Titel: Ein Moment der Wahrheit
Wort (Nummer): Kuss (45)
Serie: SG-1, Mitte Staffel 3
Genre: Drama, Friendship, Romance, Charakterstudie
Charakter/Pairings Jack, Sam (Daniel, Teal’c)
Rating: PG
Disclaimer: Stargate SG-1 gehört natürlich den Rechteinhabern.
Anmerkung des Autors: Ich weiß nicht, ob die Geschichte gut ist und wie vielen sie letztendlich gefallen wird. Tatsache ist, dass sie aus einer spontanen Idee heraus geboren wurde, einmal die Romanze zwischen Jack und Sam genauer zu betrachten, anhand dessen, was im Kanon gesagt wird.
Aus diesem Grund habe ich die Story bewusst in der dritten Staffel angesiedelt, bewusst vor „Gipfeltreffen“, wo Jack in der Folge ja glaube ich tatsächlich zugibt, dass er Sam liebt und sie glaube ich eher nichts dazu sagt.
So gesehen betrachte ich die Geschichte weniger als „Ship“-Story sondern als Charakterstudie. Aber lest selbst.
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Jack O’Neill befeuchtete das Tuch mit Wasser. Vorsichtig beugte er sich über die Frau mit den kurzen blonden Haaren und tupfte über ihre Stirn, um ihr wenigstens ein eine Art von Linderung zu verschaffen.
Ob es ihr half, konnte er nicht sagen, denn auch wenn ihr Körper glühte, überfielen sie doch immer wieder Anfälle von Schüttelfrost und ihr Puls raste wie der eines Vögelchens.
Zwar lag ihm die Rolle des Krankenpflegers nicht gerade, aber in diesem Fall war es ihm ein besonderes Anliegen. Er hatte zu viele Kameraden unter den Händen anderer sterben sehen, weil diese nicht mit dem Tod vor ihren Augen fertig geworden waren. Und auch er hatte mehrfach erkennen müssen ...
Dann hielt er in diesen Gedanken inne. Auch wenn er realistisch genug war, um auch den schlimmsten Fall in Erwägung zu ziehen, so war er doch nicht bereit dazu, aufzugeben, so lange noch ein Funke Hoffnung bestand. Und wenn es nur darum ging, an ihrer Seite zu bleiben und zu zeigen, dass sie nicht alleine war. ‚Ich werde niemals jemanden im Stich lassen, vor allem nicht, wenn er mir anvertraut ist!“
Mit zusammengekniffenen Augen blickte er durch den schmalen Spalt zwischen Felsen und Plane. Er fluchte verhalten. Wenn Daniel und Teal’c nicht bald zurück kehrten, dann konnte es für Sam zu spät sein.
Einen Moment war er versucht, das notdürftige Zelt zu verlassen und den Teamkameraden entgegen zu gehen, besann sich dann aber eines besseren. Schließlich war er kein impulsiver junger Lieutenant mehr, der glaubte, damit alles beschleunigen zu können. Nein, das Leben hatte ihn so manche bittere Lektion gelehrt und hielt immer wieder unangenehme Überraschungen bereit.
So wie heute ...
Mit zusammengepressten Lippen erinnerte er sich an das, was geschehen war: Es hätte auch jeden anderen von ihnen treffen können, denn das Tier – ein Mittelding aus Schlange und Aal war plötzlich aus dem Sand aufgetaucht, hochgesprungen und hatte sich direkt über dem Stiefelschaft in Sams Bein verbissen.
Niemand, nicht einmal der Jaffa hatte den Angriff kommen sehen. Dann war es bereits zu spät gewesen, denn messerscharfe Fangzähne hatten sich durch den Stoff in ihr Fleisch gebohrt und das Gift in die Blutbahn gepumpt.
Teal’c war nur noch die Möglichkeit geblieben, die Kreatur und das Gift so gut wie möglich zu entfernen. Gemeinsam hatten sie erste Hilfe geleistet, aber schnell erkennen müssen, dass sie nicht viel ausrichten würden können.
