund gerade mit ihm trieb. Obwohl er eigentlich der Leiter der Station war und im Rang über allen anderen stand, hatte er immer noch keinen Zugriff auf das alte Schiff, dass sich ebenfalls in der Raumwerft befand.

    „Andere Mitglieder der Sektion 31“ beschäftigten sich mit dem damit zusammenhängenden Projekt, für das er selbst keine Freigabe bekommen hatte – schattenhafte Gestalten, die er bisher nicht zu Gesicht gekommen hatte und die offensichtlich dem Admiral direkt unterstanden.

    Alexanders einzige Begründung, warum er ihn nicht auch noch mit der Überwachung dieser Arbeiten betreut hatte, war nur gewesen, dass „die Erforschung des Raumschiffes weit unter deinem Niveau liegt und du dich ganz auf den Ausbau der 'Vengeance' konzentrieren solltest, damit sie bald vom Stapel laufen kann.“

    Oh, was für eine fadenscheinige Ausrede. Der alte Freund hatte immer gewusst, dass ihn auch die technischen Errungenschaften aus der Zeit vor dem Sprung ins Weltall interessiert hatten, bevor die Menschheit von den Entwicklungen anderer Völker wie den Vulkaniern oder Andorianern profitiert hatte.

    Denn die Raumarchen des späten 20. Jahrhunderts waren auf ihre Weise Wunderwerke gewesen, die Meisterleistungen des menschlichen Geistes, die nicht auf das Wissen anderer Völker hatten zurückgreifen müssen. Er bewunderte die Architekten und Ingenieure dieser Ära, die bewiesen hatten, zu welch großen Taten der Mensch fähig war und warum er einen angemessenen Platz zwischen den Sternen verdiente, nicht länger die untergeordnete Rolle, die ihm „ältere“ Spezies wie die Vulkanier zugestehen wollten.

    Er trommelte mit den Fingern auf den Schreibtisch. Diese Gedanken lösten das Problem allerdings nicht. Er war die ganze Angelegenheit bereits mehrfach durchgegangen und hatte festgestellt, dass es keine legale Möglichkeit gab, um Zugriff auf vor ihm versteckte Projekt zu bekommen, keine Forderung, die er gegenüber Admiral Markus wirklich rechtfertigen können würde.
    Andererseits … musste ihn das jetzt, noch kümmern? Schließlich war er von dem alten Freund und Weggefährten belogen und betrogen worden und nicht umgekehrt? Hatte Alexander jetzt nicht jedes Recht auf seine Loyalität verwirkt?

    Ehre war doch nur etwas für die idealistischen Narren in der Sternenflotte, die Marcus und er längst hinter sich gelassen. Was jetzt allein zählte, war der Erhalt seiner Machtposition. Und dafür war er bereit, alles zu tun …

    „Du wirst schon sehen, wohin dich dein Vertrauen in den Falschen bringt, Alexander!“, murmelte er und aktivierte dann den Bildschirm, um die Informationen zu sichten, die er bereits gesammelt hatte …


    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Hyde Park, London
    Am nächsten Morgen
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    Seit dem nächtlichen Vorfall lebte Marla McGivers in einer anderen Welt. Sie erledigte ihren Job in der British Library nur noch halbherzig und hatte sich dafür schon mehrere Rüffel von ihrem direkten Vorgesetzten eingefangen. Auch und vor allem, weil sie die Terminals dort nicht zu den Recherchezwecken benutzt hatte, für die sie eigentlich da waren, sondern um weiter nach einem Phantom zu suchen, das ferner zu sein schien, als sie gedacht hatte.

    Ihre Gedanken schweiften immer wieder zu dem Mann, der ihr nicht mehr aus dem Sinn gehen wollte, der ihre Sehnsucht so sehr beherrschte, dass es fast weh tat, auch wenn sie sich immer wieder eine Idiotin schimpfte. Aber es half nichts, ihr Wunsch ließ sich nicht einfach verdrängen.

    Unwillkürlich umschloss ihre Hand, den Anhänger, der auf ihrer Brust ruhte.Er enthielt einen verkleinerten Ausschnitt des Bildes, dass sie wie einen Augapfel hütete, jener zeitgenössischen Fotografie eines Despoten aus der Vergangenheit, die sie vor nicht all zu langer Zeit aus dem Archiv entwendet hatte. Er zeigte nur noch das scharf geschnittene Gesicht des Mannes, der ihr nicht mehr aus dem Sinn ging … vor allem weil sie Khan Noonien Singh erst vor wenigen Tagen in Fleisch und Blut im Halbdunkel einer aufregenden Nacht gesehen hatte.

    Sie seufzte und blieb stehen, hob ihr Gesicht dem Wind und den feinen Nieselregen entgegen. Trotz des schlechten Wetters war sie nach draußen gegangen, um auf andere Gedanken zu kommen, denn die Enge ihrer Wohnung ertrug sie im Moment nicht. Sie musste etwas unternehmen, auch wenn es nur ein sinnloser Lauf durch gepflegte Baumalleen und Gärten war.

    Es erleichterte sie, dass nur wenige andere Menschen und Außerirdische unterwegs waren – Spezies, denen Wasser es nichts ausmachte, oder die gerade wegen dieser „Attraktion“ hierher kamen. So kam sie nicht oder kaum in die Verlegenheit, angesprochen zu werden und konnte weiter darüber nachgrübeln, was sie noch unternehmen konnte, um jemanden zu finden, der sicherlich nicht gefunden werden wollte.

    In ihre eigenen Gedanken versunken achtete sie deshalb nur mit halben Auge auf die Läufer und Spaziergänger, die ihr entgegen kamen,

    Statt dessen wischte sie mit den Händen über ihr Gesicht und die Haare, erreichte damit aber nur noch mehr, dass sie sich nasser denn je fühlte. Ein Frösteln durchfuhr ihren Körper, aber das lag nicht an dem schlanken Mann in schlichter schwarzer Uniform, der die Kapuze seiner grauen Shirtjacke über das Gesicht gezogen hatte und so nur ein markantes Kinn und einen schmallippigen Mund sehen ließ

    Einen Moment blickte sie ihm irritiert nach, schüttelte dann aber den Kopf. Vielleicht war es doch besser, noch einmal nach Hause zurückzugehen und sich umzuziehen. Ihr Dienst fing immerhin erst in zwei Stunden an, es blieb also genug Zeit, um vielleicht sogar eine warme Dusche zu nehmen und trockene Sachen anzuziehen.

    Kurz entschlossen drehte sich Marla um und wanderte den Weg zurück, den sie gekommen war. An der Biegung sah sie sich jedoch verstohlen um und beschloss eine Abkürzung zu nehmen, einen durch die Blätter der Büsche schimmernden Trampelpfad, den die Gärtner offensichtlich noch nicht beseitigt hatten.

    Sie musste unwillkürlich grinsen. Auch in diesem Jahrhundert gab es genug Menschen die gerne einmal vom richtigen Weg abwichen, um ihr Ziel schneller zu erreichen, da hatten die moderne Technik auch nichts daran ändern können.

    Da der Regen stärker wurde, senkte sie den Kopf und eilte zügig weiter, fragte sich wieder, ob sie nicht langsam vernünftig werden und nicht länger ihren Träumereien nachhängen sollte. Andererseits verleugnete sie sich in diesem Fall selbst.

    Und dann - obwohl sie den Blick die ganze Zeit zum Boden gerichtet hatte – schaffte sie es doch über eine Wurzel zu stolpern und sah sich schon im Schlamm des aufgeweichten Pfades liegen.

    In diesem Moment wurde sie festgehalten. Jemand fing sie regelrecht auf, verhinderte so, dass sie auf ihrem Hosenboden landete. Genau so mühelos wie er sie festhielt verhalf er ihr wieder zu einem sicherem Stand.

    „D-d-danke!“, stammelte Marla perplex und drehte sich mit bis zum Hals schlagenden Herz zu dem freundlichen Helfer um. Sie erkannte den Läufer wieder, dem sie eben erst begegnet war.

    Der schlanke Mann, dem sie eine solche Kraft gar nicht zugetraut hatte, hielt sie immer noch an den Armen fest, als wolle er sich versichern, dass alles in Ordnung war. „Das ist ja noch einmal gut gegangen. Das Gelände kann seine Tücken haben, wenn man nur mit halber Aufmerksamkeit hier entlang geht.“

    Marla horchte auf und hob den Kopf. Diese warme und zugleich dunkle Stimme ging ihr durch Mark und Bein. Sie schnappte unwillkürlich nach Luft, während ihr Herz noch schneller als zuvor pochte. „Sie … “

    Der Griff um ihre Oberarme verstärkte sich, glich jetzt eher einer Schraubzwinge als einer sanften und hilfreichen Berührung. Nun, da sie nahe genug war, um unter seine Kaputze zu blicken und er auch den Rest seines Gesichts nicht mehr versteckte, konnte sie die Züge, die ihr nicht gerade unbekannt waren, klar und deutlich erkennen.

    Er musterte sie scharf, machte aber auch keinen Hehl daraus, dass er genau wusste, wer sie war. „Ich bin nur ein Mann, der wie jeder andere Angehörige der Sternenflotte gewissenhaft seinen Dienst tut. Die kleine Auseinandersetzung bei der Bar ist jedoch ein Vorfall, den ich gerne vergessen möchte“, erklärte er ruhig, wenngleich auch mit einer klaren Warnung.

    Seine hellen Augen unterzogen sie einer stummen Prüfung. Auch wenn sein Gesicht weitestgehend ausdruckslos blieb, so zog er noch einmal eine Augenbraue hoch, als würde ihn etwas irritieren.

    Marla wusste nicht, ob sie vor Glück aufschreien oder vor Angst im Boden versinken sollte. Ein Teil war nahe daran ohnmächtig zu werden, ein anderer wehrte sich energisch dagegen, diesem Moment so kläglich enden zu lassen.

    Das war doch die Erfüllung all ihrer Wünsche aus den letzten Wochen und Monaten. Sie stand Khan Noonien Singh nun direkt gegenüber – besser noch, sie lag quasi in seinen Armen. Er war alles, was sie sich vorgestellt hatte … nein, noch mehr!

    'Jetzt ist aber mal gut!', schimpfte die erwachsene Marla auf den Teenager in ihr und versuchte die Wissenschaftlerin einzuschalten, Der Mann, der sie gerade festhielt, und der ohne Zweifel der war, für den sie ihn hielt, war lebendige Geschichte.
    Er hatte eine Epoche der Menschheitsgeschichte gesehen und begleitet, die viele gerne vertuschten. Wie auch immer er die letzten dreihundert Jahre überlebt hatte … er durfte jetzt nicht wieder so einfach aus ihrem Leben verschwinden.

    Nur was … was sollte sie sagen. Die Wahrheit?

