So, lange hat es gedauert, aber heute habe ich die Muße gefunden, einen Texttrümmer zu überarbeiten und etwas neues zu schreiben, das ich dir nicht lange vorenthalten will.
Um deine Frage zu beantworten. Ja, es ist schon Scotty damit gemeint, immerhin hat er ja Admiral Archers Hund ins Nichts gebeamt und das dürfte in Ingenieurskreisen die Runde gemacht haben.
Aber nun genug geschwatzt, hier ist die Fortsetzung:
Kapitel 13
Reflektionen
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Eine Bar in San Francisco
Einige Stunden später
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‚Dieser verfluchte Hurensohn! Wer zum Teufel glaubt er, wer er ist? Nimmt er wirklich an, er sei besser und erfahrener als ich, was Technik, Strategie und Taktik angeht?’
Commander Wilbur Aldredge presste die Lippen zusammen und starrte finster auf die bernsteinfarbene Flüssigkeit das einen bizarr geformten Eiskristall umspülte, auch wenn ihm eher danach war, seine Wut an irgendetwas oder irgendwem abzureagieren.
Aber das konnte er auch später noch nachholen, wenn es einen passenden Anlass gab. Er würde schon einen finden – nur er würde sich hier und jetzt nicht die Blöße geben, seine Gefühle zu zeigen … die ließ er lieber an einem Bediensteten oder Untergebenen aus.
Mit der Aussicht auf ein Ventil für seinen Groll beruhigte er sich ein wenig, auch wenn die Wut immer noch in ihm schwelte. Aber nun meldete sich wieder mehr sein Verstand zu Wort und erinnerte ihn an das, was wirklich wichtig war: ‚Wenn der Kerl wirklich so brillant ist, wie Admiral Marcus andeutete, warum zum Teufel habe ich bisher eigentlich noch nichts von ihm gehört?’ brütete er wütend vor sich hin. ‚Wo zum Teufel kommt er her, was hat er vorher gemacht? Der Mann ist doch niemand, der lange in der zweiten Reihe steht.’
Er erinnerte wieder an die Besprechung und umschloss das Whiskey-Glas so fest mit seinen Fingern, als wolle er es zerbrechen. Schon im Vorfeld hatte er sich Informationen über seinen Nachfolger in London einholen wollen, doch die wenigen Daten die er trotz seiner hohen Sicherheitsstufe hatte abrufen können, waren eher dürftig und vor allem unzusammenhängend gewesen.
Warum fehlte die Laufbahn von John Harrison vor Eintritt in der Sternenflotte völlig, warum gab es keine Querverweise zu seinen angeblichen Abschlüssen bei den entsprechenden Universitäten und Akademien? Vor allem waren die wenigen Einträge, die er gefunden hatte, nicht besonders alt – erst ein paar Monate.
Zwar wurde das ganze mit einem Crash der Datenbanken durch den Nero-Zwischenfall begründet, aber mit einer solch fadenscheinigen Erklärung führte man in der Regel doch nur durchschnittliche Beamte und Offiziere an der Nase herum – nicht aber ihm.
Vor allem nicht, weil das Schattenspiel, das man um diesen Mann trieb noch viel weiter ging: John Harrison schien einer der Überlebenden des Nero-Zwischenfalls zu sein - gut und schön, das mochte ja noch angehen, auch wenn man die wenigen Männer und Frauen, die der Implosion des Planeten Vulkan entkommen waren, an zwei Händen abzählen konnte.
Aber zu behaupten, dass Harrisons Akte in dieser Zeit durch das Versehen eines Schreibtischtäters im Hauptquartier gelöscht worden war, genau so wie die Archivdaten, das war etwas zu viel des Guten. Zudem kannte er die typischen Codes, die entstanden, wenn man einen Eintrag im System zurückdatierte.
Und nicht zuletzt hatte er in anderen Archiven nach dem Mann gesucht ... und außer Datenmüll nichts gefunden.
Nein, hier war irgendetwas ganz und gar faul ...
Aldredges Miene verfinsterte sich noch mehr und veranlasste eine Gruppe von ausgelassenen, jungen Sternenflottenoffizieren, die sich schwatzend seiner Ecke näherten, sich doch nicht den Tisch neben dem seinen auszusuchen, sondern so weit wie möglich Abstand von ihm zu nehmen.
Schon der erste Augenkontakt mit Harrison hatte seine düstersten Vorahnungen bestätigt. Wer so einen durchdringenden Blick besaß, war dazu geboren, andere zu manipulieren, auf die ein oder andere Weise zu dominieren. Das passte ihm ganz und gar nicht, denn normalerweise war er dafür zuständig.