Die Überlegung, sich dennoch zum Stargate zu begeben, hatten sie schnell verworfen. Bis dahin war es ein Fußweg von gut zwei Stunden und sie besaßen nicht die Mittel, Sam adäquat zu transportieren, damit sie sich nicht viel bewegen musste. Auch zur der kleinen Siedlung, die sie in einer kleinen Oase entdeckt hatten, wäre es für sie zu weit gewesen.
Und deshalb hockte er nun mit seiner Teamgefährtin in diesem provisorischen Unterschlupf, unfähig etwas gegen die fortschreitende Vergiftung zu tun. Es blieb nur noch die Hoffnung, dass die hier lebenden Menschen ein Gegenmittel kannten und bereit hielten.
Ein Stöhnen riss ihn aus seinen Gedanken. Samantha Carters Augenlider flatterten, aber er konnte nicht sagen, wie weit sie bei Bewusstsein war. „Sir, ich ...“, erklang ihre brüchige Stimme, dann folgte ein Hustenanfall.
„Ruhig, Major, es wird wieder werden“, sagte er, stützte ihren Kopf, und setzte ihr die Feldflasche an den Mund, damit sie ein paar Schlucke trinken konnte. Als Sam jedoch viel zu gierig zu schlucken begann, setzte er den Behälter wieder ab. „Nicht so hastig, Carter. Schön langsam“, sagte er mit rauer Stimme. „Das bekommt Ihnen sonst nicht gut.“
Sams Augen öffneten sich nun für einen Moment ganz und richteten sich mit verschleiertem Blick auf ihn. Ihre Lippen bewegten sich leicht, aber sie wenn sie etwas sagte, dann konnte er es nicht wirklich verstehen.
„Schhht, strengen Sie sich nicht an.“ Er versuchte ihr Mut zu machen. „Daniel und Teal’c sind auf dem Weg in die Siedlung. Sie kommen bald mit dem Gegenmittel zurück.“
„Das wäre schön ... aber ich glaube ...“ Es fiel Samantha Carter wieder schwer zu sprechen. Sie flüsterte nur, so dass er sich tief über sie beugen musste und so ihren Atem auf seiner Haut spürte. „... ich werde nicht ...“
„Wagen Sie ja nicht einmal daran zu denken“, befahl Jack und ergriff ihre Hand. „Halten Sie durch Soldat!“, fügte er schroff hinzu, wusste jedoch nicht, ob sie das noch hörte, denn sie schien durch einen erneuten Fieberschub wieder in die Bewusstlosigkeit zu versinken. Ihre Augen drehten sich nach oben und schlossen sich dann langsam.
Jack holte tief Luft. Es sah wirklich schlecht aus.
Er bettete ihren Kopf vorsichtig wieder auf die Jacke und strich ihr über Stirn und Haare.
In diesem Moment fühlte er sich an eine ähnliche Situation erinnert. Nur damals, etwas mehr als einem Jahr, war er der Leidtragende gewesen. Sie hatten in einem Eisloch festgesessen und nicht einmal gewusst wo sie waren ... Sam hatte alles unternommen, um ihn zu retten und es schließlich auch geschafft, obwohl er ihr mehrfach befohlen hatte, sich allein zu retten und einen Weg nach Hause zu finden.
Schon zu dieser Zeit hatte er ihre Leidenschaft für die Sache und ihren Intellekt geschätzt und sie als das pflegeleichteste Mitglied seines Teams betrachtet. Teal’c war manchmal recht stoisch und oft genug fehlte ihm der Humor, und Daniel schien es zu lieben, Entscheidungen anzufechten, die dem Humanisten in ihm moralisch nicht behagten – doch Samantha Carter schien keine Macken außer ihrer Leidenschaft für Astrophysik und Vorträgen in Fachchinesisch zu haben, anstatt gleich zur Sache zu kommen.
Auf der anderen Seite hatte jeder der anderen auch seine Qualitäten und so konnte er es sich inzwischen gar nicht mehr vorstellen, ohne sie und die anderen durch das Stargate zu gehen. Aus diesem Grunde würde er es nicht zulassen, dass er jetzt ...