    „M-Marla McGivers. Ich arbeite derzeit als Historikerin in der British Library“, rutschte ihr schließlich heraus, einfach weil ihr nichts besseres einfiel. „Mein Fachgebiet umschließt die Menschheitsgeschichte der letzten vierhundert Jahre.“

    Täuschte sie sich … oder huschte da wirklich ein Lächeln um die Lippen des Mannes? Auf jeden Fall erreichte sie damit aber, dass er seinen Griff lockerte und sie schließlich ganz los ließ.
    Noch einmal sah er sie nachdenklich an und stellte sich dann selbst vor. „Ich bin Commander John Harrison von der Sternenflotte und arbeite hier in London“, sagte er ruhig und bot ihr dann seinen Arm. „Ich glaube nur, dass wir nicht länger hier stehen bleiben sollten, sonst sind wir gleich ganz durchnässt.“

    „J-ja“, Marla folgte dieser Stimme gerne, vollendete sie doch den Eindruck von diesem Mann, der Person, dem sie seit Wochen ihre ganze Aufmerksamkeit widmete. Das Herz wollte nicht aufhören, schnell und laut zu schlagen, ja sie musste immer wieder zu ihm hinblicken, als müsse sie sich seine Gesichtszüge in ihren Geist einbrennen.

    Das allerdings blieb nicht unbemerkt, denn John Harrison blieb wieder stehen und musterte sie von Kopf bis Fuß. In diesem Moment wirkte er wie eine zum Sprung bereite, kalt lauernde Raubkatze. Auch sein Blick bekam nun dieses gewisse Etwas.

    In die von romantischen Gefühlen ausgelöste Aufregung mischte sich plötzlich Angst. Was, wenn sie zu weit gegangen war und er in ihr nun eine Gefahr sah, wenn er befürchten musste, sie könne ihn verraten oder hinter sein Geheimnis kommen?

    Marla schluckte.

    Als Übermensch der er war, konnte er mit Sicherheit aus ihren Körpersignalen lesen, dass ihre Begeisterung für ihn nicht von ungefähr kam, durch ihr Plappern hatte sie ihm ein paar eindeutige Hinweise gegeben.

    Der jungen rothaarigen Frau lief es kalt den Rücken herunter, während die Angst durch ihren Körper kroch. Dann aber mischten sich Zweifel ein, die ihr gleichzeitig Hoffnung machten. Hätte er eben auf dem Trampelpfad nicht schon die beste Gelegenheit gehabt, sie zu beseitigen und es wie einen Unfall aussehen zu lassen, so abgelenkt, wie sie gewesen war?

    Noch immer sah er sie nur an, schien in ihren Zügen zu lesen, wie in einem offenen Buch, während er selbst …

    Marla konnte es plötzlich nicht mehr ertragen, so nahe bei diesem Mann zu stehen. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass der asphaltierte Weg schon durch das Blattwerk schimmerte. Und das war eine günstige Gelegenheit zur Flucht.

    Dennoch wohnten zwei Seelen in ihrer Brust, eine die sie warnte, weiter mit dem Feuer zu spielen und eine zweite, die ihn jetzt nicht mehr aus den Augen verlieren wollte …

    „314, Archer Street! Appartement 4694!” stieß die Rothaarige hervor und bereute die Preisgabe ihrer Wohnadresse im nächsten Augenblick schon wieder. Dann stolperte sie mehr, als dass sie lief auf den offiziellen Weg.

    Dort angekommen blieb sie noch einmal stehen und blickte zurück. John Harrison stand zwischen den Büschen. Noch immer musterte er sie nur mit seinen unergründlichen hellen Augen und unternahm nichts – beobachtete nur und wartete – ihn ließ mit keinem Muskel in seinem Gesicht erkennen was er selbst dachte.

    Dann gab es kein Halten mehr. Marla nahm nur noch die Beine in die Hand und rannte, so schnell sie konnte, zum Ausgang des Parks, während ihre Gefühle um so mehr Achterbahn mit ihr fuhren. Eines hatte sie diese Begegnung gelehrt … Khan Noonien Singh leibhaftig gegenüberzustehen, war doch etwas anderes, als Aufzeichnungen über ihn zu studieren...

    - Fortsetzung folgt -
    Kolya, der Trust und ein irrer Serienkiller in:Im Grau der Schatten, Double Trouble & In den Händen des Schicksals. Ungekannte Abenteuerer von John Sheppard & Co in "Stargate Atlantis - Die verborgenen Szenen": Aufbruch in eine neue Welt und Das erste Jahr und Die Specials.

    John Sheppards Schicksal im Vegasverse :"Solitary Man" no more

    *Neu:* Kapitel 22 seit Okt 2016: Wenn der schlafende Tiger erwacht (Star Trek Into Darkness Prequel)
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  19. #52
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Entschuldige, dass ich dich so lange habe warten lassen, aber deshalb möchte ich dieses Kapitel um so mehr dir widmen, Jolinar, und dich nicht hängen lassen, denn du hast es nicht verdient, obwohl ich mich ansonsten aus dem SG-P zurückgezogen habe.
    Danke für deine Treue!
    Danke sehr
    Auch, wenn ich hoffe, dass du die Geschichte zu Ende schreibst, habe ich auch Verständnis, wenn du keine Lust mehr dazu hast bzw. dich andere Gründe daran hindern. In diesem Fall bitte ich um eine kurze Mitteilung, damit ich mich nicht frage, wann es weiter geht
    Ein Autor möchte ja auch, dass seine Geschichten von mehr als einem Fan gelesen werden....


    Das erste direkte Treffen zwischen Marla und John hat er ja sehr unspektakulär insziniert. Und nach ihrer ersten Begeisterung, John fast hautnah erlebt zu haben, schleichen sich bei Marla doch Zweifel ein.
    Und trotzdem nennt sie ihre Adresse! Böses Mädchen?

    Ich vermute, dass Harrison die Einladung auch annehmen wird, da er genaus so neugierig auf sie ist wie Marla auf ihn.

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  21. #53
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    Nach langen Jahren des stillen Mitlesens in diesem Forum, habe ich mich nun erstmals in einem Internet-Forum angemeldet. Diese kunstvolle Geschichte verdient es, von mehr als nur einer Person Beachtung zu erhalten.

    Da mich der zwölfte Star Trek-Film nicht ansprach, fing ich nur wegen anderer beeindruckender Fanfictions der Autorin an, diese Geschichte zu lesen - und war begeistert. Diese Vorgeschichte übertrifft den Film meiner Meinung nach bei weitem an Tiefsinn und innerer Stimmigkeit. Auch finden Aktionen und Motive im Film hierdurch eine plausiblere Erklärung.

    Kurz zum aktuellen Kapitel:
    Ich denke Khan wird aus Marla eher (Wage-)Mut und "Besessenheit" als Naivität herauslesen.
    Der Cliffhanger läßt mich der Fortsetzung entgegen fiebern.

    Beste Grüße
    Geändert von Durnah (02.03.2016 um 20:15 Uhr)

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  23. #54
    Major General Avatar von Kris
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    Ui, das war aber auch eine große Überraschung. Danke, euch beiden, Jolinar und Durnah. Deshalb will ich euch auch endlich einmal antworten.

    @Jolinar: Danke für deinen lieben Kommentar. Das interessante an der Geschichte ist, dass ich sie sogar sachon in einer Rohfassung fertig geschrieben habe, anders als etwa SMNM, diese aber nicht so ganz verwenden kann, weil sich eine andere Figur in das ganze Intrigenspiel geschlichten hat, die ich nicht ganz so schnell wieder wegwischen kann: Aldredge.

    Aber sollte ich die Story wirklich aufgeben, dann sage ich dir natürlich Bescheid. Aber noch bin ich guter Hoffnung, dass ich weiter mache, es ist nämlich eine gute Abwechslung zu den Doctor Who Stories.

    Ja, Khan/Harrison ist auch irgendwie angetan von Marla - ich denke, dass er ihr einen Besuch abstatten wird war klar. Es macht Spaß, den mächtigen und großen Augment auch mal von einem ganz normalen Mädchen "überwältigt" zu sehen - solltest du "Der Schlafende Tiger" mal sehen ... ist das auch der kribbelnde Unterton der Folge.

    @Durnah: Danke auch für deinen lieben Kommentar. Neun Jahre stiller Mitleser? Puh, dann hast du ja doch einiges von dem ganzen Hin und Her mitgekriegt und vermutlich meinen Werdegang.

    Der zwölfte "Star Trek"-Film ist so eine Sache für sich, das stimmt. Stark war er nur in den Szenen, in denen Khan/Harrison mit dabei war. Khan war ohnehin immer mein Lieblingsbösewicht der Classic-Serie, und da hatten sie mich endgültig, auch wenn Benedict Cumberbatchs Spiel schon vorher phänomenal war.

    Interessant an der ganzen Geschichte ist jedenfalls der Hinterbau - sprich die Motivation der "Baddies" Admiral Marcus und Khans, nicht das Geschehen im Film selbst, und das habe ich versucht in Worte zu fassen - zusammen mit den Elementen, die eben aus der Classic-Folge stammen.

    Und wie mir scheint ist das gut gelungen, wenn ich dich damit in den Bann schlagen konnte. Nebenher habe ich mich j auch noch weiter mit den Augments beschäftigt - "Bound in Blood and Shadow" beschäftigt sich ja auch mit dem Erbe, das Khan und Co. nach den "Eugenischen Kriegen" hinterlassen haben.

    Aber zurück zur Geschichte. Das Intrigenspiel macht Spaß, auch wenn ich aufpassen muss, mich selbst nicht all zu sehr zu verzetteln. Mal sehen, wie ich das mit Marla hinkriegen werde, denn sie spielt auch noch eine wichtige Rolle in der Entwicklung von Khan Noonien Singh.

    Aber genug geredet - ich habe hier ein neues Kapitel für euch beide





    Kapitel 19
    Analyse und Erkenntnis


    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Hyde Park, London
    Nach Marlas Verschwinden
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    Das war sie also im Tageslicht, die junge Frau, die ihm nicht zum ersten Mal durch ihr widersprüchliches Verhalten ins Auge gefallen war und nicht mehr aus dem Kopf ging. Er blickte ihr noch nach, als sie schon längst aus seinem Sichtfeld verschwunden war, verharrte weiter zwischen den Büschen.

    Es störte ihn wenig, dass seine Haare nun tropften und seine Kleidung anfing, unangenehm auf der Haut zu kleben, denn er hatte weitaus schlimmere Situationen erlebt, in denen keine warme Dusche und frische Kleidung auf ihn warten würden, wenn er sein Appartement aufsuchte.

    Genau deswegen hatte es ihn auch an diesem nebligen und verregneten Morgen in den Park gezogen um zu joggen und für einen Moment wenigstens den Hauch der Natur vor sich zu haben, auch wenn ein Blick über die Baumspitzen hinaus ihn jederzeit daran erinnerte, dass dies nicht mehr das London seiner Vergangenheit war, sondern die Metropole einer Zukunft, die für ihn bisher nur Schmerz und Zwang beinhaltet hatte.