Sein Argwohn war noch gewachsen, als er die Ergebnisse aus London gesehen hatte. Denn das ging ebenfalls nicht mit rechten Dingen zu: Kein normaler Mensch arbeitete sich in dieser relativ kurzen Zeit so umfassend in mehr als drei unterschiedliche Projekte ein und half auch noch dabei, die Ergebnisse zu optimieren! Und wie der Andere es geschafft hatte, diese faule Truppe in London zu motivieren … das machte ihn ebenfalls stutzig und ließ nur einen Schluss zu …
Dieser Harrison würde es nicht lange aushalten, einfach nur einer der vielen Mitarbeiter ihrer Sektion zu sein und brav seine Aufgaben zu erfüllen. Der machte die Regeln, anstatt sich ihnen zu beugen ... das hatte er trotz seines Geredes von archaischen Kriegerbünden, Ehre und Kodices, durch jede seiner anderen Gesten deutlich gemacht!
Er nahm einen tiefen Schluck. ‚Verdammt Alex, wen hast du dir da nur an Bord geholt! Der Kerl ist eine tickende Zeitbombe!’, dachte er, als die bernsteinfarbene Flüssigkeit seinen Hals hinunter rann. ’Und was treibst du plötzlich für ein seltsames Spiel hinter meinem Rücken? Warum traust du mir, deiner rechten Hand, seit wir die Sektion aufgebaut haben, deinem wichtigsten Verbündeten plötzlich nicht mehr?’, grübelte er weiter.
Mit Groll erinnerte er sich daran, wie begeistert der alte Freund den Ausführungen Harrisons gelauscht hatte, dachte an das Leuchten in den Augen des langjährigen Weggefährten. Konnte es sein, das Marcus jetzt jemanden gefunden hatte, der ihn ersetzen konnte?
Nein, das konnte und durfte nicht so weitergehen und er würde das auch nicht zulassen, nach allem, was sie geteilt hatten. Eine weitere Enttäuschung würde er nicht erleben, das schwor er sich. Also musste er einen Weg finden …
Dann durchfuhr es ihn wie ein Blitz und er stellte das Glas abrupt zurück auf den Tisch. Vielleicht war er die ganze Zeit von einem falschen Standpunkt ausgegangen. Denn nun, wo er die Veränderungen noch einmal Revue passieren ließ, erinnerte er sich genau daran, wann Alexander Marcus begonnen hatte, ihn auszuschließen.
Da war doch dieses altertümliche Schiff gewesen, das vor einigen Wochen in die Werft gebracht worden war, und zu dem er keinen Zugang erhalten hatte...
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In der Wohnung von Admiral Marcus
Ebenfalls einige Stunden später
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Das Hochgefühl der letzten Stunden schwand, als Alexander Marcus seine Wohnung betrat und sich die Tür mit einem leisen Zischen hinter ihm schloss. Der Admiral blieb mitten im Raum stehen und schloss für einen Moment die Augen, um die Benommenheit und den leichten Schwindel abzuschütteln.
Dann holte er tief Luft und verdrängte, das mulmige Gefühl in seiner Magengegend, denn es gab nichts, was er sich vorwerfen musste. Trotz aller Risiken, die es mit sich gebracht hatte, ihn nach San Francisco zu holen und mit Aldredge zu konfrontieren – das Gespräch selbst war ein Erfolg gewesen.
Denn mit Khan Noonien Singh hatte er endlich einen Verbündeten gefunden, der verstand, worauf es in diesem heranziehenden Konflikt ankam, der die Natur der Klingonen zu lesen verstand wie kein anderer, weil er selbst wie sie dachte. Stärke und Entschlossenheit – genau das mussten sie zeigen – und nicht taktierendes Hinhalten und Heimtücke, Listen, die Commander Aldredge so lagen und bei jedem anderen galaktischen Volk funktionieren mochte, nicht aber bei einer Kriegerrasse.
Nun wo er den Augment in Aktion erlebt hatte, verstand er, warum es diesem gelungen war, ein Viertel der Erde zu erobern und sein Reich auch noch am längsten zu halten. Er hatte das Charisma eines Anführers, dem man gerne folgte, weil seine Argumente verständlich und überzeugend waren ...