Nein, da war noch etwas anderes...
Jack erwischte sich in diesem Augenblick bei Gedanken und Gefühlen, die er sich bisher nicht hatte eingestehen wollen und doch im Hintergrund schwelten.
Seit der Trennung von Sara hatte er eigentlich keine andere Frau mehr so nahe wie seine Ex-Frau an sich heran kommen lassen wollen. Doch nun stellte er mit einem Mal fest, dass er in Samantha Carter nicht mehr nur die Untergebene und das Teammitglied sah, sondern auch eine Frau mit Schönheit, Charme und einem äußerst reizvollen Charakter. Eine Partnerin, mit der er sich blind verstehen konnte, wenn sie es beide nur zuließen.
Auf der einen Seite war sie intelligent und mutig, Soldatin und Wissenschaftlerin mit Leidenschaft und Durchhaltevermögen - auf der anderen aber auch eine Frau mit herzerfrischendem Humor, einen Lächeln, das nicht nur um den Mund zu finden war, sondern auch aus den Augen strahlte, und sich ihrer Weiblichkeit nicht schämte.
Sie war selbstbewusst, zielstrebig und kompromisslos, wenn es sein musste, hatte aber auch nicht ihre Gefühle begraben, wie es andere Frauen in ihrem Rang taten, um in der Männerwelt des Militärs zu bestehen. Und auch wenn sie eine brillante Wissenschaftlerin war, so stand sie doch mit beiden Beinen fest am Boden und handelte praktisch, anstatt sich in theoretischen Konstrukten zu ergehen und in die Wolken abzuheben.
Ihr würde er sich niemals erklären müssen, wenn es eine Mission verlangte, absolutes Stillschweigen zu bewahren, denn sie war in einem militärischen Umfeld aufgewachsen, und das hatte sie fürs Leben geprägt.
Er brach plötzlich in der Aufzählung von Sams Vorzügen, ab und lenkte sich damit ab, wieder nach draußen zu sehen. Doch noch immer war nichts zu sehen oder hören.
Das war nicht gut, das war ganz und gar nicht gut...
Seine Unruhe wuchs. Er tastete nach Carters Puls und holte tief Luft, ballte dann die andere Hand in ohnmächtigen Zorn zur Faust. Wenn er doch nur etwas tun konnte, aber hier herum sitzen und sie sterben zu sehen...
Nein!
Nein!
Und nochmals nein!
Mit zitternden Fingern tastete er nach der Packung mit dem fiebersenkenden Mittel. Die Hälfte hatte er schon verbraucht und damit die ärztlich angeratene Dosis um das Doppelte überschritten. War es ratsam, ihr jetzt noch mehr zu geben? Und was konnte er sonst noch tun außer...
Dann zwang sich Jack verbissen zur Ruhe. Er durfte jetzt nicht die Nerven verlieren, nur weil seine Gefühle verrückt spielten. Und doch konnte er es jetzt in diesem Augenblick nicht verleugnen, denn schließlich war er der einzige Ankläger und Richter vor Ort!
Ja, verdammt er liebte Samantha Carter!
Vielleicht anders, aber nicht minder tief und intensiv als bei Sara. Manchmal war er sogar versucht zu sagen, dass er viel mehr für sie empfand, als er es jemals gegenüber seiner Ex-Frau getan hätte. Denn vielleicht hätte Sam zusammen mit ihm die Krise nach Charlies Tod besser durchgestanden als...
Aus der Teamkameradschaft war inzwischen weitaus mehr als Freundschaft geworden, zumindest von seiner Seite aus. Wie Sam es hielt, wusste er nicht, denn dazu hatte sie sich – ganz die Tochter von General Carter – viel zu gut im Griff.
Wenn es vom jetzigen Zeitpunkt aus gesehen noch eine Zukunft für sie gäbe, wäre es dann nicht sinnvoll, seinen Gefühlen nachzugeben und ihr zu gestehen, was er für sie fühlte – die Regeln der Air Force einmal ganz außer Acht lassend?