    Etwas anderes beschäftigte ihn jetzt jedoch mehr als seine körperlichen Befindlichkeiten und die gut gepflegte Wut auf Admiral Marcus, es war viel mehr die seltsame Faszination, die diese Frau schon seit ihrer ersten flüchtigen Begegnung auf ihn ausübte.

    „Du bist also Marla McGivers“, murmelte Khan und blinzelte den Regen aus den Augen, während er sich langsam wieder in Gang setzte und ebenfalls auf den Weg zurückkehrte. „Die Würfel sind gefallen!“, zitierte er Julius Caesar. „Jetzt gibt es für uns beide kein Zurück mehr und unter Umständen nur noch eine Konsequenz.“
    Er musste nicht aussprechen, was er damit meinte. In früheren Zeiten hätte er gleich seinen Verstand handeln lassen … aber heute … heute war ein anderer Teil seines selbst stärker gewesen.

    Nun hatte ein dummer Zufall – oder war es vielleicht doch eher sein untrüglicher Instinkt gewesen, zu der richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein – dazu geführt, dass er nicht länger im Datennetz nach der Zeugin seines Kampfes forschen musste.
    Jetzt brauchte er sich nicht länger damit zu beschäftigen wie er über dieses Dating-Portal an sie heran kam, ohne nachverfolgbare Spuren zu hinterlassen, denn durch ihr kurzes Gespräch hatte sie ihm selbst die entscheidenden Informationen geliefert und noch mehr.

    Sie war also eine „Historikerin“ und dann auch noch mit einem ganz besonderen Fachgebiet. „Die Menschheitsgeschichte der letzten vierhundert Jahre ...“, murmelte er leise vor sich hin und ließ den Rest unausgesprochen. Die Spanne umfasste auch die Zeit, die man heute nur noch die Eugenischen Kriege nannte – die Jahre, in denen er das Schicksal der Welt in seinen Händen gehalten hatte. Ein Hauch von Wehmut durchflutete ihn … und Groll auf die dummen Normalsterblichen, die ihm und den anderen Augments Einhalt geboten hatten, ehe sie die Menschheit …

    Unwillig schüttelte er die Erinnerungen ab.

    Diese wenigen Worte erklärten so einiges an Marla McIvers Verhalten. Zum einen die offensichtliche Faszination, die sie ihm entgegen brachte und fast schon an Besessenheit grenzte, wenn er ihre Körpersprache richtig gelesen hatte.
    Dazu kam das leidenschaftliche Begehren einer jungen Frau, die glaubte den Partner ihres Lebens gefunden zu haben, der Zustand der Verliebtheit, dessen Pheromone aus jeder ihrer Poren dünstete.

    Nicht zuletzt war da auch die Neugier der ehrgeizigen Wissenschaftlerin, die sich die Chance nicht entgehen lassen wollte, lebendiger Geschichte gegenüber zu stehen, und regelrecht danach hungerte diesem Relikt der fernen Vergangenheit unzählige Fragen zu stellen.

    Auf der anderen Seite konnte sich Marla McGivers aber auch nicht von der unterschwelligen Furcht freisprechen, die alle Normalsterblichen ihm gegenüber zeigten wenn sie wussten, wer und was er war. Doch anders als bei den meisten schien sie die Angst vor dem unberechenbaren Raubtier in ihm eher anzuspornen als abzuschrecken.

    „Aber glaube ja nicht, dass du mich zähmen kannst, mein Mädchen“, murmelte er und stieß die Luft zischend aus, als ihm plötzlich bewusst wurde, dass trotz aller nüchterner Analyse eines sicher war …

    Diese Frau würde er so schnell nicht mehr aus seinem Kopf bekommen. Sie hatte mehr als nur seine Neugier geschürt und sein Interesse geweckt, das spürte er in jeder Zelle seines genetisch aufgewerteten Körpers.


    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    In der geheimen Raumstation von Sektion 31 am Jupiter
    16 Stunden später
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    „Lassen Sie die Analysen noch einmal laufen und wenn sie dann immer noch zu keinem anderen Ergebnis kommen, eben ein drittes und ein viertes Mal, Lieutenant Cameron, haben Sie mich verstanden?“, stauchte Commander Willbur Aldredge einen seiner Ingenieure zusammen. Der Mann duckte sich förmlich unter dem wütenden Blick und starrte die Spitzen seiner Stiefel an. „Ja, Sir!“

    Er war nicht der einzige, der sich in diesem Moment weit weg wünschte, auch die anderen anwesenden Männer und Frauen im Raum, versuchten möglichst unauffällig zu wirken. Aber Aldredge übersah keinen von ihnen, als er seinem Zorn Luft machte und sie mit seinen Vorwürfen überschüttete.
    Ihm war es herzlich egal, ob sein Team noch unter Schock stand, das Ereignis noch nicht verarbeitet hatten, das zwei von ihrer Kollegen das Leben geraubt hatte. Denn wer für Sektion 31 arbeitete, musste auch solche Vorfälle hinnehmen, ohne gleich zum psychischen Wrack zu werden. Das stand nur den Schwächlingen zu, die für die „normalen“ Abteilungen der Sternenflotte arbeiteten.

    „Und sorgen Sie dafür, dass das Chaos hier beseitigt wird, damit sie schleunigst weiter arbeiten können, haben Sie mich verstanden?“, fügte er ähnlich laut und bestimmend hinzu, um dann demonstrativ auf die beiden halb zerfetzten Leichen, die vor dem Begrenzungen des Schießstands lagen, an dem die neuste Entwicklung aus London getestet worden war.

    Die schwere Handfeuerwaffe, auf Basis eines romulanischen Disruptors entwickelt, war selbst allerdings nicht mehr vorhanden, denn siehatte sich beim ersten Testeinsatz selbst desintegriert und dabei die halbe Umgebung mit sich genommen, vor allem denjenigen, der sie in der Hand gehalten hatte und seinen Kollegen, der die Anwendung hatte dokumentieren sollen.
    Kopf, Arme und Oberkörper beider Männer waren nur noch eine unvollständige und zusammenhanglose Masse aus Fleisch, Knochen, Blut und Uniformresten, Abdomen und Beine lagen verkrümmt dazwischen. Über allem lag der beißende Gestank verbrannten Fleisches, der die Anwesenden immer wieder würgen und husten ließ.

    Eine Antwort wartete der Commander allerdings nicht mehr ab, sondern drehte sich mit einem letzten verächtlichen Blick auf die blassen Gesichter und verkrampften Gestalten um und verließ schnellen Schrittes den Raum.

    Sein Team musste nicht wissen, dass der grauenvolle Anblick ihm nämlich genau so auf den Magen geschlagen war. Schon zwei Mal hatte er den Würgereflex gerade noch so eben unterdrücken können , ein drittes Mal wollte das Glück nicht herausfordern. Denn er war hier und jetzt nicht dazu bereit, sich vor den Männern und Frauen eine Blöße zu geben und damit zu verraten, dass doch etwas so Menschliches in ihm steckte.

    Oh, nein … das war niemals sein Führungsstil gewesen. Seine Untergebenen sollten immer denken, dass ihr Chef über solchen profanen Dingen stand, damit sie ihn auch weiterhin fürchteten!

    Schnellen Schrittes und mit einerMiene, die deutlich machte, dass ja niemand ihn ansprechen sollte, durchquerte er die Labors und steuerte direkt auf sein Büro zu. „Ich will nicht gestört werden!“, wies er seinen Adjutanten mit einem letzten scharfen Blick an und wartete noch bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, ehe er seine Beherrschung aufgab.

    Das Modell eines Raumschiffes und zwei bizarr aussehende Steine von anderen Welten mussten daran glauben, als er von unten gegen das nächstgelegene Bord an der Wand schlug, um Dampf abzulassen.

    Er ballte die Fäuste so fest zusammen, dass die Knöchel weiß hervorstanden und schlug sie gegen die Wand, damit ihn der Schmerz wieder zur Besinnung brachte. Denn übermächtige Wut konnte er nicht brauchen, sondern gerade jetzt einen besonders klaren und wachen Verstand.
    Denn im Grunde wusste er, dass er den wahren Schuldigen für das Unglück nicht hier unter seinen Leuten suchen oder sich dafür verantwortlich machen musste, auch wenn ihm hier und jetzt noch die Beweise fehlten.

    „Du dreckiger Bastard! Ich kriege schon noch raus, wie du das angestellt hast! Du kommst mir nicht davon!“, zischte er mit eiskalter Stimme und trat an das Sichtfenster heran. Es ging ihm nicht darum, sein Gesicht in der spiegelnden Fläche zu sehen – wusste er doch ohnehin, was er dort finden würde: Brennenden Hass auf eine ganz bestimmte Person, die jetzt endlich ihr wahres Gesicht zeigte und vermutlich nur darauf lauerte, dass er die Kriegserklärung annahm und blindwütig in das offene Messer lief.

    „Nicht mit mir!“ Nein, jetzt brauchte er stichhaltige Beweise, die er Alexander vorlegen konnte, falsche Anschuldigungen würden den Admiral nämlich nur noch mehr in das Lager seines derzeitigen Lieblings treiben. Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?

    Mit tränenden Augen betrachtete er den Roten Fleck des Jupiter und presste die Lippen aufeinander, erinnerte sich noch einmal daran, wie genau er die letzten Pläne aus London auseinander genommen und überprüft hatte. Wie immer waren die Arbeiten nahezu perfekt gewesen, hatte die Abteilung in der britischen Hauptstadt erschreckend gute Arbeit geleistet, die er nur noch letzten kleinen Modifikationen für den Einsatz im All hatte unterziehen müssen.

    Und auch den zweiten Prototyp hatte er zusammen mit Cameron einer doppelten Kontrolle unterzogen. Wo aber … wo steckte dann der Fehler, der zwei von seinen Leuten das Leben gekostet hatte?

    Seine Gedanken rasten, während er sich an seinen Schreibtisch setzte und die entsprechenden Protokolle aufrief. 'Was habe ich übersehen? Was hat dieser verfluchte Mistkerl gewusst, ja vielleicht schon … '

    Aldredge rieb sich über die Stirn und starrte auf die Aufzeichnungen, scrollte noch einmal etwas schneller durch die Datei und überflog die das Sammelsurium an Zeichen. Plötzlich stutzte er und richtete sich kerzengerade auf. „Du verfluchter Bastard!“

    Jetzt – wo das Kind bereits in den Brunnen gefallen war – stach ihm eine Zeile der originalen Berechnungen ins Auge, unscheinbar und harmlos, aber wie eine Endlosschleife im Basis-Programmiercode jedes Computers tödlich. Die Waffe war bereits mit dieser kleinen Schwäche aus London zu ihm gekommen, aber sein Rivale hatte sie geschickt zu verschleiern gewusst, und dabei um weitaus mehr Ecken gedacht, als er ihm jemals zugetraut hatte. Noch schlimmer … er – Wilbur Aldredge, das Mastermind der Sektion 31 – war doch tatsächlich von diesem Emporkömmling ohne Vergangenheit manipuliert worden!