Und doch musste er wachsam bleiben, machten genau diese Qualitäten den Augment so gefährlich, denn wehe ihnen, wenn er nur auf den Gedanken kam, zu den Feinden überzulaufen und sich mit ihnen zu verbünden – oder die Werkzeuge, die er ihm an die Hand gab, für einen Umsturz nutzte …
Nun, danach sah es bisher glücklicherweise noch nicht aus. Alexander Marcus lächelte müde. Andererseits hatte er ja auch noch zweiundsiebzig Argumente in der Hand, die für die Menschheit sprachen und Khan auf Linie halten würden. Denn so lange für den Mann aus der Vergangenheit die Hoffnung bestand, dass seine Freunde ebenfalls wiederbelebt werden würden … würde er sein Spiel mitmachen. Also musste er dafür sorgen, dass dieser Status Quo erhalten blieb und sich kein anderer einmischte.
Mit einem tiefen Seufzer schüttelte der Admiral auch die letzte Müdigkeit ab. Er setzte sich vor seinen Schreibtisch und ließ den Sichtschirm ausfahren, um mit seinen persönlichen Codes einen besonders gut verschlüsselten Bereich zu öffnen, um an die dortigen, ebenfalls dreifach gesicherten Dateien und Kommunikationskanäle zu gelangen. Schließlich erledigte er von hier aus er die Arbeiten, von der er die Sternenflotte und den Rat nicht unbedingt in Kenntnis setzen wollte.
Es galt noch einige Dinge in die Wege zu leiten, bevor Aldredge in die geheime Werft am Jupiter zurückkehren würde. Jetzt, wo sich die beiden kennengelernt hatten, würde Wilbur noch mehr darauf drängen, mehr über „John Harrison“ zu erfahren und seine Nachforschungen verstärken, die ihm natürlich nicht entgangen waren.
Admiral Marcus kannte seinen alten Freund zu gut, um zu wissen, dass der Commander nach möglichen Schwächen und noch so kleinen schwarzen Flecken in der Vergangenheit des Rivalen suchen würde, um ihn bei Gelegenheit auszubooten – und genau das konnte er zu diesem Zeitpunkt – jetzt wo er Khans Ehrgeiz und Interesse geweckt hatte, nicht zulassen. Gerade im Moment musste die wahre Identität seines neuen Mitarbeiters besser denn je vor Aufdeckung geschützt werden, auch wenn er damit eine jahrzehntelange Kameradschaft aufs Spiel setzte.
Für einen Moment hielt er inne und rieb sich über die Augen. „Wilbur ...“, murmelte er nachdenklich und fragte sich, einen Moment ob es das wirklich wert war und er den Freund nicht vielleicht besser zum Verbündeten machte.
Er gab sich nach kurzem Zögern eine Antwort: „Ja, ich kann nichts verlieren, was ohnehin nicht mehr da ist.“
Mit einem bitteren Lächeln dachte er daran, dass er und Aldredge sich schon vor einigen Jahren entfremdet hatten, als er die Karriereleiter in die Führungsspitze der Sternenflotte hinaufgestiegen war und dabei den Freund nicht so mitgezogen hatte, wie dieser es erwartet hatte …
Aber das wäre weder möglich noch realistisch gewesen, denn bei aller Freundschart - auch mit seinem Fürspruch hätte er den Rat nicht bewegen können, Wilbur zum Leiter des Ingenieurscorps zu erkennen.
Ja, Aldredge war ein ein brillianter Kopf, ein exzellenter Wissenschaftler – vielleicht, einer der besten der Förderation - aber von Menschenführung hatte er noch nie etwas verstanden und seine menschlichen Schwächen hätten schon beim ersten Vorschlag zu einem massiven Veto der Verantwortlichen geführt …
Dann schüttelte der Admiral den Kopf und blickte auf den Schirm, rief die angefallenen Nachrichten ab und aktivierte schon einmal eine Subraumverbindung, die er gleich noch brauchen würde, um sich nach dem neusten Stand in der Werft am Jupiter zu erkundigen und dann weitere Anweisungen bezüglich gewisser Dinge zu geben.
Gefühle durften hier und jetzt keine Rolle spielen, ermahnte er sich dann und blickte unwillkürlich auf das Bild seiner Tochter, das in einem Holorahmen an der Wand hing und sich dort mit anderen glücklichen Bildern aus der Vergangenheit abwechselte.
Carol …
Dann presste er die Lippen aufeinander, erinnerte sich dunkel, dass sie sich für den heutigen Abend zum Essen verabredet hatten. Vielleicht war es besser, das Treffen kurzfristig abzusagen …
Auch … nein gerade … sein Kind musste er von all dem ausschließen, was er gerade tat auch wenn sie das hart treffen würde und ihn nicht minder. Es ging nicht anders, er musste persönliche Bindungen dem opfern, was mehr als alles andere zählte, um allen eine sichere Zukunft zu ermöglichen … der Schutz der Föderation …