Denn auch wenn er seine Gefühle nur selten nach außen hin zeigte, so war er doch kein gefühlloser Klotz, hatte in all den Jahren im Militärdienst nicht vergessen, dass auch er ein Mensch war und keine Maschine...
Sein Herz schlug ihm bis zur Brust und er spürte, wie der Druck durch die Verzweiflung und ohnmächtige Wut in ihm wuchs. Er beugte sich mit einem Mal über Sam, so dass sich ihre Gesichter nun direkt gegenüber waren. Ihr Atem ging noch immer schnell und flach, ihr Gesicht wurde jedoch immer blasser, anstatt vom Fieber gerötet zu werden, als falle der Schatten des Todes über sie.
„Major Carter ... Samantha …”, flüsterte Jack und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. „Sie sollen wissen, dass ich Sie ...“
Das letzte Wort kam jedoch nicht über Jacks Lippen, ebenso wenig wie er noch sein Vorhaben ausführte, sie richtig zu küssen und ihren Atem zu trinken, sich verzweifelt an ihr festzuhalten, sie festzuhalten, damit sie ihm nicht doch noch in diesem Moment entschlüpfte...
Es hallte nur durch seine Gedanken – so wie Daniels Stimme von draußen durch die Wüstenlandschaft. „Wir haben das Gegengift!“
Jack richtete sich wieder auf.
Die Ernüchterung hatte seine letzte Gefühlsaufwallung einfach weggefegt. Der Verstand übernahm wieder das Kommando und brachte nun auch die letzten Stürme in seinem Inneren unter Kontrolle.
Dennoch schämte er sich nicht für diesen Moment der Schwäche. ‚Die Gefühle sind nun einmal da, und ich werde mit ihnen allein leben müssen, so lange bis ich weiß, wie sie zu mir steht’, dachte er und drückte Sams Hand.
‚Doch es wäre nicht klug gewesen, in einem Moment der Verzweiflung und Ohnmacht alles zu zerstören, was in den letzten Jahren zwischen uns entstanden ist. Leidenschaft vergeht, das habe ich an Sara und mir gesehen. Nicht jedoch ...’
Jack betrachtete die entspannten Züge seiner Teamkameradin. Nicht nur Daniels Stimme hatte den Ausbruch seiner Emotionen gestoppt, auch noch das, was er in ihrem Gesicht lesen konnte: Sam hatte ihr Leben in seine Hand gelegt. In ihren Zügen lag unbedingtes Vertrauen in ihn. Etwas, das Liebe nicht ausschließen mochte, aber wie ein zartes Pflänzchen gehegt und gepflegt werden und langsam wachsen musste.
Genau aus diesem Grunde hatte er das letzte Wort nicht ausgesprochen und auch auf einen richtigen Kuss verzichtet, auch wenn er noch immer den salzigen Geschmack ihrer Haut auf seinen Lippen spürte.
Er würde seine Gefühle und seine Sehnsucht viel mehr in seinem Herzen tragen und warten, bis vielleicht auch sie so weit war und bereit war, zu zeigen, wie sie ihm gegenüber fühlte.
So lange würde er genau das schätzen und sich an dem erfreuen , was er bereits gewonnen hatte und nicht wieder verlieren wollte: Das bedingungslose Vertrauen und die Treue seines Teams, seiner Freunde, die ihm schon nach so kurzer Zeit enger als jeder andere ans Herz gewachsen war, vor allem Samantha Carters.
So war er wieder ganz der alte Jack O’Neill, als Daniel und Teal’c das provisorische Zelt erreichten und die Plane lösten und überließ dem Jaffa seinen Platz, damit er Sam das Gegengift verabreichen konnte und hielt selbst den prüfenden Blicken des Archäologen stand, der wieder viel zu viel wahrnahm, denn auch Daniel ging nichts von den an, was hier und jetzt vorgefallen war.
Das war nur eine Sache zwischen ihm und Sam ... wie auch immer sie ausgehen mochte.
E n d e
Kris.
3.+ 5. Februar 2011