    Ein kalter Schauer lief über seinen Rücken. 'Habe ich in Harrison etwa meinen Meister gefunden?', fragte er sich plötzlich. 'Übertrifft er mich in Punkto Intelligenz und Kaltblütigkeit vielleicht bei weitem?'

    „Nein!“ widersprach er energisch diesen Gedanken und sträubte sich gegen die Beklommenheit, die sich in ihm breit zu machen begann. „Nein, und nochmals nein!“, spuckte er förmlich aus und verdrängte das Gefühl von Panik, das er schon lange nicht mehr gespürt so heftig in sich gespürt hatte.

    Sein Verstand raste. 'Alexander muss davon erfahren … nur wie beweise ich ihm das? Er besitzt nicht meinen und Harrisons technischen Verstand und wird nicht verstehen, was ich ihm sagen will. Trotzdem muss er wissen, dass er den Bastard in London nicht unterschätzen darf aber wie … wie … Wilbur denk nach!'

    Ein „Bliep“ und blinken auf dem Bildschirm riss ihn jedoch plötzlich wieder aus seinen Gedanken. „Ach sieh einmal an, wenn man vom Teufel spricht, scheint er auch gleich zu hören!“, konnte er sich mit einer zynischen Bemerkung nicht zurück halten.

    „Was willst du jetzt schon wieder von mir?“ Er konnte den Ruf höchster Dringlichkeit nicht ignorieren, dass wusste er – würde es seine Position gegenüber Alexander Marcus noch unnötig weiter schwächen. Gerade jetzt wäre das ein größerer Fehler als der, den er bei der Waffe zugelassen hatte.

    Deshalb holte der Commander tief Luft und beschloss zum Gegenangriff überzugehen, auch wenn er dabei vermutlich erst einmal improvisieren musste. Auf der anderen Seite, hatten ihn Herausforderungen immer gereizt. „Freue dich nur nicht zu früh, Harrison, denn ich gebe mich noch lange nicht geschlagen! Du wirst schon noch sehen, was du davon hast“, zeigte er sich entschlossen und aktivierte die Verbindung.

    „Hallo Alexander!“, übernahm er gleich die Führung des Gesprächs. „Du wirst sicher wissen wollen, wie der erste Testlauf mit der neuen schweren Handfeuerwaffe für den direkten Kampfeinsatz gelaufen ist, oder? Nun, ich habe leider schlechte Nachrichten …“


    - Fortsetzung folgt -
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  24. Danke sagten:


  25. #55
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Die Beziehung zwischen Khan und Marla verspricht sehr interessant zu werden. Auf das erste "Beschnuppern" bin ich schon ziemlich gespannt.
    Khan will also Aldredge sabotieren... jedenfalls vermutet er das. Ich glaube aber nicht, daß er Marcus davon überzeugen kann. Dazu ist Marcus zu sehr von Khan angetan, obwohl er ja auch weiß, wie gefährlich er ist.
    Ich freue mich auf die Fortsetzung!

  26. #56
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    Aufgrund privater Umstände erst heute (und aufgrund technischer Fehler im dritten Ansatz) nun mein Kommentar.


    In den Jahren habe ich einiges an Bewegung im Forum mitbekommen. Auch persönliche Schicksalsschläge von Forenmitgliedern hatten mich wirklich betroffen gemacht, auch wenn ich sie nur meinerseits einseitig und nicht persönlich kenne.

    Nebenbei: Vor einigen Jahren hätte ich mich übrigens beinahe schon eimal angemeldet, unter den Benutzernamen Toth - und wenige Tage nachdem ich diesen Gedanken hatte, erschien im Forum jemand neues, der sich nach dieser Gottheit benannte und mit "Andere Perspektiven" eine mich sehr ansprechende Geschichte schrieb.

    Zum neunzehnten Kapitel:

    Alredge müsste sich wohl jemanden mit ausreichender Fachkompetenz und Glaubwürdigkeit zur Seite stellen, der Marcus gegenüber bestätigt, dass "Harrison" eine ganz gezielte Sabotage betrieb. Theoretisch käme Marcus' Tochter in Frage um die Anschuldigungen von technischer Seite bestätigen zu können. Ich gehe dennoch davon aus, daß ihre Handlung - spätestens im übernächsten Kapitel - ganz anderweitig vorangeht.
    Der werte Admiral würde wohl dennoch in Selbstüberschätzung die eigene Kontrolle über Khan als zu sicher einstufen; ich sehe/erwarte es wohl ähnlich wie Jolinar.

    Der Punkt, daß immer wieder derart detailierte Nebenschauplätze und -handlungen existieren, die dennoch die Haupthandlungen tangieren, anstelle daß die Haupt-Protagonisten in einer Art wie hermetisch abgeriegeltem Raum agieren, macht deine Geschichten so authentisch.


    Mit besten Grüßen.
    Geändert von Durnah (17.04.2016 um 17:20 Uhr) Grund: Kommentar zu Marcus ergänzt / Signatur ergänzt
    "Die Zeit macht jede Wahrheit zum Roman."
    aus dem Lied Mayerling von
    Udo Jürgens (Text v. Michael Kunze)

    "Das "Vaterland" ist der Albdruck der Heimat."
    Kurt Tucholsky

  27. #57
    Major General Avatar von Kris
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    Viele liebe Grüße an euch, Durnah und Jolinar!, ich weiß, es hat schrecklich lange gedauert, aber ich halte mein Versprechen an euch. Hier ist nun das neue Kapitel der Geschichte, in dem es endlich zu mehreren Entwicklungen kommt.

    Mir macht das Katz-und-Mais-Spiel zwischen Marcus und Harrison unheimlichen Spaß, gut Aldredge mischt auch noch mit und gießt Öl ins Feuer ... aber das ist beabsichtigt. Auf jeden Fall ist das für mich quasi ein wichtiger Hintergrundfaden, der begründen soll, warum Khan später eigentlich so wütend auf den Admiral los geht und ihn umbringt.

    Die Szene mit Marla korrespondiert übrigens leicht mit ihrer Entsprechung in "Der schlafende Tiger", auch wenn ich das ganze nur aus meiner Erinnerung heraus geschrieben habe. Aber ich denke, so wirkt es einfach besser., aber lest selbst!

    Jedenfalls wünsche ich euch sehr viel Spaß bei diesem doch recht langen Kapitel!




    Kapitel 20
    Spiel mit dem Feuer



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Geheimstützpunkt der Sektion 31, London
    Weitere 10 Stunden später
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    Khan saß vornüber gebeugt am Tisch. Die Ellenbogen auf den Tisch, das Kinn auf die Fingerspitzen gestützt und die Augen geschlossen, schien er über etwas nachzudenken. Tatsächlich aber meditierte er, versuchte seinem aufgewühlten Inneren Ruhe zu bringen, denn noch immer hatte er bezüglich einer Sache keine Entscheidung getroffen.

    ‚Marla McGivers. Historikerin. 314, Archer Street, London.’ Die Adresse einer Frau, die ihn bereits ein zweites Mal durch ihr widersprüchliches Verhalten irritiert hatte. In ihren Augen, in ihrer Körperhaltung hatte er bei ihrer Begegnung im Hyde Park mehrere Dinge gleichzeitig lesen können: Erstaunen, Neugier, Verwirrung, Sehnsucht, aber auch Angst. Zudem einen Anflug von Erkennen.

    Das war eine Ansammlung von Gefühlen, die ihm so noch nicht untergekommen war, schon gar nicht bei einer einfachen Normalsterblichen. Aus diesem Grund ging ihm die Rothaarige auch nicht aus dem Sinn. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, sie gehen zu lassen. Vielleicht aber auch nicht …

    Khan öffnete die Augen und lehnte sich wieder zurück, fügte die letzten Puzzleteile in seinem Verstand zusammen.

    Marla Mc Givers war Historikerin. Sie lebte ganz offensichtlich für und in der Geschichte, deshalb konnte er davon ausgehen, dass sie ihn nicht nur erkannt hatte, sondern inzwischen genau wusste, zu was er fähig sein konnte.
    Dass nach dem Vorfall vor der Bar nichts geschehen war, zeugte davon, dass sie ihren Mund gehalten und niemanden aufgescheucht hatte. Es würde interessant sein, herauszufinden, warum sie das getan hatte … und was sie nun von ihm wollte!

    Ein Kribbeln lief durch seinen Körper. Das Raubtier in ihm, sein Instinkt kannte die Antwort, es hatte die untrüglichen Zeichen gelesen. Doch der Krieger und Wissenschaftler hielt dieses Wissen im Hintergrund, konnte es doch mehr als störend wirken.

    Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als ihn ein Signalton darauf aufmerksam machte, dass ihn jemand sprechen wollte.

    Khan blickte auf den Bildschirm und lächelte zufrieden. Das wurde auch einmal Zeit. Endlich rührte sich die Person, auf die er schon die ganze Zeit gewartet hatte. Mit einer lässigen Handbewegung aktivierte er die Verbindung. „Admiral Marcus, wie kann ich Ihnen heute helfen?“

    „Tun sie nicht so scheinheilig, Harrison!“, knurrte sein Gegenüber grimmig. „Sie wissen genau, warum ich mich bei ihnen melde!“

    Khan genoss für einen Moment die Wut des anderen. Aber er ließ sich nichts anmerken, sondern spielte weiter mit seinem Gegenüber „Nein, diesmal nicht wirklich, Sir!“
    „Ein Mann ist gestorben, weil die Waffe, die Sie entwickelt haben, in seinen Händen implodiert ist!“, erwiderte der Admiral scharf. „Das hätte nicht passieren dürfen. Sein Blut klebt an Ihren Händen.“

    ‚Ein verschmerzbarer Kollateralschaden!’, dachte Khan bei sich, sagte dies aber natürlich nicht zu seinem Vorgesetzten. „Ich sagte Ihnen doch schon bei unserem letzten Gespräch, dass ich auch den letzten Schritt der Entwicklung überwachen muss, sobald es ein wenig komplizierter wird“, erklärte er ruhig. „Nichts gegen Commander Aldredge, allerdings sehen vier Augen mehr als zwei. Ich würde gerne ein weiteres Mal darauf hinweisen, dass ich dringend den Mitarbeiter brauche, den ich schon einmal angefordert habe.“

    Der Admiral schüttelte den Kopf. Khan hatte nichts anderes erwartet, denn aus den Augen des Mannes schimmerte die Angst. Natürlich scheute er sich davor, noch jemanden aus seiner Crew zu erwecken.

    „Meine Antwort ist und bleibt nein. Dieser Mitarbeiter ist leider weiterhin unabkömmlich. Aber ich könnte es mir überlegen, wenn Sie endlich brauchbare Ergebnisse vorlegen. Wie sieht es mit der Entwicklung der neuen Photonentorpedos aus?“

    Mit anderen Worten – in dem Pokerspiel, dass sie seit Wochen miteinander führten, behielt der Admiral immer noch die Oberhand. Mehrfach hatte Khan ihm klar gemacht, dass er mit treuen alten Gefährten an seiner Seite besser arbeiten konnte, aber das ließ der Admiral nicht zu. Und er wusste auch sehr gut warum …

    Khan krampfte die Hand um den Sensorstift in seiner Rechten und spürte wie der Kunststoff splitterte und brach.

    „Wir sind in der Endphase der Simulationen. Ich denke, in ein, zwei Wochen kann ich die Entwicklung und den Prototyp frei geben. Aber ich bestehe darauf, dass ich diesmal bis zum Ende mit dabei bin, Sir. Sonst kann ich für nichts garantieren, so wie im letzten Fall“, biss Khan in den sauren Apfel und blieb gleichzeitig hart.

    Der Admiral zog die Augenbrauen zusammen. „Ich auch nicht Commander Harrison“, sagte er leise und fügte dann deutlicher hinzu. „Aber vielleicht haben Sie recht. Ich werde mir das durch den Kopf gehen lassen. Ich melde mich wieder bei ihnen.“

    Er deaktivierte die Verbindung, Während des Abmeldeprozesses wurde noch ein Bild eingespielt, das Khan nur all zu gut kannte: Eine abgedunkelte Halle, zweiundsiebzig kryogene Röhren.

    Unwillkürlich streckte er die linke Hand aus, ließ sie dann aber wieder sinken. Müde betrachtete er das Schlamassel in der Rechten.

    ‚Ich muss mir wohl einen neuen Sensorstift bei der Materialausgabe anfordern.'

    Er ließ, die Kunststoffsplitter aus seiner Hand direkt in den Müllschlucker neben dem Tisch rieseln und schüttelte die Reste lässig ab.



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Hauptquartier der Sternenflotte, San Francisco
    Etwa zur gleichen Zeit
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    „Dieser verdammte Mistkerl wird mir langsam zu frech!“, zischte Admiral Alexander Marcus zwischen den Zähnen hervor und schlug mit der Faust auf den Tisch. Dann stand er abrupt auf und trat an das Fenster seines Büros, um auf den Park und die Gebäude der Sternenflottenakademie zu blicken.

    In ihm brodelte die kalte Wut, gleichzeitig aber auch noch Ohnmacht. Dieser Bastard wollte ihn herausfordern. Nichts, was der Mann jemals getan hatte, was er heute tat, war dem Zufall überlassen, dessen war er sich sicher.

    Die Fehlfunktion der Waffe? - Khans Werk.
    Der einkalkulierte Verlust eines Mannes..- Das Denken eines größenwahnsinnigen Augments, für den ein normales Leben nichts zählte.
    Die Forderung, endlich wenigstens einen oder zwei seiner Gefährten aufzuwecken? - Das Verlangen mit ihnen zusammen, den Rest zu befreien und dann das zu tun, für das sie geschaffen worden waren.

    War es nicht besser, sich dann seiner und der anderen zu entledigen. Schluss mit den Bastarden zu machen?

    Wenn er sich an die alten Aufzeichnungen hielt, dann hatten sie ohnehin ihr Leben verwirkt. Führer gleich mehrere Nationen hatten die Todesurteile über Khan Noonien Singh und seine Gefährten unterzeichnet. Sie waren – legte man das Förderationsrecht ein wenig freier aus – immer noch rechtskräftig.

    Und doch ... er konnte nicht leugnen, dass Khan in den wenigen Monaten, in denen er für ihn arbeitete, bereits gute Arbeit geleistet hatte. Die Verbesserungen an der Sensorenphalanx der Waffensysteme hatte er bereits an die Führung der Sternenflotte weitergeben können und damit die Unterstützung für die Sektion 31 aufrecht erhalten können.

    Immerhin war es im Sinn der friedliebenden Männer und Frauen, wenn die Zielvorrichtungen so genauer. Unschuldige Leben konnten damit bewahrt werden.

    Marcus schnaubte. Als ob das die Klingonen interessieren würde!

    Die Schiffe, die entlang der neutralen Zone zu dem Reich dieser aggressiven Spezies Patroulle flogen, berichteten von Flottenbewegungen rund um die klingonische Hauptwelt und verstärkter Aktivität in deren Waffenschmieden.

    Erst vor wenigen Tagen war die „Enterprise“ Teil eines Komplotts geworden, dass der vor vielen Jahren verschollene Captain April auf einem Planeten angezettelt hatte, um zu verhindern, dass die Klingonen dort Fuß fassten.

    Dabei war die Erste Direktive mehr als einmal verletzt worden... aber das zeigte Marcus nur einmal mehr, dass die Zeit für Forscher und Diplomaten erst einmal vorbei war. Die dunklen Wolken eines Krieges zogen am Horizont heran, und es würde für die Förderation besser sein, die Fäden in der Hand zu halten.

    Genau dazu brauchte er Khan immer noch. Sein Kampfgeist würde ihm die Waffen liefern, die das Schiff der Dreadnought-Klasse in seiner Werft über dem Jupiter brauchte, um allen anderen Schiffen der Galaxis überlegen zu sein. Zusätzlich zu den anderen Entwicklungen der Sektion 31, die in die Konstruktion eingeflossen waren.

    Es barg ein Risiko in sich, den Mann aus der Vergangenheit einzuweihen, aber unter Umständen auch Vorteile. Denn wenn Khan sah, für was er die Waffen baute, verstand er vielleicht besser, was ihn, Admiral Marcus, antrieb.

    Er holte tief Luft und nickte dann. „Also gut, sehen wir was daraus wird“, murmelte er. „Aber zuvor muss ich noch etwas anderes erledigen.“ Er dachte an die zweiundsiebzig Männer und Frauen in Kryostase, die die Rückversicherung für Khans Wohlverhalten waren. Die Kapseln mussten aus der Werft entfernt werden, ehe er Commander John Harrison dorthin mitnahm.



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    314, Archer Street, Appartement 4694, London
    Am selben Abend
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    Marla ließ die Kreide über das Papier gleiten, um ihrer Nervosität ein Ventil zu bieten. Sie hatte sich, nachdem sie nach Hause gekommen war, mit Fieber krank gemeldet und bisher noch nicht wieder bei ihrem Arbeitgeber zurückgemeldet, ignorierte jeden Anruf.

    Sicher, sie hätte zum Arzt gehen können, denn Erkältungen waren für die heutige Medizin kein Problem mehr, aber ihr war nicht danach. Genau so wenig, wie noch einmal aus der Wohnung zu gehen. War es wirklich die Angst, dass ihr bei der Rückkehr jemand auflauerte? Oder eher die Furcht, ihn zu verpassen?

    Mit einem Stift arbeitete sie die rechte Gesichtshälfte des Portraits nach und schlang schaudernd die Arme um sich. Würde er überhaupt kommen? Und wenn ja, aus welchem Grund?

    Sie schüttelte den Kopf. „Da habe ich mich ja jetzt in was schönes verrannt.“

    Ihr Blick schweifte über die Bilder, die die Wände ihres Appartements bedeckten – Repliken alter Kunstwerke.
    Caesar, Hannibal, Alexander der Große, Dschingis Khan, Napoleon... Krieger und Politiker zugleich. Männer die mit eiserner Hand Armeen geführt hatten und manchmal auch Nationen. Sie alle waren längst zu Staub zerfallen, ihr Ruhm hallte nur noch leise in den Hallen der Museen nach.

    Die heutigen Menschen richteten ihren Blick lieber in die Zukunft und zu den Sternen.

    Ihr Blick fiel auf das halbfertige Portrait. Aber sie war nicht wie die anderen, sie hing stattdessen nur dummen, einfältigen Träumen nach, klammerte sich an den Glanz vergangener irdischer Epochen, verdrängte die dunklen Seiten, die mit dem Ruhm einhergingen und genoss die Sicherheit, sich diesen fragen nicht stellen zu müssen. Doch nun...

    Ein Klangspiel holte sie in die Wirklichkeit zurück.

    Jemand warte vor ihrer Tür und begehrte Einlass. Marla schluckte und blickte an sich herunter. Na, sie machte ja einen schönen Eindruck mit ihrem mit Kreide bestäubten Pullover und der zwar sehr bequemen, aber auch ausgeleierten Hose.

    Hastig wischte sie sich die Hände an einem Tuch ab und dieses dann über die Zeichnung auf der Staffelei. Auf dem Weg zur Tür streifte sie den Pullover ab und tauschte ihn gegen eine Jacke aus, schlüpfte in weiche Hausschuhe.

    Mit einem Wink aktivierte sie die Kamera an der Tür. Der Mann davor hob unwillkürlich das Gesicht. Vermutlich hatte er das Aufblitzen der Linse bemerkt. Marla wich einen Schritt zurück. Ihr war heiß und kalt zugleich. „Miss McGivers, guten Tag. Ich hoffe, ich störe sie nicht“, sagte der Mann, den sie als Commander Harrison kennen gelernt hatte. Wieder trug er die schlichte dunkle Kombination und seine graue Jacke.

    „Nein, keineswegs!“ Ohne darüber nachzudenken, was sie da tat, öffnete Marla die Tür und bereute es im nächsten Moment. In einer fließenden Bewegung trat John Harrison ein und drängte sie damit von dem Eingang fort. Die Tür schloss sich hinter ihm.

    „Ich dachte, ich nehme ihre freundliche Einladung an. Aller guten Dinge sind drei, nicht wahr!“ Seine Stimme klang nicht einmal unfreundlich. Er schien selbst neugierig zu sein, zumindest konnte und wollte sie das in dem amüsierten Blitzen in seinen Augen lesen. In diesem Moment war das Blaugrau nicht so kalt und stechend wie sonst.

    „Ja, ja natürlich. Kommen Sie doch durch in meinem Wohnraum, Commander. Möchten Sie etwas zu trinken? Tee, Kaffee...“

    „Nur ein Glas Wasser“, entgegnete Harrison und folgte ihr. Marla tänzelte vor ihm in ihren Wohnraum, schämte sich kurz wegen der Unordnung in ihm und huschte dann in die Wohnküche. Vom Tresen, der die Kochzelle vom Rest des Raumes trennte, aus, beobachtete sie den Mann, während sie ein Glas mit Wasser füllte.

    Harrison blieb ruhig stehen und sah sich um. Seine Miene war ausdruckslos, als er die Bilder und Repliken der Statuen inspizierte, die die Borde über ihrem Bett zierten.

    Um sich selber einen Tee zuzubereiten, musste sich Marla allerdings kurz abwenden. Als sie sich wieder umdrehte, stand John Harrison vor der Staffelei. Das Tuch lag am Boden. Er musterte die halbfertige Kreidezeichnung sehr intensiv. Sein Mund war nur noch eine schmale Linie.

    Marla schluckte. Tee und Wasser waren vergessen, als sie mit langsamen Schritten auf ihn zuging und sich neben ihn stellte. „I-I-Ich... ich kann ihnen das erklären.“

    Harrison drehte seinen Kopf zu ihr hin. „Ich habe das Gefühl, sie bewundern die großen Krieger und Herrscher der Weltgeschichte. Alexander der Große, Dschingis Khan ... Napoleon. Sie alle begründeten Reiche, die ihre Epoche maßgeblich geprägt haben“, sagte er ruhig. Seine Augen blitzten auf „Nur eines verstehe ich nicht: Was fesselt eine einfache Frau wie sie an diese großen Männer. Ist es ihr Glanz, der sie anzieht? Oder wollen sie Anteil an ihrer Macht haben?“

    Marlas Lippen zitterten. „Ich... ich weiß es nicht“, gestand sie, und spürte, dass dies die Wahrheit war. Bisher hatte sie diese Leidenschaft nicht in Frage gestellt, jetzt genügte eine Frage, um nach einer neuen Antwort zu suchen. „Vielleicht ist es ihre Einsamkeit. Denn wem konnten sie noch trauen, als sie den Gipfel ihres Ruhms und ihrer Macht erreicht haben.“

    Harrisons Blick fiel wieder auf das Portrait. Er streckte eine Hand aus, um das Bild zu berühren, hielt jedoch weniger als einen Zentimeter davor inne und schloss die Finger zur Faust, ehe er den Arm wieder sinken ließ.

    Jetzt war es Zeit für eine andere Wahrheit. „Ich weiß, wer sie sind und habe keinen Zweifel mehr: Sie sind Khan Noonien Singh!“

    Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so still wurde es in dem Raum. Marla nahm nur noch das Rauschen ihres Blutes und das schnelle Pochen ihres Herzens wahr. Sie blieb stocksteif stehen, als er sich ihr zuwandte und erst eine, dann die andere Hand flach auf die Seiten ihres Kopfes legte, erwartete still das Kommende.

    „Das ist eine gefährliche Behauptung, die sie da aufstellen“, sagte er und hielt ihren Blick genau so fest wie ihren Kopf. „Sie könnte ihnen den Tod bringen.“

    „Sie meinen damit, dass sie mir die Schläfen eindrücken oder das Genick brechen werden, so wie ihren zahlreichen anderen Opfern?“ Marla hielt seinem Blick stand. Sie wusste nicht, woher sie auf einmal die Kraft nahm, aber sie hatte plötzlich keine Angst mehr.

    John Harrison – Khan – zog sie an sich, so dass sich ihre Gesichter plötzlich sehr nahe waren. „Nein!“, sagte er sanft und zog sie plötzlich noch enger an sich, um ihre Lippen mit den seinen zu einem elektrisierenden Kuss zu berühren.

    - Fortsetzung folgt -
    Kolya, der Trust und ein irrer Serienkiller in:Im Grau der Schatten, Double Trouble & In den Händen des Schicksals. Ungekannte Abenteuerer von John Sheppard & Co in "Stargate Atlantis - Die verborgenen Szenen": Aufbruch in eine neue Welt und Das erste Jahr und Die Specials.

    John Sheppards Schicksal im Vegasverse :"Solitary Man" no more

    *Neu:* Kapitel 22 seit Okt 2016: Wenn der schlafende Tiger erwacht (Star Trek Into Darkness Prequel)
    * NEU* Doktor Who: Die Saat des Zorns * Der Schatten des Doktors * Drabbles

  28. Danke sagten:


  29. #58
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Schön, dass du noch immer an uns Leser denkst und diese Geschichte (spannend) fortführst. Dafür warte ich auch gerne etwas länger.

    Obwohl Admiral Marcus um die Gefährlichkeit von Khan weiß, will er ihn weiter benutzen und kontrollieren. Nun ja... irgendwann wird er die Realität schon erkennen

    Marla dagegen weiß nicht, ob sie von Khan fasziniert oder ängstlich sein soll - wohl eine Mischung aus beidem. Doch der Kuß wird die Waagschale bestimmt in Richtung Khan schwenken.

    Freue mich auf die Fortsetzung.

  30. #59
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    Hallo Kris,

    schön, dass es mit dieser Geschichte weitergeht und du selber den Spaß an ihr nicht verloren hast.

    So etwas wie diese kalte Konfrontation von Marcus und Khan fehlte im Film.

    "Mit einem Wink aktivierte sie die Kamera an der Tür. Der Mann davor hob unwillkürlich das Gesicht. Vermutlich hatte er das Aufblitzen der Linse bemerkt. "
    Nett wie Khans außergewöhnlich Aufmerksamkeit anhand solcher Details gezeigt wird.

    „Sie meinen damit, ... , so wie ihren zahlreichen anderen Opfern?“
    Nun stellt Marla jedoch, allen Anschein nach, momentan keine Gefahr für Khan dar.
    Und würde Khan, was er so nicht weiss, Marla auf diese Art ermorden (man bedenke auch das Portrait und die Tatsache, dass Carol sich sein Gesicht eingeprägt hat) gäbe es u.U. durchaus so einige Indizien, die zu Harrison/Khan führen.
    Mir kam auch der Gedanke, dass ev. Khan später noch der falschen Annahme erliegt, Marla solle ihn im Auftrag des Admirals manipulieren. Mit entsprechenden Folgen ...

    Nebenbei: Ich werde versuchen mir die Zeit zu nehmen "Der schlafende Tiger", zufällig diese Woche ausgestrahlt, erstmals anzusehen. Dann kann ich die Begegnungszenen vergleichen.

    Liebe Grüße,
    Durnah
    Geändert von Durnah (08.09.2016 um 06:47 Uhr)
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  31. #60
    Major General Avatar von Kris
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    Hallo ihr beiden! Heute gibt es wieder ein neues Kapitel von mr, deshalb komme ich auch dazu eure lieben Kommentare zu beantworten.

    @ Jolinar:
    Ich glaube ich hänge wie bei "Solitary Man" noch zu sehr an der Geschichte, um sie einfach aufzugeben, deshalb schreibe ich auch immer noch an ihr weiter.

    Ich denke, Marla hat Khan zu gut studiert, um nicht zu wissen, dass er unberechenbar ist. Nun, wie das ganze ausgehen wird, das dürfte sich zeigen.

    Und was Marcus angeht, ich denke er hat bis zu dem Moment gelaubt, Khan bändigen zu können, bis dieser den Verrat begangen hat. Und das war ein sehr schwerer Fehler. Und er hat etwas ebenso wichtigesn verspielt, wie du dir denken kannst. ich bin mal gespannt, was du zu diesem neuen Kapitel meinen wirst.


    @ Durnah: Ja, es macht immer unheimlichen Spaß, die beiden miteinander sprechen zu lassen, denn irgendwie muss sich der Groll ja auch immer mehr aufgebaut haben. Und gerade weil Khan jetzt gezeigt hat, dass er ihn auch unterlaufen kann ... wird der Admiral ahnen, dass er einen Fehler gemacht hat.

    Gut, so weit habe ich jetzt auch nicht bei Marla gedacht, das wirst du ja gleich lesen können. Er vermutet es ... aber auf der anderen Seite zeigt sie ihm auch, dass sie offen und ehrlich zu ihm ist. Und zudem sehe ich ihn wirklich in diesem Moment auch als Mann wie jeden anderen, der dem Ruf einer Sirene nicht ganz wiederstehen kann. Immerhin ist er trotz aller genetischer Aufwertung immer noch ein Mensch mit Gefühlen ... sehr intensiven Gefühlen.

    Und, hast du dir die Folge "Der Schlafende Tiger" angeschaut?


    So weit so gut. Dann werde ich keine weiteren Worte machen und das Kapitel nun folgen lassen:



    Kapitel 21:
    Einer Sirene verfallen


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    314, Archer Street, Appartement 4694, London
    Nach dem Kuss
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    Seine Hände wanderte von den Schläfen und Wangen hinunter zu den Schultern der rothaarigen Frau, die er noch immer küsste. Begierig presste Khan seine Lippen auf die ihren, seine Zunge verlangte Einlass in ihren Mund, etwas, was sie ihm bereitwillig gewährte. Ein leises Seufzen entrang sich ihrer Kehle.

    Sie legte ihre Arme um ihn und krallte ihre Finger in seine Jacke, während er das heftige Pochen ihrer Halsschlagader und der Linie ihres Halses nachspürten. Das Zittern ihres Körpers übertrug sich auch auf den seinen, obwohl er diese Regungen nicht an sich heran lassen wollte.

    Denn der Geruch von Furcht und Anspannung, Leidenschaft und kreatürlicher Lust, der Duft einer süßen, betörenden Mischung, derer er sich nicht verschließen konnte, stieg nun in seine Nase

    'Sei vorsichtig!', ermahnte ihn sein Verstand und erinnerte ihn an einen ähnlichen Vorfall dieser Art – vor langer Zeit. Damals in einer kleinen Grenzstadt zur Russischen Förderation, als sich eine Frau auf ähnliche Weise an ihn heran gemacht hatte, die sich recht schnell als erfahrene Spezialagentin herausgestellt hatte.
    'Das könnte eine Falle sein. Sie ist nicht die erste Venusfalle, die sie auf dich angesetzt haben. Denk an die schwarzhaarige Sirene, die dich einlullen sollte, während das Sondereinsatzkommando schon anrückte.'

    Er legte seine Hand auf ihre Schultern und löste dann seine von ihren Lippen, hob den Kopf, um sie genauer anzusehen. Marla McGivers ließ sich ohne Gegenwehr von ihm festhalten. Sie hatte halb die Augen geschlossen und atmete schnell, aber das war nicht das hyperventilierende Geräusch einer in Panik erstarrten Person.

    Dafür war sie viel zu aktiv. Ihre Hände gingen mutig auf Wanderschaft und schoben sich unter seine Jacke, schienen begierig darauf zu sein, ihn ganz genau zu erkunden, nun da sie sich sicher zu sein schien, dass sie noch eine Weile weiterleben würde.

    War das Berechnung?

    Auf eine gewisse Weise schon … das konnte sie nicht leugnen.Versuchte sie ihn nun verzweifelt, ihn davon abzubringen, sie am Leben zu lassen. Auch das kannte er nur all zu gut: Wie oft hatten sich seinem Kameraden und ihm nach der Eroberung einer Stadt, die Frauen der Besiegten dargeboten, nur um damit ihr Leben zu retten oder Vorteile für sich und ihre Familien heraus zu schinden.

    „Was tust du mit mir?“, fragte er leise. „Glaubst du, das könnte dich retten? Du weißt doch, ich kann dich nicht leben lassen, denn du kennst mein Geheimnis.“

    Marla richtete ihre Augen auf ihn. Sie waren von Lust verschleiert, aber dennoch klar genug um ihn zu sehen. „Nein ich weiß sehr wohl, dass mich das nicht retten kann … aber bevor ich sterbe, möchte ich dich mit all meinen Sinnen erfassen, dich spüren und schmecken, dich …“ Sie kicherte verlegen. „Vielleicht bin ich dämlich, das dir jetzt zu sagen, Noon, … vielleicht auch nur ein albernes Mädchen, aber ich habe eben auch meine feuchten Träume … und in denen bist du – der große Khan - mehr als einmal vorgekommen. Und ich will einfach wissen, ob ich recht habe.“

    Er sog scharf die Luft ein, als sich eine ihrer Hände in seinen Schritt schob und dort etwas ertastete, was sie herausfordernd grinsen ließ.

    „Wie es wohl ist, von einem Augment geliebt zu werden?“, fragte sie dann und presste ihren Körper enger an den Seinen. „Jeder Todgeweihte darf doch um die Erfüllung eines Wunsches bitten, oder? Du kennst jetzt meinen.“

    Khan spannte sich an.

    DAS war in der Tat noch nie so vorgekommen und weckte ein Feuer in ihm, dass er schon lange nicht mehr verspürt hatte. Obwohl nur ein einfacher Mensch, ein schwaches Mädchen, war sie so mutig und stolz wie eine Augment … und das imponierte ihm. Warum also sollte er nicht gnädig sein, und ihr diesen letzten Wunsch erfüllen? Vielleicht erfuhr er so auch mehr über sie …

    Er zog sie an sich und ließ seine Lippen über ihre Wangen und den Hals gleiten. „Wo willst du es? Gleich hier auf dem Boden?“

    „Nein“, Marla legte ihre Hände auf seine Schultern und schob ihn ein Stück von sich, als er sie leicht nach unten drückte. Sie wirkte amüsiert, hauchte aber trotzdem ziemlich erregt: „Ich habe ein großes und bequemes Bett nebenan!“



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    In der geheimen Raumstation von Sektion 31 am Jupiter
    etwa zur gleichen Zeit.
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    Commander Aldredge verließ den Aufzug und folgte einem verlassen wirkenden Gang. Nur kurz warf er einen Blick auf das Datenpad in seiner Hand, bog dann in einen Seitengang ab und überquerte eine Brücke. Sein Ziel war eine Aussichtsplattform, die sich am Ende des Auslegers befand.

    Für einen Moment horchte er auf.

    Interessant, dass man von hier aus das Stampfen der Maschinen hörte, die die Lebenserhaltungssysteme in Gang hielten. Andererseits aber auch ziemlich dumm, denn das deutete an, dass es Verbindungsröhren zum Kern der Werft gab, die leicht dazu genutzt werden konnten, den Maschinenraum zu infiltrieren oder zerstören.

    Das bewies wieder einmal, dass diese geheime Raumstation hier einfach nur hastig und wild zusammengeschustert worden war und einem gezielten Angriff nicht stand halten würde. Aber das war jetzt nicht sein Problem.

    Denn er wollte die Gelegenheit nutzen, um sich etwas anderes anzusehen. Die Raumarche, die Admiral Marcus so gezielt vor ihm versteckt hielt, die er bisher noch nicht in Augenschein genommen hatte. Ihm war nur heute Abend aufgefallen, dass sie überraschend ein Stück weiter nach innen verlegt worden war.

    Direkt in die Nähe der Kuppel, von der aus er einen genaueren Blick auf sie werfen konnte – und vielleicht auch, herausfinden, was man mit dem alten Schiff trieb.

    Zügig ging er weiter und holte tief Luft, als er auch das letzte Schott vor sich aufschwingen sah. Dunkler Stahl, rötlich eingefärbt durch das Licht des Jupiter, ein Teil des Gasriesen selbst, die Sterne und nicht zuletzt, das war er suchte, waren zu sehen.

    Fast greifbar, nur zwanzig Meter von ihm entfernt war die uralte Raumarche angedockt worden. Die Techniker hatten ganze Arbeit geleistet, um die beiden Schleusensysteme kompatibel zu machen. Er fragte sich nur, was das ganze sollte … aber das würde er sicherlich nicht von hieraus heraus finden können.

    Der Commander hielt die Luft an und studierte jedes Detail des Schiffes, das er von hier aus sehen konnte. Eine tiefe Ehrfurcht erfüllte ihn, denn der Typus war ihm – als jemanden, der mit der Technik der Raumfahrt aufgewachsen war und sie zu seinem Beruf gemacht hatte – nur all zu gut bekannt.

    Das hier war tatsächlich eines der Schiffe mit denen die Menschheit lange vor den Ankunft der Vulkanier versucht hatten, das Weltall zu erobern. Und es hatte wahrlich eine lange Reise hinter sich – war der Stahlkörper mit den außen angekoppelten Trägerraketen doch zerfurcht und vernarbt von zahlreichen Einschlägen anderer im All treibender Materie.

    Und dann … stieß er die Luft wieder zischend aus, als er ein paar Buchstaben an der Außenhülle der Arche entdeckte. Es dauerte, den Schriftzug zu entziffern. Die Farbe war längst durch Staub und andere Partikel abgerieben worden und nur noch an wenigen Stellen wirklich zu deuten.

    … O-T … N-Y … A-Y

    Ein Ruck ging durch seinen Körper, während es in seinem Kopf arbeitete, als er versuchte, seine Gedanken zusammen zu fügen und sich das Unglaubliche zusammen zu reimen. 'Das ist doch nicht etwa die „Botany Bay“? Der Prototyp aller Raumarchen, die zu Anfang des 21. Jahrhunderts ins All geschickt wurden?'

    Er hob das Padd und rief ein paar Daten ab. Doch, darin bestand kein Zweifel. Es gab nur ein Schiff, das so aussah, alle anderen waren etwas verändert, verbessert worden, um die G-Kräfte die beim Start auf den Körper der Insassen wirkten abzumildern.
    Bei diesem Modell war es noch lebensgefährlich gewesen, zu starten – zumindest für normale Menschen. Doch die waren auch nicht an Bord gewesen, als die „Botany Bay“ im Jahr 1996 zu einem unbekannten Ziel startete, sondern …

    „Verfluchte Scheiße“, stieß er fassungslos aus. „Bist du des Wahnsinns Alexander?“

    Ihn überlief es heiß und kalt.

    Nun fügte sich zusammen, was er schon die ganze Zeit geargwöhnt hatte. Der brillante Commander Harrison, der geheimnisvolle Mann aus der Vergangenheit war kein normaler Mensch … er war ein Monster!

    Und zwar einer der genetisch aufgewerteten Menschen, die die Erde Ende des 20 Jh. in die Eugenischen Kriege getrieben hatten. Einer der Dreckskerle, die mehr als die Hälfte der Welt unterjocht hatten. Dem verzweifelten Befreiungsschlag. der Rache der Menschen damals war nur eine einzige Gruppe entkommen, wie eine Fußnote in dem technischen Bericht über die „Botany Bay“ verraten hatte.

    „Weißt du eigentlich auf wen du dich da eingelassen hast?“

    Wilbur Andredge presste die Lippen aufeinander. Natürlich wusste sein alter Freund das, sonst hätte er nicht so viele Mühe hinein gesteckt, dem Mann eine tadellose Vergangenheit aufzubauen und seine Herkunft sogar vor ihm, seinem besten Freund und engsten Vertrauten zu verschleiern.

    Für einen Moment brodelte unbändige Wut in ihm hoch und er ballte die Faust, dann aber gewann wieder nüchterne Kälte die Gewalt über seinen Verstand. „Nun gut, aber nicht mit mir“, sagte er zu sich, wohl wissend, dass er dieses Geheimnis gut hüten musste, um es erst im entscheidenden Moment und bei den richtigen Leuten auszuspielen.

    Das bedeutete aber auch, dass er jetzt sehr vorsichtig sein musste … und das hieß, es war besser, hier zu verschwinden, ehe ihn noch jemand sah und meldete. Denn er zweifelte nicht daran, dass Admiral Marcus entsprechende Befehle gegeben hatte. Sonst hätte er ihn nicht schon vorher so massiv von dem Schiff fernzuhalten versucht.

    Noch einmal warf er einen Blick auf das Schiff, dass ihm so viele Antworten gegeben hatte und wich dann langsam zum Schott zurück. Nun wählte er seinen Weg aus diesem Bereich umsichtiger, wohl wissend, dass er besser keinem von den bulligen Sicherheitskräften in die Arme rennen sollte. Er musste dieses Wissen und den Vorteil, den er dadurch errungen hatte, möglichst lange bewahren.

    Aber die Entdeckung war dennoch schwer zu verdauen, selbst für ihn. Harrison war also ein Augment, genetisch aufgewertet, körperlich und geistig jedem Menschen überlegen. Einer der Gefolgsleute des legendären Khan Noonien Singh, wenn nicht sogar dieser selbst.

    Er schnaubte angewidert. Was das für Konsequenzen für seine Freundschaft mit dem alten Weggefährten haben würde, wusste er noch nicht genau, aber die Enttäuschung in ihm zementierte sich endgültig. Er seufzte dann leise. „Alexander … Alexander, wie konntest nur … wie konntest du das nur tun! Haben wir dir nicht ausgereicht?“



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    314, Archer Street, Appartement 4694, London
    Einige Stunden später
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    Khan beobachtete die Lichterspiele, die Leuchtanzeigen und Fluggeräte durch die halb geschlossenen Vorhänge des großen Fensters auf Wand und Decke warfen. Er bewegte sich nicht, um die Frau nicht zu wecken, die an seine Brust geschmiegt halb auf ihm lag und ruhig ein und aus atmete.

    Die Situation, in die er sich gerade manövriert hatte, war nicht leicht zu verdauen. Marla McGivers Vertrauen irritierte und rührte ihn zugleich, war es doch etwas, was er so noch nicht erlebt hatte.

    Oh ja, zu seiner Zeit hatte er sich viele Frauen einfach nur genommen, ohne auf ihre Gefühle Rücksicht zu nehmen. Je nach Stimmung hatte er die Angst und den Schmerz in ihren Augen sogar genossen. Natürlich hatte es auch solche gegeben die hofften von ihm beschützt zu werden und nicht zuletzt die weiblichen Augments, mit denen er sich leidenschaftlich und hart geliebt hatte, weil sie wie er nach der Schlacht das überschüssige Adrenalin hatten abbauen wollen.

    Marla jedoch war mit keiner von ihnen vergleichbar. Das mochte an ihrer mädchenhaften Schwärmerei für die großen Männer der Vergangenheit liegen, in ihrer fast schon naiven Betrachtung der Leistungen, die sie vollbracht hatten. Oder an ihrem Glauben, dass sie auch gutes bewirkt hatten, obwohl die Geschichtsschreibung anderes sagte? Doch war ihr überhaupt klar, wie schmutzig das Handwerk des Krieges war? Warum ethische und moralische Grenzen nicht zählen durften?

    Er spielte mit einer Locke ihres Haares. Noch bis eben hatte er tatsächlich erwogen, sie zu töten, und dann zu beseitigen, aber sie hatte ihm mit ihren letzten Äußerungen und ihrem Mut, das zu verraten, was in ihr vorging, den Wind aus den Segeln genommen. Sie liebte nicht seine Macht, seine Stärke, sie verehrte ihn um seiner selbst willen. Warum?

    „Vielleicht ist es ihre Einsamkeit … “ Nur der kleine Teil eines Satzes, aber eine Aussage mit großer Wirkung. Oh ja, ein Mann in seiner Position und Lage war einsam. Auch jetzt und hier, gefangen in einer Welt, die nicht mehr die seine war, als Sklave eines Mannes, der ihn mit dem einzigen in Schach hielt, was ihm bisher etwas bedeutet hatte und bedeuten würde.

    Dabei war sie doch nur eine Normalsterbliche. Ohne besondere Kräfte oder Fähigkeiten, fern von dem Einfluss und mit der Macht einer hohen Stellung. Aber vielleicht machte es genau das aus, was ihn so sehr an ihr faszinierte.

    Woher auch immer – Marla McGivers hatte ihn schon bei ihrer ersten Begegnung erkannt, bei der zweiten den Weg geebnet und bei der dritten bewiesen, dass sie ihn ohne weiteres Wenn und Aber annahm. Das allein hatte ihn schon erstaunt.

    Und nun? Keine noch so tiefe Meditation hatte ihm die Entspannung und Gelassenheit geschenkt wie die letzten leidenschaftlichen Stunden mit der jungen rothaarigen Frau. Zum ersten Mal seit seinem Erwachen in dieser Zeit waren Groll und Wut in seinem Inneren verschwunden, sein brennender Hass auf Admiral Marcus nur noch eine leise Stimme in seinem Geist.

    „Mmmmmmhhhh!“ Marla räkelte sich wohlig, strich genussvoll über seine Brust und schien dann mit einem Mal zu begreifen, was sie da eigentlich berührte.

    Im nächsten Moment schreckte sie hoch und schlug die Hände vors Gesicht. „Mein Gott, ich habe mit Khan Noonien Singh geschlafen!“ stieß sie fast schon hysterisch hervor und lugte dann verlegen zwischen ihren Fingern hervor. „E-entschuldige... i-ich … “

    Khan sah sie einen Augenblick mehr als irritiert an. Er hatte sich wie immer in einer solchen Situation kampfbereit angespannt und war schon halb aufgesprungen, dann aber ließ er sich zurück in die Kissen fallen um aus vollem Hals loszulachen.

    Die junge Frau war nach der ersten Überraschung nicht mehr erschrocken und schon gar nicht beleidigt, sondern stimmte in sein Lachen mit ein. Dann schlang sie ihre Arme um ihn, als sei er ein ganz normaler Bettgefährte und schien das Vibrieren in ihrer beiden Körper zu genießen.

    Khan beruhigte sich als erster. „Ich werde niemanden töten, der es schafft mich so zum Lachen zu bringen“, sagte er mit einem Schmunzeln und aus einer Regung heraus, die ihm selbst neu war, und legte plötzlich die Arme in einer beschützenden Geste um sie.

    Dann jedoch wurde er wieder ernst.

    „Aber eines muss dir klar sein. ich muss für dich und alle anderen in dieser Zeit John Harrison bleiben und wir müssen das hier geheim halten“, sagte er leise. „Alles andere würde dich in Gefahr bringen, Marla.“

    Sie stutzte kurz. „Gibt es noch jemanden, der weiß, wer du bist?“ Dann legte sie den Kopf schief, weil es ihr wieder einfiel. „Aber natürlich ... Admiral Marcus!“

    Kahn spannte sich unwillkürlich an. Wieder warnte ihn seine innere Stimme. Aber er sah nicht ein, jetzt auf sie zu hören. Er wollte erst wissen, was Marla zu sagen hatte. „Gut, wenn du von ihm weißt, dann kannst du mir jetzt auch deine Verbindung zu ihm verraten.“

    „Das ist wohl nur fair. Also, ich hatte ihn mit meiner Arbeit über die eugenischen Kriege und dich beeindrucken wollen, um eine Empfehlung für die Sternenflotten-Akademie zu erhalten. Für uns Historiker ist das nämlich nicht so einfach an Bord eines Raumschiffes zu kommen, weil wir da ja angeblich nichts zu tun haben“, meinte sie.
    „Und meine Freundin Carol hat mir ein bisschen dabei geholfen, einen Termin bei ihm zu bekommen. Na, ja zuerst wirkte er eher genervt und hat mich aus seinem Büro gewesen, aber schon ein paar Stunden später wurde ich gebeten, meine Studien fortzusetzen und regelmäßig Berichte abzuliefern. Hast du eine Ahnung, was das mit dir zu tun hat?“

    „Wann war das genau?“ Khan strich über Marlas Wange.

    „Erst vor ein paar Monaten...“ Sie nannte das genaue Datum. „Seitdem hänge ich hier in London und der British Library fest. Aber die Commonwealth-Archive geben eben am meisten über dich her.“

    Khans Augen wurden schmal. So fügte sich also alles endlich zusammen. Durch einen dummen kleinen Zufall hatte das Schicksal Marcus die „Botany Bay“ in die Hände gespielt und ihn in diese Lage gebracht.
    Aber natürlich hatte er sich auch Informationen einholen müssen, um seinen Fund besser einschätzen zu können, und da war ihm die junge Frau natürlich gerade recht gekommen, weil sie sich gerade in dieser Zeit bestens auskannte.

    Doch er wollte Marla jetzt nicht für die weiteren Entwicklungen verantwortlich machen. Die hatte ganz allein eine der Admiral zu verantworten.

    Er schob eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. „Was ist dort eigentlich über mich zu finden?“

    „Einiges und nicht viel davon ist positiv. In einem sind die Presse- und Geheimberichte sich aber einig. Du wirst als der gefährlichste der Augments bezeichnet, als grausamer Despot und skrupelloser Killer deiner Feinde, als ruchlose Bestie, die besonders gefährlich ist, weil sie so jeden Zug ihrer Gegner voraussehen konnte.“

    „Nun nicht jeden, wie die Geschichte gezeigt hat.“

    „Das stimmt nicht ganz, denn auch dass musst du zumindest geahnt haben, sonst hättest du nicht die „Botany Bay“ an dich gebracht und für die Flucht ins All vorbereiten lassen. Selbst in den Tagen in der deine Macht am größten war, hast du schon gewusst, dass es eines Tages damit vorbei sein würde. Und damit warst du eine Ausnahme unter deinesgleichen und bist deinem Ruf bis zuletzt gerecht geblieben.“

    Khan nickte nachdenklich. Auch in dieser Hinsicht war sie anders als seine früheren Bettgefährten. Sie durchschaute ihn viel zu gut, obwohl sie ihm ganz offensichtlich mit Haut und Haar verfallen war.

    „Die Geschichte ist manchmal lehrreicher als man denkt. Auch die Weltreiche Alexanders des Großen und das von Dschinghis Khan sind schon nach ein paar Jahren oder gar Monaten zerfallen. Es war logisch, dass es mir und meinem Volk auch nicht anders ergehen würde. Ihr normalen Menschen seid einfach zu zahlreich.“

    Marla fuhr die Linien seines Gesichts nach. „Ach, was ist eigentlich normal und was nicht? Für mich bist du vor allem ein denkender, fühlender und atmender Mensch - trotz deiner genetischen Verbesserungen. Das habe ich eben in deinen Armen gespürt, als wir uns liebten. Du bist auch nicht so anders als andere Männer. Und glaub mir ich habe da einiges an Erfahrung.“

    Sie seufte tief.

    “Wenn man jemanden Vorwürfe machen sollte, dann den Leuten, die deine Gefährten und dich entmenschlicht haben, weil sie nur Waffen oder hochwertige Soldaten in euch sahen und vielleicht auch noch sehen.“

    Dann musterte sie ihn nachdenklich „Sag mal, arbeitest du jetzt eigentlich auch für Admiral Marcus?“

    „Ja“, Khan sah die junge Frau durchdringend an. „Das tue ich tatsächlich.“

    Er presste die Lippen aufeinander und rang mit sich, denn er hatte das Gefühl schon wieder viel zu viel verraten zu haben. Vielleicht sollte er ihre derzeitige Zuneigung einfach ausnutzen und sie benutzen, um seinem Peiniger zu schaden, denn sie war doch nur ein Mensch … eine unbedeutende, schwache Normalsterbliche, unwichtiges Kanonenfutter.

    Dann vertrieb er energisch diese dunklen Gedanken.

    Denn er wollte diesen kostbaren Moment nicht zerstören, in dem er nicht länger nur ein Soldat mit überlegenen geistigen und körperlichen Kräften war, dessen Lebensodem allein der Krieg sein sollte – sondern das erste Mal in seinem Leben einfach nur ein Mensch in den Armen eines anderen Menschen sein durfte.

    Und das verdankte er ganz allein der Rothaarigen die sich nun keck vorbeugte und ihn leidenschaftlich küsste. „Hey … das muss jetzt nicht sein“, gurrte sie frech „Ich bin kein Kind von Traurigkeit und du solltest es auch nicht sein … Noon!“

    Schon wieder benutzte sie eine Koseform seines Namens, die andere Menschen nicht mehr auszusprechen wagten, nachdem er ihnen gezeigt hatte, was er von dieser Vertrautheit hielt. Aber ihr verzieh er es …

    Nicht aber die Stimulanz durch ihre Hand, die sich schon wieder da befand, wo sie eigentlich nicht hingehörte. Ein kehliges Knurren kam aus seiner Kehle, als er ihre Handgelenke packte und neben ihrem Körper in die Matratze drückte. „Sei vorsichtig … du spielst mit einem Raubtier.“

    „Ich weiß“, erwiderte Marla mit einem perlenden Lachen. „Und das macht es besonders erregend für mich.“ Sie drängte sich gegen ihn. „Komm schon und friss mich, mein wilder Tiger!“

    „Wie du willst!“, folgte Khan der Aufforderung mit einem begierigen Knurren und dann redeten sie erst einmal eine ganze Weile nicht mehr.
    Kolya, der Trust und ein irrer Serienkiller in:Im Grau der Schatten, Double Trouble & In den Händen des Schicksals. Ungekannte Abenteuerer von John Sheppard & Co in "Stargate Atlantis - Die verborgenen Szenen": Aufbruch in eine neue Welt und Das erste Jahr und Die Specials.

    John Sheppards Schicksal im Vegasverse :"Solitary Man" no more

    *Neu:* Kapitel 22 seit Okt 2016: Wenn der schlafende Tiger erwacht (Star Trek Into Darkness Prequel)
    * NEU* Doktor Who: Die Saat des Zorns * Der Schatten des Doktors * Drabbles

  32. Danke sagten:


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